Auf dem modernen Markt und bei der Geschwindigkeit, mit der technologische Fortschritte erzielt werden, ist die Gefahr groß, den Überblick zu verlieren. Was der Normalbürger mit einem Schulterzucken hinnehmen kann, kann für Staaten oder Unternehmen existenzbedrohend und relevant für das Staatsrecht sein. Um sich vor solchen Überraschungen zu schützen und mögliche Vorteile abzugreifen, wird Wirtschaftsspionage betrieben. Laut Definition bezieht diese Art des Ausspähens auf wirtschaftliche Akteure also Unternehmen im weitesten Sinne.
Der Oberbegriff „Industriespionage“ lässt sich in zwei unterscheidbare Kategorien unterteilen. Zum einen die Wirtschaftsspionage. Per Definition ist das die Spionage, die durch ausländische Geheimdienste erbracht wird, um Staaten vor spontaner technologischer Unterlegenheit zu schützen. Die bekanntesten Programme in diesem Zusammenhang sind unter den Namen PRISM und Tempora bekannt und wurden durch den ehemaligen Mitarbeiter der NSA und Whistleblower Edward Snowden an die Öffentlichkeit gebracht.
Die andere Form der Industriespionage ist die sogenannte Konkurrenzspionage. Hierbei werden die Informationen nicht durch einen Nachrichtendienst abgegriffen, sondern durch Akteure, die für Konkurrenzunternehmen arbeiten. Diese wird auch Betriebsspionage genannt. In manchen Fällen ist den Personen, die unbedacht Betriebsgeheimnisse verraten, nicht bewusst, an wen sie gerade ein scheinbar nebensächliches Geheimnis verraten. Wie Wirtschaftsspionage in Unternehmen aussehen kann, erfahren Sie in diesem Ratgeber.
Inhalt
FAQ: Wirtschaftsspionage
Hier finden Sie eine Erklärung, was Wirtschaftsspionage genau ist und welche Formen diese annehmen kann.
Unterschiedliche Gesetze können durch die Wirtschaftsspionage verletzt werden. Welche das sind, lesen Sie hier.
Hier finden Sie eine Übersicht einiger Maßnahmen, die Ihr Unternehmen vor einer Wirtschaftsspionage schützen können.
Geheimdienste in ausländischen Unternehmen
Um die innere und äußere Sicherheit einer Nation zu gewähren, ist es mitunter notwendig, dass Geheimdienste die wirtschaftlichen und technologischen Neuerungen ausspähen oder kopieren. Besonders für Staaten, die militärisch bedroht werden, ist es wichtig, jeden Vorteil zu kennen, der gegen das eigene Land in Stellung gebracht werden kann. Da die freie Wirtschaft die stärkste Triebkraft der Innovation ist, sind die Ziele der Geheimdienste auch häufig nicht in staatlicher Hand, sondern auf dem freien Markt zu finden.
So können alle Unternehmen ein potenzielles Ziel der Industriespionage werden. Von der Konzern-Gruppe bis zum kleinen Einzelunternehmen kann jeder Betrieb ein potenziell interessantes Ziel für einen Geheimdienst sein. Die Ziele, die die Dienste damit verfolgen, sind auch unterschiedlich und weit gefächert. An erster Stelle steht die nationale Sicherheit, also die Abwehr von Gefahren für einen Staat. Doch je nach nationaler Ausrichtung können Geheimdienste die erlangten Informationen auch an die eigene Wirtschaft weitergeben, um damit einen Vorteil für die Unternehmen im eigenen Land zu erringen.
Doch welche Ziele verfolgen die Spione im Betrieb und wie werden Agenten angeworben? Mit welchen Techniken können die Versuche der Spionage abgewehrt werden? Welche Gefahren bestehen für die Betriebsgeheimnisse, Patente und Prototypen?
Wege der Informationsausleitung
So wie es verschiedene Wege gibt, wie Informanten in ein Unternehmen gelangen, gibt es auch verschiedene Möglichkeiten, die Informationen aus dem Betrieb zu tragen. Von Diebstahl, über Verrat bis hin zu Hacker-Angriffen bieten Unternehmen mitunter eine große Angriffsfläche für Spionageaktionen.
Hinter feindlichen Linien
Der Prozess der Wirtschaftsspionage kann die verschiedensten Formen annehmen. Eine der einfachsten Methoden, Informationen aus einem Betrieb zu erhalten, ist es, die Angestellten zu fragen. Trotz Datenschutz- und Geheimnispflicht sind sich viele der Bedeutung nicht bewusst oder unterschätzen sie. Denn im frühen Stadium der Spionage soll erst einmal der Wert eines potenziellen Ziels ausgemacht werden. Dazu können schon kleine Informationsbrocken ausreichen.
Dabei müssen nicht einmal Details besprochen werden. Schon die Aussage, dass sich Militär oder Staat für eine Entwicklung interessieren, kann ausreichen, um das Interesse eines ausländischen Geheimdienstes zu wecken. Wenn dieses Interesse einmal besteht, beginnen andere Prozesse, die die Gewinnung von Detailinformationen betreffen.
Die größte Schwachstelle in diesem System und bezüglich der Wirtschaftsspionage bleibt der Mitarbeiter. Menschliche Eigenschaften wie Hilfsbereitschaft, Respekt und Angst vor Autoritäten oder Geltungsdrang können häufig gegen die Interessen eines Unternehmens eingesetzt werden. So wissen einige Informanten nicht, dass sie in scheinbar ungezwungenen Gesprächen das Informationsbedürfnis eines Geheimdienstes oder der Konkurrenz befriedigen.
Der Spion in der eigenen Mitte
Obwohl es leicht möglich ist, Informationen zu erlangen, ohne dass der Betroffene weiß, wem er oder dass er überhaupt Informationen liefert, sind dem passiven Aushorchen Grenzen gesetzt. Einige Ansätze der Wirtschaftsspionage benötigen ein zielgerichtetes Vorgehen. Um solche Spionagetechniken zu ermöglichen, ist es nötig, einen Angestellten anzuwerben oder einen eigenen Aktivposten in das Unternehmen einzuschleusen.
Warum lassen sich Menschen von Geheimdiensten anwerben?
Die Nachrichtendienste mit ihrem Flair von Geheimnis und Macht können eine attraktive Ausstrahlung auf einen gelangweilten Angestellten haben. Das Verlangen nach Aufregung und Abenteuer in einem monotonen Leben kann Personen für solche Vorschläge empfänglich machen. Auch eine gleichgültige Einstellung zum Arbeitgeber kann dazu führen, dass die Herausgabe von Informationen nicht hinterfragt wird.
Von einem Agenten der Wirtschaftsspionage gehen für ein Unternehmen mehrere Gefahren aus. So kann der wirtschaftliche Vorteil aus einer Neuentwicklung verlorengehen, wenn das Produkt von einer anderen Firma kopiert und verkauft wird. Doch auch auf anderen Wegen kann ein Akt der Industriespionage Schaden anrichten. Denn, dass Wirtschaftsspionage im großen Stil von Geheimdiensten betrieben wird, hängt mit nationalen Sicherheitsinteressen zusammen, bei denen die Gefahr größer ist, dass Personen und nicht nur Sachwerte zu Schaden kommen.
Hacking in der Wirtschaftsspionage
Da in der modernen Wirtschaft das Internet eine große Rolle spielt, ist auch das Hacking zu einer möglichen Technik der Informationsgewinnung geworden. Aus den unterschiedlichsten Gründen sind Computersysteme an das Internet angeschlossen. Dabei können verschiedene Schwachstellen ausgenutzt werden, um Zugang zu sensiblen Daten zu bekommen. Außerdem kann auch Schadware platziert werden, um den Betrieb zu stören oder Anlagen zu beschädigen.
Hinter solchen Attacken aus dem Internet werden in der Regel drei Motivationen vermutet:
- Privates Interesse daran, die Informationen zu verkaufen.
- Wirtschaftliches Interesse, zum eigenen Vorteil einzusetzen.
- Politisches Interesse, die technologische Bedeutung einer Entwicklung zu kennen oder eine außenpolitische Gefahr zu reduzieren.
Um diese illegalen Zugänge zu schaffen, werden diverse Techniken angewendet. Eine selten genutzte, aber effektive Methode ist das Anbringen von zusätzlicher Hardware. Dabei wird ein Rechner unbemerkt um ein Bauteil erweitert. Dieses beginnt dann auf Hardware-Ebene mit dem System zu interagieren und leitet Daten aus. Dieser Vorgang ist jedoch riskant, da sowohl die Person, die das Gerät anbringt, entdeckt werden kann als auch im Nachhinein die Einbaute. Trotz des hohen Risikos der Entdeckung kann eine solche Form der Wirtschaftsspionage nur schwer digital abgewehrt werden.
Eine andere Variante ist das Verfahren, das klassischerweise als ein Hackerangriff verstanden wird. Mit roher digitaler Gewalt oder mit illegal erworbenen Zugängen werden die Datenbanken und Systeme des Ziels durchsucht. Je nachdem, was die Angreifer geplant haben, können dann Daten kopiert, platziert oder zerstört werden. Auch die Zerstörung von realen Industrieeinrichtungen kann dann möglich werden.
Im Jahr 2010 infizierte der Wurm Stuxnet weltweit unzählige Rechner. Doch Schaden richtete er nicht an. Nach einer Untersuchung kamen IT-Analysten zu dem Ergebnis, dass der Wurm wahrscheinlich dazu entworfen wurde, eine iranische Urananreicherungsanlage oder ein Kernkraftwerk zu sabotieren. In seiner Konstruktion und Komplexität gilt Stuxnet als einzigartig. Die Herkunft des Wurms kann bis heute nicht nachgewiesen werden.
Auf diese Weise kann Wirtschaftsspionage im schlimmsten Fall zu Schäden für Menschen führen, wenn durch einen gefährlichen Eingriff Industrieanlagen oder gar Kernkraftwerke zu Schaden kommen. Wegen der hohen Tragweite, die Industriespionage haben kann, steht sie unter Strafe und wird von verschiedenen Behörden verfolgt.
Wirtschaftsspionage im deutschen Strafrecht
Neben internationalen Verwicklungen ist auch auf nationaler Ebene Industriespionage eine Strafsache. Denn auch auf dem freien Markt ist sowohl materielles wie auch geistiges Eigentum geschützt. Zwar ist Konkurrenzspionage kein eigener Straftatbestand, doch kann auch in Deutschland für Industriespionage eine Strafe verhängt werden.
Relevante Gesetze bei Unternehmensspionage:
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG):
- § 17 UWG: Verrat von Geschäfts- oder Betriebsgeheimnissen
- § 18 UWG: Verwertung von Vorlagen
- § 19 UWG: Verleiten und Erbieten zum Verrat
Strafgesetz (StGB):
- § 203 StGB: Verletzung von Privatgeheimnissen
- § 204 StGB: Verwertung fremder Geheimnisse
- § 353b StGB: Verletzung des Dienstgeheimnisses und einer besonderen Geheimhaltungspflicht
Die Geld- und Haftstrafen erreichen bis zu 300.000 Euro Strafe oder fünf Jahren Haft in besonders schweren Fällen. Dabei ist vielen Menschen nicht bewusst, wann sie sich auf das Parkett des Geheimnisverrats begeben. Wie die Gefahr, dass ein solcher Fall eintritt, reduziert werden kann, erfahren Sie im folgenden Abschnitt.
Industriespionage abwehren
Um mögliche Gefahren vom eigenen Unternehmen abzuwenden, haben sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer verschiedene Möglichkeiten. Diese beginnen bei der Einrichtung der Arbeitsplätze bzw. bei der Wahl der Betriebsräume und endet bei der Ausbildung und Pflege der Angestellten in den Firmen.
Wahl der Räume und der Technik
Bei so grundlegenden Entscheidungen wie den Räumlichkeiten für ein Unternehmen schon an die Sicherheitsinfrastruktur zu denken, kann viel verlangt sein. Doch auch auf diesem Gebiet gibt es Experten. Mit der Beratung durch solche können leicht begeh- oder einsehbare Bereiche so geplant werden, dass dort keine empfindlichen Informationen abgegriffen werden können. Auch die Wege, die die Kabel am Ende nehmen werden, können für die optimale Sicherheit von Bedeutung sein.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz ist zwar mit der Spionageabwehr beauftragt, bietet jedoch keine Maßnahmen zur Ausbildung an. Dies können momentan nur selbstständige Trainer, Sicherheitsdienstleister und Interessenverbände an.
Auch welche Technik eingesetzt werden soll, ist für die Sicherheit von entscheidender Bedeutung. Eine präzise Einschätzung über die Sicherheit unterschiedlicher Systeme kann ein IT-Sicherheits-Anbieter geben. Doch sind verschiedene Systeme aus den unterschiedlichsten Gründen unterschiedlich sicher. Dennoch kann es sich lohnen, auf eine Mainstream-Lösung zu verzichten, wenn eine Alternative dieselben Anwendungen bei weniger Angriffsoberfläche bietet. Diese Entscheidungen beginnen beim Betriebssystem für die Rechner-Infrastruktur und enden bei den Kommunikationsmitteln, die Mitarbeiter verwenden dürfen, wenn es um interne Themen geht.
Ausbildung und Pflege der Angestellten
Nichts ist gefährlicher für die Sicherheit eines Unternehmens als ein Angestellter, dem das Wohlergehen des Unternehmens nicht am Herzen liegt. Wenn Arbeitnehmer den Arbeitsplatz nicht als schützenswerten Ort wahrnehmen, reagieren sie auch nicht sensibel auf Bedrohungen. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass interne Themen auch außerhalb des Betriebs angesprochen werden.
Eine qualifizierte Ausbildung im Umgang mit Daten- und Informationssicherheit kann die Gefahr der Industriespionage um ein Vielfaches reduzieren. Außerdem können teambildende Maßnahmen dabei helfen, dass Werksspionage entgegengewirkt werden kann. Eine eingeschworene Arbeiterschaft ist kritischer gegenüber Fremden und setzt Regeln wie Video- oder Fotografie-Verbote strikter durch.