Wenn sich zwei Menschen lieben und ihr Leben gemeinsam verbringen wollen, braucht es dafür nicht zwangsläufig einen Trauschein. Denn auch eine sogenannte wilde Ehe kann langfristig bestehen und die beiden Partner glücklich machen. Allerdings sind Paare in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft rechtlich gegenüber Ehepaaren nicht selten benachteiligt. Was es dabei zu beachten gilt, erfahren Sie im nachfolgenden Ratgeber.
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FAQ: Wilde Ehe
Juristisch liegt hierbei eine nichteheliche Lebensgemeinschaft vor. Es handelt sich um Paare, die einen gemeinsamen Haushalt führen und ggf. Kinder großziehen, ohne verheiratet zu sein.
Bei dieser Art des Zusammenlebens verzichten die Paare auf viele Vorteile, die mit einer Heirat einhergehen. Dazu zählen unter anderem steuerliche Vorteile und das gesetzliche Erbrecht. Aus diesem Grund ist es sinnvoll, frühzeitig Regelungen für den Notfall zu treffen.
Ja, sollte die Beziehung in die Brüche gehen, lässt sich eine Trennung schneller und häufig auch unkomplizierter vollziehen, als dies bei einer Scheidung möglich ist. Zudem entfallen Unterhaltsansprüche gegenüber dem Ex-Partner.
Grundlagen zur wilden Ehe
Lange Zeit war das Zusammenleben nur verheiraten Paaren gestattet und galt ohne einen Trauschein als „unzüchtiges Verhalten“. Dies ist auch der Grund, warum der Begriff der wilden Ehe für eine solch eheähnliche Gemeinschaft noch bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts negativ behaftet war.
Heute verfügt die wilde Ehe nicht selten eher über einen Hauch von Rebellion. Denn diese Paare entscheiden sich bewusst gegen die gesellschaftlichen Konventionen, die mit einem Trauschein einhergehen. Liebe und Romantik sollen dabei nicht selten im Vordergrund stehen, weshalb es den behördlichen Papierkram nicht braucht.
Mit den Jahren können aber rechtliche Fragen immer mehr an Stellenwert gewinnen. Was passiert zum Beispiel, wenn einer der Partner verstirbt? Haben Paare, die in wilder Ehe leben, für eine solche Situation nicht selbstständig vorgesorgt, kann dies weitreichende Konsequenzen haben. Denn der Gesetzgeber sieht keine speziellen Gesetze für nichteheliche Lebensgemeinschaften vor, weshalb unverheiratete Paare rechtlich wie Fremde behandelt werden.
Ehe ohne Trauschein: Welche Vor- und Nachteile gibt es?
Entscheiden sich Paare für eine wilde Ehe, bietet dies vor allem bei einer Trennung Vorteile. Denn das Procedere ist in einem solchen Fall in der Regel deutlich einfacher und schneller als bei einer Scheidung mit Trennungsjahr. Zudem müssen die Partner für finanzielle Verpflichtungen des anderen nicht grundsätzlich haften.
Andererseits gehen mit der Eheschließung aber auch zahlreiche Vorteile und Vergünstigungen einher, von denen die Paare ohne Trauschein nicht profitieren. Zu den Nachteilen der nichtehelichen Lebensgemeinschaft zählen zum Beispiel das fehlende Zeugnisverweigerungsrecht und die finanzielle Zusatzbelastung, weil zum Beispiel bei der Krankenkasse nicht die Möglichkeit der Familienversicherung besteht.
Zudem verzichten Paare, wenn sie sich für eine wilde Ehe entschließen, auf Steuervorteile. Denn der Gesetzgeber begünstigt nur Eheleute bei der Einkommenssteuer. Wer unverheiratet zusammenlebt, bleibt allerdings weiterhin in der ungünstigen Steuerklasse 1.
Besonders weitreichend können die Auswirkungen einer Ehe ohne Trauschein in Notfällen bzw. bei einschneidenden Ereignissen sein, denn bei Trennung, Krankheit oder Tod bestehen meist keine gesetzlichen Ansprüche gegenüber dem verstorbenen Lebenspartner.
Dies zeigt sich zum Beispiel beim fehlenden Auskunftsanspruch gegenüber Ärzten ebenso wie beim Mitspracherecht, wenn es um die Planung der Beerdigung geht. Hier muss also auf das Wohlwollen der Angehörigen gehofft werden. Auch einen Anspruch auf Witwenrente rechtfertigt die wilde Ehe nicht.
Scheitert die wilde Ehe, ist der Unterhalt ein zweischneidiges Schwert. Der besserverdienende Partner profitiert davon, dass in diesem Fall häufig keine Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem Ex bestehen. Denn lediglich ein Anspruch auf Betreuungs- und Kindesunterhalt kann geltend gemacht werden. Wer hingegen während einer Ehe ohne Trauschein seinen Job aufgegeben hat, um sich um den Haushalt oder die Erziehung älterer Kinder zu kümmern, steht ohne den Unterhaltsanspruch nach einer Trennung möglicherweise schlecht dar.
Erbrecht bei einer wilden Ehe
Aufgrund der gesetzlichen Erbfolge genießen Ehepaare ein gegenseitiges Erbrecht. Sollte einer der Ehegatten ein Testament aufsetzen und seinen Partner dadurch enterben, besteht zudem ein Anspruch auf den gesetzlichen Pflichtteil. All dies gilt für die wilde Ehe nicht, daher müssen Paare, die ohne Trauschein leben, ggf. selbst aktiv werden.
Eine Option sind dabei zwei eigenständige Testamente, durch welche sich das Paar gegenseitig als Alleinerben einsetzt. Allerdings kann jeder Partner seinen letzten Willen jederzeit verändern oder vernichten, denn eine gegenseitige Bindung wie beim Ehegattentestament gibt es nicht. Für die wilde Ehe bietet dieses Vorgehen somit keine vollständige Sicherheit.
Verbindlicher ist hingegen ein notarieller Erbvertrag. Denn Veränderungen oder sogar eine Aufhebung sind bei diesem Schriftstück nur möglich, wenn beide Vertragspartner diese bei einem Notar beurkunden.
Wollen Sie für eine wilde Ehe die Erbangelegenheiten klären, sollten Sie dabei allerdings auch die Erbschaftssteuer bedenken. Denn bei einer Ehe ohne Trauschein sieht der Gesetzgeber nur den geringsten Freibetrag vor. Dieser beläuft sich auf 20.000 Euro, alles darüber hinaus müssen Sie abhängig von der Höhe des Erbes mit 30 bzw. 50 Prozent versteuern. Um diese hohen Abgaben zu vermeiden, sind ggf. Schenkungen zu Lebzeiten sinnvoll. Allerdings müssen Sie auch in diesem Fall den geltenden Freibetrag berücksichtigen, der immer für einen Zeitraum von zehn Jahren gilt.
Partnerschaftsvertrag: Absicherung für eine wilde Ehe
Da der Gesetzgeber für die wilde Ehe keine speziellen Vorschriften vorsieht und eine Absicherung bei Trennung oder Tod eines Partners somit nicht gegeben ist, sollten die Paare selbst entsprechende Vorkehrungen treffen. Möglich ist dies durch einen sogenannten Partnerschaftsvertrag, mit dem sich Regelungen für das Zusammenleben und bei möglichen Schicksalsschlägen definieren lassen.
Eine solche Vereinbarung sollte dabei auf die individuellen Lebensumstände des Paares abgestimmt sein und alle Eventualitäten – wie zum Beispiel Trennung, Krankheit, Pflegebedürftigkeit oder Tod – berücksichtigen. Daher ist es sinnvoll, sich im Vorfeld von einem Anwalt beraten und den Vertrag von einem Experten aufsetzen zu lassen. Einen Termin beim Notar benötigen Sie hingegen nur, wenn das Schreiben eine Schenkung oder die Übertragung einer Immobilie vorsieht.
Für eine wilde Ehe kann der Partnerschaftsvertrag unter anderem zu folgenden Sachverhalten Regelungen enthalten:
- Erteilung gegenseitiger Vollmachten
- Regelungen zu Haushaltskasse und gemeinsamen Bankkonten
- Absicherung des länger lebenden Partners durch eine Lebensversicherung oder Rente
- Umgangsrecht für mögliche Kinder
- Unterhaltszahlungen im Falle der Trennung
- Vereinbarungen zum Verbleib in der gemeinsamen Mietwohnung
- Regelungen zu gemeinsam erworbenen Immobilien und Wertgegenständen
- finanzielle Ausgleichsansprüche im Trennungsfall
- Begleichung gemeinsamer Schulden
- Verbleib von Haustieren
Auch eine wilde Ehe kann Veränderungen unterliegen. Ändern sich die Lebensumstände, weil zum Beispiel ein gemeinsames Kind geboren wird oder der Verdienst deutlich steigt, sollten Paare dies auch im Partnerschaftsvertrag berücksichtigen und diesen entsprechend anpassen.