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FAQ: Widerrufsjoker bei Immobiliendarlehen
Wenn Sie einen Kredit widerrufen, wird dieser rückabgewickelt. Diese Option besteht üblicherweise nur für 14 Tage nach dem Vertragsabschluss. Unter bestimmten Umständen besteht allerdings auch ein ewiges Widerrufsrecht – der sogenannte Widerrufsjoker.
Die Möglichkeit besteht üblicherweise, wenn die Widerrufsbelehrung fehlerhaft ist. Darüber hinaus spielt aber auch der Zeitraum des Vertragsabschlusses bei Immobiliendarlehen eine wichtige Rolle. Mehr dazu hier.
Hier haben wir die wichtigsten Informationen zu den Folgen des Widerrufsjokers zusammengefasst.
Umschulden ohne Strafzahlungen
Wer aktuell einen Kredit aufnehmen will, profitiert von günstigen Konditionen und geringen Zinsen. Im Gegensatz dazu schauen Hausbesitzer, die bereits seit einigen Jahren ihre Immobilie abbezahlen, in die Röhre. Denn eine Umschuldung rentiert sich meist aufgrund der zu zahlenden Vorfälligkeitsentschädigung nicht. Ein Ausweg aus dem teuren Kredit kann ggf. der Widerrufsjoker darstellen, der bei einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung Anwendung findet.
Doch welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um vom Widerrufsjoker beim Immobiliendarlehen Gebrauch machen zu können? Wann gilt eine Widerrufsbelehrung als fehlerhaft? Wird für die Rückabwicklung eines Kredits ein Anwalt benötigt? Und welche Folgen hat der Einsatz des Widerrufsjokers? Antworten auf diese und weitere Fragen liefert der nachfolgende Ratgeber.
Widerrufsrecht bei Immobiliendarlehen
Gemäß § 355 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) beläuft sich die Widerrufsfrist bei Verbraucherverträgen, zu denen auch Immobiliendarlehen zählen, auf 14 Tage. Üblicherweise beginnt die Frist mit dem Vertragsschluss bzw. ab dem Zeitpunkt, ab dem der Verbraucher alle notwendigen Unterlagen erhält.
Zu den benötigten Dokumenten gehört auch die sogenannte Widerrufsbelehrung, die Verbraucher über ihr Widerrufsrecht und die mit der Nutzung einhergehenden Folgen informiert. Ist dieses Schriftstück allerdings unvollständig oder für juristische Laien irritierend formuliert, gilt die Widerrufsbelehrung als fehlerhaft. Dieser Umstand kann zur Folge haben, dass die Widerrufsfrist nicht beginnt und somit ein unendliches Widerrufsrecht besteht. Umgangssprachlich ist dann vom Widerrufsjoker die Rede.
Machen Verbraucher vom Widerrufsjoker bei Immobiliendarlehen Gebrauch, hat dies eine Rückabwicklung des gesamten Kredits zur Folge. Sie können dann bei der Anschlussfinanzierung von besseren Konditionen profitieren und entgehen der Vorfälligkeitsentschädigung, durch welche die Bank eigentlich mögliche finanzielle Einbußen bei einer vorzeitigen Rückzahlung ausgleicht.
Für die Kreditgeber ist der Widerrufsjoker also ein schlechtes Geschäft, denn ihnen gehen dabei mithilfe von Zinsen erwirtschafteten Einnahmen verloren. Auch um die Auswirkungen für die Banken einzudämmen, hat der Gesetzgeber die Einsatzmöglichkeiten für den Widerrufsjoker bei Immobiliendarlehen weitreichend begrenzt.
So konnte der Widerrufsjoker bei Immobilen, für die zwischen dem 01. September 2002 und dem 10. Juni 2010 ein Kredit abgeschlossen wurde, nur bis zum 21. Juni 2016 zum Einsatz kommen. Bei Verträgen, die zwischen dem 11. Juni 2010 und dem 20. März 2016 unterzeichnet wurden, können Verbraucher ggf. durch das EuGH-Urteil vom 26. März 2020 (Az.: C-66/19) profitieren, denn durch dieses wird der Widerrufsjoker bei Immobiliendarlehen wiederbelebt. Für Kredite, die seit dem 21. März 2016 abgeschlossen wurden, hat der Gesetzgeber das ewige Widerrufsrecht eingeschränkt, sodass ein Widerruf innerhalb von einem Jahr und 14 Tagen verfolgen muss.
Widerrufsjoker beim Immobiliendarlehen – was eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung bewirkt
Zum Einsatz kann der Widerrufsjoker bei Immobiliendarlehen grundsätzlich nur kommen, wenn eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung vorliegt oder ein solches Dokument vollkommen fehlt. Wann genau dies der Fall ist, darüber sind sich mitunter auch die Gerichte nicht einig. Aus diesem Grund ist es sinnvoll, die Vertragsunterlagen vorab von einem fachkundigen Anwalt prüfen zu lassen, denn nicht selten entscheiden bereits minimale Feinheiten.
Jedes Urteil zu dieser Thematik kann dabei für mehr Klarheit sorgen. So waren Richter der Meinung, dass eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung bei Immobiliendarlehen unter anderem aus den folgenden Gründen vorliegt:
- Belehrung über den Beginn der Widerrufsfrist sind mangelhaft
- Informationen über die Rechtsfolgen eines Widerrufs fehlen
- Pflichtangaben der Belehrung sind unvollständig oder zu unkonkret
- Ergänzungen der Musterbelehrung führen bei den Verbrauchern zu Irritationen
Weist Ihre Widerrufsbelehrung einen solchen Fehler auf oder haben Sie eine solche gar nicht erst erhalten, können Sie unter Umständen vom Widerrufsjoker bei Immobiliendarlehen Gebrauch machen. Allerdings sollten Sie sich im Vorfeld auf bewusst sein, welche Folgen dies hat.
Denn bei einem Widerruf kommt es zu einer Rückabwicklung, sodass ein Zustand hergestellt wird, als ob der Kreditvertrag niemals bestanden hätte. Das bedeutet, dass die Verbraucher ihre gezahlten Raten zurückerhalten, gleichzeitig aber auch die Darlehenssumme an die Bank zurückgeben müssen.
Daher sollten Sie zuerst die noch bestehende Restschuld ermitteln und sich dann um eine Anschlussfinanzierung bemühen. Üblicherweise ist das Geld innerhalb von 30 Tagen an die Bank zurückzuzahlen. Wird diese Frist versäumt, fallen meist nicht unbeachtliche Versäumniszinsen an.
Um den Widerrufsjoker bei einem Immobiliendarlehen zu nutzen, müssen Sie ein entsprechendes Schreiben an die Bank senden. Dies muss schriftlich erfolgen, konkrete inhaltliche Vorgaben gibt es hingegen nicht.
Wir haben überlegt unser Geld langfristig in Immobilien zu investieren. Dafür müssen wir allerdings einen Kredit aufnehmen und ich bin mir noch nicht sicher, ob ich das gut finden soll. Gut zu wissen, dass beim Widerruf aber auch der Zeitraum des Vertragsabschlusses bei Immobiliendarlehen eine wichtige Rolle spielt.