FAQ: Volksentscheid
Laut Definition ist ein Volksentscheid ein Instrument der direkten Demokratie. Dabei können Wahlberechtigte unmittelbar selbst über eine konkrete politische Frage auf der Landesebene bestimmen.
Als Bürgerbegehren und Bürgerentscheid werden in Deutschland Instrumente der direkten Demokratie bezeichnet, die Entscheidungen in den Kommunen und Gemeinden betreffen. Grundlage dafür bilden die rechtlichen Vorschriften zur Kommunalwahl.
Ermöglichen Verfassung und Wahlrecht die direkte Abstimmung der Bürger, müssen entsprechende Anträge in der Regel ein dreistufiges Verfahren durchlaufen: Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid. Mehr dazu hier.
Liegt dem erfolgreichen Volksentscheid ein Gesetzentwurf zugrunde, wird dadurch ein entsprechendes Gesetz beschlossen. Sieht das Volksbegehren hingegen eine Aufforderung an die Regierung vor, in einer bestimmten Weise tätig zu werden, hat die Entscheidung vor allem eine Signalwirkung. Denn aufgrund der Gewaltenteilung ist das Ergebnis des Volksentscheides für die Regierung nicht bindend.
Inhalt
Warum bei politischen Entscheidungen nicht das Volk befragen?
Über die Gesetze in Deutschland entscheiden üblicherweise Politiker, die von den Bürgern als Volkvertreter gewählt wurden. Die Wahlberechtigten können dadurch indirekt auf die politischen Entscheidungen Einfluss nehmen. Daher handelt es sich bei der Regierungsform in Deutschland um eine indirekte oder repräsentative Demokratie. Allerdings besteht durch ein Volkbegehren und einen anschließenden Volksentscheid auch die Möglichkeit, dass Bürger direkt über politische Fragen oder Gesetzesvorlagen abstimmen.
Doch was ist unter einem Volksbegehren zu verstehen? Gibt es Unterschiede zum Bürgerbegehren? Wie ist der Ablauf vom Volksbegehren zum Volksentscheid? Wer darf bei einer solchen Befragung seine Stimme abgeben? Wann gilt eine Volksabstimmung laut Definition bzw. Gesetz als erfolgreich? Und was bedeutet ein erfolgreicher Volksentscheid in Deutschland für die Politik? Antworten auf diese und weitere Fragen liefert der nachfolgende Ratgeber.
Was ist unter „Volksentscheid“, „Bürgerbegehren“ oder „Volksabstimmung“ zu verstehen?
Deutschland ist eine parlamentarisch-repräsentative Demokratie. Das bedeutet, dass der Wille des Volkes üblicherweise durch die gewählten Politiker ausgeübt wird. Allerdings besteht ergänzend dazu auch die Möglichkeit, dass die Bürger unmittelbar in die Gesetzgebung eingreifen. So können diese mithilfe von Elementen einer direkten Demokratie Gesetze auf den Weg bringen und beschließen oder auch Entscheidungen über Sachfragen treffen. Entsprechende Verfahren werden in der Regel als Bürger- oder Volksentscheide bezeichnet. Gleichzeitig ist häufig auch von Bürger- oder Volksbegehren die Rede. Und was ist eine Volksabstimmung? Die nachfolgenden Begriffserklärungen zur Volksgesetzgebung sollen für mehr Klarheit sorgen.
So werden zum Beispiel Volksentscheid und Volksbegehren im allgemeinen Sprachgebrauch mitunter synonym verwendet, obwohl die Begriffe unterschiedliche Schritte bei der Volksgesetzgebung auf Länderebene bezeichnen. Das dreistufige Verfahren setzt sich dabei wie folgt zusammen:
- Volksinitiative
- Volksbegehren
- Volksentscheid
Wodurch sich die einzelnen Stufen auszeichnen und welche Voraussetzungen in Deutschland für einen Volksentscheid gelten, klären wir nachfolgend. Darüber hinaus ist zu beachten, dass alternativ zum Volksentscheid in Baden-Württemberg, Österreich und der Schweiz von einer Volksabstimmung die Rede ist.
Betrifft das Verfahren die Angelegenheiten von Gemeinden, Landkreisen und Bezirken, besteht ebenfalls die Möglichkeit, auf kommunaler Ebene die Instrumente der direkten Demokratie zu nutzen. Ein „Volksentscheid“ oder „Volksbegehren“ liegt laut Definition in diesem Fall aber nicht vor, stattdessen handelt es sich dann um einen Bürgerentscheid oder ein Bürgerbegehren.
Übrigens! Ein Volksentscheid auf Bundesebene ist in Deutschland eigentlich nur in zwei Fällen vorgesehen. So ist dieses Verfahren bei der Neugliederung des Bundesgebiets vorgeschrieben. Also immer dann, wenn die Zusammenlegung oder Aufteilung von Bundesländern geplant ist. Darüber hinaus verlangt der Gesetzgeber einen Volksentscheid, wenn das Grundgesetz durch eine Verfassung abgelöst werden soll. Bei anderen bundespolitischen Themen kommt eine solche Volksabstimmung in Deutschland hingegen nicht infrage.
Volksinitiative – Volksbegehren – Volksentscheid: Ablauf einfach erklärt!
Das Verfahren für die Volksgesetzgebung ist in Deutschland relativ komplex, schließlich muss die demokratische Legitimation der Entscheidung sichergestellt werden. Erschwerend kommt hinzu, dass die gesetzlichen Anforderungen je nach Bundesland variieren. Daher geben wir in diesem Ratgeber nur einen allgemeinen Überblick zum Ablauf bei einem Volksentscheid. Wollen Sie selbst ein Verfahren der Volksgesetzgebung in die Wege leiten, sollten Sie sich daher zusätzlich bei den zuständigen Institutionen informieren, ob beim Volks- bzw. Bürgerbegehren besondere Voraussetzungen, Fristen und Vorgaben gelten.
Zu Beginn des Volksgesetzgebungsverfahrens steht die Volksinitiative. Dabei müssen die Initiatoren ihr politisches Anliegen in die Form eines Gesetzentwurfes bringen und dafür Unterschriften von wahlberechtigten Bürgern des jeweiligen Bundeslandes sammeln. Die Anzahl variiert je nach Land, fällt aber relativ gering aus. Der Antrag wird anschließend bei der zuständigen Behörde eingereicht. Ziel ist es erst einmal, dass sich der Landtag mit dem Thema befasst.
Stimmt der Landtag dem Antrag der Volksinitiative nicht zu, kann ein Volksbegehren eingeleitet werden. Erneut müssen die Initiatoren Unterstützer finden, wobei nun innerhalb einer Frist deutlich mehr Stimmen zu sammeln sind. Bei genügend Unterschriften muss der Landtag über den Antrag entscheiden, reichen die Signaturen hingegen nicht aus, gilt das Volksgesetzgebungsverfahren als abgeschlossen.
Entspricht der Landtag nicht dem Volksbegehren, kommt es zu einem Volksentscheid. Die wahlberechtigten Bürger können dabei mit ja oder nein für bzw. gegen den Gesetzesentwurf stimmen. Entschließt sich die Mehrheit für den Gesetzentwurf, ist der Volksentscheid also erfolgreich, hat dieser die gleiche Bedeutung wie ein Parlamentsbeschluss.
Stimme abgeben beim Volksentscheid: Wer ist wahlberechtigt?
Bei einem Volksbegehren oder -entscheid finden grundsätzlich die gesetzlichen Vorgaben der Landtagswahlen Anwendung. Diese geben unter anderem vor, ab welchem Alter die Bürger stimmberechtigt sind. Je nach Bundesland kann das Wahlalter demnach bei 16 (Brandenburg, Hamburg und Schleswig-Holstein) bzw. 18 Jahren liegen.
Da bei einem Bürgerbegehren/Bürgerentscheid laut Definition das Kommunalwahlrecht gilt, kann für diese ein anderes Mindestwahlalter gelten. So besteht in mehr Bundesländern das Wahlrecht ab 16 Jahren. Dazu zählen: Baden-Württemberg, Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen.
In den meisten Bundesländern sieht der Gesetzgeber bei einem Volksentscheid ein sogenanntes Quorum vor, was einer Mindestwahlbeteiligung entspricht. Für einen erfolgreichen Volksentscheid reicht dann nicht nur die Mehrheit der Stimmen aus, sondern in der Regel auch zwischen 15 bis 25 Prozent der wahlberechtigten Bevölkerung müssen an der Abstimmung teilnehmen. Um das Quorum zu erreichen, entschließen sich die Initiatoren nicht selten dazu, die Stimmabgabe mit regulären Wahlterminen zu kombinieren.
Volks- und Bürgerentscheid: Pro- und Contra-Argumente für das Verfahren
Die direkte Einbindung der Bürger in konkrete politische Entscheidungen hat sowohl Befürworter als auch Gegner. Damit Sie sich dazu selbst eine Meinung bilden können, haben wir zum Thema Volksentscheid verschiedene Vor- und Nachteile zusammengetragen:
Vorteile:
- Bürger informieren sich umfassend zum Sachverhalt
- keine politischen Entscheidungen gegen den Bürgerwillen
- Bürger identifizieren sich stärker mit der Politik
- Akzeptanz der politischen Entscheidungen steigt
- Volksinitiativen können Anstoß für Reformbewegungen sein
Nachteile:
- zeit- und kostenintensiv
- Ja/Nein-Abstimmung ermöglicht keine Gestaltung durch die Bürger
- vermehrte Abstimmungen können sich negativ auf die Wahlbeteiligung auswirken
- Populisten könnten sich Volkentscheide zunutze machen
- Bürger sind nicht immer umfassend informiert
Wie viele Volksentscheide gab es in Deutschland?
In Deutschland kam es seit der Wiedervereinigung schon mehr als 50-Mal zum Volksentscheid. Einige Beispiele listen wir nachfolgend auf:
- Zusammenlegung von Berlin und Brandenburg (Berlin und Brandenburg, 5. Mai 1996)
- Strengeres Rauchverbot in Gaststätten (Bayern, 4. Juli 2010)
- Rekommunalisierung der Hamburger Energienetze (Hamburg, 22. September 2013)
- Vollständigen Erhalt des Tempelhofer Feldes (Berlin, 25. Mai 2014)
Hallo Zusammen, kann unter Beachtung der Regelungen für einen Volksentscheid (15 bis 25 % der Wahlberechtigten) gleichzeitig auch über mehrere Positionen abgestimmt werden, die nicht direkt miteinander zu tun haben wie z. B. Energiegesetz, Cannabis-Legalisierung, Rentenversorgung usw. ??
Und können die Wahlberechtigten Ihre Stimme auch rechtlich zulässig über ein Internetportal o.ä. abgeben (Zeit, Kosten). Wäre sehr nett wenn Sie mich hierzu informieren könnten. Besten Dank. Gruß. DP.