Diebstahl ist nicht gleich Diebstahl. Das deutsche Strafgesetzbuch (kurz: StGB) sieht hierfür verschiedene Varianten vor, die sich in ihren Voraussetzungen und Rechtsfolgen jeweils unterscheiden.
Neben dem Grundtatbestand aus § 242 StGB, sozusagen dem „einfachen“ Diebstahl, kennt das Strafrecht verschiedene Strafzumessungsregeln und Qualifikationstatbestände, für die wiederum Besonderheiten gelten. In diesem Kontext soll insbesondere geklärt werden, was ein besonders schwerer Diebstahl bedeutet. Zudem kann ein Täter einen Diebstahl auch im Versuch begehen.
In diesem Ratgeber wollen wir Ihnen die Grundzüge des einfachen, des versuchten sowie des schweren Diebstahls erläutern.
Inhalt
FAQ: Schwerer Diebstahl
Hier erfahren Sie, welche Kriterien erfüllt sein müssen, damit es sich um einen schweren Diebstahl handelt.
Ja. Gemäß deutschem Strafrecht ist schon der Versuch, einen Diebstahl zu begehen, strafbar.
Wie ein einfacher Diebstahl im Strafrecht definiert ist, können Sie hier ausführlich nachlesen.
Definition „einfacher Diebstahl“
Vorab soll geklärt werden, was überhaupt ein einfacher Diebstahl ist. Laut Definition liegt ein solcher dann vor, wenn jemand eine fremde, bewegliche Sache wegnimmt. Eine Sache ist jeder körperliche Gegenstand. Wegnahme bedeutet den Bruch fremden Gewahrsams, wobei unter Gewahrsam die tatsächliche Sachherrschaft, also die Zugriffsmöglichkeit auf einen Gegenstand, zu verstehen ist.
Diebstahl setzt ferner einen entsprechenden, auf die Verwirklichung des Tatbestandes gerichteten, Vorsatz voraus.
Versuchter Diebstahl: Ist er strafbar?
Nicht nur ein vollendeter, sondern auch ein versuchter Diebstahl ist dem StGB zufolge strafbar. Für den Versuch von Straftaten gilt generell nach § 23 Absatz 1 StGB: Verbrechen sind stets zu bestrafen, Vergehen hingegen nur, wenn es das Gesetz ausdrücklich anordnet.
Unter einem Verbrechen ist eine Straftat zu verstehen, die in ihren Rechtsfolgen mindestens mit einer Freiheitsstrafe von einem Jahr geahndet wird. Liegt der Strafrahmen unterhalb dessen, handelt sich indes um ein Vergehen.
Ein einfacher Diebstahl (§ 242 StGB) ist mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit einer Geldstrafe zu ahnden. Es handelt sich also um ein Vergehen. Auch ein schwerer Diebstahl, gesetzlich normiert in § 243 StGB, ist ein Vergehen, denn hier droht eine Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu zehn Jahren.
Die Strafbarkeit vom Versuch ist beim Diebstahl in § 242 Absatz 2 StGB ausdrücklich normiert.
Beispiel 1: Dieb A greift nach der Handtasche der älteren Dame D, die diese hinter sich auf dem Boden abgestellt hat, um an einem Automaten Bargeld abzuheben. Als er sie an sich genommen hat, taucht plötzlich Polizist P auf, der schnellen Schrittes auf A zugeht. Sodann lässt A die Handtasche fallen und rennt davon. Hier ist A nicht freiwillig vom Versuch zurückgetreten, da er in seinem Vorhaben durch das Auftauchen von P gestört wurde.
Beispiel 2: A greift bereits nach der Tasche von O und ist gerade im Begriff, sich umzudrehen und zu gehen. Plötzlich bekommt er ein schlechtes Gewissen und stellt die Handtasche wieder zurück. In einem derartigen Fall wird ein versuchter Diebstahl nicht bestraft, da von einem freiwilligen Rücktritt von der Tat auszugehen ist.
Was ist ein schwerer Diebstahl nach dem StGB?
Der Diebstahl im besonders schweren Fall ist gesetzlich normiert in § 243 StGB. Es handelt sich hierbei um eine Gesetzesnorm, welche eine erhöhte Strafzumessung vorsieht. Im Gesetzestext selbst ist aufgelistet, wann ein besonders schwerer Diebstahl anzunehmen ist. Die aufgezählten Punkte, die aus dem einfachen einen schweren Diebstahl machen, werden als sogenannte Regelbeispiele bezeichnet.
Hierunter fällt mitunter ein gewerbsmäßiger Diebstahl oder ein schwerer Einbruchdiebstahl.
Nach § 243 StGB liegt ein schwerer Diebstahl vor, wenn ein Täter
1. zur Ausführung der Tat in ein Gebäude, einen Dienst- oder Geschäftsraum oder in einen anderen umschlossenen Raum einbricht, einsteigt, mit einem falschen Schlüssel oder einem anderen nicht zur ordnungsmäßigen Öffnung bestimmten Werkzeug eindringt oder sich in dem Raum verborgen hält,
2. eine Sache stiehlt, die durch ein verschlossenes Behältnis oder eine andere Schutzvorrichtung gegen Wegnahme besonders gesichert ist,
3. gewerbsmäßig stiehlt,
4. aus einer Kirche oder einem anderen der Religionsausübung dienenden Gebäude oder Raum eine Sache stiehlt, die dem Gottesdienst gewidmet ist oder der religiösen Verehrung dient,
5. eine Sache von Bedeutung für Wissenschaft, Kunst oder Geschichte oder für die technische Entwicklung stiehlt, die sich in einer allgemein zugänglichen Sammlung befindet oder öffentlich ausgestellt ist,
6. stiehlt, indem er die Hilflosigkeit einer anderen Person, einen Unglücksfall oder eine gemeine Gefahr ausnutzt oder
7. eine Handfeuerwaffe, zu deren Erwerb es nach dem Waffengesetz der Erlaubnis bedarf, ein Maschinengewehr, eine Maschinenpistole, ein voll- oder halbautomatisches Gewehr oder eine Sprengstoff enthaltende Kriegswaffe im Sinne des Kriegswaffenkontrollgesetzes oder Sprengstoff stiehlt.
Die im Gesetz normierten Regelbeispiele sind nicht abschließend. Ein schwerer Diebstahl kann mithin auch in vergleichbar gelagerten Fällen angenommen werden. Diesbezüglich ist ein Richter in seiner Einschätzung und Wertung frei.
Ist ein schwerer Diebstahl geringwertiger Sachen möglich?
Die Strafschärfung des § 243 Absatz 1 StGB gilt nicht für Diebstähle geringwertiger Sachen. Dies ist ausdrücklich in Absatz 2 der Norm geregelt. Eine Sache gilt gemeinhin dann als geringwertig, wenn sie einen Wert von 50 Euro nicht übersteigt. Ist dies der Fall, liegt also kein schwerer Diebstahl vor.
Diebstahl: Erfordert ein besonders schwerer Fall anwaltliche Hilfe?
Sollte Ihnen ein schwerer Diebstahl vorgeworfen werden und ein Ermittlungsverfahren gegen Sie laufen, kann es durchaus lohnenswert sein, sich anwaltliche Unterstützung durch einen Rechtsanwalt mit Fachgebiet Strafrecht zu holen.
Generell sollte davon abgesehen werden, unbedachte Aussagen bei Polizei und Staatsanwaltschaft zu machen. Hier können Beschuldigte vieles falsch machen und sich im schlimmsten Fall um Kopf und Kragen reden.
Ein Strafverteidiger hingegen weiß genau, wie im Falle einer Beschuldigung vorzugehen ist. Er kann eine entsprechende Verteidigungsstrategie erarbeiten, Akteneinsicht nehmen und zudem Aussagen und Beweismittel vorbringen. Er kennt nicht nur die Gesetzeslage und die geltende Rechtsprechung zum Thema „schwerer Diebstahl“, sondern bringt die nötige Berufs- und Praxiserfahrung mit. Er kann versuchen, auf eine Einstellung des Verfahrens hinzuwirken.
Für Jugendliche und Heranwachsende ist im Übrigen in den nach § 68 des Jugendgerichtsgesetzes (JGG) bezeichneten Fällen ein Pflichtverteidiger zu bestellen. Ein schwerer Diebstahl kommt im Jugendstrafrecht durchaus vor und bildet insoweit keinen Ausnahmetatbestand.