Vergaberecht: Regelungen für die öffentliche Vergabe

Vergaberecht: Wie werden Aufträge aus öffentlicher Hand an Unternehmen vergeben?
Vergaberecht: Wie werden Aufträge aus öffentlicher Hand an Unternehmen vergeben?

Benötigen wir neues Kopierpapier, kaufen wir dieses entweder vor Ort oder online. Dabei handelt es sich um ein verhältnismäßig kurzes Verfahren, bei dem wir maximal verschiedene Preise und Packungsgrößen vergleichen.

Anders sieht es allerdings aus, wenn der Bund oder Landesbehörden Papier oder Möbel brauchen bzw. es sich um den Bau eines neuen Gebäudes handelt. Denn in diesem Fall gilt es für die öffentliche Vergabe von Aufträgen die Vorschriften zum Vergaberecht zu beachten.

Doch welche gesetzlichen Vorschriften regeln das Vergabewesen? Wie läuft ein Vergabeverfahren ab? Und welche Bedeutung hat der Schwellenwert für die Vergabe? Antworten auf diese und weitere Fragen liefert der nachfolgende Ratgeber.

FAQ: Vergaberecht

Womit beschäftigt sich das Vergaberecht?

Dieses Rechtsgebiet umfasst alle Gesetze und Vorschriften, die sich mit der Vergabe von öffentlichen Aufträgen befassen.

Welche Gesetze regeln das deutsche Vergaberecht?

Eine Übersicht der relevanten Gesetzestexte finden Sie hier.

Welche Vergabeverfahren lassen sich unterscheiden?

Die unterschiedlichen Verfahren auf Bundes- sowie EU-Ebene können Sie dieser Tabelle entnehmen.

Was ist das Vergaberecht?

Die Bedingungen einer Vergabe sind im Rahmenvertrag festgehalten.
Die Bedingungen einer Vergabe sind im Rahmenvertrag festgehalten.

Der Begriff „Vergaberecht“ umfasst laut Definition alle Vorschriften und Regelungen über die Vergabe öffentlicher Aufträge. Diese schreiben das Verfahren vor, welches es beim Einkauf von Gütern und Leistungen für die öffentliche Hand zu beachten gilt.

Ein neues und modernes Vergaberecht soll dabei durch ein transparentes Vergabeverfahren sicherstellen, dass die Vergabe öffentlicher Aufträge fair und effizient erfolgt. Darüber hinaus ist auch die Vergabe einer Konzession im Vergaberecht geregelt. Dabei handelt es sich um sogenannte Dienstleistungskonzessionen, welche es Dritten erlaubt, staatliche oder kommunale Aufgaben zu übernehmen.

Die Vorschriften zum Vergaberecht sollen dabei gewährleisten, dass die Grundsätze des Wettbewerbs zu denen Transparenz sowie von Gleichbehandlung zählen, Beachtung finden. Dies soll unter anderem dazu führen, dass die öffentliche Hand vom besten Preis-Leistungs-Verhältnis profitiert.

Gesetzliche Vorgaben zum Vergaberecht

Das Vergaberecht beruht auf einer Vielzahl von Regelungen und Verordnungen, zu denen sowohl Bundesgesetz, Landesgesetze als auch EU-Verordnungen gehören. Ein einheitliches Vergabegesetz existiert somit für die öffentliche Auftragsvergabe nicht.

Zu den Bundesgesetzen für das Vergaberecht in Deutschland gehören unter anderem:

  • Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB)
    Das GWB gilt im Vergaberecht als zentrales Regelwerk. Das Gesetz beinhaltet zudem auch die Grundlagen des Kartell- und Wettbewerbsrechts. Es enthält vor allem die allgemeinen Grundsätze für die Vergabe von Aufträgen. Dazu zählt zum Beispiel das Diskriminierungsverbot.
  • Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (VgV)
    Durch die Vergabeverordnung werden wichtige EU-Vergaberichtlinien umgesetzt. Dabei enthält sie grundlegende Bestimmungen zum Auswahlverfahren bei der Auftragsvergabe und zum Nachprüfungsverfahren im Vergaberecht.
  • Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB)
    Die Regelungen zum Vergabeverfahren sowie zu den allgemeinen Vertragsbedingungen für Bauleistungen sind in den Teilen A und B der VOB verzeichnet.
  • Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen (VOL)
    Dem Vergabeverfahren sowie den allgemeinen Vertragsbedingungen für Dienst- und Lieferleistungen liegen die Teile A und B des VOL zugrunde.
Im April 2016 trat eine Vergaberechtsreform in Kraft. Durch das Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts – auch als Vergaberechtsmodernisierungsgesetz bezeichnet – wurden zahlreiche Richtlinien aus dem EU-Vergaberecht umgesetzt. Dabei handelt es sich um die umfangreichste Reform beim Vergaberecht seit 2004.

Europäisches Vergaberecht

Öffentliches Bauprojekt: Das Vergaberecht soll für ein gerechtes Auswahlverfahren bei der Wahl des Unternehmens sorgen.
Öffentliches Bauprojekt: Das Vergaberecht soll für ein gerechtes Auswahlverfahren bei der Wahl des Unternehmens sorgen.

Auf europäischer Ebene wird das Vergaberecht durch verschiedene Verordnungen geregelt. Als zentrales Element gelten dabei die EU-Vergaberichtlinien 2004/18/EG sowie 2004/17/EG.

Das europäische Vergaberecht verfolgt dabei vor allem das Ziel, die Interessen aller in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union niedergelassenen Unternehmen zu schützen. Dies gilt insbesondere dann, wenn sich diese für Aufträge in anderen Staaten bewerben.

Dabei soll vor allem die Bevorzugung einheimischer Unternehmen bei der Auftragsvergabe verhindert und gleichzeitig sichergestellt werden, dass die Entscheidung ausschließlich aufgrund von wirtschaftlichen Überlegungen fällt.

Allerdings gilt das europäische Vergaberecht nur, wenn der geschätzte Auftragswert die EU-Schwellenwerte für die Vergabe öffentlicher Aufträge überschreitet. Denn in diesem Fall besteht die Verpflichtung, öffentliche Aufträge europaweit auszuschreiben. Unterhalb dieser Grenze ist gemäß Vergaberecht nur eine nationale Ausschreibung erforderlich.

Beim Vergaberecht werden die Schwellenwerte ohne Umsatzsteuer festgesetzt und variieren je nach Art des Auftrags. Die nachfolgende Tabelle zeigt die aktuellen Werte für verschiedene Aufträge:

AuftragsartSchwellenwerte gemäß Vergaberecht
Bauaufträge5.350.000 Euro
Liefer- und Dienstleistungsaufträgen214.000 Euro
Soziale Dienstleistungen nach Anhang XIV der Richtlinie 2014/24/LEU750.000 Euro
Liefer- und Dienstleistungsaufträge im Bereich Trinkwasser, Energie, Verkehr sowie Verteidigung und Sicherheit428.000 Euro

Diese Schwellenwerte werden alle zwei Jahre angepasst, die hier aufgeführten Summen gelten seit dem 01. Januar 2020.

Vergabeverfahren gemäß Vergaberecht

Das Vergaberecht sieht für die Vergabe von Aufträgen einen bestimmten Ablauf vor. Zuallererst gilt es, das richtige Vergabeverfahren zu wählen. Dabei lassen sich auf europäischer Ebene vier und auf nationaler Ebene drei Verfahrensarten wie folgt unterscheiden:

Europäisches VergaberechtDeutsches Vergaberecht
Offenes VerfahrenÖffentliche Vergabe
Nichtoffenes VerfahrenBeschränkte Vergabe
VerhandlungsverfahrenFreihändige Vergabe
Wettbewerblicher Dialog

Beim offenen Verfahren bzw. der öffentlichen Ausschreibung richtet sich die Aufforderung zur Abgabe von Angeboten an eine unbeschränkte Anzahl von Unternehmen. Wohingegen beim nichtoffenen Verfahren bzw. der beschränkten Vergabe im Voraus ein Teilnahmewettbewerb stattfindet, bei dem sich die Unternehmen mit Nachweisen ihrer Eignung bewerben.

Für die freihändige Vergabe gemäß VOL kommen nur ausgewählte Bieter in Betracht.
Für die freihändige Vergabe gemäß VOL kommen nur ausgewählte Bieter in Betracht.

In einem Verhandlungsverfahren bzw. der freihändigen Vergabe wendet sich der öffentliche Auftraggeber an ausgewählte Unternehmen und tritt mit diesen in Verhandlungen über die Auftragsbedingungen. Der wettbewerbliche Dialog kommt nur bei der Vergabe besonders komplexer Aufträge in Betracht, denn dabei erarbeiten Auftraggeber und Unternehmen die Auftragsbedingungen gemeinsam.

Nach der Definition des Auftragsgegenstandes sowie der Wahl des Verfahrens erfolgt die Bekanntmachung und somit der Beginn des eigentlichen Vergabeverfahrens gemäß Vergaberecht. Die Bekanntgabe für EU-weite Vergaben muss dabei auf einer zentralen Plattform erfolgen, dem „Tenders Electronic Daily“ (TED).

Anschließend erfolgt die Übermittlung der Vergabeunterlagen an die interessierten Unternehmen. Diese beinhalten unter anderem die Bewerbungsbedingungen sowie die Konditionen vom späteren Rahmenvertrag.

Durch das Vergaberecht ist der öffentliche Auftraggeber während des Verfahrens dazu verpflichtet, allen Bietern – wie die Unternehmen auch bezeichnet werden – Informationen zu erteilen.

Ist die Angebotsfrist verstrichen, erfolgen die Prüfung und Bewertung aller Angebote. Schlussendlich wird das Unternehmen, welches den Zuschlag erhält, durch die Vergabebekanntmachung verkündet.

Beim Vergaberecht handelt es sich um ein komplexes Rechtsgebiet. Dabei können Fehler in Anträgen und sonstigen Unterlagen schnell zu finanziellen Einbußen führen, wenn diese einen Zuschlag behindern. Aus diesem Grund kann es für Unternehmen ohne eigene Rechtsabteilung sinnvoll sein, den Rat von einem fachkundigen Anwalt für Vergaberecht einzuholen.
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Über den Autor

Nicole
Nicole P.

Seit 2016 verstärkt Nicole die Redaktion von anwalt.org. Zuvor absolvierte sie ein Studium der Buchwissenschaft und Kulturanthropologie in Mainz. Zu ihren thematischen Schwerpunkten zählen unter anderem die verschiedenen Aspekte des Verkehrs- und insbesondere des Urheberrechts.

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