Im Erbrecht sind frühzeitige Überlegungen über die Verteilung des Nachlasses nicht immer notwendig. Sind Erben vorhanden und hat der Erblasser nicht das Bedürfnis, seinen Nachlass nach eigenen Wünschen zu verteilen, kann er auf die Erstellung eines Testaments auch verzichten.
Tritt der Erbfall dann ein, richtet sich die Nachlassaufteilung nach der gesetzlichen Erfolge, die im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) festgeschrieben ist.
Problematisch kann sich dieser Fall jedoch besonders gestalten, wenn Teil des Nachlasses auch ein Unternehmen ist. Um zu verhindern, dass die Erben über die Führung des hinterlassenen Unternehmens in Streit geraten und am Ende vielleicht sogar das ganze Lebenswerk des Erblassers in sich zusammenfällt, ist die frühzeitige Regelung der Unternehmensnachfolge – früher: Unternehmernachfolge – ratsam.
Doch was genau beschreibt die Unternehmensnachfolge? Welche Formen gibt es? Und müssen für den Übergang des Familienunternehmens Steuern entrichtet werden? Dies und mehr lesen Sie im Folgenden. Dabei beschränken wir den Blick auf die Bedeutung, die im Erbrecht der Unternehmensnachfolge zukommt.
Inhalt
FAQ: Unternehmensnachfolge
Grundsätzlich bezeichnet dieser Begriff den Übergang einer Firma in den Besitz eines Dritten. Das kann beispielsweise in Form eines Erbes gemäß Erbrecht erfolgen.
Dafür haben Sie grundsätzlich drei Optionen, welche wir Ihnen hier genauer erläutern.
Ja. Auch wenn es sich um ein Unternehmen handelt, welches in den Besitz von einem anderen Familienmitglied übergeht, fällt eine Schenkungssteuer an.
Die Unternehmensnachfolge – Definition & Formen
Grundlegend bezeichnet der Begriff der Unternehmensnachfolge den Übergang einer Firma, eines mittelständischen Unternehmens o.a. in den Besitz einer anderen Person oder Personengruppe. Dabei sind zahlreiche Formen der Unternehmensnachfolge möglich: Neben dem Verkauf eines Unternehmens, dem Wechsel des Managements oder der Umwandlung in eine Stiftung, kann die Unternehmensnachfolge auch im Erbrecht eine Rolle spielen.
Ist ein Erblasser etwa Eigentümer eines mittelständischen Unternehmens, kann er im Rahmen eines Testaments oder eines Erbvertrags einen bestimmten Erben mit der Unternehmensnachfolge betreuen. So kann er andere berechtigte Erben, die er gegebenenfalls für ungeeignet hält, das Unternehmen in seinem Sinne weiterzuführen, von der Nachfolge ausschließen.
Grundsätzlich ist es anzuraten, die Unternehmensnachfolge bereits zu Lebzeiten zu gestalten. Im Mittelstand und in Familienunternehmen ist es eher die Regel, dass die Kinder oder andere potentielle Nachfolger, den Firmengründer oder -leiter Stück für Stück ablösen und die Betriebsleitung übernehmen.
Doch auch für den Ernstfall sollte ein Unternehmer vorsorgen: Nicht jeder Erbfall tritt erst im hohen Alter ein – unvorhergesehene Unfälle oder Krankheiten können die Unternehmensnachfolge viel schneller nötig werden lassen als erwartet.
Unternehmensnachfolge im Familienunternehmen – Erbschaft und Schenkungsvertrag
Vor allem die familieninterne Unternehmensnachfolge erfolgt in aller Regel durch die Übergabe bereits vor Eintreten des Erbfalls – über eine vorweggenomme Erbschaft bzw. eine Schenkung. Das Bestehen des Lebenswerks soll vorzeitig durch die Übertragung an einen Erben gesichert werden.
Die Unternehmensnachfolge – besonders im Mittelstand – sollte jedoch nicht ausschließlich an besondere Sympathie zu dem möglichen Nachfolger geknüpft werden. Vielmehr sollte sich der Gesellschafter frühzeitig auch Gedanken darüber machen, welcher Partei die Unternehmensnachfolge entsprechend ihrer Fähigkeiten und Motivation am ehesten zuzutrauen ist.
In Bezug auf das Erbrecht gibt es drei mögliche Wege, die Unternehmensnachfolge zu bestimmen:
- durch die vorweggenommene Erbfolge, in der der Unternehmer sein Lebenswerk bereits zu Lebzeiten an einen Nachfolger übergibt (= Schenkung).
- durch die gewillkürte Erbfolge im Rahmen testamentarischer Festlegungen, in denen der Erblasser bei Eintritt des Erbfalles einen oder mehrere Nachfolger benennen kann.
- durch die gesetzliche Erbfolge, die zum Tragen kommt, wenn kein Testament vorhanden ist. In diesem Fall gibt das BGB die Verteilung des Erbes vor.
Treten hierbei nämlich mehrere Erben gleichen Ranges nebeneinander ein, so bilden Sie eine Erbengemeinschaft. Durch die fehlenden Bestimmungen des Erblassers werden damit alle Mitglieder der Erbengemeinschaft im Hinblick auf die Unternehmensnachfolge bedacht und zu gleichwertigen Mitgesellschaftern.
Die Unternehmensnachfolge wird zum Problem: Je größer die Erbengemeinschaft dann ist, desto mehr unterschiedliche Motive und Zielsetzungen können am Ende zu Streitigkeiten führen und so im schlimmsten Fall zum Untergang des Lebenswerks beitragen – ganz nach dem Motto: „Viele Köche verderben den Brei.“
Möchte der Erblasser dennoch gerne all seine Erben durch die Unternehmensnachfolge bedenken, sollte er vorab zum Beispiel genau festlegen, wer welche Position oder Aufgabe in dem Unternehmen übernehmen soll – entsprechend seiner Fertigkeiten und Wünsche.
Pflichtteilsansprüche müssen beachtet werden!
Will der Gesellschafter die Unternehmensnachfolge nur auf einen seiner Erben übertragen, sind jedoch noch weitere Erben vorhanden, so haben diese zumindest einen Anspruch auf den Pflichtteil. Auch bei einer Schenkung vorab muss der Wert des Unternehmens aus den letzten zehn Jahren in der Pflichtteilsberechnung beachtet werden. Das bedeutet, dass auch die vorweggenommene Erbfolge nicht bedeutet, dass andere Erbberechtigte leer ausgehen.
Die Betrachtung von Pflichtteilsansprüchen ist besonders bei der Finanzierung der Unternehmensnachfolge von Bedeutung. Bedenken Sie rechtzeitig, wie viel Geld für die Auszahlung der anderen Erben vonnöten sein wird und ob die Mittel ausreichen. Am Ende könnte sonst aufgrund fehlender finanzieller Grundlagen der Verkauf des Unternehmens drohen, um allen Erben die Ihnen zustehenden Pflichtteile auszuzahlen.
Lassen Sie sich idealerweise vorab von einem Rechtsanwalt für Erbrecht beraten.
Die Schenkungs- und Erbschaftssteuer bei der Unternehmensnachfolge
Erfolgt die Unternehmensnachfolge im Rahmen der vorweggenommen Erbfolge durch einen Schenkungsvertrag, sind an dieser Stelle lediglich Überlegungen hinsichtlich der Entrichtung einer Schenkungssteuer anzustellen.
Die Schenkungssteuer richtet sich nach der Höhe der Schenkung – hier dem Wert des Unternehmens – und dem entsprechenden Steuersatz, der hinsichtlich des Verwandtschaftsgrades von Schenkendem und Beschenktem ermittelt wird:
- Steuerklasse I: direkte Abkömmlinge des Erblassers, Schenkers (Erben ersten Ranges) und Ehegatten bzw. eingetragene Lebenspartner
- Steuerklasse II: geschiedene Ehegatten, Erben zweiter Ordnung und Großeltern
- Steuerklasse III: Erben höherer Ordnung, Freunde, Bekannte usf.
Dabei können die Beteiligten alle zehn Jahre von den gewährten Freibeträgen bei der Schenkungssteuer profitieren.
Erfolgt die Unternehmensnachfolge hingegen durch Vererbung per Testament oder gesetzlicher Erbfolge, entstehen den Erben Erbschaftssteuern, wenn Sie die Unternehmensnachfolge und das Erbe antreten.
Es gibt auch andere Berechnungsansätze, aber: Der Substanzwert, der sich vor allem aus der Bilanzierung des geerbten Unternehmens ergibt, gilt stets als Mindestwert.
Eine Steuerbefreiung von 85 bis zu 100 Prozent ist nur in seltenen Fällen möglich. Dabei ist die Vergünstigung vor allem an die Arbeitsplatzsicherung der Belegschaft gebunden:
- Grundmodell (bis 85 % Steuervergünstigung): Der Unternehmensnachfolger führt das Unternehmen mindestens fünf Jahre fort und zahlt in dieser Zeit einen bestimmten Betrag an Löhnen.
- Optionsmodell (bis zu 100 % Steuervergünstigung): Der Unternehmensnachfolger führt das Unternehmen mindestens sieben Jahre fort und muss strengere Auflagen hinsichtlich der Lohnzahlungen beachten.
Unternehmensnachfolge: Kostenlose Checkliste
Im Folgenden finden Sie eine Checkliste für die Unternehmensnachfolge, die unterschiedlichste Aspekte bedenkt, die bei Übertragung und Erbfolgebestimmung von Bedeutung sein können:
→ Checkliste zur Unternehmensnachfolge als Download (PDF)
Checkliste zur Unternehmensnachfolge | ||
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1. | Wer ist am ehesten geeignet, die Unternehmensführung zu übernehmen? | |
2. | Sind noch weitere Erben vorhanden (Ehefrau, weitere Kinder usf.)? | ⬜ ja ⬜ nein |
3. | Welchen Wert hat das zu übertragende Unternehmen? | Euro |
4. | Wie viel Vermögen ist neben dem Unternehmen in der Erbmasse enthalten? | Euro |
5. | Wie hoch sind die möglichen Pflichtteilsansprüche der Erben, die nicht in der Unternehmensnachfolge bedacht werden? | Euro |
6. | Genügt das übrige Vermögen, um die Pflichtteilsansprüche auszugleichen? | ⬜ ja ⬜ nein |
7. | Besitzt der Nachfolger ggf. ausreichend Mittel, um die Pflichtteilsberechtigten auszuzahlen? | ⬜ ja ⬜ nein |
8. | Soll das Unternehmen unter mehreren Erben aufgeteilt werden? | ⬜ ja ⬜ nein |
9. | Wer soll welchen Bereich übernehmen, wenn die Unternehmensaufspaltung anvisiert wird? | Nachfolger 1: Nachfolger 2: usf. |
10. | Nimmt der Gewählte/nehmen die Gewählten die Unternehmensnachfolge an? | ⬜ ja ⬜ nein |
11. | Sind bei einer Schenkung entsprechende Änderungen in Testament und/oder Gesellschaftsvertrag vorgenommen worden? | ⬜ ja ⬜ nein |
12. | Wurde der Schenkungsvertrag notariell beglaubigt? | ⬜ ja ⬜ nein |
13. | In welchem Güterstand lebten die Ehegatten? | ⬜ Zugewinngemeinschaft ⬜ Gütertrennung ⬜ Gütergemeinschaft |
14. | Wie wirkt sich der Güterstand auf den Erbteilsanspruch aus? |
Gut zu wissen, dass man die Unternehmensnachfolge bereits zu Lebzeiten zu gestalten sollte. Ich werde dazu mal eine Beratung für Unternehmensrecht wahrnehmen. Immerhin möchte ich bei meiner Nachfolge keine Fehler machen.
Interessant, dass wenn Teil des Nachlasses auch ein Unternehmen ist, es problematisch werden kann. Ich frage mich, ob ich mich dann an einen Rechtsanwalt für Familienrecht wenden sollte. Oder ob sich dann ein Anwalt für Erbrecht besser eignet.
Gut zu wissen, dass im Erbrecht frühzeitige Überlegungen über die Verteilung des Nachlasses nicht immer notwendig sind. Während meiner Scheidung wurde ich von einer Anwaltskanzlei für Familienrecht vertreten. Die sollen mir auch im Erbrecht weiterhelfen.