Hinter verschlossenen Türen bahnt sich Großes an: Politiker aus den Vereinigten Staaten von Amerika und der Europäischen Union verhandeln um TTIP, die umfangreichste Freihandelszone der Welt.
Ohne Zölle und andere Handelshemmnisse sollen die transatlantischen Wirtschaftsbeziehungen noch intensiver werden.
Während die Befürworter des Abkommens von Wirtschaftswachstum und Hunderttausenden neuer Arbeitsplätze schwärmen, warnen Gegner davor, dass der europäische Markt von genmanipulierter Nahrung und Chlorhühnchen überschwemmt wird. Auch internationale Schiedsgerichte, bei denen amerikanische Unternehmen von europäischen Staaten Millionensummen einklagen können, sorgen für viel Kritik.
Doch was heißt TTIP genau? Ist an den Hoffnungen und Befürchtungen wirklich etwas dran? Und wird dieses Abkommen eines Tages tatsächlich unterzeichnet? Wir gehen in unserer TTIP-Info diesen Fragen näher auf den Grund.
Inhalt
FAQ: TTIP
Es handelt sich dabei um ein geplantes Transatlantisches Freihandelsabkommen.
Aktuell liegen die Verhandlungen auf Eis. Wann und ob das Freihandelsabkommen überhaupt in Kraft treten wird, ist nicht absehbar.
Hier finden Sie eine tabellarischen Übersicht der möglichen Vor- und Nachteile, falls TTIP in Kraft treten sollte.
Was ist das TTIP-Abkommen überhaupt?
Die Abkürzung TTIP bedeutet „Transatlantic Trade and Investment Partnership“, was auf Deutsch übersetzt so viel heißt wie:
„Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft“.
Das geplante Abkommen soll daher diese Punkte umfassen:
- Abschaffung von Handelshemmnissen für materielle Güter und Dienstleistungen
- Angleichen von Produktstandards
- Erweiterter Investitionsschutz für Investoren aus dem jeweils anderen Markt
Die Staaten der Europäischen Freihandelszone wie Norwegen und die Schweiz sind dabei ausgenommen.
Bestandteile des Freihandelsabkommens
An erster Stelle gehört zu TTIP ein Freihandelsabkommen, welches zum Ziel hat, sämtliche Handelshemmnisse zwischen der Europäischen Union und den USA abzuschaffen. Dies sind vor allem:
- Zölle als finanzielle Abgaben auf importierte Produkte, die als Anteil am Preis des Gutes definiert sind.
- Einfuhrkontingente, welche die Menge eines Gutes beschränken, die innerhalb einer bestimmten Zeitspanne importiert werden darf. Sie sind im transatlantischen Handel nur von geringer Bedeutung.
- Einfuhrverbote, welche dafür sorgen, dass keine Produkte importiert werden dürfen, welche bestimmten Standards nicht entsprechen. Dies können beispielsweise Hygienevorschriften bei Nahrungsmitteln sein oder technische Standards bei Fahrzeugen.
Zölle zwischen den USA und der EU befinden sich im globalen Vergleich bereits auf einem relativ niedrigen Niveau. Eine wesentlich größere Rolle spielen beim transatlantischen Handel die nicht-tarifären Handelshemmnisse.
Auch diese können den Produzenten bares Geld kosten, wenn sie ihre Güter an die Produktstandards anderer Länder anpassen und dabei mehrere Versionen desselben Produktes herstellen müssen.
Bei grenzüberschreitendem Handel sind außerdem doppelte Zulassungsverfahren nötig, da das Produkt den Standards zweier Märkte genügen muss.
Alle diese Anpassungsprozesse, die durch unterschiedliche Produktstandards nötig werden, hätten laut einer Studie des Ecorys-Institutes (2009) Kosten verursacht, die bei durchschnittlich 21,5 Prozent des Warenwertes liegen. Damit wirken diese nicht-tarifären Handelshemmnisse stärker als die Zölle, welche noch zwischen der EU und den USA existieren.
Auch Dienstleistungen sollen nach Ratifizierung des TTIP-Abkommens ohne nennenswerte Barrieren auf dem jeweils anderen Markt erbracht und damit exportiert werden dürfen.
Anpassung von Produktstandards
Wenn die nicht-tarifären Handelshemmnisse abgeschafft werden sollen, ist es notwendig, dass EU und USA einheitliche Produktstandards festlegen, die auf beiden Seiten des Atlantiks gelten. Es gibt eine ganze Reihe von Normen, welche dabei zur Debatte stehen können.
Beispielsweise haben die Blinker von Automobilen in Europa und den USA verschiedenartige Farben und selbst die Fläche der Frontscheibe, welche die Scheibenwischer abdecken müssen, wird durch unterschiedliche Vorgaben festgelegt.
In den USA herrschen meist liberalere Regeln, beispielsweise wenn es um gentechnisch manipulierte Nahrungsmittel und hormonbehandeltes Fleisch geht. Auf der anderen Seite sind die Zulassungskriterien für medizinische Geräte in der EU lockerer und auch für Finanzprodukte gelten auf der Ostseite des Atlantiks weniger strenge Vorschriften als in Amerika.
Bei diesem Aspekt von TTIP ist der Inhalt allerdings noch nicht genau klar, da er sich momentan in Verhandlung befindet.
Investitionsschutz
Neben der Angleichung von Produktstandards und dem Freihandelsabkommen gehört zu TTIP auch ein Investitionsschutzabkommen. Auf Grundlage dieses Vertrages darf ein ausländischer Investor die Regierung eines Landes anklagen, in dem er eine Investition getätigt hat, wenn er der Meinung ist, dass diese sein Eigentum und seine unternehmerischen Interessen nicht ausreichend schützt.
Das Verfahren findet vor einem internationalen Schiedsgericht statt, weil dieses bei grenzüberschreitenden Konflikten als neutraler angesehen werden als nationale Gerichte.
Solche Prozesse werden auch Investor-State Dispute Settlement (ISDS) genannt und enden mit einem Urteil des Schiedsgerichtes, welches von einem Großteil der Länder auf der Erde tatsächlich umgesetzt werden muss.
Seit 1958 unterzeichneten nämlich 156 Staaten das „New Yorker Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche“, welche die Unterzeichnerstaaten genau dazu verpflichtet.
Ein wichtiger und sehr umstrittener Bestandteil von TTIP sind solche ISDS-Verfahren, welche Unternehmen die Möglichkeit einräumen, demokratisch gewählte Regierungen auf teuren Schadensersatz zu verklagen. Aber auch der Bruch anderer Verträge des internationalen Wirtschaftsrechts kann mit solchen ISDS-Verfahren sanktioniert werden.
Wichtiges Kriterium für eine Direktinvestition ist es, dass der Investor mit dieser Einfluss auf die Politik der Firma nehmen kann, in die er investiert. Bei anteilsmäßig niedrigen Beteiligungen (in der Regel unter 10 % des Gesamtwertes einer Firma) handelt es sich um Portfolioinvestitionen, welche lediglich der Geldanlage dienen.
Wie kam es zu den TTIP-Verhandlungen?
Der Grund für ein Freihandelsabkommen mit Investorenschutz, welches den Atlantik umspannt, sind die ausgeprägten Wirtschaftsbeziehungen zwischen beiden Kontinenten. Diese umfassen bereits heute einen Großteil des Welthandels.
Wirtschaftsbeziehungen zwischen der EU und den USA
Ein Blick auf internationale Wirtschaftsbeziehungen verrät, dass die Vereinigten Staaten und die EU füreinander die jeweils wichtigsten Handelspartner sind. Wenn es um das gesamte Handelsvolumen als Summe von Ein- und Ausfuhren geht, stehen die USA bei der Europäischen Union an erster Stelle und umgekehrt. Die Vereinigten Staaten sind für die EU das wichtigste Exportziel, während umgekehrt die Europäische Union mit geringem Abstand gleich hinter Kanada kommt (siehe Abbildungen).
Lediglich bei den Importen zeichnet sich ein anderes Bild ab: Hier ist sowohl für die Vereinigten Staaten als auch die EU China der wichtigste Handelspartner, was vor allem an den niedrigeren Lohnkosten dieses Landes liegt, mit denen das europäische und amerikanische Lohnniveau nicht mithalten kann.
Die Märkte dies- und jenseits des Atlantischen Ozeans sind jedoch nicht nur durch Handel, sondern auch durch Kapitalverflechtungen miteinander verbunden, auch wenn hierbei im Gegensatz zum Handel der größere Teil von den USA Richtung Osten fließt.
Mit 163,4 Milliarden Euro gingen 2011 die meisten Investitionen aus der EU in die USA, während gleichzeitig mit 260,5 Milliarden die Europäische Union das meiste Kapital aus den Vereinigten Staaten erhalten hat (Eurostat 2016). Damit ist das Ungleichgewicht zwischen den USA und der EU bei Direktinvestitionen genau anders herum ausgeprägt als bei den Handelsverflechtungen, wo mehr Waren aus Europa nach Amerika transportiert wurden als umgekehrt.
Gerade weil die transatlantischen Wirtschaftsbeziehungen bereits ohne TTIP so stark ausgeprägt sind, sehen Befürworter des Abkommens die Chance, diese Verflechtungen mit Handels- und Investitionsliberalisierungen weiter voranzutreiben.
Bei einem Handelsabkommen wie TTIP fällt dieses Motiv weg. Es bleiben jedoch folgende Gründe, im Ausland eigene Standorte aufzubauen oder dort mit einheimischen Firmen zu fusionieren:
- niedrigere Transportkosten durch Nähe zum Markt
- für Dienstleistungsfirmen meist der einzige Weg, neue Märkte zu erschließen
- erleichterte Anpassung an lokales Nachfrageverhalten
- Nähe zu Rohstoffen und Vorprodukten
- Nutzung von Arbeitskräften mit bestimmten Qualifikationen
- günstigere Produktion durch niedrigere Steuern, Lohnkosten oder Umweltstandards (bei transatlantischen Investitionen weniger relevant)
Bisheriger Verlauf der TTIP-Verhandlungen
Der Verhandlungsprozess des TTIP-Abkommens erfuhr bisher folgende Schritte:
- Bereits in den 1990er Jahren gab es Ideen zu einem Transatlantischen Freihandelsabkommen (TAFTA), ohne dass es zu konkreten Verhandlungen kam.
- Im Februar 2013 setzten US-Präsident Barack Obama und der Präsident der Europäischen Kommission, José Manuel Barroso, den offiziellen Startschuss für die Verhandlungen zum TTIP-Abkommen.
- Die EU-Kommission begann im Juni 2013 mit den Verhandlungen im Auftrag der 28 EU-Länder, welche ihr dazu die Vollmacht erteilten. Unterstützt wird die Kommission dabei durch 16 Vertreter von Industrie, Gewerkschaften und Verbraucherschutz. Im selben Monat erteilte der US-Kongress Präsident Obama ebenfalls eine Verhandlungsvollmacht für TTIP.
- Zwischen Juli 2013 und April 2016 fanden insgesamt 13 nicht-öffentliche Verhandlungsrunden zwischen der EU-Kommission und den Vereinigten Staaten statt, entweder in Brüssel oder in den USA. Für Kritik sorgt neben dem Ausschluss der Öffentlichkeit auch die Tatsache, dass Interessenvertreter aus der Industrie womöglich einen zu großen Einfluss auf die Gespräche nehmen und Verbraucherinteressen auf der Strecke bleiben.
- Für Herbst 2016 war vorgesehen, dass eine Einigung über die letzten strittigen Punkte erzielt wird.
Vergleichbare Freihandelsabkommen
Die Gespräche zu TTIP fallen in eine Zeit, in der auch zwei andere Handelsabkommen unter Beteiligung nordamerikanischer Staaten verhandelt und unterzeichnet wurden.
Die Transpazifische Partnerschaft (TPP) beinhaltet umfangreiche Zollsenkungen und wurde im Februar 2016 von insgesamt 12 Staaten auf beiden Seiten des Pazifischen Ozeans unterzeichnet, während ihre Ratifizierung noch aussteht. Sobald dieses Abkommen in Kraft tritt, wäre es mit einem Anteil von 36 % am weltweiten Bruttoinlandsprodukt (Stand: 2014) die größte Freihandelszone der Welt.
Die TTIP-Staaten allerdings erwirtschafteten im selben Jahr insgesamt 35,8 Billionen US-Dollar, was einem Anteil an der globalen Wirtschaftsleistung von insgesamt 46 % entspricht. Damit wäre TTIP die größte Freihandelszone der Welt. Auch mit einer Gesamtbevölkerung von 825 Millionen hätte die TTIP-Region einen größeren Umfang als der TPP-Raum mit 806 Millionen Menschen (Stand: 2014).
Das Umfassende Wirtschafts- und Handelsabkommen (CETA) zwischen der Europäischen Union und Kanada wird oft als eine Art Probelauf für TTIP angesehen. TTIP und CETA haben beide zum Ziel, die Zölle zu senken und Standards von Produkten auf beiden Seiten des Atlantiks anzugleichen. Auch der Investorenschutz und die Möglichkeit zu Schiedsverfahren ist wichtiger Bestandteil beider Abkommen.
Allerdings unterscheiden sich die Normen für Produkte zwischen der EU und Kanada nicht so stark wie zwischen den USA und der Europäischen Union, weshalb dieses Abkommen weniger umstritten ist als TTIP.
TTIP: Vor- und Nachteile auf einen Blick
Die folgende Tabelle fasst für TTIP alle wichtigen Pro- und Contra-Argumente zusammen, welche anschließend detaillierter ausgeführt werden:
Pro TTIP | Contra TTIP |
---|---|
größere Absatzmärkte für Produkte können zu Wirtschaftswachstum, neuen Arbeitsplätzen und steigendem Einkommen führen | mögliche Senkung hoher Produktstandards (u.a. bei Gentechnik, Fleischproduktion, Kernkraft) |
bessere Möglichkeiten für kleine und mittelständische Unternehmen, ausländische Märkte zu erschließen | Liberalisierung der Finanzmärkte und fehlende demokratische Kontrolle dieser |
durch zunehmenden Wettbewerb bessere Qualität zu günstigeren Preisen sowie mehr Innovationen | mögliche Privatisierung öffentlicher Dienste |
Konjunkurprogramm für europäische Krisenstaaten | Schiedsverfahren mit hohen Schadensersatzforderungen an demokratisch gewählte Regierungen |
Welche Vorteile hat TTIP?
Es gibt mehrere Studien, welche versuchten, die erhofften positiven Effekte des TTIP-Abkommens auf die Wirtschaft in Zahlen auszudrücken.
Das Centre for Economic Policy Research untersuchte 2013 ein pessimistischeres und ein optimistischeres Szenario für den Fall, dass durch TTIP sämtliche Handelshemmnisse wegfallen werden. Die folgenden Angaben sind Prognosen für das Jahr 2027:
weniger optimistisches Szenario | optimistischeres Szenario | |
---|---|---|
Entwicklung Bruttoinlandsprodukt EU (in Mio. Euro) | + 68.274 | + 119.212 |
Entwicklung Bruttoinlandsprodukt USA (in Mio. Euro) | + 49.543 | + 94.904 |
Entwicklung Exporte EU nach USA | + 16,16 % | + 28,03 % |
Entwicklung Exporte USA nach EU | + 23,20 % | + 36,57 % |
Entwicklung des jährlichen Haushaltseinkommens einer 4-köpfigen Familie EU (Euro) | + 306 | + 545 |
Entwicklung des jährlichen Haushaltseinkommens einer 4-köpfigen Familie USA (Euro) | + 336 | + 655 |
Am stärksten soll sich TTIP naheliegenderweise auf den transatlantischen Handel auswirken, welcher je nach Szenario um circa ein Fünftel bis ein Drittel zunehmen soll. Auch die Effekte auf Wirtschaftsleistung und Haushaltseinkommen sind deutlich positiv.
Allerdings relativiert sich selbst der optimistische Zuwachs des europäischen Bruttoinlandsproduktes um 119 Milliarden ein Stück weit, wenn berücksichtigt wird, dass das gesamte BIP der EU 2015 14,63 Billionen Euro betrug. Auch wenn die Prognosen von einer gewissen Zunahme der Wirtschaftsleistung ausgehen, hält sich das Ausmaß dieser Effekte in Grenzen.
Die großen Unterschiede zwischen beiden Szenarien verdeutlichen, dass eine eindeutige und vor allem sichere Prognose für TTIP kaum möglich ist und dass diese Zahlen daher mit Vorsicht genossen werden sollten.
Auch die Untersuchung zur Entwicklung von Arbeitsplätzen und durchschnittlichem Pro-Kopf-Einkommen, welche das Ifo-Institut 2013 durchführte, fußt auf optimistischen Grundannahmen:
Abschaffung Zölle und Angleichung Standards | Nur Abschaffung Zölle | |
---|---|---|
Neue Arbeitsplätze Deutschland | 181.000 | 45.000 |
Neue Arbeitsplätze EU | 1.346.000 | 343.000 |
Neue Arbeitsplätze USA | 1.086.000 | 277.000 |
Entwicklung Pro-Kopf-Einkommen Deutschland | + 4,7 % | + 0,2 % |
Entwicklung Pro-Kopf-Einkommen EU | + 5 % | + 0,3 % |
Entwicklung Pro-Kopf-Einkommen USA | + 13,4 % | + 0,8 % |
Hier ist jedoch besonders interessant, dass die Abschaffung nicht-tarifärer Handelshemmnisse als wesentlich wirksamer betrachtet wird als die reine Senkung der Zölle.
Welche Auswirkungen hat TTIP auf Wirtschaftsleistung und Arbeitsplätze?
rd, die dortigen Märkte zu erschließen.
Der größte Teil des Handelszuwachses soll sich allerdings aus der gegenseitigen Angleichung von Produktstandards ergeben. Wenn die Kosten für die Anpassung von Produkten und doppelte Zulassungen wegfallen, die als „indirekte Zölle“ wirken, dann lässt sich eine ganze Reihe von Waren günstiger anbieten.
Geht es nach optimistischen Befürwortern von TTIP, so soll sich durch den Abbau von Handelshemmnissen folgende Spirale in Gang setzen:
- Wenn Unternehmen auf dem ausländischen Markt mehr Waren verkaufen können, steigt deren Gewinn und damit die Bereitschaft, weitere Arbeitsplätze zu schaffen.
- Gelangen durch diese neuen Arbeitsplätze mehr Menschen in Lohn und Brot, so steigt das durchschnittliche Einkommen der Bevölkerung.
- Mit einem höheren Einkommen können Personen mehr Güter nachfragen, auch von der jeweils anderen Seite des Atlantiks, wodurch die Unternehmen wiederum mehr Umsatz machen können.
Vor allem für Deutschland kann TTIP große Bedeutung haben, da seine Wirtschaft stark auf den Export ausgerichtet ist.
Auswirkungen für kleine und mittelständische Unternehmen
TTIP soll besondere Vorteile für kleine und mittelständische Firmen mit sich bringen. Gerade für sie sind die nicht-tarifären Handelshemmnisse ein großes Problem, da sie sich häufig die Kosten für Produktanpassungen nicht leisten können, während dies für größere Unternehmen weniger schwierig ist.
Wenn kleinere Unternehmen sich neue Absatzmärkte erschließen können und dadurch wachsen, ist es möglich, dass diese zu den wichtigsten Beschaffern neuer Arbeitsplätze werden.
Welche Folgen hat der zunehmende Wettbewerb durch TTIP?
Durch das Freihandelsabkommen werden die Unternehmen in den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union einem stärkeren Wettbewerb ausgesetzt. Dieser kann dazu führen, dass Firmen gezwungen werden, effizienter und günstiger Waren von höherer Qualität zu produzieren. Auch steigt dadurch der Druck, Innovationen zu erzeugen.
Während Nachfrager so für weniger Geld an bessere Waren gelangen können, besteht jedoch die Gefahr, dass manche Unternehmen in diesem Wettbewerb Bankrott gehen oder Arbeitsplätze abbauen müssen.
Hoffnungen für die Staatsschuldenkrise in Europa
Das Wirtschaftswachstum in den USA ist momentan (2015) stärker als in der Europäischen Union. Befürworter von TTIP sind daher der Ansicht, dass die Vereinigten Staaten in einer Freihandelszone den EU-Staaten wertvolle Wachstumsimpulse geben könnten.
Davon sollen gerade diejenigen Länder profitieren, die von einer Staatsschuldenkrise betroffen sind und unter hoher Arbeitslosigkeit leiden.
In Griechenland, aber auch Portugal und Spanien sollen so neue Arbeitsplätze entstehen. Für staatliche Konjunkturprogramme fehlt diesen Ländern nämlich oftmals das Geld, weshalb TTIP teilweise als eine Art kostenfreies Konjunkturprogramm angesehen wird.
Was kann TTIP für Nachteile mit sich bringen?
Je länger sich die Verhandlungen zum TTIP-Abkommen hinziehen und je weniger konkrete Informationen an die Öffentlichkeit gelangen, desto stärker wird Kritik an dem geplanten Vertragswerk laut. In diesem Abschnitt lesen Sie, was für Nachteile mit dem TTIP-Abkommen auf die Menschen beiderseits des Atlantiks zukommen können.
Bei den folgenden Ausführungen handelt es sich jedoch lediglich um Spekulationen, da sich aufgrund des nicht-öffentlichen Charakters vor Abschluss der Verhandlungen keine Aussagen zum konkreten Inhalt von TTIP machen lassen.
Was bedeutet TTIP für die hohen Produktstandards der EU?
Viele Kritiker sind gegen TTIP, weil sie befürchten, dass bestimmte Produktnormen aufgeweicht werden.
Nicht alle von diesen Handelshemmnissen sind willkürliche Festlegungen wie die Farbe von Blinkern bei Autos oder die Fläche, über die ein Scheibenwischer streifen muss.
Einige Standards der Europäischen Union dienen dazu, die Gesundheit der Bevölkerung sowie die Umwelt zu schützen, vor allem dann, wenn es sich um Waren wie Nahrungsmittel und Medikamente handelt.
Daher kann TTIP in der EU dafür sorgen, dass auch hier die niedrigeren US-Standards eingeführt werden. Folgende Liste zeigt Beispiele für Bereiche, in denen in der EU strengere Bestimmungen herrschen als in den USA:
- Zulassung gentechnisch veränderter Nahrungsmittel
- Kennzeichnung gentechnisch veränderter Nahrungsmittel
- Pestizidrückstände in pflanzlicher Nahrung
- Behandlung von Fleisch mit Hormonen
- Desinfektion von Hähnchenfleisch mit Chlor
- Festsetzung der Kosten für Arzneimittel
- Vorsorgeprinzip statt Nachsorgeprinzip bei Zulassung chemischer Substanzen
- teilweise Einschränkung von riskanten Energietechnologien wie Fracking oder Kernspaltung
Gemäß dem Vorsorgeprinzip dürfen Chemikalien in der EU so lange nicht auf dem Markt eingeführt werden, bis eindeutig bewiesen ist, dass sie für Verbraucher nicht schädlich sind.
Das Nachsorgeprinzip in den USA hingegen verbietet chemische Substanzen erst dann, wenn bewiesen ist, dass diese schädliche Wirkungen haben können. Dafür müssen Unternehmen mit hohen Schadensersatzforderungen rechnen, wenn eine Person durch die eingesetzten Chemikalien zu Schaden gekommen ist.
Umgekehrt sind in anderen Bereichen die Standards in den USA strenger als in der EU:
- Zulassung medizinischer Implantate, wie Herzschrittmacher oder künstliche Gelenke
- Zulassung von bestimmten Nahrungsmitteln (bspw. Rohmilchkäse)
- Verbot von einer Reihe riskanter Finanzprodukte
Das vereinfachte Bild, nach dem europäische Standards generell höher sind als US-amerikanische, lässt sich also nicht in allen Fällen halten. Allerdings besteht das Risiko, dass sich bei den Verhandlungen zugunsten der Unternehmen und zu Ungunsten der Verbraucher jeweils die niedrigsten Standards durchsetzen können.
Zwar beteuern Vertreter aus der europäischen Politik regelmäßig, dass gerade bei Nahrungsmitteln keine europäischen Normen aufgeweicht werden sollen. Das letzte Wort in diesen Verhandlungen ist jedoch noch nicht gesprochen.
Es ist zum Beispiel theoretisch möglich, dass Lobbyisten der US-Genindustrie die EU dazu verpflichten, Nahrungsmittel aus genetisch veränderten Pflanzen importieren zu lassen und diese nicht ausreichend zu kennzeichnen.
Mögliche Folgen für die Finanzmärkte
An TTIP wird ferner Kritik laut wegen seinen möglichen Auswirkungen auf die Finanzmärkte. Diese stellten sich bereits in der Vergangenheit als problematisch heraus und waren Hauptverursacher der großen Wirtschaftskrise 2008.
Gegenwärtig steht zur Debatte, dass sich ein zentrales Forum um die Regulierung der Finanzmärkte im gesamten TTIP-Raum kümmern soll. Parlamente können demnach nur noch Gesetze verabschieden, welche mit dessen Beschlüssen harmonieren.
Kritiker befürchten, dass dadurch gerade die strengeren Regeln des US-Marktes aufgeweicht werden, welche als Reaktion auf die Finanzkrise erlassen wurden und riskante Finanzprodukte verbieten. Erneute Finanzkrisen könnten im schlimmsten Fall die Folge sein.
Privatisierung der öffentlichen Versorgung durch TTIP
Viele wichtige Dienste, welche die Grundversorgung für die Bürger gewährleisten, befinden sich in öffentlicher Hand – darunter Bildung, Nahverkehr und die Wasserversorgung. Es kann jedoch sein, dass TTIP auch eine Klausel beinhalten wird, welche die Privatisierung öffentlicher Dienstleister vorantreibt, wobei diese für Investoren aus der gesamten TTIP-Zone ausgeschrieben werden müssen.
Die Gegner des Freihandelsabkommens äußern, dass TTIP in Europa dazu führen kann, dass ehemals öffentliche Dienste so in die Hand ausländischer Investoren gelangen können, wodurch die Qualität bei gestiegenen Preisen sinken kann. Allerdings beteuerten EU-Politiker regelmäßig, dass Dienste der Grundversorgung von solchen TTIP-weiten Ausschreibungen ausgenommen werden sollen.
Drohen den Steuerzahlern teure Schadensersatzforderungen?
Bei einem Verstoß gegen TTIP kann ein Schiedsgericht eine Regierung, welche dieses Abkommen unterzeichnet hat, auf Schadensersatz für Investoren verklagen.
Befürworter von TTIP und seiner Investitionspartnerschaft behaupten, dass nur dieser ausländische Investoren ausreichend vor politischen Risiken schützt.
Allerdings sind die USA und sämtliche Länder der EU politisch stabil und weisen eine ausgeprägte Rechtssicherheit auf. Es ist fraglich, dass ohne Investitionsschutzabkommen tatsächlich weniger Direktinvestitionen den Weg über den Atlantik finden als mit Investorenschutz.
Bei solchen Schiedsverfahren lassen sich folgende Aspekte kritisieren:
- Intransparenz: Da Schiedsgerichte hinter verschlossenen Türen tagen, haben Richter und Anwälte der Unternehmerseite die Möglichkeit, während dem Verfahren das Recht zugunsten ihrer Mandanten auszulegen, was zu hohen und kaum gerechtfertigten Schadensersatzforderungen an Regierungen führen kann.
- Fehlende Kontrolle: Bei bisher existierenden Schiedsgerichten ist es nicht möglich, gegen ein Urteil Berufung bei einer höheren Instanz einzulegen.
- Keine Begrenzung der Prozessdauer: Indem sich ein Prozess in die Länge ziehen lässt, können die beteiligten Anwälte ihre Vergütungen in die Höhe treiben, welche die unterlegene Partei ebenfalls begleichen muss.
Durch die Unterzeichnung von TTIP kann auch Deutschland von amerikanischen Firmen verklagt werden, wobei die Schadensersatzzahlungen an US-Unternehmen letztendlich von den Steuerzahlern zu tragen sind.
Allerdings reagierte eine Reihe von EU-Politikern auf die zunehmende Kritik an internationalen Schiedsverfahren. Sie fordern nun ein eigenes TTIP-Schiedsgericht, welches im Gegensatz zu ähnlichen Institutionen mehr Transparenz haben und stärker kontrolliert werden soll.
Diese Klage ist deshalb möglich, weil sowohl Deutschland als auch Schweden 1994 den Energiecharta-Vertrag (ECT) unterzeichnet haben, welcher auch den Schutz von ausländischen Investoren zwischen diesen Staaten beinhaltet.
Schränkt TTIP demokratische Gesetzgeber ein?
Zu einer Klage gegen einen Staat kann es dann kommen, wenn dieser neue Gesetze erlassen hat, welche die Bedingungen gegenüber dem Zeitpunkt ändern, zu dem sich ein Investor in diesem Land niedergelassen hat.
Dabei spielt es keine Rolle, ob diese neuen Gesetze aus sozialer und ökologischer Sicht als sinnvoll gelten.
Solche politischen Entscheidungen können beispielsweise sein:
- Ausstieg aus der Atomenergie
- Festlegung von Höchstpreisen für Arzneimittel
- Rückkauf von privatisierten Einrichtungen durch die öffentliche Hand
- Gesetz zur Kennzeichnung von Nahrungsmitteln aus gentechnisch veränderten Pflanzen
- Verbot von Fracking oder Atomkraftwerken
Zu welchen Prozessen es tatsächlich kommen kann, hängt allerdings davon ab, welche Standards in den TTIP-Verhandlungen festgesetzt werden.
Es ist auch möglich, dass Regierungen nach Inkrafttreten von TTIP darauf verzichten, ökologisch und sozial sinnvolle Gesetze zu verabschieden, weil sie befürchten, deshalb von ausländischen Investoren angeklagt zu werden.
Mittlerweile wurden Pläne bekannt, nach denen die EU-Kommission einen „Rat für Regulatorische Kooperation“ einrichten will. Dieser soll künftige Gesetzesvorschläge zunächst auf deren Vereinbarkeit mit TTIP hin überprüfen, bevor diese überhaupt Parlamenten zur Abstimmung vorgelegt werden. Kritiker sehen hier eine Beschneidung der Demokratie zugunsten von unternehmerischen Interessen, welche im TTIP-Vertrag verankert werden können.
Wie ist der aktuelle Stand der politischen Verhandlungen?
Diese Informationen basieren allerdings alle auf Spekulationen und Prognosen. Ob das TTIP-Abkommen nun tatsächlich unterzeichnet wird und welche Inhalte es konkret enthält, lässt sich momentan nicht mit abschließender Sicherheit sagen.
Die Verhandlungen zu TTIP verzögern sich aktuell, weil es einerseits Differenzen zwischen den Verhandlungspartnern auf der politischen Ebene gibt und sich andererseits kritische Stimmen von Seiten der Bevölkerung und von Nichtregierungsorganisationen mehren.
Kritik an TTIP aus Europa
Gegen TTIP regt sich Protest in erster Linie von europäischer Seite. Gerade die Tatsache, dass die Verhandlungen hinter verschlossenen Türen stattfinden und nur wenige Informationen an die Öffentlichkeit gelangen, sorgt für zunehmendes Misstrauen. Nur ausgewählte Politiker dürfen Unterlagen zu den aktuellen Verhandlungen einsehen.
Verbraucher- und Umweltschützer befürchten, dass vor allem die Interessenvertreter von Unternehmen großen Einfluss auf das Vertragswerk nehmen und dabei die Interessen des Kapitals über das Gemeinwohl gestellt werden.
Vor allem als die NSA-Spionageaffäre 2013 das transatlantische Verhältnis belastete, fing die europäische Öffentlichkeit an, auch TTIP stärker zu kritisieren. Manche europäischen Politiker reagierten auf diesen wachsenden Unmut dadurch, dass sie in den Verhandlungen stärker auf die Standpunkte von TTIP-Kritikern eingingen.
Es sieht derzeitig danach aus, dass die EU TTIP erst nach Erklärung der USA akzeptieren wird, den umstrittenen Investitionsschutz teilweise einzuschränken und Dienstleister für die Grundvorsorge von dem Vertrag auszuklammern. Da aus Sicht der EU die USA eine zu starke Senkung der Standards im Umwelt- und Verbraucherschutzbereich fordern, kann TTIP am Widerstand der Europäischen Union scheitern.
Der Standpunkt der USA
Die Zukunft von TTIP hängt auch davon ab, wer die Präsidentschaftswahl in den USA Anfang November 2016 gewinnen wird.
Generell sind US-Amerikaner aus der Arbeiter- und Mittelschicht gegenüber Freihandelsabkommen eher skeptisch eingestellt, da viele von ihnen durch entsprechende Verträge Arbeitsplätze verloren haben, wie dem Freihandelsabkommen mit Mexiko (als Teil der NAFTA) und Südkorea.
Da es sich bei diesen Personen um wichtige Wählergruppen handelt, greift vor allem Donald Trump diese allgemeinen Ängste vor Freihandelsabkommen auf und spricht sich in diesem Zuge auch gegen TTIP aus. Allerdings behauptet auch Trumps Gegnerin Hillary Clinton, dass das TTIP-Abkommen für sie nicht obere Priorität habe.
Dies kann sich jedoch auch als reine Wahlkampftaktik herausstellen, so dass die neue US-amerikanische Regierung den TTIP-Vertrag dennoch vorantreiben möchte. Die Ängste, dass aufgrund niedrigerer Lohnkosten im Ausland Arbeitsplätze in den USA verloren gehen, sind bei TTIP jedoch weitgehend unbegründet.
Wer muss dem TTIP-Abkommen zustimmen?
In Kraft treten kann TTIP nach der Abstimmung diverser politischer Akteure. Die Akteure sind dabei dieselben, welche auch über das CETA-Abkommen abstimmen müssen. Wenn auch nur eine dieser Institutionen die Unterschrift verweigert, wird TTIP so nicht Realität. Die Akteure sind im Einzelnen:
- EU-Handelsministerrat (für Handel zuständige Minister aller Mitgliedsstaaten)
- Europäisches Parlament
- Parlamente der Mitgliedsstaaten (wenn TTIP Bereiche betrifft, die auch auf nationaler Ebene geregelt werden)
- US-Kongress