FAQ: Streisand-Effekt
Der Streisand-Effekt beschreibt das Phänomen, wenn jemand versucht, die Verbreitung einer bestimmten Information zu unterdrücken (z. B. durch eine Unterlassungsklage), dabei jedoch unabsichtlich so viel Aufmerksamkeit auf die Angelegenheit lenkt, dass sich die betreffende Information erst recht verbreitet (insbesondere über das Internet und die sozialen Medien).
Der Effekt ist nach Barbra Streisand benannt (und wird deshalb manchmal auch als „Barbra-Streisand-Effekt” bezeichnet). Die US-amerikanische Sängerin hatte im Jahr 2003 mittels einer Klage versucht, die Verbreitung eines Fotos ihres Hauses zu unterbinden. Doch erst durch diese Klage wurde überhaupt bekannt, dass das Foto Streisands Haus zeigte, woraufhin es sich schnell im Internet verbreitete. Details zu dieser Geschichte können Sie an dieser Stelle nachlesen.
Ja, sowohl international als auch in Deutschland gab es in den vergangenen zwei Jahrzehnten zahlreiche Beispiele für den Streisand-Effekt. Drei davon haben wir hier für Sie aufgelistet.
Inhalt
Der Streisand-Effekt einfach erklärt
Im Internet und über die Medien lassen sich Informationen schnell einer breiten Öffentlichkeit zur Verfügung stellen. Doch nicht immer ist die Person, die diese Information betrifft, damit auch einverstanden. Vielleicht handelt es sich um eine negative Kritik, eine schlechte Kundenbewertung oder eine Information, die der Betroffene lieber geheim halten würde. Oftmals versucht diese Person dann, die weitere Verbreitung zu unterbinden. Doch dabei gilt es, schlau und diskret vorzugehen.
Stellt sich der Betroffene nämlich ungeschickt an, kann der Versuch, die Information zu vertuschen, viel mehr Aufmerksamkeit erregen, als es die ursprüngliche Veröffentlichung getan hat. So bekommen es in der Regel nur wenige Menschen mit, wenn ein kleiner, privater Blog sich negativ über einen bekannten Konzern äußert. Wenn besagter Konzern dann aber eine große Unterlassungsklage gegen den Autor anstrebt, ist das Medieninteresse geweckt und plötzlich wird der kleine, private Blog von Tausenden gelesen.
Das Ergebnis eines solch ungeschickten Vertuschungsversuchs ist dann häufig, dass die Information nun erst recht verbreitet wird und damit genau der gegenteilige Effekt erzielt wird, den der Betroffene eigentlich beabsichtigt hat. Dieses Phänomen ist als der Streisand-Effekt bekannt.
Warum heißt es „Streisand-Effekt”?
Barbra Streisand ist eine weltbekannte Sängerin und Schauspielerin, die vor allem in ihrer Heimat, den USA, viele Fans hat. Doch sowohl Fans als auch Reporter können aufdringlich werden und obendrein erhielt Streisand in der Vergangenheit mehrfach Drohungen. Aus Angst um ihre Sicherheit kaufte sich Streisand deswegen ein zurückgezogenes Anwesen in Malibu (Kalifornien, USA), welches dank der Vegetation und seiner Lage direkt auf einer Klippe über dem pazifischen Ozean von außen nicht einsehbar war. Dass es sich hierbei um den Wohnsitz der Künstlerin handelte, wurde vor der Öffentlichkeit weitgehend verheimlicht.
Im Jahr 2002 wurde das California Coastal Records Project ins Leben gerufen, durch welches fast die gesamte Küstenlinie Kaliforniens fotografiert wurde. Dabei entstanden bis 2003 12.200 Luftaufnahmen (heute sind es über 96.000) von einem Helikopter aus, welche im Internet kostenlos zur Verfügung gestellt wurden. Im Rahmen dieses Projektes machte der Fotograf Kenneth Adelman Ende 2002 auch ein Foto von Streisands Anwesen, ohne zu wissen, dass dieses der Sängerin gehörte. Zwar war in der höchstmöglichen Auflösung zu erkennen, dass sich auch Personen auf dem Foto befanden, identifizierbar waren diese aber nicht. Zudem zeigte die Aufnahme auch andere Häuser und Grundstücke, nicht nur das von Streisand.
Trotzdem entschloss sich die Sängerin im Jahr 2003, mittels einer Klage gegen Adelman und das Projekt vorzugehen und so die weitere Veröffentlichung des Fotos zu unterbinden. Diese Klage scheiterte nicht nur, sondern erregte auch ein großes mediales Aufsehen. Das Bild, das vor der Klage insgesamt nur sechsmal heruntergeladen worden war (zweimal davon von Streisands rechtlicher Vertretung), verbreitete sich dank der Medien wie ein Lauffeuer und mit ihm natürlich auch die Information, dass es Streisands Anwesen abbildete. Die Sängerin erreichte mit ihrer Klage also genau das Gegenteil von dem, was sie eigentlich beabsichtigt hatte: Ihr Wohnsitz wurde der breiten Öffentlichkeit bekannt gemacht – und der Streisand-Effekt erhielt seinen Namen.
Weitere Beispiele für den Streisand-Effekt
Der Streisand-Effekt ist oft ein Grund, weshalb vor allem bekannte Personen und Unternehmen den Gang vor Gericht scheuen und versuchen, ihre Rechtsstreitigkeiten außergerichtlich beizulegen. Dadurch hoffen sie, der Aufmerksamkeit der Medien zu entgehen. Trotzdem gibt es zahlreiche Beispiele für den Streisand-Effekt, sowohl im internationalen Raum als auch in Deutschland. Drei davon wollen wir Ihnen an dieser Stelle kurz vorstellen:
- Das deutsche Satiremagazin „extra 3” veröffentlichte im März 2016 das Lied „Erdowie, Erdowo, Erdogan”, in dem der türkische Präsident Erdoğan parodiert wurde. Verstimmt bestellte dieser daraufhin den deutschen Botschafter aus Ankara zu sich, was internationales Aufsehen erregte. Dadurch wurde das fragliche Video auch außerhalb Deutschlands bekannt und erhielt Millionen Aufrufe auf YouTube.
- Der amerikanische Computerspieleentwickler Blizzard Entertainment, der u. a. durch Titel wie „Warcraft”, „Diablo” und „Overwatch” bekannt ist, wurde im Oktober 2019 Opfer des Streisand-Effekts. Der E-Sport-Profi „blitzchung” hatte damals bei einer Liveübertragung eines von Blizzard Entertainment veranstalteten E-Sport-Turniers offen seine Sympathien für die Proteste in Hongkong 2019 bekundet. Aus Angst vor negativen Reaktionen sperrte Blizzard Entertainment den Spieler umgehend und zog dessen Preisgeld ein. In den sozialen Netzwerken wurde das Unternehmen daraufhin scharf kritisiert und erhielt somit genau die negativen Reaktionen, die es mit der Disqualifizierung des Spielers hatte vermeiden wollen.
- Der deutsche Webvideoproduzent Thomas Panke ist auf YouTube vor allem als „Herr der Steine” bekannt. Unter diesem Namen veröffentlicht er Videos über Klemmbaustein-Sets und bewertet diese. Lange Zeit bezeichnete er diese Klemmbausteine ausschließlich als „Lego”, selbst wenn die im Video gezeigten Sets eigentlich von einem anderen Hersteller stammten. Das tatsächliche LEGO-Unternehmen forderte den YouTuber daraufhin in einem Anwaltsschreiben auf, diese fälschliche Bezeichnung zu unterlassen und die betroffenen Videos zu löschen. Panke kam dem nach und informierte seine Fans gleichzeitig über die Hintergründe dieser Löschungen. In Folge davon wurde nicht nur das Image von LEGO geschädigt, sondern Panke konzentrierte sich fortan auch verstärkt auf die Vorstellung von Konkurrenzprodukten, welche dadurch größere Aufmerksamkeit erhielten.
Der Streisand-Effekt macht deutlich, dass es manchmal ratsamer sein kann, Kritik und negative Bewertungen zu ignorieren, statt gewaltsam Schadensbegrenzung betreiben zu wollen. Firmen und berühmte Persönlichkeiten sollten daher immer eine Strategie haben, wie sie mit der Veröffentlichung von sensiblen oder schädigenden Informationen umgehen.