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FAQ: Schwerbehindertenausweis
Nein, um einen Schwerbehindertenausweis zu bekommen, muss der Grad der Behinderung bei mindestens 50 liegen.
Die richtige Anlaufstelle für einen Schwerbehindertenausweis ist das zuständige Versorgungsamt. Mehr zum Antragsverfahren lesen Sie hier.
Teilen Sie dies Ihrem zuständigen Versorgungsamt schriftlich oder persönlich mit und beantragen Sie ggf. mit einem aktuellen Lichtbild einen neuen Ausweis. In einigen Fällen verlangen die Behörden zudem eine Verlust- oder Diebstahlanzeige.
Menschen mit Behinderung kämpfen mit zahlreichen täglichen Herausforderungen
Menschen mit einer Schwerbehinderung stehen im alltäglichen Leben meist vor etwas mehr Herausforderungen als körperlich bzw. geistig uneingeschränkte Menschen. Sei es nun ein Mensch mit Gehbehinderung, der sich seine Wege vorher gut überlegen muss, da hohe Bordsteinkanten ein Hindernis darstellen können, ein Kunde im Rollstuhl, der von der netten Dame hinter dem hohen Tresen beim Bäcker schlichtweg übersehen wird, oder der Gehörlose, der sich stets eine Übersetzung in Gebärdensprache besorgen muss.
Für all diese erschwerten Bedingungen im Alltag gibt es in Deutschland bestimmte Nachteilsausgleiche, die die Vielzahl an Herausforderungen zumindest teilweise kompensieren sollen. Ein wichtiges Gut, um diese Nachteilsausgleiche in Anspruch nehmen zu können, ist der Schwerbehindertenausweis. Im Folgenden lesen Sie, wer diesen Ausweis bekommt, wo er zu beantragen ist und welche Vorteile mit diesem einhergehen.
Wer bekommt einen Schwerbehindertenausweis?
Um herauszufinden, wer einen Schwerbehindertenausweis (selten auch „Schwerbeschädigtenausweis“) beantragen kann, muss zunächst geklärt werden, wann überhaupt eine Schwerbehinderung vorliegt. Das neunte Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) legt in § 2 Abs. 2 fest, dass Betroffene als schwerbehindert gelten, wenn sie einen Grad der Behinderung (GdB) von wenigstens 50 aufweisen.
Auf Antrag stellt das zuständige Versorgungsamt dann einen Schwerbehindertenausweis aus, wenn Sie außerdem:
- Ihren Wohnsitz oder
- Ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort oder
- Ihren Arbeitsplatz
in Deutschland verorten können. Wesentlich ist jedoch vor allem, welche Art der Beeinträchtigung vorliegt, ob es sich um mehrere Einschränkungen handelt und wie diese sich ggf. aufeinander auswirken. Insgesamt muss der GdB bei mindestens 50 liegen, um die Grundlage für einen Schwerbehindertenausweis zu schaffen.
So wird der Grad der Behinderung ermittelt
Wie wir nun wissen, ist der Grad der Behinderung von entscheidender Bedeutung für jene, die einen Schwerbehindertenausweis beantragen wollen. Betroffene sollten daher wissen, wie der Wert ermittelt wird. Dafür steht den zuständigen Ärzten ein Dokument zur Orientierung zur Verfügung: die Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung. In der Verordnung ist eine Vielzahl an Beeinträchtigungen sowie dazu empfohlene GdB-Werte tabellarisch aufgelistet. Der jeweilige Arzt muss sich jedoch nicht in jedem Fall an die Empfehlungen halten. Er hat immer einen individuellen Spielraum. Dies ist in Teil A Nummer 2 Buchstabe d der Verordnung festgeschrieben:
„Je nach Einzelfall kann von den Tabellenwerten mit einer die besonderen Gegebenheiten darstellenden Begründung abgewichen werden.“
Eine Schwerbehinderung, die einen GdB von 50 rechtfertigen kann, liegt beispielsweise bei Diabetes vor, wenn täglich mindestens vier Mal Insulin notwendig ist. Weitere mögliche Fälle sind etwa eine fehlende Hand oder ein Bein, bösartige Tumore oder eine Lippen-Kiefer-Gaumenspalte.
Übrigens wird der GdB nicht in Prozent angegeben, auch wenn viele dies irrtümlich annehmen. Für den Wert gibt es keine Einheit. Es ist lediglich die Rede von zum Beispiel „einem Grad der Behinderung von 70.“
Wie Sie vorgehen, wenn Sie den Antrag auf einen Schwerbehindertenausweis stellen wollen
Haben Sie vor, einen Schwerbehindertenausweis zu beantragen, müssen Sie sich zunächst an das für Sie zuständige Versorgungsamt wenden. Welche die entsprechende Behörde ist, finden Sie beispielsweise heraus, indem Sie beim Bürgeramt nachfragen.
Der erste Schritt ist der Antrag auf Feststellung des Grades der Behinderung, der beim Versorgungsamt eingereicht werden muss. Dies können Menschen mit Handicap entweder selbst erledigen oder eine Vertrauensperson damit beauftragen, wie beispielsweise Verwandte oder auch einen Anwalt.
Als nächstes begeben Sie sich zum entsprechenden Arzt, der ein Gutachten erstellt. Dieses enthält Informationen zu Ihren Beeinträchtigungen: Welche Einschränkungen liegen vor? Wie wirken sich diese ggf. aufeinander aus? Welcher GdB liegt jeder einzelnen gesundheitlichen Störung zugrunde? Handelt es sich um mehrere einzelne Behinderungen, so werden die GdB jedoch nicht addiert. Der ermittelte Wert hängt maßgeblich davon ab, ob und wie die Beeinträchtigungen Einfluss aufeinander haben.
Auf Basis des ärztlichen Gutachtens erstellt das Versorgungsamt im Anschluss einen Feststellungsbescheid. Dieser enthält die persönlichen Daten des Betroffenen sowie Angaben zu den Einschränkungen und auch den festgestellten Grad der Behinderung, wenn dieser bei mindestens 20 liegt. Bei einem Wert von wenigstens 50 können Sie den Antrag auf einen Schwerbehindertenausweis beim Versorgungsamt stellen. Der Feststellungsbescheid dient Ihnen als Grundlage dafür. In vielen Bundesländern können Sie den Schwerbehindertenausweis bereits online beantragen.
Welche Merkzeichen kann der Schwerbehindertenausweis enthalten?
Nicht nur der GdB ist im Schwerbehindertenausweis festgehalten. Auch Merkzeichen, die eine Beeinträchtigung weiter charakterisieren, sind darin aufgeführt. Weist der Schwerbehindertenausweis etwa Merkzeichen G aus, liegt eine Gehbehinderung vor. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn Personen große Schwierigkeiten haben, selbst kurze Wegstrecken hinter sich zu lassen. Aber auch eine Einschränkung des Sehvermögens kann eine Beeinträchtigung der Orientierungsfähigkeit darstellen und somit das Merkzeichen G rechtfertigen. Weitere Merkzeichen sind unter anderem:
- B für eine Begleitperson
- Bl für Blindheit
- Gl für Gehörlosigkeit
- H für Hilflosigkeit
- TBl für Taubblindheit
Steht in einem Schwerbehindertenausweis das Merkzeichen H geschrieben, zeichnet dies einen Betroffenen aus, der im Alltag oft auf Hilfe oder zumindest auf Anleitung bzw. Überwachung durch eine andere Person angewiesen ist.
Im Schwerbehindertenausweis können mehrere Merkzeichen aufgeführt sein. So ist es möglich, dass ein Betroffener bspw. die Merkzeichenkombination G und H erteilt bekommt. Diese Person weist dann eine Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit sowie eine Hilfebedürftigkeit auf. Wird zum Beispiel eine Begleitperson (Merkzeichen B) dokumentiert, fährt diese in öffentlichen Verkehrsmitteln unentgeltlich mit. Der Schwerbehindertenausweis berechtigt eine Begleitperson jedoch nicht in jedem Fall beispielsweise zu kostenlosem Eintritt. Viele Anbieter gewähren zwar einen kostenlosen oder vergünstigten Eintritt für Menschen mit Behinderung sowie ihre Begleiter (bspw. in Museen, Kinos, Schwimmbädern), dies liegt allerdings ausschließlich im Ermessen der jeweiligen Einrichtung und ist keine Pflicht.
Übrigens ist ein Schwerbehindertenausweis meist nicht unbefristet gültig, sondern in der Regel auf fünf Jahre begrenzt. Ist absehbar, dass sich an der Art der Behinderung nichts ändern wird, kann der Ausweis aber auch eine unbegrenzte Gültigkeitsdauer haben. Sollte Ihr Schwerbehindertenausweis bald abgelaufen sein, beantragen Sie bestenfalls etwa drei Monate im Voraus einen neuen.
Ausweis bewilligt: Viele Menschen mit Schwerbehinderung fahren kostenlos mit den Öffentlichen
Wurde Ihr Antrag auf einen Schwerbehindertenausweis bewilligt, erhalten Sie diesen entweder in
- grün oder in
- grün und orange
Im ersten Fall liegt zwar auch ein GdB von mindestens 50 vor, jedoch beispielsweise keine Bewegungsbeeinträchtigung. Auf einem grünen Ausweis suchen Sie entsprechende Merkzeichen also vergebens. Anders verhält es sich mit einem grün-orangenen Ausweis. Bei diesem Ausweis, der bestimmte Merkzeichen bescheinigt, sind sogenannte Wertmarken für die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel erhältlich. Diese dienen dann in Kombination mit dem entsprechenden Beiblatt als Fahrschein. Eine solche Wertmarke erhalten schwerbehinderte Menschen kostenlos, die die Merkzeichen
- H
- Bl oder
- Tbl
in ihrem Schwerbehindertenausweis stehen haben. Eine Zuzahlung von 40 Euro für ein halbes bzw. 80 Euro für ein ganzes Jahr müssen Menschen mit den Merkzeichen
- G
- Gl oder
- aG
leisten und können die Verkehrsmittel dann entsprechen nutzen. Wurde Ihnen zwar ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 bescheinigt, jedoch keine Merkzeichen attestiert, könnte sich unter Umständen innerhalb der gesetzlichen Frist ein Widerspruch gegen den Feststellungsbescheid lohnen. Ein Rechtsanwalt kann Sie dazu beraten und diesen für Sie einlegen.
Daneben erhalten Menschen mit Behinderung und einem Schwerbehindertenausweis bei der Bahn Rabatt bzw. können auf Nahverkehrsstrecken sogar kostenlos fahren. Im Fernverkehr sind Vergünstigungen möglich. Für Hilfsmittel (z. B. Gehhilfe), eine Begleitperson oder einen Begleithund zahlen Sie in aller Regel nichts.
Übrigens wird der Schwerbehindertenausweis seit 2015 im Checkkartenformat ausgegeben. Alte Papierausweise behalten trotzdem ihre Gültigkeit.
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