FAQ: Restschuldbefreiung
Das Insolvenzrecht sieht vor, dass der Schuldner durch die Restschuldbefreiung nach dem Ende des Insolvenzverfahrens schuldenfrei wird.
Nach dem Ende des Insolvenzverfahrens wird die Restschuldbefreiung erteilt. Dies auch nur, wenn der Schuldner in der dreijährigen Wohlverhaltensphase sämtliche Obliegenheiten erfüllt hat, sich fair und ehrlich verhalten hat und seinen Auskunftspflichten nachgekommen ist.
Nach der Restschuldbefreiung ist der Schuldner von Zahlungspflichten gegenüber allen Insolvenzgläubigern befreit, die vor der Eröffnung der Insolvenz bestanden. Eine Zwangsvollstreckung dieser Forderung nach der Restschuldbefreiung ist ebenfalls nicht möglich. Auch Bürgen und Mitschuldnern gegenüber kann er die Zahlung verweigern. Einen Kredit nach der Restschuldbefreiung zu erlangen, ist jedoch problematisch. Die Bank kann aufgrund der in der SCHUFA eingetragenen Restschuldbefreiung und des durchlaufenen Insolvenzverfahrens eine erneute Zahlungsunfähigkeit befürchten.
Inhalt
Was versteht man unter Restschuldbefreiung?
Haben sich die Schulden bei natürlichen Personen angehäuft und besteht keine Möglichkeit mehr, diese auszugleichen, sieht das Gesetz die Möglichkeit der Restschuldbefreiung vor. Zu den natürlichen Personen gehören dabei einerseits die Verbraucher, als auch Personen, die unternehmerisch tätig sind.
Wer Verbraucher ist, wird im § 13 des Bürgerlichen Gesetzbuches definiert. „Verbraucher“ bezeichnet eine natürliche Person, also einen Menschen, der Waren oder Dienstleistungen zum eigenen privaten Gebrauch erwirbt, weder für die gewerbliche, noch berufliche Tätigkeit.
Ablauf des Restschuldbefreiungsverfahrens
Doch was genau bedeutet Restschuldbefreiung? Das Restschuldbefreiungsverfahren aufgrund einer Privatinsolvenz besteht aus mehreren Phasen und wird in den § 286 bis § 303a der Insolvenzordnung geregelt. Die Restschuldbefreiung und das Insolvenzverfahren sind gekoppelt.
Antrag und Ankündigungsphase
Für die Einleitung des Restschuldbefreiungsverfahrens müssen Sie einen Antrag auf Restschuldbefreiung stellen. Das stellt die sogenannte Ankündigung der Restschuldbefreiung dar. Mit diesem Antrag zusammen müssen Sie den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens beim Insolvenzgericht stellen.
Das Insolvenzgericht ist das zuständige Amtsgericht. Dies ist grundsätzlich das Gericht, bei dem der Schuldner seinen allgemeinen Gerichtsstand hat, was in der Regel der Wohnsitz ist. Die §§ 12 bis 19a der Zivilprozessordnung regeln die Gerichtsstände.
Dem Antrag müssen Sie eine Erklärung beifügen, ob bereits in den letzten elf Jahren Restschuldbefreiung erteilt wurde oder innerhalb der letzten fünf Jahre die Restschuldbefreiung versagt wurde.
Der Antrag soll eine Abtretungserklärung der pfändbaren Forderungen an den Treuhänder enthalten. Diese Erklärung erlaubt, dass der Treuhänder zukünftig direkt auf die Insolvenzmasse, also die pfändbaren Anteile Ihres Vermögens, zurückgreifen kann und dieses gleichmäßig an die Gläubiger verteilt. Der Treuhänder ist vom Gericht zu bestimmen.
Der Schuldner kann auch einen Antrag auf Verfahrenskostenstundung stellen, wenn sein Geld nicht für das Insolvenzverfahren ausreicht.
Bevor Verbraucher die Privatinsolvenz mit Restschuldbefreiung anmelden, müssen sie sich beraten lassen. Geeignete Stellen sind dafür staatliche oder gemeinnützig tätige Schuldnerberatungsstellen. Diese regen zunächst außergerichtliche Vergleiche mit den Gläubigern an. Erst wenn das nicht gelingt, kann das Insolvenzverfahren der Restschuldbefreiung voraus beantragt werden.
Was ist beim Antrag zu beachten?
- Stellen eines Antrags auf Erteilung der Restschuldbefreiung beim zuständigen Amtsgericht (Insolvenzgericht).
- Stellen eines Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens beim Insolvenzgericht.
- Beifügen einer Erklärung, ob bereits in den letzten elf Jahren eine Restschuldbefreiung erteilt wurde oder ob innerhalb der letzten fünf Jahre die Restschuldbefreiung versagt wurde.
- Dem Antrag ist eine Erklärung der Vollständigkeit und Richtigkeit hinzuzufügen.
- Der Antrag soll eine Abtretungserklärung der pfändbaren Forderungen auf Bezüge aus einem Dienstverhältnis an einen Treuhänder enthalten.
- Eventuell Antrag auf Verfahrenskostenstundung.
Eröffnung des Insolvenzverfahrens
Anschließend entscheidet das Insolvenzgericht über die Zulässigkeit des Antrags auf Erteilung der Restschuldbefreiung. Ist er zulässig, werden das Restschuldbefreiungsverfahren und das Insolvenzverfahren eröffnet.
Wohlverhaltensphase
Anschließend beginnt das Hauptverfahren, auch Wohlverhaltensphase genannt, in dem Insolvenzgläubiger, Stellung nehmen können. Insolvenzgläubiger sind dabei diejenigen, denen Sie Geld schulden.
Wird das Insolvenzverfahren eröffnet, müssen Sie innerhalb von drei Jahren Ihre pfändbaren Einkünfte an den vom Gericht bestellten Treuhänder abtreten. Der Treuhänder zieht die pfändbaren Bezüge ein und verteilt sie dann gleichmäßig an die Gläubiger.
Um die Restschuldbefreiung zu erlangen, muss der Schuldner nun den Obliegenheiten der § 295, 295a InsO nachkommen. Wird dagegen verstoßen, kann die Restschuldbefreiung vorzeitig versagt werden.
Obliegenheiten des Schuldners während der Wohlverhaltensphase:
- angemessene Erwerbstätigkeit oder erkennbares Bemühen um Arbeit
- Auskunft über Wohnsitz- und Arbeitsplatzwechsel an Insolvenzgericht und Treuhänder
- Herausgabe der Hälfte von Erbschaft und Schenkung an den Treuhänder (“gebräuchliche Gelegenheitsgeschenke” ausgenommen)
- Herausgabe des Gewinns aus einer Lotterie oder einem Gewinnspiel (nicht Gewinne von geringem Wert)
- keine Zahlungen an die Insolvenzgläubiger
- keine neuen unangemessenen Verpflichtungen
Es darf auch kein Grund für eine Versagung vorliegen nach §§290, 297-298 InsO. So wird die Restschuldbefreiung versagt, wenn Sie in den letzten fünf Jahren rechtskräftig zu einer Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen oder zu einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monate verurteilt wurden. Das Gleiche gilt für unrichtige oder unvollständige Angaben über die wirtschaftlichen Verhältnisse, um einen Kredit zu bekommen oder Leistungen aus öffentlichen Mitteln. Ein weiterer Versagungsgrund besteht darin, dass der Schuldner trotz drohender oder bereits eintretener Überschuldung Vermögen, was bei Insolvenz eingezogen worden wäre, beseitigt. Wetten und Spiele mit großen Beträgen darf er in dieser Zeit auch nicht eingehen.
Stellt das Gericht keinen Versagungsgrund fest, so bestimmt es den Treuhänder, an den das pfändbare Vermögen übergeht.
Restschuldbefreiungsphase
Wann beginnt dann die Restschuldbefreiung? Nun startet die eigentliche Restschuldbefreiung und das Insolvenzverfahren wird gleichzeitig beendet. Doch wie lange dauert die Restschuldbefreiung? Die Restschuldbefreiungsphase dauert ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens drei Jahre. Nach diesen drei Jahren Abtretungsfrist entscheidet das Gericht über die Erteilung der Restschuldbefreiung. Vor Ablauf dieses Zeitraums kann es aber schon die Restschuldbefreiung versagen oder unter bestimmten Umständen die Restschuldbefreiung vorzeitig erteilen.
Für die vorzeitige Restschuldbefreiung sollten Sie zunächst die Verfahrenskosten zahlen. Zudem wäre es besser, wenn Gläubiger keine Forderung angemeldet haben oder Sie die offenen Schulden mit ihrem Vermögen begleichen konnten.
Die Dauer des Restschuldbefreiungsverfahrens wurde von sechs auf drei Jahre verkürzt mit der Gesetzesänderung vom 01.10.2020, dem “Gesetz zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens”. Der Zweck war dabei die Abfederung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie und die Umsetzung europäischer Vorgaben über die Restrukturierung und Insolvenz. Genauso wurde die elfjährige Sperrfrist bei erneuter Restschuldbefreiung hinzugefügt.
Wirkung der Restschuldbefreiung
Was passiert, nachdem die Restschuldbefreiung erteilt wurde? Die Erteilung der Restschuldbefreiung erfolgt gegen alle Insolvenzgläubiger. Gläubiger können ihre Forderung nach der Restschuldbefreiung nun nicht mehr gegen Sie geltend machen. Auch die Gläubiger, die nicht am Insolvenzverfahren teilgenommen haben, können nun ihre Schulden nicht mehr gegen Sie eintreiben. Dass die alten Gläubiger die Forderungen durch Vollstreckung nach der Restschuldbefreiung durchsetzen, ist ebenfalls nicht mehr möglich.
Sogenannte Masseverbindlichkeiten sind nicht von der Restschuldbefreiung gedeckt. Das sind die Verpflichtungen, die erst im Zusammenhang mit dem Insolvenzverfahren entstanden sind. Auch vor neuen Schulden die nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet wurden, ist der Schuldner nicht befreit. Dazu gehören auch die wiederkehrenden Unterhaltszahlungen oder Wohnungsmiete. Erfüllt er diese Verbindlichkeiten nicht, kann er mit einer Pfändung nach Restschuldbefreiung rechnen.
Weitere nach § 302 der Insolvenzordnung nicht von der Schuldenbefreiung umfasste Verbindlichkeiten sind:
- Geldstrafen, Buß-und Ordnungsgelder
- Forderungen aus vorsätzlich begangenen, unerlaubten Handlungen
- offene gesetzliche Unterhaltszahlungen, die der Schuldner vorsätzlich nicht gezahlt hat
- zinslose Darlehen, um die Kosten für das Insolvenzverfahren zu decken
Gläubiger können weiterhin gegen mithaftende Personen und Bürgen ihre Forderungen geltend machen.
Einen Kredit nach der Restschuldbefreiung zu erlangen, ist nicht besonders einfach. Trotz Schuldenfreiheit gelten Sie nicht automatisch als kreditwürdig. Die erteilte Restschuldbefreiung oder die Versagung werden für sechs Monate in der SCHUFA gespeichert. Nach alter Rechtslage vor März 2023 waren das noch drei Jahre. Hat der Kreditinteressent bereits ein Insolvenzverfahren durchlaufen, wird die Bank, bei der er den Kredit beantragen möchte, eine erneute Zahlungsunfähigkeit befürchten.
Rechtskraft und Widerruf der Restschuldbefreiung
Nun gilt die Restschuldbefreiung. Doch wann wird sie rechtskräftig? Das ist nach Zustellung des gerichtlichen Beschlusses über die Rechtsschuldbefreiung an den Schuldner der Fall, wenn er innerhalb von zwei Wochen keine sofortige Beschwerde einlegt.
Die Restschuldbefreiung kann nach § 303 InsO nachträglich widerrufen werden, wenn sich herausstellt, dass der Schuldner eine seiner Obliegenheiten vorsätzlich verletzt und dadurch die Befriedigung der Insolvenzgläubiger erheblich beeinträchtigt hat. Gleiches gilt, wenn er während seiner Wohlverhaltensphase oder nach der erteilten Restschuldbefreiung wegen einer Insolvenzstraftat verurteilt wurde oder er insolvenzrechtliche Auskunfts- oder Mitwirkungspflichten verletzt hat, nachdem das Gericht den Schuldenerlass erteilt hat.
Die Beschlüsse über die Erteilung oder Versagung werden öffentlich im Internet bekannt gemacht und nach sechs Monaten gelöscht.