„Die Gedanken sind frei, wer kann sie erraten?“ – nahe der Gefängnismauer spielte Sophie Scholl die Melodie dieses Liedes 1942 angeblich für ihren Vater, der wegen hitlerkritischer Äußerungen in Haft saß. Es ist eine Hymne gegen politische Unterdrückung, eine Klangfolge des Widerstandes und der persönlichen Unabhängigkeit von gesellschaftlicher oder staatlicher Willkür, ein Kampflied gegen den Rechtsextremismus.
Die Nationalsozialisten verboten das Lied während ihrer Zeit, in welcher rechtsextremer Terror nicht nur ein Schreckgespenst, sondern brutale Realität war. Denn Gedanken- und Meinungsfreiheit war schon immer ein alle Menschen einendes und somit der nationalsozialistischen Weltanschauung entgegenstehendes Merkmal, welches ebenso ausgemerzt werden sollte wie all diejenigen, die sich als Andersdenkende zu erkennen gaben.
Der Rechtsextremismus ist per Definition ein streng abgeriegeltes, reglementiertes Konstrukt, dessen Grenzen absolut undurchlässig sind für Personen, die dem rassistischen Selbstverständnis nicht entsprechen. Das war in den Jahren des Dritten Reichs nicht anders als heutzutage im Zuge der Einwanderungswelle, die Europa erfasst hat.
Gerade aufgrund der bedeutungsschwangeren Tradition insbesondere für Deutschland ist eine nähere Auseinandersetzung mit der Frage „Was ist bzw. bedeutet rechtsextrem?“ unerlässlich, um das Bewusstsein für derartige aktuelle Strömungen zu stärken. Denn da rechtsextreme Gewalttaten immer mehr ansteigen, entsteht ein zunehmender Handlungsbedarf, um diesen Entwicklungen Einhalt zu gebieten und sich direkt von diesen abzugrenzen.
Der folgende Ratgeber befasst sich ausführlich mit dem Phänomen. Beginnend mit einer Definition für den Rechtsextremismus werden die Merkmale, Gründe und Ziele der Rechtsextremisten ebenso erläutert wie Hilfsmaßnahmen für Opfer.
Inhalt
FAQ: Rechtsextremismus
Es handelt sich dabei um eine extreme, radikal rechtsgerichtete politische Einstellung, die sich vor allem durch Fremdenfeindlichkeit ausdrückt.
Hier können Sie ausführlich nachlesen, welche konkreten Merkmale den Rechtsextremismus auszeichnen.
Viele Symbole und Kennzeichen weisen auf eine rechte Gesinnung hin. Hier können Sie nachlesen, welche das sind.
Was bedeutet Rechtsextremismus?
Für viele wird Rechtsextremismus immer mit Adolf Hitler, der Zeit des Dritten Reiches und dem damaligen staatlich-politischen Terror assoziiert. Doch eine solche Gleichsetzung verengt bisweilen das große Bedeutungsspektrum. So wäre ein einseitiger Verweis auf die nationalsozialistische Rassenideologie für den Rechtsextremismus als Definition zu kurz gedacht.
Es handelt sich bei diesem Konzept um eine äußerst vielschichtige Ideologie, welche sich nicht auf eine einzige Beschreibungsgröße festlegen lässt. Vielmehr prägen diverse Strömungen die Ziele und Ursachen des Rechtsextremismus.
Was ist Rechtsextremismus einfach erklärt?
Grundsätzlich handelt es sich um eine extreme, radikal rechtsgerichtete politische Einstellung, die eine freiheitlich-demokratische Herrschaftsform ablehnt und stattdessen ein totalitäres System propagiert, welches geprägt ist von nationalistischen und rassistischen Anschauungen.
Laut dem deutschen Bundesverfassungsschutz ist die Anschauung des Rechtsextremismus gekennzeichnet durch Uneinheitlichkeit, eine Überbewertung der ethnischen Zugehörigkeit sowie Fremdenfeindlichkeit.
Die Formen des Rechtsextremismus sind verschiedenartig und enthalten beispielsweise nationalistische, rassistische oder antisemitische Elemente. Je nachdem, welche Faktoren als besonders relevant betrachtet werden, variieren auch die konkreten Ziele.
Als grundlegende Überzeugung findet sich immer die Behauptung wieder, dass Ethnie, Nation oder Rasse den Wert eines Einzelnen bestimmen. Diese Auffassung steht in einem krassen Gegensatz zu einer der höchsten Maximen in Deutschland, nämlich der Unantastbarkeit der menschlichen Würde, die in Artikel 1 des Grundgesetzes (GG) als wesentlicher Bestandteil das Staatsrecht prägt.
Außerdem wird die Gleichheit aller Menschen in rechtsextremistischen Denkstrukturen in Frage gestellt und somit Artikel 3 GG negiert, welcher Folgendes besagt:
Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
Ein Verstoß gegen diesen Grundsatz ist fester Bestandteil der rechtsextremistischen Weltanschauung, welche unter anderem auch durch Sexismus und Antisemitismus geprägt ist.
Rechtsextremisten versuchen daher verstärkt Überfremdungsängste, also eine Sorge vor fremden und somit als schädlich betrachteten Einflüssen auf die Gesellschaft, zu schüren und Vorurteile gegen den Islam und Muslime zu verstärken. Ziel ist es dabei, die öffentliche Meinung manipulativ zu beeinflussen und somit weitere Befürworter und Weggefährten zu gewinnen.
Anhänger des Rechtsextremismus propagieren im Internet durch sogenannte Hasskommentare oder auf Flugblättern daher den sogenannten „Volkstod“, in anderen Worten das Aussterben des deutschen Volkes als Konsequenz einer vermehrt stattfindenden Abwanderung Einheimischer bei gleichzeitiger Zuwanderung von Ausländern.
Aus diesem Wandlungsprozess wird deutlich, dass sich der Rechtsextremismus auf dynamischen Ursachen gründet, welche flexibel aus neuen Situationen und vermeintlichen Gefahrenlagen gewonnen werden. Diese chamäleonartige Anpassungskultur stellt ein enormes Risiko für die Sicherheit des Staates dar. Denn durch die Wandlungsfähigkeit können immer wieder neue Anhänger gewonnen werden, die sich in ihren jeweiligen Krisensituationen bestärkt fühlen.
Merkmale des Rechtsextremismus
Aufgrund der pluralistischen Charakteristik ist eine genaue Zuordnung zu diesem Spektrum mitunter schwierig. Allerdings existieren für den Rechtsextremismus einige allgemeine Merkmale, die sich in allen Formen in der einen oder anderen Art wiederfinden lassen.
Diese Elemente können Gründe und Ziele für den Rechtsextremismus darstellen und das Handeln der Akteure bestimmen. Einige sind dabei in der rechtsextremistischen Tradition fest verankert und nicht aus dieser herauslösbar, während andere auch in einem nicht rechtsextremistischen Kontext wiederzufinden sind. Worum es sich dabei im Einzelnen handelt, erfahren Sie im folgenden Abschnitt, der keineswegs Anspruch auf Vollständig erhebt, sondern eine Auswahl wichtiger Aspekte trifft.
Nationalismus
Rechtsextremistische Denkweisen speisen sich aus einem offensiven Nationalismus, dessen Interessen einziger Fixpunkt sind, sodass andere Nationen herabgestuft werden. Das einzelne Individuum gewinnt Bedeutung allein durch seine ethnische, nationale Zugehörigkeit.
Die Denkfigur des Nationalismus prägt bereits seit Ende des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts den Rechtsextremismus in Europa. Während zuvor die Identitätsstiftung des Einzelnen über die Integration in kleineren Einheiten erfolgte, zum Beispiel in Dorfgemeinschaften, führte der Nationalismus eine neue, höhere Ebene als Bezugspunkt ein: die Nation.
Sprache, Tradition und Kultur wurden zu den prägenden Charakteristika, was sowohl einen zusammenführenden als auch einen ausweisenden Effekt hatte. Denn diejenigen, die andere nationale Merkmale innehatten, wurden als andersartig definiert und ausgegrenzt. Ein ähnlicher Abgrenzungsprozess fand auch auf internationalem Raum statt, indem die eigene Nation hierarchisch über den anderen Staaten positioniert wurde.
Rassismus
Eng mit dem Nationalismus verbunden und eine nach wie vor wichtige Beschreibungsgröße vom Rechtsextremismus ist der Rassismus mit seiner Ideologie der Ungleichwertigkeit. Er bildet mehr oder weniger das Fundament einer rechtsgeprägten Nation, indem er die Individuen über Herkunft, Hautfarbe, Sprache und ethnische Zugehörigkeit differenziert.
Den derart unterteilten Gruppen werden sodann rassistische, negative Eigenschaften zugeschrieben, die unabänderlich sind. Das eigene Kollektiv wird demgegenüber als übermächtig stilisiert, wodurch sich das Recht zur Diskriminierung anderer legitimiert. Flüchtlingskinder und deren Eltern werden daher vom Rechtsextremismus nicht toleriert, da sie mit der eigenen Nation nicht vereinbar sind.
Gerade die argumentative Bezugnahme auf die Rasse ist naturwissenschaftlich und soziologisch betrachtet vollkommen falsch. In der Biologie definiert sich eine Rasse durch das gemeinsame Erbgut einer Gruppe von Lebewesen. Es handelt sich also um so kleine Gruppen, dass eine menschliche Gesellschaft zwangsläufig aus Angehörigen verschiedener Rassen, also Erbanlagen, besteht.
Diskriminierungen rassisch zu begründen, ist vollkommen irrational, dass es biologisch gesehen keine Rasseeigenschaften gibt. Der Rasse-Bezug wird lediglich zur Instrumentalisierung bestehender Vorurteile und Feindbilder genutzt. Die Nationalsozialisten, die sich rassistischer Erklärungsansätze bedienten, beriefen sich daher fälschlicherweise auf wissenschaftliche Denkgebäude.
Aufgrund dieser brüchigen biologischen Legitimierungsstrategie hat die moderne rechtsextreme Szene den Rasse-Begriff durch andere Bezeichnungen wie „Volk“ oder „Ethnie“ bzw. den sogenannten Ethnopluralismus ersetzt, um so in verdeckter Form weiterhin Rechtsextremismus zu verbreiten.
Anstatt die Rasse für die Notwendigkeit von Unterteilungen verantwortlich zu machen, missbrauchen Ethnopluralisten kulturelle Identitäten für rechtsextreme Zwecke: Angeblich müssen unterschiedliche Kulturen (früher: Rassen) voneinander separiert werden, da fremdartige Einflüsse als negativ bewertet werden.
Volkskollektivismus
Nationalistische und rassistische Interpretationen dienen dazu, eine sogenannte Volksgemeinschaft bzw. ein „völkisches“ Kollektiv zu stiften. Fremdartige Menschengruppen werden aus dieser Gruppe ausgeschlossen. Als „nicht dazugehörig“ gelten unter anderem:
- „Asoziale“
- Behinderte
- Homosexuelle
- politisch Andersdenkende
Wer eine dieser Zuschreibungen erfährt, wird unweigerlich aus dem Volkskollektiv verstoßen, notfalls auch durch rechtsextreme Gewalt. Parolen wie „Du bist nichts, Dein Volk ist alles!“ spiegeln dieses Einheitsdenken wider, bei dem der Einzelne seine Daseinsberechtigung einzig durch seine Zugehörigkeit zur Gesamtheit der Volksgemeinschaft erlangt.
Antipluralismus
Grundlage einer pluralistischen Demokratie sind verschiedene Interessengruppen, die für ihre Ziele einstehen. Dadurch werden zwei wesentliche Eckpfeiler des Bundesrepublik verwirklicht: Volksouveränität und das Mehrheitsprinzip.
Demgegenüber werden im Rechtsextremismus andere Ziele verfolgt. Anstatt das Wahlrecht der Bürger zu fördern, werden diese einem einheitlichen Staatswillen unterworfen, der sich aus dem homogenen Volkskollektiv speist. Staat und Volk verschmelzen zu einer Einheit, die keinen Platz hat für die Meinung des Individuums. Repräsentant dieser Gemeinschaft ist dann oftmals eine Führerperson.
Fremden- und Ausländerfeindlichkeit
Die Ablehnung pluralistischer Einflüsse drückt sich in Fremdenfeindlichkeit, einem wesentlichen Merkmal des Rechtsextremismus, aus. Dabei handelt es sich um eine feindselige Einstellung gegenüber allen Menschen, die nicht in die feste Schablone des Volkskollektivs bzw. der Nation passen und daher als bedrohlich wahrgenommen werden.
Die Ursachen für den Rechtsextremismus dieser Form, also Kennzeichen des Fremdartigen, sind verschiedenartig. So finden Anfeindungen aufgrund der Herkunft, Nationalität (Ausländerfeindlichkeit), Religion oder der Hautfarbe (Rassismus) statt. Aktuell sind daher Personen, die eine Einbürgerung in Deutschland anstreben, Zielscheibe fremdenfeindlicher Ablehnung.
Neben passiver Ausgrenzung kann es auch zu körperlichen Angriffen wie einer Körperverletzung kommen. In besonders drastischer und allumfassender Weise kann auch eine systematische Vertreibung stattfinden.
Antisemitismus
Neben der Fremden- und Ausländerfeindlichkeit ist die Ablehnung und Herabwertung der Juden – dies wird als Antisemitismus bezeichnet – ein prägendes Element des Rechtsextremismus. Die Bezeichnung fand erstmals 1879 Erwähnung und diente dazu, Judenfeindlichkeit wissenschaftlich und rassistisch zu legitimieren.
Die Juden wurden dadurch nicht mehr primär durch ihre Religionszugehörigkeit beschrieben, sondern im Sinne eines Volkes bzw. einer Rasse. Die Tradition der Judenfeinschaft ist lang und durch diverse Muster gekennzeichnet, die einander überlagern. Grundsätzlich lassen sich drei Arten klassifizieren, Juden zu diffamieren.
- Religiöse Diskriminierung
Der Konflikt zwischen Christen- und Judentum ist so alt wie die Menschheit selbst. Schon seit Jahrhunderten werden die Juden in Abgrenzung zur christlichen Lehre daher herabgesetzt und mit Vorurteilen versehen.
- Ökonomische Entwertung
Aufgrund der glaubensbedingten Abneigung wurde den Anhängern des Judentums seit dem Mittelalter eine spezifische Berufsstruktur auferzwungen. Da ihnen der Zugang zu Zünften und dem Staatsdienst systematisch verwehrt blieb, nahmen sie sich des Finanz- und Handelsbereiches an.
In Folge dieser abgenötigten beruflichen Professionalisierung entstand eine ökonomische Feindschaft, die den Juden als Betrüger, Wucherer oder später als Kapitalist brandmarkte.
- Rassistisch motivierte Entwürdigung
In Anlehnung an den Sozialdarwinismus, welcher das Überleben des Stärksten propagierte, gingen die Anhänger des Rechtsextremismus von einem Kampf zwischen ungleichwertigen Rassen aus, welchen nur die stärkere, also die deutsche, gewinnen könne.
Es wurde ein Endkampf prophezeit, innerhalb dessen die überlegenen Arier die Juden besiegen und endgültig vernichten würden.
Antisemiten sehen die schlechten, unverbesserlichen Eigenschaften der Juden als Rechtfertigung oder Ursachen für den Rechtsextremismus, als dem einzigen Mittel dieser minderwertig klassifizierten Rasse entgegenzutreten. Denn angeblich arbeiten die Juden konspirativ und sind schädlich für die Volksgemeinschaft.
Verherrlichung der NS-Zeit (Revisionismus)
Die dunkle Vergangenheit Deutschlands zu Zeiten des Dritten Reiches lässt sich nicht leugnen. Immerhin berichten Geschichtsbücher und Zeitzeugen immer wieder von dem totalitären Regime und der von diesem praktizieren Massenvernichtung. Es handelt sich also um einen unabänderlichen Bestandteil Deutschlands und seiner Entwicklung. Das könnte man meinen.
Sogenannte Revisionisten sehen das jedoch anders, sie dichten das Vergangene in ihrem Sinne um und beharren auf dem Wahrheitsgehalt ihrer geschichtsverzerrenden Behauptungen. Der Revisionismus ist ein Hilfskonstrukt des Rechtsextremismus, mit dessen Hilfe die Vergangenheit manipuliert und entkriminalisiert wird.
Ein zentraler Schlagbegriff ist hierbei die Auschwitzlüge, welche den nationalsozialistischen Völkermord (auch: Holocaust) negiert. Mit vermeintlich wissenschaftlichen Methoden wird versucht, die Unmöglichkeit dieser Taten nachzuweisen, indem beispielsweise technische Unzulänglichkeiten oder die Brenndauer von Leichen als Argumente dienen.
Revisionisten verleihen durch die Imitation wissenschaftlicher Formen, beispielsweise mittels Abhandlungen, Fußnoten etc., ihren Ausführungen den Schein von Authentizität. Dies wiederum dient dazu, Verwirrung und Unsicherheit beim Rezipienten zu schaffen, sodass sich bei diesem Zweifel bezüglich der bisher anerkannten historischen Wahrheit einnisten.
Ablehnung der Demokratie
Grundlage allen rechtsextremistischen Denkens und Handelns ist ein totalitärer Staat, der auf einem Volkskollektiv basiert, einen steten Machtausbau anstrebt und sowohl innen- als auch außenpolitisch gegenüber anderen Nationen aggressiv auftritt. Diese explosive Dominanz steht dem freiheitlich-demokratischen System der Bundesrepublik entgegen, da unter anderem gegen folgende Prinzipien verstoßen wird:
- Anerkennung und Schutz der Menschenrechte nach dem Grundgesetz
- Volkssouveränität
- Gewaltenteilung
- Verantwortlichkeit der Regierung
- gesetzlich gebundene Verwaltung
- Unabhängigkeit des Gerichtswesens
- pluralistisches Parteiensystem
Immer dann, wenn Organisationen verfassungsfeindlich agieren, geht der Verfassungsschutz aktiv dagegen vor und verbietet die entsprechenden Gruppierungen. Zuletzt war davon beispielsweise die „Weiße Wölfe Terrorcrew“ (WWT) betroffen, die im Februar 2016 stillgelegt wurde.
Ein Verbot von Parteien, zum Beispiel der NPD, lässt sich hingegen nur dann aussprechen, wenn nicht nur Bestrebungen vorliegen, welche die Grundrechte verletzten, sondern zusätzlich eine kämpferische Haltung feststellbar ist.
Rechtsterrorismus
Eine große Gefahr stellt der Rechtsterrorismus dar, der sich einer systematischen politisch motivierten Gewaltanwendung bedient und somit immer wieder Brennpunkt vom Staatsschutz ist.
Bereits seit den 50er Jahren haben terroristische Gruppierungen oder einzelne Täter Attentate und Morde verübt, um ihrer rechtsextremen Gesinnung auf diese gewalttätige Weise Ausdruck zu verleihen.
Jüngstes Beispiel derartiger Formen, zu deren Bekämpfung zunehmend Strategien der Terrorismusbekämpfung entwickelt werden sollten, ist der Nationalsozialistische Untergrund (Kurz: NSU). Diese terroristische Vereinigung beging im Laufe der Jahre diverse Morde und Sprengstoffattentate.
Abzugrenzen von derartigen Gruppierungen sind Täter, die als „Lone Wolf“ in Erscheinung treten. Dabei handelt es sich um Täter, die zwar vor dem Hintergrund einer Ideologie agieren, dabei aber nicht direkt an eine entsprechende Organisation angebunden sind. Zu nennen ist hier Anders Breivik, der norwegische Fundamentalist, der 2011 bei seinem Amoklauf 77 Menschen tötete.
Rechtsradikalismus
Rechtsextremismus und Rechtsradikalismus werden häufig synonym gebraucht, doch handelt es sich wirklich um ein und dasselbe? Nein, denn Rechtsradikalismus bewegt sich in der Regel innerhalb der Schranken der deutschen Verfassung.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz benennt gerade die Verfassungskonformität als wesentliches Unterscheidungskriterium zwischen Rechtsradikalismus und –extremismus: Während extremistische Bestrebungen als verfassungsfeindlich einzustufen sind, beanspruchen radikale politische Überzeugungen einen legitimen Platz in einer Demokratie.
Diese definitorische Abgrenzung war in den ersten Jahrzehnten der Bundesrepublik so nicht vorhanden. Da wurden gerade verfassungswidrige Handlungen von rechts als rechtsradikal bezeichnet. Seit Beginn der 1970er fand dann die Umbenennung der rechtsgesinnten Demokratiegegner in Rechtsextremisten statt.
Skinhead
Skinheads sind für viele Menschen der Inbegriff eines Rechtsextremisten: Glatze, Springersteifel, Bomberjacke – alles deutliche Anzeichen einer rechten Haltung. Doch das stimmt so nicht oder zumindest nicht allumfänglich. Denn auch wenn viele Skinheads rechtsextrem sind, trifft das nicht auf alle Zugehörigen dieser Bewegung statt. So ist in von den in Deutschland lebenden 15.000 „Kahlköpfen“ nur rund ein Drittel rechter Gesinnung.
Grundsätzlich handelt es sich bei den als Skinheads bezeichneten Personen um Anhänger einer subkulturellen Jugendbewegung, deren Ursprünge auf die 70er Jahre Großbritanniens zurückgehen. Neben der namensgebenden Glatze, den Stiefeln und der Jacke sind Hosenträger und Jeans weitere typische äußere Kennzeichen dieser Gruppierung. Weibliche sogenannte Skingirls oder Renees tragen die Haare ebenfalls kurzgeschoren, lassen sich aber einen Pony sowie Strähnen an den Schläfen stehen.
Prägend für diese Subkultur ist ein Männlichkeitskult, in dem Oi- oder Ska-Musik, Alkohol, Fußball und Gewalt wichtige Fixpunkte darstellen.
Dies führte zu einer Gleichstellung von Skinheads und Neonazis, was jedoch so pauschal die Wahrheit verfehlt. Denn inzwischen hat sich die Neonazi-Szene mehrheitlich von der Skinhead-Strömung losgelöst und neue Ausdrucksformen gefunden. Außerdem wächst parallel dazu die Zahl antirassistischer Skinheads.
Faschismus
Der Begriff „Faschismus“ ist abgeleitet vom lateinischen „fasces“, was mit Rutenbündel übersetzt werden kann. Es handelt sich dabei ursprünglich um den Namen einer nationalistischen, autoritären Bewegung Mussolinis, welche sich 1919 gründete und 1921 zur Partei erklärt wurde.
Als Logo verwendeten die italienischen Faschisten ein Rutenbündel, welches Macht und Dominanz der Gemeinschaft über das Individuum ausdrücken sollte. Propagiert wurden sowohl rechte als auch linke Überzeugungen, die vor allem auf eine radikale Umwälzung der Gesellschaft abzielten. Mit aggressiver Gewalt wurden Sozialismus und Kommunismus bekämpft, bis es Mussolini 1922 gelang, die italienische Regierung zu stürzen.
Es folgte der Aufbau eines totalitären Staates unter anderem durch Aufhebung der Bürgerrechte, Auflösung des Mehrparteiensystems und der Durchführung politischer Morde.
Nicht verwunderlich erscheint es, dass sich Mussolini ab Mitte der 30er Jahre mit dem deutschen Nationalsozialismus verbündete. Gegenseitig beeinflussten sich beide Strömungen und fanden so große Schnittmengen. So bildete sich im Faschismus erst zu dieser Zeit eine antisemitische Tendenz heraus. Trotz vieler Gemeinsamkeiten handelt es sich beim Faschismus und Rechtsextremismus aber um zwei unterschiedliche Phänomene.
Neonazismus
Immer wieder taucht in der Presse oder in politischen Debatten der Begriff des Neonazis – häufig als Synonym zum Rechtsextremisten – auf. Allerdings handelt es sich beim Neonazismus nicht um einen gleichbedeutenden Ausdruck, sondern um eine rechtsextremistische Untergruppierung.
Die meisten Neonazis bekennen sich innerhalb der rechtsextremistischen Szene direkt zum Gedankengut des Nationalsozialismus und streben die Errichtung eines erneuten Dritten Reiches an. Hierin meinen sie das Ideal einer staatlichen Ordnung zu erblicken. Es gibt jedoch auch Anhänger der neonazistischen Formation, die Verfechter des „wahren“ Nationalsozialismus sind und die von Hitler propagierte Lehre als unrein betrachten.
Insbesondere in den 90er Jahren stieg die Anzahl neonazistischer Organisationen in Deutschland rapide an. Allerdings blieben die aggressiven Versuche, eine nationalsozialistische Diktatur zu errichten, dem Verfassungsschutz nicht unbekannt und so kam es zu diversen Vereinsverboten. Daraufhin gründeten sich vielerorts lockere Vereinigungen, wie Kameradschaften oder Freundeskreise.
Rechtsextremismus: Symbole und Kennzeichen einer rechten Gesinnung
Wie in dem obigen Abschnitt beschrieben wurde, sind die Zeiten, in denen Rechtsextremisten die äußerlich prägnanten Merkmale der Skinheads imitierten, vorbei. Das macht es dem Laien inzwischen äußerst schwer, Rechtsextreme anhand bestimmter Symbole ausfindig zu machen.
Dennoch existieren nach wie vor einige Kennzeichen, die eine rechte Gesinnung nach außen tragen. Dazu zählen insbesondere ausgewählte Musikgruppen oder heidnisch-germanische Kulturelemente sowie Adaptionen der nordischen Mythologie. Letzte steht sinnbildlich für eine unverfälschte, reine, von fremden Einflüssen geschützte Kultur.
Am geläufigsten ist wohl das Kelten- oder auch Hakenkreuz als Marker für Rechtsextremismus. Es steht weltweit für das gemeinsame kulturelle Erbe sowie die Vormachtstellung der weißen Rasse und wird daher auch als „White Power“-Symbol bezeichnet. Ebenso üblich ist die „White Power“-Faust.
Üblich sind außerdem Verweise auf das Dritte Reich. Derartige Zeichen oder Schriftzüge werden in der Regel stilisiert oder verfremdet, um so einer Ahndung durch das Strafrecht zu entgehen. Denn das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen ist nach § 86 a Strafgesetzbuch verboten.
Diese Zahlencodes sind typisch:
- 18: steht für Adolf Hitler
- 88: steht für „Heil Hitler“
- 14: nimmt Bezug auf eine rassistische Losung des amerikanischen Rechtsextremisten David Lane
- 19/8: steht für „Sieg Heil“
- 168:1: nimmt Bezug ein Sprengstoffattentat in Oklahoma aus dem Jahr 1995, bei dem ein Rechtsextremer 168 Menschen tötete
Schließlich spielen im Rechtsextremismus Kleidungsmarken eine wichtige Rolle. Viele dieser Marken wurden ursprünglich in der Skinhead-Szene getragen und dann auch von Rechtsextremisten übernommen, zum Beispiel Ben Sherman, Fred Perry oder Doc Martens. Ebenso wie Lonsdale versuchen sich viele dieser Hersteller durch Antirassismuskampagnen von ihrem rechtsextremen Klientel zu distanzieren. Im Falle von Lonsdale führte dies zur Gründung einer eindeutig rechten Marke namens Consdaple, die in ihrer Bezeichnung die Abkürzung „NSDAP“ enthält.
Inzwischen ist ein sportlicher Kleidungsstil im Rechtsextremismus immer üblicher, während von den martialischen Formen Abstand gewonnen wird. Beliebt sind beispielsweise New Balance oder Helly Hanson. Hierbei werden die Initialen im rechtsextremen Sinne umgedeutet, so dass das „N“ von New Balance für den Nationalsozialismus steht und Helly Hanson als „Heil Hitler“ interpretiert wird.
Abgesehen von Marken, die missbräuchlich für rechtsextreme Zwecke genutzt werden, existieren auch sogenannte Nazimarken, die sich explizit an eine rechte Kundschaft wenden:
- Thor Steinar
- Consdaple
- Masterrace Europe
- H8wear
- Max H8
Opfer rechtsextremer Gewalt: Gegen- und Hilfsmaßnahmen
Die Ursachen von Rechtsextremismus sind vielfältig. Entsprechend unvorhersehbar geraten Menschen ins Fadenkreuz von Angehörigen dieser Szene. Nicht nur Personen aus anderen Herkunftsländern laufen Gefahr von Rechtsextremisten beleidigt, verstoßen oder gar verletzt zu werden, sondern auch Behinderte, Obdachlose oder alternative Jugendliche (insbesondere Punks).
Wichtig für eine effektive Gegenwehr gegen eine derartige Form von Gewalt und Einschüchterung ist eine öffentliche Ablehnung. Indem Passanten stille Zeugen fremdenfeindlicher Überfälle sind, fühlen sich Rechtsextremisten bestärkt und die Opfer in erhöhtem Maße eingeschüchtert.
Denn Ignoranz wird in solchen Fällen oftmals als stumme Zustimmung gewertet. Notwendig sind daher Solidarisierungsprozesse mit den Angegriffenen, um nach außen hin deutlich zu machen, dass Rechtsextremismus nicht geduldet wird. Nach dem Jedermannsrecht besteht beispielsweise die Möglichkeit einer vorläufigen Festnahme auch durch Zivilpersonen. Nur so kann verhindert werden, dass sich die Täter selbst als überlegene Macht definieren und ihren Terror vorantreiben.
Unterstützung erfahren Opfer in speziellen Beratungsstellen, die Hilfe auf verschiedenen Gebieten leisten. Die Mitarbeiter stehen Angegriffenen zur Seite, wenn diese ihre Rechte durchsetzen wollen und entwickeln gemeinsam Strategien im Umgang mit rechter Gewalt.
Was können Opfer rechter Gewalt tun?
In der jeweiligen Angriffssituation sollten unbeteiligte Anwesende direkt angesprochen und zur Hilfe gebeten werden, gegebenenfalls durch das Rufen der Polizei. Im Anschluss an eine Attacke, die dem Spektrum des Rechtsextremismus zuzuordnen ist, besteht die Möglichkeit, Anzeige bei der Polizei zu erstatten.
Eine solche Anzeige hat eine wichtige Vorbildfunktion für andere Betroffene und verhindert weitere Angriffe der Täter. Nicht deutsche Muttersprachler haben dabei das Recht, einen Dolmetscher hinzuzuziehen. Liegen körperliche Verletzungen vor, sollten diese ärztlich dokumentiert werden. Außerdem ist ein Gedächtnisprotokoll über alle Einzelheiten des Angriffs hilfreich, um die Täter einer gerechten Strafe zuführen zu können.
Neben einem strafrechtlichen Verfahren zum Beispiel wegen Körperverletzung oder Beleidigung können Opfer zudem Schmerzensgeld oder Schadensersatz in einem Zivilverfahren einklagen.
Finanzielle Hilfsleistungen bietet der Opferfonds Cura, welcher sich an Personen wendet, die sich in einer existenziellen Notlage befinden. Hier wird Opfern Unterstützung bei der Neuanschaffung zerstörter Gegenstände sowie bei der Finanzierung etwaiger medizinischer Mittel gewährt.
Insbesondere in einigen ostdeutschen Bundesländern, konkret sind dies Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und auch Berlin, existieren seit vielen Jahren Beratungsprojekte für Opfer rechtsextremer, rassistischer oder antisemitischer Gewalt. In diesen Einrichtungen wird Betroffenen auf Wunsch in sämtlichen Belangen unter die Arme gegriffen. So wird beispielsweise dabei assistiert, Anträge auf Zuschüsse für Anwaltskosten zu stellen, was unter anderem bei der Stiftung contra Rechtsextremismus und Gewalt des Deutschen Anwaltsvereins (DAV) oder beim Weissen Ring möglich ist.
Glossar zum Rechtsextremismus
Hier finden Sie wichtige Schlagworte zum Thema „Rechtsextremismus“ auf einen Blick:
- Antisemitismus: Bezeichnung für einen Komplex explizit judenfeindlicher Überzeugungen.
- Antipluralismus: Gesellschaftsverständnis, welches einer ethnisch homogene Volksgemeinschaft propagiert.
- Ethnopluralismus: Theorie, die den Rassismus nicht biologisch begründet, sondern von kulturellen Identitäten ausgeht, die vor äußeren Einflüssen zu schützen sind.
- Faschismus: Oberbegriff für nationalistische und anti-demokratische Diktaturen, die eine Politik des Terrors und der Gewalt als Herrschaftsformen nutzen.
- Nationalismus: Gesellschaftstheorie, in der die eigene Nation den zentralen Bezugspunkt darstellt und durch ihre Überhöhung oftmals auf aggressive Weise ihre Dominanz zu behaupten versucht.
- Neonazismus: Strömungen innerhalb des Rechtsextremismus, die sich direkt an dem Gedankengut des Nationalsozialismus orientieren und die einen totalitären Führer-Staat als Gesellschaftsform errichten wollen.
- Rassismus: Grundhaltung der Ungleichwertigkeit, die Menschen nach Herkunft, Hautfarbe, Sprache und Ähnlichem hierarchisch zu- bzw. unterordnet.
- Rechtsextremismus: Gegen freiheitlich-demokratische Ordnung gerichtete, verfassungsfeindliche Weltanschauung, die mittels Gewalt ein nationalistisches, rassistisches Menschen- und Gesellschaftsbild vertritt.
- Rechtsradikalismus: Rechtsgeprägte Ideologie, die jedoch mit ihrer fundamentalen Kritik an der herrschenden Ordnung nicht gegen die deutsche Verfassung verstößt.
- Rechtsterrorismus: Politisch motivierte Gewalt, die einer rechtsextremen Ideologie folgt.
- Revisionismus: Form des Leugnens nationalsozialistischer Kriminalität.
- Skinhead: Jugendbewegung mit ausgeprägtem Männlichkeitskult, bei welcher rechtsextremistische Tendenzen vorkommen, aber kein festes Wesensmerkmal sind.
- Volksgemeinschaft: Exklusive als „völkisch“ definierte Gruppe einer einheitlichen (deutschen) Rasse bzw. Kultur, die nach außen hin stark ausgrenzend auftritt und „Fremdes“ konsequent ausschließt.