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FAQ: Modifizierte Unterlassungserklärung
Wird eine strafbewehrte Unterlassungserklärung nachträglich durch die Gegenseite verändert, wird diese als modifiziert bezeichnet.
Anwälte formulieren Unterlassungserklärungen grundsätzlich zugunsten der eigenen Mandanten, da aber auch der Rechtsverletzer Anspruch auf einen gerechten Vertrag hat, sind Änderungen möglich.
Üblich ist dies zum Beispiel bei der Höhe der Vertragsstrafe. Über weitere mögliche Änderungen informieren wir hier.
Die Produktion von Filmen, Musikalben oder anderen urheberrechtlich geschützten Werken ist in der Regel mit einem großen zeitlichen und finanziellen Aufwand verbunden. Aus diesem Grund gehen insbesondere die Unternehmen in der Unterhaltungsindustrie vehement gegen Urheberrechtsverletzungen vor.
In der Regel streben die Rechteinhaber bei Verstößen gegen das Urheber- und Medienrecht – wie sie zum Beispiel durch Filesharing erfolgen – eine außergerichtliche Einigung an. Zu diesem Zweck wird daher eine sogenannte Abmahnung samt beiliegender Unterlassungserklärung versandt. Allerdings raten Experten von einer vorschnellen Unterzeichnung der Dokumente ab und empfehlen oft die Erstellung einer modifizierten Unterlassungserklärung.
Doch was bezweckt eine abgeänderte Unterlassungserklärung? Und wie kann das Muster für eine modifizierte Unterlassungserklärung aussehen? Antworten auf diese und weitere Fragen liefert der nachfolgende Ratgeber.
Was ist eine Unterlassungserklärung?
Bei einer Unterlassungserklärung handelt es sich grundsätzlich um einen Vertrag, mit dem sich ein Anspruch auf Unterlassung geltend machen lässt. In diesem verpflichtet sich der Unterzeichner dieser Erklärung dazu, eine bestimmte, rechtsverletzende Handlung zukünftig zu unterlassen. In der Regel handelt es sich dabei um den in der Abmahnung thematisierten Rechtsverstoß.
Ein Unterlassungsanspruch besteht im Urheberrecht meist nur dann, wenn bei dem abgemahnten Verstoß auch eine Wiederholungsgefahr besteht. Allerdings ist diese laut aktueller Rechtsprechung bereits gegeben, wenn eine einmalige Rechtsverletzung erfolgte. Schließlich beweist die Rechtsverletzung, dass sowohl das Wissen als auch die technischen Mittel für eine ebensolche vorliegen.
Eine Unterlassungserklärung, welche auch als Unterwerfungserklärung bezeichnet werden kann, findet insbesondere bei Verstößen gegen das Urheber-, Marken- und Wettbewerbsrecht Anwendung. Dabei liegt in den meisten Fällen eine vorformulierte Unterlassungserklärung dem Abmahnschreiben bei.
Juristen differenzieren grundsätzlich die folgenden drei Formen der Unterlassungserklärung:
- Strafbewehrte Unterlassungserklärung
Diese liegt meist der Abmahnung bei und ist zugunsten des Rechteinhabers formuliert. - Modifizierte Unterlassungserklärung
Wie der Name bereits vermuten lässt, handelt es sich hierbei um eine abgeänderte Version der Erklärung. - Vorbeugende Unterlassungserklärung
Der Rechtsverletzer gibt eine solche Erklärung ab, bevor er abgemahnt wurde.
Wie entsteht eine modifizierte Unterlassungserklärung?
Wie zuvor bereits erwähnt, wird die der Abmahnung beiliegende strafbewehrte Unterlassungserklärung meist mit Blick auf die Bedürfnisse bzw. Ansprüche des Rechteinhabers formuliert. Dies kann unter Umständen dazu führen, dass die Erklärung mehr Rechte beschränkt, als für die Durchsetzung des Anspruchs auf Unterlassung unbedingt notwendig ist.
Daher sind Sie nicht verpflichtet, die strafbewehrte Erklärung zu akzeptieren bzw. zu unterschreiben. Stattdessen besteht die Möglichkeit, einzelne Formulierungen oder Forderungen anzupassen und dadurch eine modifizierte Unterlassungserklärung zu erstellen. Diese Option besteht grundsätzlich auch dann, wenn die Vorwürfe der Abmahnung berechtigt sind, Sie also tatsächlich gegen geltendes Recht verstoßen haben.
Allerdings können Sie zum Beispiel bei einer Abmahnung wegen Filesharing eine modifizierte Unterlassungserklärung nur abgeben, solange Sie die strafbewehrte Version nicht unterschrieben und zurückgesendet haben. Denn durch die Unterzeichnung akzeptieren Sie alle aufgeführten Vertragsbedingungen.
Aufbau einer modifizierten Unterlassungserklärung
Ähnlich wie viele andere juristische Schreiben folgen auch eine Abmahnung und eine (modifizierte) Unterlassungserklärung beim Aufbau einem bestimmten Muster. Dies zeigt sich unter anderem bei den unzähligen Rechtsverstößen aufgrund von Filesharing. Denn häufig müssen dabei nur die personenbezogenen Daten ausgetauscht und ein paar kleine Anpassungen vorgenommen werden.
Grundsätzlich beinhaltet eine Unterlassungserklärung in der Regel folgenden Bestandteile:
- Aufforderung, ein bestimmtes und konkret benanntes rechtswidriges Verhalten in Zukunft zu unterlassen,
- Androhung einer nicht unbeachtlichen Vertragsstrafe für den Fall der Zuwiderhandlung und
- Rechnung über die entstandenen Kosten der Abmahnung ( u.a. Anwaltshonorar und Auslagen bei der Täterermittlung)
Trotz dieser grundlegenden Elemente bietet die modifizierte Unterlassungserklärung viele Punkte und Formulierungen, die sich anpassen lassen. Dabei ist es allerdings häufig ratsam, die Bearbeitungen auf das notwendige Minimum zu reduzieren. Denn der Geschädigte ist nicht dazu verpflichtet, die von Ihnen aufgesetzte modifizierte Unterlassungserklärung zu akzeptieren.
Scheitert dadurch die außergerichtliche Einigung mithilfe einer Abmahnung, folgt in vielen Fällen eine Unterlassungsklage. Diese ist mit weiteren Kosten und Gebühren verbunden. Liegt der Streitwert bei mehr als 5.000 Euro, ist laut Gesetz zudem eine anwaltliche Vertretung vorgeschrieben.
Welche Bestandteile einer Unterlassungserklärung können modifiziert werden?
Eine Abmahnung und die beiliegende Unterlassungserklärung sind grundsätzlich vor einer Unterzeichnung umfassend zu prüfen. Je nach Inhalt lassen sich dabei verschiedenste Formulierungen oder Punkte finden, die einer Anpassung bedürfen. Nachfolgend haben wir exemplarisch einige Änderungsmöglichkeiten für eine modifizierte Unterlassungserklärung zusammengetragen:
- Ausschluss eines Schuldeingeständnisses
Eine modifizierte Unterlassungserklärung kann „ohne Anerkenntnis einer Rechtspflicht, jedoch rechtsverbindlich“ erfolgen. Dies bringt zum Ausdruck, dass Sie die Abmahnung als unbegründet erachten, aber auf einen Rechtsstreit verzichten, welcher die Rechtmäßigkeit des Anspruchs auf Unterlassung klären könnte. - Beschränkung der inhaltlichen Reichweite
Laut Definition besteht der Anspruch auf Unterlassung für einen konkret zu benennenden Rechtsverstoß, daher sollte sich die Erklärung auch nur auf die betroffenen Werke beschränken. Daher kann die Begrenzung auf einen bestimmten Film oder ein Lied angebracht sein. - Anpassung der Vertragsstrafe
Die Vertragsstrafe zählt wohl zu den wichtigsten Beweggründen für eine modifizierte Unterlassungserklärung. So lässt sich die Vollstreckung zum Beispiel auf ein schuldhaftes Handeln begrenzen. Zudem lässt sich die Höhe der Vertragsstrafe ggf. anpassen. Nicht unüblich ist auch eine unbestimmte Vertragsstrafe nach „neuem Hamburger Brauch“. Dabei liegt die Strafe im Ermessen des Abmahners und wird im Verletzungsfall von einem Gericht auf Angemessenheit überprüft. - Modifikation der sonstigen Kosten
Eine Unterlassungserklärung muss nicht zwingend die Übernahme der Abmahnkosten oder die Forderung von Schadensersatz enthalten. Daher besteht die Möglichkeit, entsprechende Formulierungen zu streichen oder die Höhe anzupassen. - Auflösende Bedingungen
Wie zuvor erwähnt, ist eine (modifizierte) Unterlassungserklärung ein Vertrag mit lebenslanger Gültigkeit. Eine Veränderung der Rechtslange beeinflusst dies in der Regel nicht. Allerdings können Sie ggf. Passagen hinzufügen, welche eine Auflösung der Erklärung ermöglichen, wenn es zu einer Änderung der Rechtslage – also einer Legalisierung des Verstoßes – kommt.
Modifizierte Unterlassungserklärung bei Filesharing – ein Muster
Möchten Sie eine modifizierte Unterlassungserklärung abgeben, sollten Sie ohne juristische Fachkenntnis davon absehen, Muster aus dem Internet zu verwenden oder Passagen daraus einfach zu übernehmen. Denn eine Vorlage, die pauschal für alle Sachverhalte geeignet ist, existiert in der Regel nicht. Wenden Sie sich daher für eine fachkundige Beratung an einen Anwalt für Urheber- und Medienrecht.
Aus diesem Grund möchten wir ausdrücklich darauf hinweisen, dass das nachfolgende Muster der modifizierten Unterlassungserklärung ausschließlich der Veranschaulichung dient. Es erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder juristischer Korrektheit. Eine Verwendung erfolgt gegen unseren Rat und auf eigene Verantwortung.
Straße Hausnummer
Postleitzahl Ort]
[Ort, Datum]
Ihr Zeichen: [Aktenzeichnen]
Modifizierte Unterlassungserklärung
zwischen
[Anrede Vorname Nachname, Straße Hausnummer, Postleitzahl Stadt des Abgemahnten]
– nachfolgend Schuldner genannt –
und
[Anrede Vorname Nachname, Straße Hausnummer, Postleitzahl Stadt des Abmahnenden]
– nachfolgend Gläubiger genannt –
vertreten durch: [Name der abmahnenden Anwaltskanzlei].
Hiermit verpflichte ich mich ohne die Anerkennung einer Rechtspflicht oder Präjustiz für die Sach- und Rechtslage, gleichwohl rechtsverbindlich, es zukünftig zu unterlassen, das Werk
[Name der TV-Serie] – [Bezeichnung der Folge], [Werkart]
oder Teile daraus ohne die Einwilligung des Gläubigers im Internet öffentlich zugänglich zu machen oder Dritten eine derartige Rechtsverletzung durch meinen Internetanschluss zu ermöglichen.
Bei einer schuldhaften Zuwiderhandlung verpflichte ich mich zur Zahlung einer vom Gläubiger festzulegenden, im Streitfalle durch das zuständige Gericht zu überprüfenden, angemessenen Vertragsstrafe.
Die Verpflichtung zur Leistung eines Schadensersatzes und die Erstattung der Anwaltskosten weise ich ausdrücklich zurück.
[Unterschrift]
Verstoß gegen die modifizierte Unterlassungserklärung – was droht?
Formulieren und unterzeichnen Sie eine modifizierte Unterlassungserklärung, versprechen Sie dadurch eigentlich, dass Sie das abgemahnte Verhalten in der Zukunft unterbinden. Um die bestehende Wiederholungsgefahr zu reduzieren, vereinbaren die Parteien eine Vertragsstrafe in nicht unerheblicher Höhe.
Je nach Rechtsverstoß kann bei der Missachtung der Unterlassungserklärung eine Vertragsstrafe drohen, welche sich im Bereich von 1.500 bis 15.000 Euro bewegt. Aus diesem Grund ist es sinnvoll, die Bedingungen der Unterlassungserklärung ernst zu nehmen und genauestens zu befolgen.
Darüber hinaus kann ein Verstoß gegen die modifizierte Unterlassungserklärung auch eine weitere Abmahnung samt Anspruch auf Schadensersatz nach sich ziehen. Außerdem liegt dem Abmahnschreiben in diesem Fall auch eine weitere Unterlassungserklärung mit einer noch höheren Vertragsstrafe bei.
Ob der geschädigte Urheber in diesem Fall erneut eine modifizierte Unterlassungserklärung akzeptiert, ist fraglich. Schließlich war sein Entgegenkommen bei der ersten Abmahnung wenig zielführend. Wie so häufig werden aber auch hier der jeweilige Einzelfall und die individuellen Umstände des Rechtsverstoßes ausschlaggebend sein.