Lootboxen in Videospielen: Glücksspiel oder unbedenkliche Spielmechanik?

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Eine Lootbox – oft auch als digitale Schatzkiste bezeichnet – ist ein virtueller Gegenstand, der in Videospielen gekauft werden kann und zufällig generierte Belohnungen enthält. Seit Jahren polarisiert deshalb die Frage, ob Lootboxen als Glücksspiel zählen. Belgien und die Niederlande stimmen dem bspw. zu und haben jegliche Formen davon in Videospielen für illegal erklärt. Deutschland vertritt hingegen die Meinung, dass dem nicht so wäre.

Lassen sich Lootboxen als eine Glücksspiel-Variante verstehen?

Funktionieren Lootboxen wie ein Glücksspiel oder sind sie unbedenklich? Weltweit gibt es dazu aktuell keinen klaren Konsens.
Funktionieren Lootboxen wie ein Glücksspiel oder sind sie unbedenklich? Weltweit gibt es dazu aktuell keinen klaren Konsens.

Unter Lootboxen sind grundsätzlich virtuelle Truhen zu verstehen, die Spieler in Videospielen (League of Legends, EA Sports FC 25, Clash of Clans etc.) kaufen können und deren Inhalt zufällig bestimmt wird. Sie enthalten oft seltene, wertvolle oder kosmetische Gegenstände, wie Skins, Waffen, Charakter-Upgrades oder gar ganz neue Charaktere (im Falle von sogenannten Gacha-Spielen wie bspw. Genshin Impact). Vor dem Kauf bzw. der Öffnung der Box lässt sich allerdings nicht wissen, was sie tatsächlich enthält.

In der Regel können Sie diese zufällig generierten Schatzkisten zwar mit spielinterner Währung erwerben. Da diese jedoch auch durch echtes Geld gekauft werden kann, kommt vermehrt die Frage auf, ob das nicht Lootboxen theoretisch zum Glücksspiel macht.

Zwei deutsche Nachbarländer – Belgien und die Niederlande – stufen die in den Boxen enthaltenen Belohnungen bspw. als Gewinn ein. Da Lootboxen damit ihrer Glücksspieldefinition entsprechen, sind sie dort illegal. Das bedeutet, dass die Spiele, die diese Mechanik enthalten, zwar weiterhin gespielt werden können, aber in der Regel in beiden Ländern keine kostenpflichtigen Boxen mehr anbieten dürfen. In Deutschland ist das nicht der Fall.

Im Folgenden finden Sie eine Übersicht der wichtigsten Pro- und Contra-Argumente:

Lootboxen zählen als Glücksspiel, weil…

  • …der dazugehörige Zufallsmechanismus ähnlich wie bei Spielautomaten oder Lotterien funktioniert.
  • …Spieler in Hoffnung auf eine Belohnung (aber ohne Garantie, diese auch zu erhalten) potenziell echtes Geld zahlen.
  • …ihre für die Spieler unvorhersehbaren Inhalte einen starken psychologischen Reiz darstellen. Die Vorfreude auf das Öffnen einer Box ruft laut Psychologen eine „Belohnungserwartung“ hervor, die ähnlich wie bei anderen Formen des Glücksspiels (Slotmaschinen, Poker, Sportwetten etc.) zu einem ständigen Wunsch nach mehr führen kann. Das sei besonders für Kinder und Jugendliche gefährlich.

Lootboxen sind kein Glücksspiel, weil…

  • …sie im Gegensatz zu klassischen Glücksspielen keine direkten Geldverluste bedeuten. Auch wenn die von Spielern erworbenen Gegenstände nicht dem erwarteten Wert entsprechen, geben sie das eingesetzte Geld grundsätzlich „nur“ für ein digitales Gut aus und verlieren es in der Hinsicht nicht.
  • kein echtes Geld oder geldwerte Preise gewonnen werden können. Die Gegenstände, die Spieler erhalten, haben in der Regel keinen finanziellen Wert in der realen Welt, wie das bei regulären Glücksspielgewinnen der Fall ist. Sie erzielen in dem Sinne also weder einen Gewinn, noch stellt ihr Erwerb der virtuellen Schatzkisten eine gewinnorientierte Entscheidung dar.

Warum gelten Lootboxen nicht als Glücksspiel in Deutschland?

Wie handhabt Deutschland Lootboxen? Als Glücksspiel zählen diese virtuellen Güter hierzulande offiziell nicht.
Wie handhabt Deutschland Lootboxen? Als Glücksspiel zählen diese virtuellen Güter hierzulande offiziell nicht.

Der Hauptgrund, warum Lootboxen nicht als Glücksspiel in Deutschland anerkannt sind, liegt in der Definition des Begriffs im deutschen Recht. Für die Einstufung zum Glücksspiel müssen laut § 3 des Glücksspielstaatsvertrags (GlüStV) drei wesentliche Kriterien erfüllt sein:

  1. Der Spieler erwirbt über den Einsatz von Geld im Gegenzug die Chance, einen Gewinn zu erzielen.
  2. Welche Güter gewonnen werden, muss entweder ganz oder überwiegend vom Zufall abhängig sein.
  3. Der Gewinn selbst muss einen realen finanziellen Gegenwert haben und darf nicht nur rein virtuell sein.

Allerdings sind sich deutsche Juristen derzeit noch uneinig darüber, wie hoch bspw. die eingesetzte Geldsumme sein muss, um tatsächlich als Glücksspiel zu gelten und nicht als bloße Unterhaltung im Rahmen eines Videospiels. Der Einsatz soll „nicht unerheblich“ sein. Was das genau bedeutet, konnte aber bislang niemand allgemeingültig definieren. Gleiches gilt für die Gewinnchance bei Lootboxen (d. h. ab welcher Prozentzahl, einen bestimmten Gegenstand zu erhalten, es sich um ein Glücksspiel handelt und wann nicht).

Wichtig: Je nachdem, wie sich Juristen die Faktenlage auslegen, lassen sich also unterschiedliche Schlüsse darüber ziehen, ob Lootboxen eine Art Glücksspiel darstellen oder nicht. Derzeit fallen Sie noch nicht unter das deutsche Glücksspielrecht. Um Kinder und Jugendliche aber besser gegen das Suchtpotenzial von Lootboxen zu schützen, müssen alle Spieleanbieter laut der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) seit 2023 nicht nur ihre Spiele altersgerecht kennzeichnen, sondern auch konkret darauf hinweisen, falls es sogenannte „In-App-Käufe“ enthält, die glücksspielähnlich sind.

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Über den Autor

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Arnhold H.

Arnhold hat Abschlüsse in Musik- und Medienwissenschaften von der Humboldt-Universität zu Berlin. Seit 2024 verstärkt er das Team von anwalt.org. Dabei liegen seine Schwerpunkte mitunter im Verkehrsrecht sowie diversen, kleineren Rechtsthemen.

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