Kündigung bei Schwerbehinderung: Wann ist dies möglich?

Welche Vorschriften vor einer Kündigung bei Schwerbehinderung schützen können, verrät dieser Ratgeber.
Welche Vorschriften vor einer Kündigung bei Schwerbehinderung schützen können, verrät dieser Ratgeber.

FAQ: Kündigung von schwerbehinderten Arbeitnehmern

Kann man als Schwerbehinderter gekündigt werden?

Ja, grundsätzlich kann eine Kündigung auch für schwerbehinderte Menschen drohen. Allerdings profitieren Personen mit einem Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50 sowie ihnen Gleichgestellte mit einem Grad der Behinderung von mindestens 30 von einem besonderen Kündigungsschutz.

Was ist bei der Kündigung schwerbehinderter Arbeitsnehmer zu beachten?

Eine Kündigung trotz Schwerbehinderung setzt die vorherige Zustimmung des Integrationsamtes voraus. Fehlt diese, gilt die Kündigung in der Regel als unwirksam und kann vor dem Arbeitsgericht angefochten werden.

In welchen Fällen stimmt das Integrationsamt einer Kündigung bei Schwerbehinderung zu?

Das Integrationsamt stimmt einer Kündigung des Arbeitsvertrages in der Regel zu, wenn die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses nicht im Zusammenhang mit der Schwerbehinderung steht. 

Springt bei einer Kündigung für schwerbehinderte Menschen eine Abfindung raus?

Um einen Rechtsstreit wegen einer möglicherweise rechtswidrigen Kündigung von schwerbehinderten Mitarbeitern zu vermeiden, bieten Arbeitgeber mitunter hohe Einmalzahlungen für die Beendigung der Arbeitsverhältnisse an. Wie hoch für Menschen mit Schwerbehinderung bei einer Kündigung die Abfindung ausfällt, lässt sich pauschal allerdings nicht beziffern. Wenden Sie sich ggf. an einen Fachanwalt für Arbeitsrecht.

Kündigung für schwerbehinderte Menschen

Zustimmung durch das Integrationsamt: Die Kündigung für Schwerbehinderte setzt einen Antrag bei der Behörde voraus.
Zustimmung durch das Integrationsamt: Die Kündigung für Schwerbehinderte setzt einen Antrag bei der Behörde voraus.

Wollen Unternehmen einen Angestellten entlassen, müssen diese dabei die gesetzlichen Vorgaben zur Kündigung beachten. Spezielle Vorschriften gelten dabei für besonders schutzwürdige Arbeitnehmer, zu denen auch Menschen mit Schwerbehinderung zählen. Für diese sieht der Gesetzgeber nämlich einen besonderen Kündigungsschutz vor. Dieser greift laut § 2 Abs. 2 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) für Menschen, bei denen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und die deshalb als schwerbehindert gelten. Zudem können Menschen mit einem Grad der Behinderung von wenigstens 30 schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden. Doch welche Voraussetzungen gelten für eine Kündigung bei Schwerbehinderung? Sind die Betroffenen durch den besonderen Kündigungsschutz unkündbar?

Grundsätzlich ist eine Kündigung auch trotz Schwerbehinderung möglich. Durch den besonderen Kündigungsschutz müssen Arbeitgeber allerdings zusätzliche Schritte unternehmen. So setzt eine Kündigung für Schwerbehinderte laut Gesetz im Vorfeld die Benachrichtigung des Integrationsamtes (teilweise auch als Inklusionsamt bezeichnet) voraus. Unter § 168 SGB IX heißt es dazu:

Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten Menschen durch den Arbeitgeber bedarf der vorherigen Zustimmung des Integrationsamtes.

Soll eine Kündigung für schwerbehinderte Menschen ohne Integrationsamt – konkreter ohne dessen Zustimmung – erfolgen, gilt diese in der Regel als unwirksam. Für eine entsprechende Feststellung sind allerdings eine fristgerechte Klage vor dem zuständigen Arbeitsgericht und ein passendes Urteil erforderlich.

Das Integrationsamt dient allerdings nicht dazu, eine Kündigung bei vorliegender Schwerbehinderung in jedem Fall zu verhindern. Vielmehr geht es darum, zu prüfen, ob der Kündigungsgrund mit der Behinderung in Zusammenhang steht und ob der Arbeitgeber bereits alle Maßnahmen ausgeschöpft hat, um den Arbeitsplatz zu erhalten. Ziel ist demnach die Optimierung der Inanspruchnahme von Hilfe- und Unterstützungsmöglichkeiten in einem bestehenden Arbeitsverhältnis.

Wichtig! Verfügt das Unternehmen über einen Schwerbehindertenvertretung oder einen Personal- bzw. Betriebsrat, müssen auch diese im Vorfeld einer Kündigung bei Schwerbehinderung angehört werden.

Kündigung für schwerbehinderte Arbeitnehmer: Welche Gründe sind zulässig?

Kann eine betriebsbedingte Kündigung für schwerbehinderte Menschen drohen?
Kann eine betriebsbedingte Kündigung für schwerbehinderte Menschen drohen?

Soll eine Kündigung bei vorliegender Schwerbehinderung ausgesprochen werden, muss diese Maßnahme gegenüber dem Integrationsamt umfassend begründet werden. Ergänzend dazu unterliegen Menschen mit Schwerbehinderung auch dem allgemeinen Kündigungsschutz, sodass eine Entlassung nur bei einem sozial gerechtfertigten Kündigungsgrund zulässig ist. Gemäß § 1 Abs 2 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) handelt es sich dabei um:

  • Verhaltensbedingt Kündigung
  • Betriebsbedingte Kündigung
  • Personenbedingte Kündigung

Eine verhaltensbedingte Kündigung ist bei Schwerbehinderung möglich, wenn der Arbeitnehmer seine im Arbeitsvertrag festgehaltenen Pflichten verletzt. Hierbei kann es sich zum Beispiel um Schlechtleistung, ständiges Zuspätkommen, eigenmächtige Urlaubsantritte, Beleidigungen und Tätlichkeiten gegenüber Arbeitskollegen oder strafbare Handlungen im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis handeln.

Bei einer betriebsbedingten Kündigung liegt die Ursache im Verantwortungsbereich des Arbeitgebers. Angestellte können auf diese somit praktisch keinen Einfluss nehmen. Dies ist etwa der Fall. wenn Stellen aufgrund von Rationalisierungsmaßnahmen wegfallen. Aber auch bei der Stilllegung eines Betriebes, der Zusammenlegung von Abteilungen oder der Umstellung der Produktion, erfolgt die Kündigung schwerbehinderter Arbeitnehmer betriebsbedingt.

Möglich ist eine Kündigung von Schwerbehinderten auch wegen Krankheit. Der Gesetzgeber spricht in diesem Zusammenhang von einem sogenannten personenbedingten Kündigungsgrund. Dieser kann vorliegen, wenn der Arbeitnehmer objektiv nicht mehr in der Lage ist, die notwendige Arbeitsleistung zu erbringen. Die Zustimmung des Integrationsamtes hängt bei einer Kündigung schwerbehinderter Menschen wegen Krankheit allerdings in der Regel von bestimmten Voraussetzungen ab. So spielen etwa eine negative Zukunftsprognose zur Erkrankung und das Ausmaß der betrieblichen Beeinträchtigung eine wichtige Rolle. Es gilt grundsätzlich die Schutzbedürftigkeit schwerbehinderter Arbeitnehmer gegenüber den Interessen des Arbeitgebers abzuwägen.

Grundsätzlich kann auch eine fristlose Kündigung für schwerbehinderte Menschen drohen, wodurch eine Entlassung ohne die Einhaltung einer Kündigungsfrist erfolgt. Möglich ist dies gemäß § 626 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), wenn schwerwiegende Gründe dazu führen, dass die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unzumutbar ist. Dabei kann es sich zum Beispiel um sexuelle Belästigung, Mobbing, geschäftsschädigendes Verhalten oder wiederholt ausbleibende Gehaltszahlungen handeln.

Schwerbehindert: Eine Kündigung in der Probezeit ist möglich

Ohne Zustimmung des Integrationsamtes kann in der Probezeit die Kündigung für schwerbehinderte Menschen erfolgen.
Ohne Zustimmung des Integrationsamtes kann in der Probezeit die Kündigung für schwerbehinderte Menschen erfolgen.

Um herauszufinden, ob Arbeitnehmer und Arbeitgeber gut zueinanderpassen und ob der neue Mitarbeiter über die notwendige Eignung für den Job verfügt, wird im Arbeitsvertrag üblicherweise eine Probezeit vereinbart. Diese darf gemäß § 662 Abs. 3 BGB maximal sechs Monate andauern und währenddessen gelten besondere Regelungen beim Kündigungsschutz.

So können Arbeitnehmer und Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis innerhalb von zwei Wochen ohne Angabe eines Kündigungsgrundes beenden, solange in Tarifverträgen nichts Anderweitiges vereinbart ist. Darüber hinaus entfällt auch der besondere Schutz vor einer Kündigung für Schwerbehinderte in der Probezeit bzw. innerhalb der ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses. Eine Kündigung bei Schwerbehinderung ist daher ohne das Einverständnis des Integrationsamtes möglich.

Übrigens! Auch wenn laut Gesetz der allgemeine Kündigungsschutz gemäß KSchG in Kleinbetrieben mit 10 oder weniger Mitarbeitern entfällt, gilt dies nicht für den besonderen Kündigungsschutz. So muss bei einer Kündigung für schwerbehinderte Mitarbeiter im Kleinbetrieb die Zustimmung des Integrationsamts vorliegen.

Quellen und weiterführende Links

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Über den Autor

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Jennifer A.

Jennifer studierte Rechtswissenschaften an der Universität Bayreuth. Seit 2018 ist sie fester Bestandteil des Redaktionsteams von anwalt.org. Sie nutzt ihr breites Wissen über das deutsche Rechtssystem seither für die Erstellung gut verständlicher Texte in Bereichen wie dem Asylrecht, Steuerrecht und Verbraucherrecht.

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