Düsseldorf. Das Erbe auszuschlagen bietet vor allem für jene Erbberechtigten eine Option, die sich vor der Übernahme zu hoher Schulden vom Erblasser schützen wollen. In einem zuletzt verhandelten Fall jedoch verzichteten die Kinder auf ihr Erbe, um der Mutter die volle Erbberechtigung zu ermöglichen – im Glauben, sie wären nach dem Tod der Mutter Alleinerben. Das Problem: Das Erbe ging nicht zu ganzen Teilen auf deren Mutter über, sondern partiell auch an den Bruder des Verstorbenen. Das Oberlandesgericht Düsseldorf erklärte es im vorliegenden Fall für zulässig, die Erbausschlagung rückgängig zu machen (Aktenzeichen 3 Wx 166/17).
Erbausschlagung rückgängig zu machen im Ausnahmefall möglich
Der Hintergrund des verhandelten Falles: Die Kinder der Erbin schlugen das Erbe aus, um dieser ihren Erbteil zukommen zu lassen. Sie rechneten jedoch nicht damit, dass durch die Ausschlagung der Bruder des Verstorbenen neben der Mutter nach gesetzlicher Erbfolge Erbe wird. Er erhielt letztlich 1/4 der Erbschaft. Der bei der Ausschlagung beratende Notar wusste um dessen Vorhandensein, sagte den ausschlagenden Erben jedoch, ihr Onkel stelle kein Problem dar.
Da jedoch nach der gesetzlichen Erbfolge Ehegatten neben Erben der ersten und zweiten Ordnung stehen – und damit auch neben Geschwistern des Verstorbenen -, wurde der Bruder des Erblassers durch die Ausschlagung Erbe. Ein Teil der Erbmasse ging so in Folge nicht auf die Mutter über – und so geht diese auch den Kindern des Verstorbenen auf lange Sicht verloren. Sie wollten die Erbausschlagung deshalb rückgängig machen.
Das OLG Düsseldorf bestätigte im vorliegenden Fall, dass die Anfechtung der Erbausschlagung zulässig sei. Der Grund: Die Erben schlugen die Erbschaft nur aus, weil sie einem erheblichen Irrtum erlagen, den selbst der Notar nicht als solchen offenbarte. Ein erheblicher Irrtum über die Erbschaft und die Erbfolge könne so im Einzelfall ermöglichen, eine bereits erklärte Erbausschlagung rückgängig zu machen.
Die gesetzliche Erbfolge kommt immer dann zum Einsatz, wenn der Erblasser seinen Nachlass nicht durch letztwillige Verfügung (z. B. Testament) beeinflusst hat. Wie die gesetzliche Erbfolge gestaltet ist, können Sie der folgenden Infografik entnehmen:
Wann die Erbausschlagung eine Lösung sein kann
Erben erhalten nicht nur das Vermögen des Verstorbenen, sondern grundsätzlich auch dessen Schulden. War der Erblasser überschuldet, kann die Schuldenlast so auch Folgen für dessen Hinterbliebene bedeuten. Warum die Erbausschlagung daher gerade bei Nachlassschulden sinnvoll sein kann, zeigt das folgende Video von marktcheck:
Sind Sie unsicher, ob Sie das Erbe annehmen oder ausschlagen sollen? Wollen Sie eine bereits erklärte Erbausschlagung rückgängig machen? Wenden Sie sich an einen Anwalt für Erbrecht, um prüfen zu lassen, welche Möglichkeiten Ihnen im Einzelfall zur Verfügung stehen und wie die Chancen einer Anfechtung stehen.
Interessant, dass die gesetzliche Erbfolge immer dann zum Einsatz kommt, wenn der Erblasser seinen Nachlass nicht durch letztwillige Verfügung beeinflusst hat. Ich werde mich aber vorsichtshalber nochmal bei einem Anwalt für Erbrecht erkundigen. Immerhin erhalten Erben nicht nur das Vermögen des Verstorbenen, sondern grundsätzlich auch dessen Schulden.