Deutschland. Seit Wochen streiken jeden Freitag tausende Schüler während der Schulzeit für mehr Klimaschutz und folgen der von Greta Thunberg ins Leben gerufenen Bewegung „Fridays for future“. Auch für den 12. April 2019 sind wieder Streiktermine in deutschen Städten anberaumt. Die Demonstrationen sind höchst umstritten: Während die einen das Anliegen der Schüler und deren Streiks gutheißen, werden auch jene Stimmen immer lauter, die Sanktionen gegen streikende Schüler wegen der Verletzung der Schulpflicht verlangen.
Auch Schulpflichtige haben ein Versammlungsrecht
Die streikenden Schüler auf den Großdemonstrationen „Fridays for future“ fürchten aufgrund des Klimawandels um ihre Zukunft und fordern die Politik zur Einhaltung des Pariser Klimaschutzabkommens auf. Ihre Forderungen richten sich auf Rechte, die ebenfalls verfassungsrechtlich verbürgt sind, z. B. das Recht auf Leben und Gesundheit sowie den Schutz ihrer natürlichen Lebensgrundlagen.
Sie machen von ihrem in Art. 8 Grundgesetz (GG) geschützten Versammlungsrecht Gebrauch. Dies steht auch Minderjährigen zu, sofern sie grundrechtsmündig sind und die Bedeutung dieses Rechts erfassen können.
Gleichzeitig sehen andere durch „Fridays for future“ die Schulpflicht verletzt, die sich ebenfalls aus der Verfassung (Art. 7 GG) herleiten lässt. Verbieten lassen sich die Demonstrationen auf dieser Grundlage dennoch nicht, weil die Versammlungen nicht illegal sind.
Die Versammlungsbehörde kann dem Demonstrationsrecht keine schulrechtliche Regelung entgegenhalten, weil die Versammlungsfreiheit nicht davon abhängt, ob die Versammelnden aus anderen Gründen – wie der Schulpflicht -, die nichts mit der Versammlung selbst zu tun haben, an der Teilnahme gehindert wären,
[Quelle: https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/fridaysforfuture-schueler-demonstration-grundrechte-sanktionen/]
erläutert Prof. Dr. Klaus Ferdinand Gärditz, Inhaber des Lehrstuhls für öffentliches Recht an der Universität Bonn.
Sanktionen gegen das Schwänzen wegen Teilnahme am „Fridays for Future“-Protest
Dennoch kann die Schulpflicht das Versammlungsrecht einschränken. So brauchen Schüler nach Ansicht des Jura-Professors eine Beurlaubung von ihrer Schule, um entschuldigt an der „Fridays for Future“-Demonstration teilnehmen zu können. Anderenfalls riskieren sie Sanktionen.
Bisher gehen die Schulen und die Bundesländer sehr unterschiedlich mit den freitäglichen Schüler-Protesten um. Die einen werten es lediglich als unentschuldigtes Fehlen, andere erlauben die (vereinzelte) Teilnahme. An einer Münchener Schule drohte der Direktor, ein Bußgeld gegen die Eltern der Schulschwänzer zu verhängen.
Sanktionen sind zwar durchaus zulässig, weil das Schwänzen eine Ordnungswidrigkeit darstellt. Allerdings müssen sie zur Sicherung des Bildungs- und Erziehungsauftrags geeignet und erforderlich sowie verhältnismäßig sein.
Die entsprechenden Regelungen der Bundesländer sind ursprünglich für Schüler konzipiert, die notorisch Schule schwänzen, weil sie keine Lust haben. Die Teilnehmer an „Fridays for Future“ haben jedoch ein ganz anderes – sehr politisches – Anliegen.
Die Bildungs- und Erziehungsziele der landesrechtlichen Schulgesetze stellen die Erziehung zum mündigen und verantwortungsbewussten Menschen in den Vordergrund. Die Tatsache, dass sich die jugendlichen Demonstranten für den Erhalt unserer Umwelt einsetzen, lässt es zweifelhaft erscheinen, ob solche Sanktionen geeignet sind, um eben jenen Bildungs- und Erziehungsauftrag zu erfüllen.
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