FAQ: Freizügigkeit in der EU
Freizügigkeitsberechtigte Personen genießen ein unbeschränktes Einreise- und Aufenthaltsrecht im jeweiligen Staat. Außerdem dürfen sie dort einer Arbeit oder einer selbstständigen Tätigkeit nachgehen. An dieser Stelle erfahren Sie mehr zur europarechtlichen Freizügigkeit.
Neben den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union genießen EU-Bürger Freizügigkeit auch in Island, Lichtenstein, und Norwegen, die zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) zählen. Aufgrund eines Assoziierungsabkommens besteht auch eine EU-Freizügigkeit in der Schweiz.
Die EU-Freizügigkeitsbescheinigung war ein amtliches Dokument, das Unionsbürgern und Bürgern anderer assoziierter Staaten das Recht auf die Personenfreizügigkeit bescheinigte. Dieser Nachweis wurde bereits 2013 abgeschafft – heute genügt ein gültiger Personalausweis oder Reisepass, um das Recht auf die EU-Freizügigkeit nachzuweisen.
Inhalt
Freizügigkeit in der EU – Definition
EU-Freizügigkeit bedeutet, dass jeder Unionsbürger berechtigt ist, in die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union sowie nach Island, Lichtenstein, Norwegen und in die Schweiz einzureisen, ohne dass dafür ein Visum erforderlich ist. EU-Bürger dürfen sich uneingeschränkt in den benannten Staaten aufhalten und dort frei bewegen. Das ist die aufenthaltsrechtliche Komponente.
Darüber hinaus umfasst die Freizügigkeit für EU-Bürger auch eine wirtschaftliche Komponente: Sie dürfen in den benannten Staaten arbeiten oder einer selbstständigen Tätigkeit nachgehen und sind den Staatsangehörigen des jeweiligen Staates diesbezüglich fast vollständig rechtlich gleichgestellt.
Dieses Recht der EU-Freizügigkeit ist in Artikel 21 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) festgeschrieben. Danach hat jeder Unionsbürger das Recht, „sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten […] frei zu bewegen und aufzuhalten.“
Weitere Ratgeber zur EU-Freizügigkeit
Voraussetzungen und Formalitäten für die Freizügigkeit in der EU
Staatsangehörige der EU- und EWR-Mitgliedsstaaten sowie deren Familienangehörige genießen in den ersten drei Monaten nach der Einreise ein uneingeschränktes Aufenthaltsrecht.
Freizügigkeitsberechtigt können demnach folgende Personengruppen sein:
- Arbeitnehmer
- Selbstständige und Freiberufler
- Studenten und Auszubildende
- andere nicht erwerbstätige Menschen
- Familienangehörige, auch wenn sie keine EU- und EWR-Staatsangehörigen sind
Darüber hinaus besteht ein Abkommen zwischen der EU und der Schweiz, das die Freizügigkeit auch für Schweizer Bürger garantiert. Ihr Aufenthaltsrecht ist dem Freizügigkeitsrecht der Unionsbürger fast gleichgestellt.
Das Recht auf EU-Freizügigkeit ist zunächst an keine besonderen Bedingungen geknüpft. Die Einreisenden müssen dafür weder ein Visum noch einen Aufenthaltstitel vorweisen. Sie benötigen lediglich einen gültigen Personalausweis oder Reisepass.
Wer einen Wohnsitz in Deutschland begründet, ist jedoch verpflichtet, sich beim Einwohnermeldeamt zu melden. Diese Pflicht hat aber nichts mit der EU-Freizügigkeit oder dem Aufenthaltsstatus zu tun, sondern beruht auf § 17 Bundesmeldegesetz (BMG).
Wer sich länger als drei Monate in Deutschland aufhalten möchte, genießt weiterhin das Recht der EU-Freizügigkeit, wenn er eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt:
- Erwerbstätigkeit als Arbeitnehmer oder selbstständige Tätigkeit oder
- Arbeitssuche (Nachweis der Aussicht auf eine Arbeitsstelle nach sechs Monaten) oder
- keine Erwerbstätigkeit und auch kein Studium bzw. keine Ausbildung), aber bestehende Krankenversicherung und ausreichend finanzielle Mittel zur Existenzsicherung oder
- rechtmäßiger und ständiger Aufenthalt in Deutschland seit mehr als fünf Jahren
Neben dem freien Aufenthalt in Deutschland ermöglicht es die EU-Freizügigkeit Menschen, einer Arbeit nachzugehen, ohne dass dies erst genehmigt werden muss. Arbeitgeber müssen sich dafür keine Arbeitserlaubnis zeigen lassen. Es genügt, wenn ihr Arbeitnehmer einen Personalausweis oder Reisepass vorlegt.
Freizügigkeit in der EU für drittstaatsangehörige Familienmitglieder
Familienangehörige eines EU- oder EWR-Bürgers bzw. eines Schweizers genießen ebenfalls ein Aufenthaltsrecht, wenn sie mit ihm eine familiäre Lebensgemeinschaft bilden.
Eltern, Großeltern sowie Kinder und Enkel, die älter als 21 Jahre sind, haben nur dann ein Aufenthaltsrecht, wenn sie von ihrer Bezugsperson Unterhalt beziehen. Nicht erwerbstätige Familienangehörige müssen eine Krankenversicherung besitzen und selbst für ihren Lebensunterhalt sorgen können.
Außerdem benötigen drittstaatsangehörige Familienmitglieder ein Visum für ihre erste Einreise und eine Aufenthaltskarte, mit der sie ihr Aufenthaltsrecht nachweisen können. Diese Karte erhalten sie bei der für ihren Wohnsitz zuständigen Ausländerbehörde.
Verlust der Freizügigkeit für EU-Bürger
Unionsbürger genießen gegenüber Drittstaatsangehörigen zahlreiche Privilegien aufgrund ihrer Freizügigkeit in der EU. So kann ihnen ihr Aufenthaltsrecht nicht so ohne Weiteres aberkannt werden, unter anderem weil die Regelungen des Aufenthaltsgesetzes für sie gerade nicht gelten.
§ 6 Freizügigkeitsgesetz lässt den Verlust des Rechts auf Aufenthalt und Einreise nur unter sehr strengen Voraussetzungen zu. Danach können freizügigkeitsberechtigte Personen ihr Aufenthaltsrecht aus folgenden Gründen verlieren:
- Öffentliche Ordnung und Sicherheit: Aufgrund des Verhaltens des Unionsbürgers besteht eine konkrete und schwere Gefahr für die öffentliche Sicherheit bzw. Ordnung, welche die Grundinteressen der Gesellschaft betrifft.
- Öffentliche Gesundheit: Krankheiten rechtfertigen nur dann einen Verlust der EU-Freizügigkeit, wenn es sich dabei um eine Krankheit handelt, die epidemisches Potential haben, wie beispielsweise Pocken, SARS, Cholera, Lungenpest, Ebola oder Gelbfieber. Ansonsten fallen hierunter laut § 6 I 3 EU-FreizügG nur „sonstige übertragbare, durch Infektionserreger oder Parasiten verursachte Krankheiten […], sofern gegen diese Krankheiten Maßnahmen im Bundesgebiet getroffen werden.“
- Verurteilung wegen einer Straftat: Sie allein genügt nicht, um den Verlust der Freizügigkeit in der EU festzustellen, auch dann nicht, wenn es sich um eine schwerwiegenden Straftat handelt. Vielmehr muss die betroffene Person aufgrund ihres persönlichen Verhaltens eine gegenwärtige Gefahr für die öffentliche Ordnung darstellen. Hierfür muss die Ausländerbehörde eine Prognose erstellen und begründen, ob und warum von dem Straftäter eine Wiederholungsgefahr ausgeht, „die eine gegenwärtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung darstellt und darüber hinaus ein Grundinteresse der Bundesrepublik Deutschland berührt.“ (Punkt 6.2.1 der AVV zum FreizügG/EU.
Liegt ein solcher Grund vor, stellt die Ausländerbehörde den Verlust des Rechts auf Freizügigkeit in der EU – und damit einhergehend – die Ausreisepflicht fest. Reist der Unionbürger dann nicht freiwillig aus, kann er auch abgeschoben werden.
Wer gefälschte bzw. verfälschte Dokumente verwendet, um sein vermeintliches Recht auf EU-Freizügigkeit vorzutäuschen, muss damit rechnen, dass die Ausländerbehörde das Nichtbestehen des Freizügigkeitsrechts feststellt. Dasselbe gilt für Personen, die falsche Tatsachen vortäuschen und zum Beispiel eine Scheinehe eingehen.
Verliert ein Freizügigkeitsberechtigter sein Recht aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit, so untersagt ihm die Behörde die erneute Einreise. Das Einreiseverbot wird von der Behörde befristet.