Erzwingungshaft in Deutschland: Was ist das?

Was die Erzwingungshaft ist, erklärt der nachfolgende Ratgeber.
Was die Erzwingungshaft ist, erklärt der nachfolgende Ratgeber.

FAQ: Erzwingungshaft

Was ist Erzwingungshaft? 

Bei der sogenannten Erzwingungshaft (auch Beugehaft genannt) handelt es sich um eine Zivilstrafe. Sie dient als ein Beugemittel, mit dem eine gerichtliche Anordnung (bspw. die Zahlung eines Bußgeldes) durchgesetzt werden soll und wird angeordnet, wenn alle vorherigen Durchsetzungsmaßnahmen erfolglos waren. Dementsprechend stellt die Beugehaft in Deutschland keine Freiheitsstrafe dar, mit der laut Strafrecht zum Beispiel eine Straftat abgebüßt wird.

Wann wird eine Erzwingungshaft angeordnet?

Die Vollstreckungsbehörde kann eine Beugehaft anordnen, wenn eine Person das gegen Sie verhängte Bußgeld – trotz vorheriger Mahnungen – nicht bezahlt. 

Wie lange dauert eine Erzwingungshaft?

Eine Erzwingungshaft, die eine Person wegen einer offenen Geldbuße für eine Ordnungswidrigkeit im Straßenverkehr antreten soll, kann die Beugehaft zwischen sechs Wochen und drei Monaten dauern. Mehr können Sie hier erfahren.

Was bedeutet Erzwingungshaft? 

Welche Bedeutung hat die Erzwingungshaft?
Welche Bedeutung hat die Erzwingungshaft?

Die Beugehaft (auch Erzwingungshaft oder Beugungshaft genannt) ist eine Form der Gefängnisstrafe. Dabei handelt es sich um eine Zivilstrafe, die als Beugungsmittel fungiert und eine gerichtliche Anordnung durchsetzen soll. 

Ein Erzwingungshaftverfahren wird in aller Regel dann eingeleitet, wenn eine Person im Rahmen eines gegen sie rechtskräftigen Bußgeldverfahrens das gegen Sie verhängte Bußgeld nicht innerhalb der gesetzten Frist bezahlt hat. 

Gemäß § 96 Absatz 1 Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) darf die Behörde die Vollstreckung einer Erzwingungshaft unter folgenden Umständen veranlassen:

Nach Ablauf der in § 95 Abs. 1 bestimmten Frist kann das Gericht auf Antrag der Vollstreckungsbehörde oder, wenn ihm selbst die Vollstreckung obliegt, von Amts wegen Erzwingungshaft anordnen, wenn

  1. die Geldbuße oder der bestimmte Teilbetrag einer Geldbuße nicht gezahlt ist,
  2. der Betroffene seine Zahlungsunfähigkeit nicht dargetan hat (§ 66 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe b),
  3. er nach § 66 Abs. 2 Nr. 3 belehrt ist und
  4. keine Umstände bekannt sind, welche seine Zahlungsunfähigkeit ergeben.
§ 95 OWiG Abs. 1

Erzwingungshaft: Welcher Ablauf ist gegeben?

Von der Geldsanktion zur Erzwingungshaft: Der Ablauf ist genau vorgegeben.
Von der Geldsanktion zur Erzwingungshaft: Der Ablauf ist genau vorgegeben.

Begleicht eine Person nicht innerhalb von 14 Tagen, nachdem der Bußgeldbescheid rechtskräftig geworden ist, das fällige Bußgeld, kann die Vollstreckungsbehörde Maßnahmen ergreifen. Verstreichen auch die Mahnungen, kann die Behörde die Vollstreckung einer Beugehaft anordnen.

In diesem Fall erhält die betroffene Person zunächst eine sogenannte Ladung zum Haftantritt, in der sie darüber informiert wird, wann sie bei der zuständigen Justizvollzugsanstalt einkehren muss. Leistet die betroffene Person dieser Ladung nicht Folge, kann die Vollstreckungsbehörde einen Erzwingungshaftbefehl beantragen. Dieser wird von Polizeibeamten vollstreckt, die den Betroffenen in die Haftanstalt überführen.

In aller Regel stellt die Vollstreckungsbehörde zuerst einen Antrag auf Erzwingungshaft beim zuständigen Gericht. Obliegt die Vollstreckung der Maßnahme allerdings der Staatsanwaltschaft selbst, kann diese die Vollstreckung der Erzwingungshaft selbst anordnen. In diesem Fall wird eine urkundliche Ladung ausgestellt.

Welche Rechte haben Betroffene in der Beugehaft?

Rechte bei der Beugehaft: Welche gelten?
Rechte bei der Beugehaft: Welche gelten?

Die Behandlung der im Rahmen eines Erzwingungshaftverfahrens inhaftierten Personen wird vom Strafvollzugsgesetz (StVollzG) geregelt. Weil die Beugehaft per Definition keine Freiheitsstrafe darstellt, mit der eine Straftat abgebüßt wird, gilt die betroffene Person als Zivilhäftling Sie muss daher nicht dieselben Repressionen wie andere Häftlinge erwarten.

Somit gilt für Zivilhäftlinge in Beugehaft folgende Behandlung:

  • Sie dürfen nicht ohne eigene Zustimmung mit anderen Gefängnisinsassen verwahrt werden, die eine Straftat abbüßen.
  • Sie müssen keine Anstaltskleidung tragen. Dennoch ist die Mitnahme von Kleidung und persönlichen Gegenständen nur in eingeschränktem Maße gestattet.
  • Zivilhäftlinge müssen keine Arbeit aufnehmen.

Darüber hinaus sind Zivilhäftlinge nicht dazu verpflichtet, die mit der Erzwingungshaft einhergehenden Kosten zu tragen.

Erzwingungshaft: Welche Dauer ist möglich?

Bei der Erzwingungshaft hängt deren Dauer von der zu begleichenden Geldbuße ab. Die genaue Höchstdauer ist in § 96 Absatz 3 OWiG festgeschrieben. Dort heißt es:

Die Dauer der Erzwingungshaft wegen einer Geldbuße darf sechs Wochen, wegen mehrerer in einer Bußgeldentscheidung festgesetzter Geldbußen drei Monate nicht übersteigen. 

Erzwingungshaft: Die Dauer hängt von der Geldbuße ab!
Erzwingungshaft: Die Dauer hängt von der Geldbuße ab!

Folglich beträgt die mögliche Dauer einer Erzwingungshaft 

  • bis zu sechs Wochen für eine einzelne Geldbuße oder
  • maximal drei Monate für mehrere Bußgelder.

Außerdem können Betroffene Ihre Beugehaft früher beenden, wenn Sie Ihre Geldbuße bezahlen. Auch Angehörige können die Zahlung des Betrags leisten.

Wie können Sie eine Erzwingungshaft abwenden?

Sollten Sie eine Ladung zur Beugehaft erhalten haben, können Sie die drohende Erzwingungshaft abwenden, indem Sie Ihr Bußgeld sofort bezahlen und das zuständige Gericht darüber in Kenntnis setzen.

Kann ich die Erzwingungshaft mit Ratenzahlung bezahlen?

Lässt sich durch eine Ratenzahlung die Erzwingungshaft verhindern?
Lässt sich durch eine Ratenzahlung die Erzwingungshaft verhindern?

Falls Ihnen die finanziellen Mittel fehlen, um das Bußgeld zu entrichten, können Sie einen Antrag auf Ratenzahlung stellen und mit der Behörde einen individuellen Zahlungsplan vereinbaren.

Dafür müssen Sie einen sogenannten Antrag auf Zahlungserleichterung stellen und im Zuge dessen eine angemessene Anzahlung tätigen. Außerdem müssen Sie Ihre Zahlungsunfähigkeit durch entsprechende Unterlagen nachweisen, die Sie dem Antrag beifügen.

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Über den Autor

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Jennifer A.

Jennifer studierte Rechtswissenschaften an der Universität Bayreuth. Seit 2018 ist sie fester Bestandteil des Redaktionsteams von anwalt.org. Sie nutzt ihr breites Wissen über das deutsche Rechtssystem seither für die Erstellung gut verständlicher Texte in Bereichen wie dem Asylrecht, Steuerrecht und Verbraucherrecht.

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