Erbe annehmen oder ausschlagen? Entscheidungshilfen

Sollen Sie das Erbe annehmen oder ausschlagen? Hier finden Sie ein paar hilfreiche Tipps.
Sollen Sie das Erbe annehmen oder ausschlagen? Hier finden Sie ein paar hilfreiche Tipps.

Nach Eintritt des Erbfalles müssen sich die Erbberechtigten zunächst nicht gleich um die Aufteilung des Nachlasses sorgen. Die erste Frage, die sich den meisten stellt, ist: „Soll ich das Erbe antreten oder nicht?“ Diese Frage ist durchaus berechtigt, ist die Frist für die Erbausschlagung doch sehr gering. Schlagen die Erben die Erbschaft nicht innerhalb von sechs Wochen nach dem Erbanfall gegenüber dem Nachlassgericht aus, gilt sie automatisch als angenommen.

Das Problem dabei für viele: Ein jeder Erbe übernimmt nicht nur das Vermögen des Verstorbenen, sondern auch dessen Schulden. Genügt die Erbmasse nicht aus, um die Nachlassverbindlichkeiten damit auszulösen, kann im Zweifel sogar das Vermögen des Erben selbst hierfür angegriffen werden. Im Folgenden wollen wir Ihnen deshalb einen Leitfaden an die Hand geben, der die Entscheidung, ob Sie das Erbe annehmen oder besser ausschlagen sollten, etwas erleichtern soll.

FAQ: Erbe annehmen oder ausschlagen

Müssen die Hinterbliebenen das Erbe annehmen?

Nein, das Erbrecht lässt den Hinterbliebenen die Wahl, das Erbe anzunehmen oder es auszuschlagen. Sie sollten sich jedoch über die Folgen der Erbausschlagung im Klaren sein.

Welche Konsequenzen hat es denn, wenn ich mein Erbe ausschlage?

Wer das Erbe ausschlägt, verliert damit auch den Pflichtteil. Er erhält nichts. Nicht einmal liebgewonnene Erinnerungsstücke stehen ihm zu. Stattdessen erhalten die ihm nachfolgenden Erben seinen Anteil. Die Ausschlagung lässt sich auch kaum noch rückgängig machen.

Wann macht es Sinn, das Erbe auszuschlagen?

Um diese Frage zu beantworten, müssen Sie die Vermögensverhältnisse des Verstorbenen genau prüfen. Stellt sich heraus, dass der Erblasser völlig überschuldet war, kann eine Ausschlagung der Erbschaft sinnvoll sein. Eine Alternative ist es, das Erbe anzunehmen und beispielsweise die Nachlassinsolvenz zu beantragen.

Weiterführende Ratgeber rund um Erbannahme und -ausschlagung

Verschaffen Sie sich einen ersten Überblick

Erbe antreten - ja oder nein? Bevor Sie sich abschließend entscheiden, verschaffen Sie sich einen Überblick.
Erbe antreten – ja oder nein?
Bevor Sie sich abschließend entscheiden, verschaffen Sie sich einen Überblick.

Der Verlust eines Menschen ist schwer und die meisten Angehörigen und potentiellen Erben haben in der Regel zunächst genug mit der Trauerarbeit zu tun. Das Erbrecht gewährt den Erbberechtigten jedoch nur eine kurze Frist, innerhalb derer sie sich entscheiden müssen, ob Sie das Erbe annehmen wollen oder nicht.

Laut § 1944 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) müssen die Erben sich ab Kenntnisnahme des Erbanfalls innerhalb von sechs Wochen darüber klar werden, ob Sie das Erbe annehmen oder ablehnen wollen. Erklären Sie innerhalb dieser Frist gegenüber dem zuständigen Nachlassgericht nicht die Erbausschlagung, gilt die Erbschaft automatisch als angenommen.

Um eine solch fundierte Entscheidung jedoch treffen zu können, bedarf es zunächst einer umfassenden Bestandsaufnahme: Wie groß ist das Vermögen des Erblassers? Wie viele Nachlassverbindlichkeiten sind bekannt? Sind möglicherweise weitere Gläubiger vorhanden? Wie hoch sind die Schulden? Genügt die Erbschaft für deren Ablösung? Aufschluss hierüber können die Aufzeichnungen des Verstorbenen selbst geben.

Wichtig: Sie können ein Erbe nicht teilweise annehmen oder ausschlagen – und so etwa das Vermögen annehmen und die Schulden nicht. Entweder ganz oder gar nicht lautet das Motto in diesem Fall.

Mögliche Überschuldung des Nachlasses – Erbe annehmen oder ausschlagen?

Erbe ausschlagen oder annehmen? Bei Überschuldung des Nachlasses droht die Erbenhaftung.
Erbe bei Überschuldung ausschlagen oder annehmen?

Stellt sich nach dieser ersten Bestandsaufnahme heraus, dass der Nachlass überschuldet ist, ist es oft die bessere Wahl für die Erben, die Erbschaft nicht anzutreten. Doch nicht immer ist die Sachlage so konkret und innerhalb der gesetzten Frist erschließbar.

Hat ein Erbe die Frist für die Erbausschlagung versäumt und stellt sich erst im Nachhinein heraus, dass es weit mehr Schulden gibt als bekannt, kann im Zweifel sogar das Eigenkapital des Erbberechtigten für die Tilgung angegriffen werden. Das Erbe kann sich dann schnell als Minusgeschäft entpuppen.

Doch das Erbrecht bietet auch einige Vorgänge, die potentielle Erben genau davor schützen sollen. Haben die Erben die Frage, ob Sie die Erbschaft annehmen oder ablehnen wollen, nicht rechtzeitig getroffen und die automatische Erbannahme wurde vollzogen, gibt es noch Möglichkeiten, die eigene Haftung zu beschränken. Hierzu können Erbberechtigte folgende Prozesse in Gang setzen:

  1. Nachlassverwaltung: Nach § 1975 BGB kann die Haftung der Erben sich ausschließlich auf den Nachlass beschränken, wenn ein Nachlassverwalter eingesetzt wurde. Dieser hat die Aufgabe, sich mit den Gläubigern bezüglich der Schuldentilgung auseinanderzusetzen und entnimmt die hierzu erforderlichen Mittel allein aus der Erbschaft.
  2. Nachlassinsolvenz: Neben der Nachlassverwaltung ist auch die Beantragung einer Nachlassinsolvenz nach § 1975 BGB denkbar, um die Haftung zu begrenzen. Stellt sich heraus, dass der Nachlass überschuldet ist, werden die aufwendbaren Mittel aus diesem genutzt, um die Gläubiger soweit möglich zufriedenzustellen.

Erbe antreten oder ablehnen? Konsequenzen der Entscheidung

Entscheiden Sie sich nicht überstürzt, ob Sie das an Sie vermachte Erbe annehmen wollen oder nicht.
Entscheiden Sie sich nicht überstürzt, ob Sie das an Sie vermachte Erbe annehmen wollen oder nicht.

Bevor Sie sich entscheiden, ob Sie das Erbe annehmen oder ausschlagen wollen, sollten Sie sich vor allem auch der möglichen Konsequenzen der Vorgänge bewusst sein. Einige zeigen wir Ihnen im Folgenden auf:

  • Unumkehrbarkeit: Ob Sie nun das Erbe ausschlagen oder annehmen – beide Vorgänge lassen sich nicht rückgängig machen. Die Anfechtung der Erbannahme ist laut Erbrecht nur in seltenen Fällen möglich.
  • Ausschluss des Pflichtteils: Wenn Sie die Erbschaft ausschlagen, erlischt auch ein möglicher Anspruch auf den Pflichtteil. Stellt sich im Nachhinein heraus, dass doch erhebliche Vermögensmassen in der Erbschaft verbleiben, können Sie hierauf keine Ansprüche mehr erheben.
  • Kosten für Insolvenzverfahren oder Nachlassverwaltung: Haben Sie die Erbschaft bereits angenommen und wollen die Eigenhaftung verhindern, stehen Ihnen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung. Wichtig dabei ist jedoch, dass auch hierfür zusätzliche Kosten anfallen, die aus der Erbmasse herausgenommen werden.
Sind Sie sich nicht sicher, ob Sie das Erbe ausschlagen sollen oder nicht, wenden Sie sich an einen Anwalt für Erbrecht. Dieser kann Sie über sämtliche Konsequenzen aufklären und ggf. auch eine fundierte Bestandsaufnahme gewährleisten.
1 Stern2 Sterne3 Sterne4 Sterne5 Sterne (44 Bewertungen, Durchschnitt: 4,27 von 5)
Loading ratings...Loading...

Über den Autor

Jana
Jana O.

Jana ist seit 2015 Bestandteil des Redaktionsteams von anwalt.org. Sie studierte Ger­manis­tik, Philosophie und Englischen Literatur­wissenschaften an der Universität Greifswald. Ihr thematischer Fokus liegt insbesondere auf den Bereichen Familienrecht, Erbrecht, Strafrecht und Datenschutz.

Bildnachweise

25 Gedanken zu „Erbe annehmen oder ausschlagen? Entscheidungshilfen

  1. Silvia

    Meine Mutter starb im Pensionistenheim und es war keinerlei Vermögen , sowie auch keine Wertsachen, vorhanden! Soll man das Erbe daher dann überhaupt annehmen? Welche Kosten entstehen, wenn ich das Erbe ausschlage bzw. wenn ich es annehme? Wie hoch sind überhaupt die jeweiligen Kosten bei Notar?
    Danke für die Auskunft mit freundlichen Grüßen!

  2. Hans

    Danke für die Entscheidungshilfe mit Erbe. Ich wusste nicht, dass es eine Frist für das Erbe gibt. Alles rund um Erbrecht kann schwer zu verstehen sein. Die Hilfe von Rechtsanwälten ist daher sehr wichtig.

  3. Florian

    Gut zu wissen, dass man sechs Wochen Zeit hat, um das Erbe auszuschlagen. Ich habe einige Schulden geerbt und bin am Überlegen, ob ich das Erbe ausschlagen soll. Zum Glück habe ich noch genug Zeit fürs Überlegen.

  4. Nora

    Gut zu wissen, dass man 6 Wochen Zeit hat, um das Erbe auszuschlagen. Ich habe einige Schulden geerbt und bin am Überlegen, ob ich das Erbe annehmen soll. Ich werde definitiv noch weiter überlegen. Danke für den Beitrag!

  5. Tobias

    Vielen Dank für die Entscheidungshilfen zur Erbannahme. Mein Onkel musste sich kürzlich an einen Anwalt für Erbrecht wenden, da er eine Immobilie geerbt hat, die er aus finanziellen Gründen lieber ausschlagen würde. Gut zu wissen, dass man für das Ausschlagen eines Erbes sechs Wochen Zeit hat.

    1. Daniel

      Mein Vater ist Anfang Februar verstorben. Wenn ich das Erbe ausschlage, schlage ich dann auch automatisch das Erbe aus, der er irgendwann von sein Mutter geerbt hätte? Denn ich rücke ja jetzt an seine Stelle bzgl. dessen, was seine Mutter nach ihrem Tod hinterlässt.

  6. Larissa B

    Gut zu wissen, dass man beim Erbe beachten muss, dass die Nachlassverbindlichkeiten nicht zu hoch sind. Mein Vater hat noch genug Zeit, aber ich wollte mich schon mit dem Thema Erbrecht auseinandersetzen. Mit Ihren Tipps sollte es aber keine Probleme geben.

  7. Kate

    Mein Mann hat mich gebeten über das Thema Erbe annehmen etwas mehr Informationen zu sammeln. Ich habe nun diesen Blogbeitrag gefunden und finde ihn super! Ich finde es immer klasse mich über neue Dinge zu informieren und mich weiterzubilden.

  8. Manuel L

    Gut zu wissen, dass auch Schulden vererbt werden. Mein Vater kümmert sich gerade um seine Verlassenschaften, weshalb ich das Thema auch besser verstehen will. Da mein Vater auch Schulden hat, war Ihr Blog sehr hilfreich für mich.

  9. Neeltje

    Interessant, dass das Ausschlagen des Erbes auch unumkehrbar ist. Das macht diesen Vorgang noch einmal wichtiger und ich denke, man sollte sich vorher ganz genau über den Nachlass informieren. Ich frage mich, ob es eine Fachstelle gibt, die einem hierbei behilflich sein könnte?

  10. Michel

    Ich schwanke aktuell auch zwischen der Entscheidung mein Erbe väterlicherseits auszuschlagen oder anzunehmen. Genau wie in Ihrem Beispiel, wird es schwierig, vor Ausschlagungsfrist genaue Zahlen zu bekommen, daher gestaltet es sich für mich schwer, eine definitive Aussage zu machen. Vielen Dank daher für den Hinweis auf Nachlassverwaltung und – insolvenz, damit kann ich mich vielleicht ein wenig absichern.

  11. Mailin D

    Eine Tante von mir ist gestorben und weil sie keine Nachkommen hat, hat sie einiges an mich vererbt. Meine Mann und ich haben uns einen Anwalt dazugeholt um sicher zu sein was unsere Rechte sind und was alles mit dem Erbe einhergeht. Ich empfinde diese Frist auch als viel zu kurz um sich zu entscheiden. Warum ist diese eigentlich auch so kurz?

  12. wolfgang K

    Ob man das Erbe annehmen soll oder nicht ist eine sehr gute Frage. Man sollte sich definitiv bewusst sein was man eigentlich erbt und ob da noch Verantwortung mit dran hängt. Ein Haus zu erben klingt erst einmal toll aber beim genaueren betrachten sollte man sich über Schulden und Zustand informieren.

  13. Chiara R.

    Als neue Erbin bedanke ich mich für diesen prägnanten Artikel zum Antreten eines Erbes. Ich wohne in Österreich und dachte ich muss einen Anwalt zur Verlassenschaftsvertretung suchen. Da jedoch mein Oma in Deutschland gelebt hat, werde ich mein Erbe ganz unkompliziert annehmen können. Vielen Dank daher für den Hinweis, dass ich trotz Annahme der Erbschaft die Eigenhaftung vermeiden kann. Vielleicht suche ich mir dafür trotzdem einen Anwalt damit ich nichts wichtiges übersehe.

  14. Rika

    Wenn man ein Erbe ausschlägt, was ist dann mit den anderen Verpflichtungen wie z. B. Kündigung der Wohnung des Verstorbenen, Kündigung seiner Versicherungen etc.? Muss man das dann trotzdem machen oder nicht, wer macht das dann? Und wer zahlt dann die Bestattung?

  15. Beatrix

    Vielen Dank. Ich (52) hatte ein Gespräch mit meiner Mutter (73). Wir möchten das Erbe unseres Vaters überhaupt nicht antreten. Ob da was ist oder nicht ist egal.
    Vielleicht ist da sogar noch etwas aus den Niederlanden. Das bedeutet für uns Schwestern nur Ärger.
    Ich würde das gerne schon vorher regeln. Notariell. Geht so etwas überhaupt?
    Viele Grüße B.

  16. Thomas M.

    Vielen Dank für die Informationen zum Thema Erbrecht! Kann ein Anwalt für Erbrecht auch in der Entscheidung weiterhelfen, ob man ein Erbe annimmt? Das Annehmen oder Ablehnen ist ein interessanter Aspekt, der mir vorher gar nicht so bewusst war. Und dass man dafür nur 6 Wochen Zeit hat, macht die Angelegenheit unter Umständen ganz schön brisant.

  17. andreas s.

    Vielen Dank für den interessanten Artikel über Erbrecht. Ich finde das Thema sehr spannend und habe im Internet auch schon einige gute Seiten gefunden.

  18. Mia

    Ja da liebe Erbe, des einen Freud, des anderen Leid. Bis vor kurzen dachte ich auch, dass man ein Erbe immer annehmen sollte. Bekannte hatten mit dem Erbe auch schon in der Art zu tun, dass sie nicht wussten ob sie das Erbe annehmen sollten. Letztlich konnte Ihnen ein Anwalt für Erbrecht aber professionell und gut weiterhelfen.

  19. Mia

    Danke für die guten Tipps vom Anwalt für Erbrecht. Bekannte hatten neulich auch überlegen müssen, ob sie das Erbe annehmen oder ausschlagen sollten. Dass ist manchmal gar keine so einfach zu beantwortende Frage.

  20. Mia

    Danke für die tollen Tipps. Diese Frage ist vermutlich nicht so einfach zu beantworten. Bekannte von mir haben sich deshalb an einen Anwalt für Erbrecht in Linz gewandt.

Hinterlassen Sie einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert