Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) regelt alles zum Familienrecht. So legt es auch Einzelheiten zum Unterhalt fest. Hieraus ergibt sich, dass nicht nur die Kinder Unterhalt von ihren Eltern verlangen können, sondern ggf. auch die Eltern von ihren Kindern. Hierbei handelt es sich dann um den sogenannten Elternunterhalt.
In diesem Ratgeber lesen Sie, wann Kinder für ihre Eltern aufkommen müssen und in welchem Maße dies passieren kann. Müssen Kinder beispielsweise all ihr Erspartes aufbringen, um den Eltern den Lebensunterhalt zu sichern? Gibt es beim Elternunterhalt ein Schonvermögen? Was ist beim Unterhalt für die Eltern für ein Selbstbehalt zu beachten?
Inhalt
FAQ: Schonvermögen bei Elternunterhalt
Kinder sind den Eltern gegenüber zum Unterhalt verpflichtet, wenn bei diesen eine Bedürftigkeit vorliegt. Beim Elternunterhalt sind alle Kinder gleichrangig zur Zahlung verpflichtet.
Ja. Zu diesem Schonvermögen zählen beispielsweise Darlehensverbindlichkeiten, Kosten der Krankenversorge oder auch die Rundfunkgebühren.
Hier können Sie nachlesen, wie Sie das Schonvermögen beim Elternunterhalt berechnen können.
Wann fällt Elternunterhalt an?
Das BGB regelt zur Unterhaltspflicht folgendes:
Verwandte in gerader Linie sind verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren. (§ 1601 BGB)
Diese Pflicht muss allerdings nur bei zwei Voraussetzungen erfüllt werden:
- bei Bedürftigkeit auf Seiten des Unterhaltsberechtigten (§ 1602 BGB)
- und bei Leistungsfähigkeit auf seinen des Unterhaltspflichtigen (§ 1603 BGB).
Im Klartext bedeutet das: Erst, wenn die Eltern bedürftig sind und die Kinder auch für den Unterhalt aufkommen können, muss Elternunterhalt gezahlt werden. Dabei haften mehrere Kinder gleichrangig und müssen anteilig zum Unterhalt beitragen. Enkel müssen für ihre Großeltern nicht aufkommen.
Häufig wird über den Elternunterhalt diskutiert, wenn die Eltern oder ein Elternteil in ein Heim muss. Dann sind die Kosten häufig so hoch, dass die Rente und die Pflegeversicherung nicht ausreichen. Erst springt der Sozialhilfeträger ein, der fordert die Kosten dann allerdings von den Kindern zurück.
Wie sieht beim Elternunterhalt der Selbstbehalt aus?
Der Sozialhilfeträger wendet sich dann an die Kinder, um die Leistungsfähigkeit zu prüfen.
Nun müssen diese aber nicht grenzenlos zahlen und unter Umständen selbst um ihren Lebensunterhalt fürchten.
Der Gesetzgeber kennt zwei Schranken im Zusammenhang mit dem Elternunterhalt: das Schonvermögen und den Selbstbehalt.
Elternunterhalt: Selbstbehalt und seine Berechnung
Der Selbstbehalt ergibt sich bei dem Unterhalt für die Eltern aus Anmerkungen zur Düsseldorfer Tabelle. Berechnungsgrundlage ist das sogenannte bereinigte Nettoeinkommen. Dieses errechnet sich wie folgt: Alle Einkünfte werden addiert und verschiedene Ausgaben und Kosten abgezogen. Hierzu zählen unter anderem:
- Kosten der Krankenvorsorge
- berufsbedingte Aufwendungen
- Darlehensverbindlichkeiten
- ggf. Miete und Mietnebenkosten (einzelfallabhängig, da bereits in Selbstbehalt enthalten)
- Rundfunkgebühren
- Beiträge zur Hausrat- und Haftpflichtversicherung
- Ggf. Unterhaltszahlungen an die eigenen Kinder
Von diesem bereinigten Nettoeinkommen ist der Selbstbehalt abzuziehen. Um nun den Elternunterhalt zu ermitteln, ist dieser Betrag anschließend noch zu teilen. Allerdings ist ggf. beim Elternunterhalt noch das Schonvermögen zu beachten.
Seit Januar 2020 liegt der Selbstbehalt für den Elternunterhalt bei 2.000 Euro und für den Ehepartner bei 1.600 Euro pro Monat. Der Familienselbstbehalt beträgt 3.600 Euro. Aktuell enthält die Düsseldorfer Tabelle keine konkreten Vorgaben zur Höhe des Selbstbehalts beim Elternunterhalt, sondern lediglich den Hinweis „Dem Unterhaltspflichtigen ist der angemessene Eigenbedarf zu belassen.“
Wie hoch ist beim Elternunterhalt das Schonvermögen?
Bestimmte Vermögensgegenstände können beim Elternunterhalt ins Schonvermögen fallen und werden dann bei der Berechnung nicht beachtet. Dabei handelt es sich allerdings immer um Einzelfallentscheidungen, beachten Sie dies bitte. Wir orientieren uns bei den folgenden Darstellungen an Gerichtsurteilen.
Was passiert, wenn die Kinder eine eigene Immobile besitzen? Zwar fällt dieses Vermögen beim Elternunterhalt nicht völlig aus der Betrachtung, allerdings können die Kinder nicht gezwungen werden, die Immobile zu veräußern, um leistungsfähig zu sein – sofern der Wohnraum den Verhältnissen entspricht.
Die eingesparten Mietkosten fallen wie folgt ins Gewicht: Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied im Jahr 2013 (Az. XII ZB 269/12), dass der Wohnvorteil nach den tatsächlichen Verhältnissen zu bestimmen ist und nicht nach einem pauschalen Ansatz. Das bedeutet auch, dass hinsichtlich des Elternunterhalts beim Schonvermögen die Finanzierungskosten der Immobile abzugsfähig sind. Gleiches gilt für die Nebenkosten.
Darüber hinaus ergeben sich in diesem Zusammenhang beim Elternunterhalt weitere Freibeträge. So dürfen Kinder, die eine eigene Immobilie besitzen, Rücklagen für Sanierungs- und Modernisierungsarbeiten bilden. Das Oberlandesgerichts Düsseldorf (Az. II-9 UF 190/11) hielt hierzu allerdings fest, dass diese Rücklagen den gegenwärtigen Lebensverhältnissen entsprechen müssen.
Sparen Kinder auf ein neues Auto, da absehbare Reparaturen unwirtschaftlich sind, fallen diese Beträge beim Elternunterhalt ins Schonvermögen. Der BGH entschied (Az. XII ZR 98/04), dass das Amt nicht verlangen kann, dass die Kinder für die Beschaffung eines Autos einen Kredit aufnehmen, denn dies gilt als unwirtschaftlich.
Schonvermögen bei Elternunterhalt: Was passiert mit der eigenen Altersvorsorge?
Kommen Kinder in die Situation und zahlen für den Unterhalt der Eltern, wünschen sie sich ggf. für ihre Kinder etwas anderes. So schließt der ein oder andere also eine private Altersvorsorge ab. Doch fallen diese Beträge beim Elternunterhalt ins Schonvermögen?
Auch mit dieser Thematik beschäftigte sich der BGH und entschied (Az. XII ZR 98/04), dass pauschal fünf Prozent des bisherigen monatlichen Bruttoeinkommens für die Altersvorsorge abzugsfähig sind. Diese Summe bezieht sich auf alle Berufsjahre und kann darüber hinaus mit vier Prozent für jedes Berufsjahr verzinst werden.
Lebensversicherungen müssen regelmäßig nicht gekündigt werden, um den Lebensunterhalt der Eltern sicherzustellen. Hier hat das Versorgungsziel des Kindes Vorrang.
Elternunterhalt: Schonvermögen berechnen?
Wie die Ausführungen bereits zeigen, lässt sich beim Elternunterhalt das Schonvermögen nicht gänzlich berechnen, da keine pauschalen Beträge anzusetzen sind. Was sich ermitteln lässt, ist das bereinigte Nettoeinkommen und abzüglich der Selbstbehalt. Außerdem lassen sich die Freibeträge beim Elternunterhalt für die Altersvorsorge berechnen.
Auf diese beiden Punkte wollen wir anhand von Beispielrechnung nun zum Abschluss noch eingehen.
Beispiel zum Elternunterhalt und zum Selbstbehalt
Ein Sohn hat ein Einkommen von 2.500 Euro netto. Hiervon kann er 50 Euro Fahrtkosten abziehen. Darüber hinaus hat er Darlehensverbindungen in Höhe von 50 Euro. Es ergibt sich ein bereinigtes Nettoeinkommen von 2.400 Euro. Hiervon ist der Selbstbehalt von 2.000 Euro abzuziehen. Es ergibt sich eine Differenz von 400 Euro, die wiederum zu teilen ist. Damit kann der Sohn im Monat 200 Euro Elternunterhalt zahlen.
Beispiel zum Elternunterhalt und der Altersvorsorge
Eine Tochter hat ein Jahresbruttoeinkommen von 40.000 Euro. Hiervon sind 5% für die Altersvorsorge beim Elternunterhalt zu berücksichtigen. Dies sind 2.000 Euro. Diese Summe ist für 30 Berufsjahre mit vier Prozent zu verzinsen. Es ergibt sich ein Freibetrag von 116.000 Euro.
Beim Elternunterhalt ist zu beachten, dass auch das Vermögen und Einkommen der Ehegatten (also Schwiegerkinder) zur Berechnung der Leistungsfähigkeit des Ehegatten herangezogen werden. Dies lässt sich damit erklären, dass beide Ehegatten zum Familienunterhalt beitragen müssen.
Gilt das Angehörigen EntlastungsG nicht mehr?
Wie ist beim Elternunterhalt vorzugehen, wenn das Bruttoeinkommen z.B. 110.000 € beträgt? Wird in diesem Fall der Selbstbehalt um 4.500 € angehoben.
Gab es dazu eine Antwort? Würde mich auch sehr interessieren.
Grüße Sven
Soweit ich weiß, sind Kinder nicht zum Elternunterhalt verpflichtet, wenn ihr Jahresbruttoeinkommen unter 100.000 Euro liegt. Barvermögen wird nicht herangezogen.
Barvermögen wird doch – soweit mir bekannt herangezogen. Freibetrag lediglich bei ledigen 5 tsd € und bei einem Paar 10 tsd. €. Somit sind bei 100tsd € Barvermögen bei einem Paar 90tsd heranziehbar.
Hallo,
wird Immobilienvermögen (nicht selbst genutzt) bei der Berechnung des Elternunterhaltes seit 2020 nicht mehr berücksichtigt?
Hallo
Bei der Berechnung für 2019 wurde eine Einkommensrückerstattung als Gratifikation eingerechnet, der Verlust des Gewerbes, aus dem die Rückerstattung resultiert, wurde aber gar nicht berücksichtigt. Ist das rechtens ?
Über eine Info würde ich mich sehr freuen.
Danke für die Informationen zum Elternunterhalt. Meine Nachbarin befasst sich nun mit dem Thema, weil sie in dieser Lage mit ihren Eltern ist. Gut zu wissen, dass 5 % des Monatseinkommens für die Altersvorsorge abzugsfähig sind.
Hallo,
meine Mutter lebt in einem Pflegeheim.
Ich zahle an das Sozialamt anteilige Kosten für Ihren
Aufenthalt dort.
Ich bin zu 100% Schwerbehindert (blind).
Ändert sich für ich etwas nach der neuen Gesetzeslage
zur Heranziehung zum Unterhalt ab 01.01. 2020.
mfG M Marlon
Hallo M Marlon,
bei der Berechnung des Elternunterhalts werden neue Einkommensgrenzen herangezogen. Wir können pauschal nicht beurteilen, ob sich in Ihrem Fall etwas ändern wird. Sie sollten das am besten direkt mir dem Sozialamt bzw. der Pflegekasse abklären.
Ihr Team von anwalt.org