FAQ: Arbeitnehmerfreizügigkeit in der EU
Staatsangehörige der EU-Mitgliedsstaaten dürfen ihren Arbeitsplatz innerhalb der Europäischen Union frei wählen, ohne dass sie dafür eine Arbeitserlaubnis benötigen. Ihnen steht der gleiche Zugang zur Beschäftigung zu wie den Staatsangehörigen des jeweiligen Mitgliedsstaates. Eine umfassende Erläuterung zu dieser europarechtlichen Grundfreiheit lesen Sie hier.
Die Arbeitnehmerfreizügigkeit besteht für Arbeitnehmer. Eine Definition dieses Begriffs finden Sie an dieser Stelle. Beschäftigte der öffentlichen Verwaltung sind von der Anwendung des § 45 AEUV ausdrücklich ausgenommen. Für Selbstständige besteht keine Arbeitnehmer-, sondern eine Niederlassungsfreiheit.
Die in der EU bestehende Arbeitnehmerfreizügigkeit ist in Art. 45 AEUV (Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union) verankert.
Inhalt
Was bedeutet Arbeitnehmerfreizügigkeit? Definition und Umfang
Staatsangehörige der EU-Mitgliedsstaaten sind berechtigt, ihren Arbeitsplatz innerhalb der Europäischen Union frei zu wählen. Das bedeutet konkret:
- Beschäftigung: Jeder Unionsbürger ist berechtigt, ein einem anderen Mitgliedsstaat als Arbeitnehmer zu arbeiten. Er ist in dieser Hinsicht den Angehörigen des jeweiligen Staates gleichgestellt.
- Arbeitssuche und Bewerbung: Die Arbeitnehmerfreizügigkeit umfasst auch das Recht, sich eine Arbeit zu suchen, sich auf Stellenangebote zu bewerben und eingestellt zu werden.
- Einreise und Aufenthalt: Unionsbürger dürfen zum Zweck der Beschäftigung oder Arbeitssuche in einen anderen Mitgliedsstaat einreisen und sich zu diesem Zweck frei im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaates aufhalten und bewegen. Sie benötigen weder ein Visum noch einen Aufenthaltstitel. Auch ihre Familienangehörigen genießen ein bedingungsloses Aufenthaltsrecht. Für Arbeitssuchende gilt allerdings nur eine zeitlich beschränkte Arbeitnehmerfreizügigkeit: Nach § 2 Abs. 2 Nr. 1a FreizügG/EU sind sie zunächst nur für sechs Monate freizügigkeitsberechtigt. Danach müssen sie nachweisen, dass die begründete Aussicht auf eine Anstellung besteht.
- Verbleib im Mitgliedsstaat: Auch nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gewährt die Arbeitnehmerfreizügigkeit Unionsbürgern unter bestimmten Umständen das Recht, sich auch weiterhin länger dort aufzuhalten, beispielweise im Falle einer unfreiwilligen Arbeitslosigkeit oder wenn ein Arbeitnehmer nach einem Unfall vorübergehend arbeitsunfähig ist.
Wer gilt als Arbeitnehmer im Sinne des Art. 45 AEUV?
Der Europäische Gerichtshof definiert Arbeitnehmer als jemanden, der …
„während einer bestimmten Zeit für einen anderen nach dessen Weisungen Leistungen erbringt, für die er als Gegenleistung eine Vergütung erhält.“
[Quelle: EuGH, 19.6. 2014, Az.: C-507/12, Rn. 35]
Der Begriff des Arbeitnehmers ist weit auszulegen, weil er den Anwendungsbereich der Arbeitnehmerfreizügigkeit definiert.
Er umfasst neben befristet und unbefristet Angestellten, Grenzgängern und Saisonarbeitern auch arbeitssuchende Menschen sowie Auszubildende.
Von einem Unternehmen entsandte Arbeitnehmer machen nicht von ihrer Arbeitnehmerfreizügigkeit Gebrauch – für sie gelten die in diesem Ratgeber vorgestellten Regelungen nicht. Stattdessen nutzt ihr Arbeitgeber seine Dienstleistungsfreiheit, die es ihm erlaubt, Arbeitnehmer vorübergehend in einen anderen Staat zu entsenden.
Entsandte Arbeitnehmer fallen aber unter den Schutz der Richtlinie (EU) 2018/957. Danach gelten für sie im Hinblick auf die Entlohnung dieselben Vorschriften wie für inländische Arbeitnehmer im aufnehmenden Staat. Auch der Zeitraum, in dem das dortige Arbeitsrecht gilt, ist dort festgehalten.
Pflichten der EU-Mitgliedsstaaten nach Art. 45 AEUV
Weil die Arbeitnehmerfreizügigkeit ein Grundrecht der Arbeitnehmer ist, müssen die EU-Mitgliedsstaaten auch für die entsprechenden Rahmenbedingungen sorgen. Sie sind verpflichtet, alle Regelungen abzuschaffen, die zu einer auf der Staatsangehörigkeit beruhenden Diskriminierung führen.
Die Bestimmungen eines Mitgliedsstaates dürfen nicht dazu führen, dass ein Unionsbürger im Hinblick auf seine Beschäftigung, Entlohnung oder sonstiger Arbeitsbedingungen anders behandelt wird als die Bürger des Mitgliedsstaates.
- Das bedeutet insbesondere, dass eine Beschränkung von Stellenangeboten auf Staatsangehörige unzulässig ist.
- Außerdem dürfen nur die Sprachkenntnisse verlangt werden, die für die Ausübung der jeweiligen Stelle angemessen und erforderlich sind. Darüber hinausgehende Anforderungen sind unzulässig.
- Aufgrund der Arbeitnehmerfreizügigkeit ist Arbeitnehmern aus einem anderen Mitgliedsstaat die gleiche Unterstützung zu gewähren, die das Arbeitsamt des aufnehmenden Mitgliedsstaats seinen eigenen Staatsbürgern gewährt.
Um die Gewährleistung der Arbeitnehmerfreizügigkeit zu fördern, hat die Europäische Union zahlreiche Verordnungen und Richtlinien zur Anerkennung von Berufsqualifikationen und Hochschulabschlüssen erlassen.
Arbeitnehmerfreizügigkeit: Für welche Länder gilt dieses Recht
Die Arbeitnehmerfreizügigkeit gilt für alle Unionsbürger. Darüber hinaus dürfen auch die Staatsangehörigen der EFTA-Staaten in der Europäischen Union arbeiten und genießen dabei dieselben Rechte und Pflichten wie die EU-Arbeitnehmer.
Zu den Staaten der Europäische Freihandelsassoziation (EFTA) gehören derzeit nur vier Staaten, und zwar die Schweiz, Norwegen, Liechtenstein und Island.
Seit dem Brexit gilt die Arbeitnehmerfreizügigkeit nicht mehr im Vereinigten Königreich – genauer wurde die Freizügigkeit am 31.12.2020 beendet.
Die Rechte der EU-Bürger, die im Vereinigten Königreich leben und arbeiten, sind nun im Austrittsabkommen geregelt – ebenso die Rechte britischer Staatsangehöriger, die in der Europäischen Union leben und arbeiten. Ihr Recht auf Arbeit und Verbleib im jeweiligen Land ist gewährleistet, ihre Sozialversicherungsansprüche sind geschützt.