Inhalt
FAQ: Wahlgeheimnis
Das Wahlgeheimnis ist im Grundgesetz verankert und gilt als ein Grundsatz des demokratischen Wahlrechts. Sowohl die Wahlen des Bundestags, der Landtage, der Kreisverbände und der Gemeinderäte erfolgen üblicherweise geheim.
Eine Überprüfung, ob die Stimmabgabe zu Hause wirklich geheim abläuft, ist nicht möglich. Um sicherzustellen, dass im Wahlbüro bei einer Briefwahl keine Rückschlüsse auf den Absender des Stimmzettels möglich sind, kommen mehrere Umschläge zum Einsatz.
Eine Verletzung des Wahlgeheimnisses stellt eine Straftat dar, die entweder eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder eine Geldstrafe nach sich zieht.
Müssen Wahlen geheim sein?
Stimmt die Bevölkerung in den Ländern, Kreisen, Gemeinden oder dem gesamten Gebiet der Bundesrepublik Deutschland über ihre politischen Vertreter ab, müssen die Wahlen den im Grundgesetz (Art. 28 und 38 GG) definierten Wahlrechtsgrundsätzen einer Demokratie entsprechen. Aus diesen geht hervor, dass es sich dabei um allgemeine, unmittelbare, freie, gleiche und geheime Wahlen handeln muss. In diesem Ratgeber befassen wir uns eingehend mit dem Wahlgeheimnis in Deutschland.
Doch wann gilt eine Wahl als geheim? Welche Vorkehrungen müssen laut Wahlrecht für eine geheime Abstimmung getroffen werden? Dürfen Kinder oder Angehörige mit in die Wahlkabine? Sieht der Gesetzgeber bei der Briefwahl besondere Vorschriften vor? Und welche Folgen hat es, wenn Bürger gegen das Wahlgeheimnis verstoßen? Antworten auf diese und weitere Fragen liefert der nachfolgende Ratgeber.
Gesetzliche Grundlagen der geheimen Wahl
Das Wahlgeheimnis ist einer der Grundpfeiler des demokratischen Wahlrechts. Ziel ist es, dass niemand nachprüfen kann, für welche Partei bzw. welchen Kandidaten sich eine Person entschieden hat.
Dies soll unter anderem sicherstellen, dass kein Wähler aufgrund seiner Entscheidung individuelle Konsequenzen zu befürchten hat und jeder sein Kreuz vollkommen frei setzen kann. Zudem wird der Verkauf von Stimmen erschwert.
Somit ebnet das Wahlgeheimnis gleichzeitig den Weg für den Grundsatz der Freiheit der Wahl. Denn bei freien Wahlen geben die Wahlberechtigten ihre Stimmen frei von staatlichen Zwängen, Einschüchterungen von Dritten oder sonstigen Methoden der Wahlmanipulation ab.
Doch wie ist es bei der Briefwahl um das Wahlgeheimnis bestellt? Tatsächlich lassen sich bei der Briefwahl Einschränkungen bei den Wahlrechtsgrundsätzen nicht ausschließen und auch das Risiko für Manipulationen ist höher als beim Gang ins Wahlbüro. Allerdings wird dies in Kauf genommen, um sicherzustellen, dass möglichst viele Menschen die Möglichkeit haben, ihre Stimme überhaupt abzugeben. Schließlich richtet sich die Briefwahl vor allem an Menschen, die aufgrund von Krankheit oder der Abwesenheit vom Wohnort am Wahltag nicht ins Wahllokal kommen können.
Maßnahmen zum Schutz des Wahlgeheimnisses
Wer schon einmal wählen war, weiß, dass bei der Stimmabgabe ein bestimmtes Prozedere einzuhalten ist. So wird der Wahlzettel zum Beispiel nur ausgehändigt, wenn der Wähler seine Identität nachweist. Dadurch soll sichergestellt werden, dass jeder Wahlberechtigte auch tatsächlich nur einmal seine Stimme abgibt.
Der Gesetzgeber schreibt zudem vor, dass Maßnahmen zu ergreifen sind, um die Wahrung des Wahlgeheimnisses zu gewährleisten. Konkret heißt es dazu unter § 33 Abs. 1 Bundeswahlgesetz (BWahlG):
Es sind Vorkehrungen dafür zu treffen, dass der Wähler den Stimmzettel unbeobachtet kennzeichnen und falten kann. Für die Aufnahme der Stimmzettel sind Wahlurnen zu verwenden, die die Wahrung des Wahlgeheimnisses sicherstellen.
Mithilfe welcher Mittel das Wahlgeheimnis dabei konkret gewahrt werden soll, zeigt exemplarisch die nachfolgende Auflistung:
- Wahlkabinen oder andere Sichtschutzvorrichtungen
- Film- und Fotografierverbot in den Wahlkabinen
- einheitliche Wahlzettel und Stifte
- Faltung des Stimmzettels
- Wahlurnen
- separater Stimmzettelumschlag bei Briefwahlen
Wer darf mit in die Wahlkabine?
Um sicherzustellen, dass das Wahlgeheimnis gewahrt bleibt, darf üblicherweise immer nur eine Person in die Wahlkabine. Definiert ist dies zum Beispiel in § 56 Abs. 2 Satz 3 Bundeswahlordnung (BWO). Allerdings gibt es auch Ausnahmen, bei denen weitere Personen zugelassen sind.
Dies ist insbesondere bei der Stimmabgabe von Wählern mit Behinderungen der Fall. Sind diese des Lesens unkundig oder aufgrund einer Behinderung nicht in der Lage, den Stimmzettel auszufüllen, zu falten oder in die Wahlurne einzuwerfen, können diese eine Hilfsperson bestimmen. Hierbei kann es sich um ein Familienmitglied, einen Freund oder auch ein Mitglied des Wahlvorstandes handeln.
Die Hilfestellung darf dabei ausschließlich technischer Natur sein, eine Einflussnahme in die Stimmabgabe ist dementsprechend untersagt. Zudem ist die Hilfsperson zur Geheimhaltung verpflichtet.
Neben notwendigen Hilfspersonen werden immer wieder auch Kinder mit in die Wahlkabine genommen. Grundsätzlich gilt das Wahlgeheimnis aber auch gegenüber dem eigenen Nachwuchs. Aus diesem Grund sollten Kinder, sobald sie erkennen und anderen erzählen können, was Mutter oder Vater gewählt haben, der Wahlkabine fernbleiben. Dies schließt in der Regel bereits Kindergartenkinder ein.
Verstoß gegen das Wahlgeheimnis: Was sind die Konsequenzen?
Beim Wahlgeheimnis handelt es sich um einen Grundstein demokratischer Wahlen. Daher müssen Personen, die das Wahlgeheimnis verletzen, mit Sanktionen rechnen. Wer sich über die im Zuge einer Wahl erfolgte Stimmabgabe einer anderen Person Kenntnis verschafft, begeht eine Straftat. Laut § 107c Strafgesetzbuch (StGB) droht dafür entweder eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren.
Doch wie sieht es aus, wenn die Wähler selbst verraten, wo sie ihr Kreuz gesetzt haben? Diese Frage kam im Zuge der Bundestagswahl 2017 auf, als mehrere Personen Fotos ihrer ausgefüllten Briefwahlunterlagen in den sozialen Netzwerken verbreiteten.
Der Bundeswahlleiter stellte infolge dessen 42 Strafanzeigen wegen des Verdachts der Verletzung des Wahlgeheimnisses. Die Staatsanwaltschaft Wiesbaden prüfte die Angelegenheit und kam laut Aussage des Oberstaatsanwalt Oliver Kuhn gegenüber WELT zu folgendem Schluss:
Das Ermittlungsverfahren wurde am 8. März eingestellt, da keine zureichenden Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass fremde Wahlentscheidungen veröffentlicht wurden. […] Die Absicht der Kenntniserlangung der eigenen Wahlentscheidung ist von der Strafnorm des Paragraf 107c Strafgesetzbuch nicht umfasst.
Doch auch wenn laut Einschätzung der Wiesbadener Staatsanwaltschaft in diesem Fällen kein Verstoß gegen das Wahlgeheimnis besteht, sind Videos oder Fotos in den Wahlkabinen untersagt. Denn üblicherweise sieht die geltende Wahlordnung eine Film- und Fotografierverbot vor. Bei der Bundestagswahl ergibt sich dies zum Beispiel aus § 56 Abs. 2 Satz 2 BWO.
Für Briefwahlen gibt es allerdings entsprechende Regelungen nicht. Dennoch sollten Wähler ihre Stimmabgabe – wenn überhaupt – erst nach dem Wahlschluss mit der Welt teilen. Denn dadurch lässt sich eine Einflussnahme auf andere Wähler verhindern, schließlich soll das Wahlgeheimnis ja freie Wahlen gewährleisten.