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FAQ zur fehlerhaften Widerrufsbelehrung
Ist die Widerrufsbelehrung falsch, kann ein Darlehen mitunter auch noch Jahre nach Vertragsabschluss jederzeit widerrufen werden. Wollen Verbraucher also zum Beispiel einen Kredit umschulden, können sie den Altvertrag so aufkündigen, ohne dass etwa eine Vorfälligkeitsentschädigung fällig wird. Mehr zu den möglichen Rechtsfolgen lesen Sie hier.
Fehler in der Widerrufsbelehrung von einem Kreditvertrag können für Banken hohe Einbußen bei der Auflösung entsprechender Vereinbarung bedeuten. Sie können bei einem wirksamen Widerruf von einem Kredit nämlich regelmäßig keine Vorfälligkeitsentschädigung geltend machen. Mitunter müssen die Banken gar fast die gesamten vom Verbraucher entrichteten Kreditraten zurückerstatten (etwa bei einem Fahrzeugkredit gegen Abgabe des finanzierten Fahrzeugs).
Fehlende Pflichtangaben, unverständliche oder widersprüchliche Widerrufsinformationen: Es gibt zahlreiche Fälle, die eine Widerrufsbelehrung unwirksam werden lassen. Wann zum Beispiel eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung vorliegen kann, erfahren Sie hier.
Durch ein EuGH-Urteil kann der Widerrufsjoker wieder bei Verträgen wirken, die ab dem 11. Juni 2010 geschlossen wurden. Mehr dazu erfahren Sie hier.
Was bedeutet eine falsche Widerrufsbelehrung für Verbraucher?
Einer der wichtigsten Bestandteile sämtlicher Verträge ist die Widerrufsbelehrung. In ihr wird festgehalten, unter welchen Voraussetzungen der Widerruf des geschlossenen Vertrages möglich ist – und vor allem bis wann. Beim Widerruf handelt es sich um eine Vertragsauflösung, bei der keinerlei gegenseitige Ansprüche entstehen. Diese ist zumeist bis zu 14 Tage nach wirksamem Vertragsabschluss möglich.
Doch was, wenn die Widerrufsfrist abgelaufen ist? Wollen Sie einen Kreditvertrag wieder auflösen und z. B. durch einen günstigeren Kredit ablösen, ohne dass Sie noch von Ihrem Widerrufsrecht Gebrauch machen können, so entsteht seitens der kreditgebenden Bank in der Regel ein Anspruch auf eine Vorfälligkeitsentschädigung. Das bedeutet, sie kann für den Verlust von einkalkulierten Zinsen einen Ausgleich von dem Verbraucher verlangen.
Da in den vergangenen Jahren bei Baukrediten, Autokrediten und anderen Darlehensverträgen jedoch die Widerrufsbelehrung häufig fehlerhaft war, können Verbraucher diese Vorfälligkeitsentschädigung mitunter dennoch umgehen. Wie funktioniert das?
Fehlerhafte Widerrufsbelehrung in Kreditverträgen: Rechtsfolgen einzelner Fehler
Fehler in der Widerrufsbelehrung können Banken ggf. teuer zu stehen kommen, denn: Einige können dazu führen, dass die Widerrufsbelehrung im Darlehensvertrag unwirksam ist.
Die Folge: Die Widerrufsfrist beginnt eigentlich gar nicht erst zu laufen, der Kreditnehmer kann den Kreditvertrag mithin auch Jahre später noch widerrufen (sog. „Widerrufsjoker“). Es besteht also gewissermaßen ein „ewiges Widerrufsrecht“.
Damit kann die Bank z. B. keine Vorfälligkeitsentschädigung verlangen. Eine Widerrufsbelehrung, die fehlerhaft ist, kann Verbrauchern also viel Geld sparen. Bei einem Fahrzeugkredit können die Verbraucher unter Umständen sogar das Fahrzeug an die Bank abtreten und fast den vollen geleisteten Kreditbetrag zurückerhalten.
EuGH-Urteil: Widerrufsjoker auch für neuere Darlehensverträge
Am 26. März 2020 urteilte der Europäische Gerichtshof, dass auch bei den meisten ab Juni 2010 geschlossenen Kreditverträgen – ob für Immobilien, Fahrzeuge oder Leasing – die Widerrufsinformationen oftmals aufgrund von Unverständlichkeit für den Verbraucher unwirksam sind. Auf eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung entschieden Urteile bis dato meist nur für ältere Verträge, die zwischen 2002 und 2010 geschlossen wurden.
Dem damaligen Widerrufsjoker wurde jedoch durch eine gesetzliche Änderung ein Riegel vorgeschoben. Nach 2016 gehörte er damit also zunächst der Vergangenheit an.
Durch das neue EuGH-Urteil kann auf Grundlage einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung jedoch nunmehr für mangelhafte Verträge, die zwischen Juni 2010 und März 2016 geschlossen wurden, wieder ein ewiges Widerrufsrecht bestehen. Für spätere Darlehensverträge kann bei Fehlern zumindest ein verlängertes Widerrufsrecht von bis zu einem Jahr und 14 Tagen gelten.
Fehlerhafte Widerrufsbelehrung im Darlehensvertrag: Beispiele für typische Fehler
Eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung bei einem Darlehen kann vorliegen, wenn die zuständige Bank zum Beispiel nicht die erforderlichen Pflichtinformationen aufgeführt hat bzw. die Angaben für den Verbraucher unter objektiven Gesichtspunkten nicht verständlich sind. Zum Beispiel in folgenden Fällen kann eine unwirksame Widerrufsbelehrung vorliegen:
- „zuständige Aufsichtsbehörde“ nicht namentlich benannt
- fehlende Pflichtangaben zu den Kündigungsmöglichkeiten
- fehlender Hinweis auf die Folgen eines Widerrufs
- unvollständige Pflichtangaben
- sich widersprechende oder unterschiedliche Widerrufsbelehrungen (etwa bei Mehrfachbelehrung in einem Vertrag oder zwischen Erstvertrag und Anpassungsverträgen)
- unklare Angaben zum Beginn der Widerrufsfrist
- fehlende Widerrufsbelehrung (eher unwahrscheinlich)
Wollen Sie prüfen lassen, ob die Widerrufsbelehrung beim Darlehen falsch ist und somit der Einsatz des “Widerrufsjokers” möglich erscheint, wenden Sie sich bitte an einen Anwalt für Bank- & Kapitalmarktrecht. Dieser kann Ihren Kreditvertrag genauestens prüfen und beurteilen, ob eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung vorliegt, die Rückabwicklung oder Umschuldung des Kreditvertrages mithin für Sie möglich erscheint.
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