Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) legt fest, dass jedes Kind das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil hat.
Demnach ist jeder Elternteil – Vater und Mutter – zum Umgang verpflichtet und gleichzeitig berechtigt (§ 1684 BGB). Das Umgangsrecht, umgangssprachlich auch Besuchsrecht, besteht bereits für Säuglinge und erstreckt sich bis zur Volljährigkeit des Kindes.
Inhalt
FAQ: Umgangsrecht
Das Umgangsrecht beinhaltet zum Beispiel den persönlichen Kontakt und den Anspruch auf Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes. Hier lesen Sie mehr dazu.
Nach einer Trennung bzw. Schreidung gibt es beim Umgangsrecht meist zwei Modelle: Wechselmodell oder Residenzmodell.
Wird Ihnen das Umgangsrecht verwehrt, können Sie das Jugendamt oder ein Familiengericht einschalten.
Was umfasst das Umgangsrecht?
Maßstab für das Umgangsrecht ist das Kindeswohl. Dies ist im Grundgesetz verankert:
(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. (Artikel 6 Abs. 2 Satz 1 GG).
Damit ist das Umgangsrecht in der Verfassung niedergeschrieben und geschützt. Neben dem Recht und der Pflicht, das Kind zu sehen, muss jeder Elternteil die Entwicklung und das Wohlergehen fördern und die Verbundenheit zwischen Eltern und Kind pflegen. Dazu zählen:
- der persönliche Kontakt, einschließlich des gemeinsamen Urlaubs
- der Kontakt per Telefon, SMS, E-Mail und Briefpost
- das Recht, das Kind zu beschenken
- der Anspruch auf Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes (§ 1686 BGB)
Außerdem ist der Elternteil, bei dem das Kind weilt, zur persönlichen Betreuung berechtigt.
Dieser entscheidet über die Ernährung und Pflege des Kindes und den Tagesablauf.
Dazu zählen auch beim gemeinsamen Sorgerecht Entscheidungen über die Angelegenheiten des täglichen Lebens (wie Arztbesuche).
Wohlverhaltenspflicht der Eltern
§ 1684 Abs. 2 BGB legt fest, dass es Eltern untersagt ist, dass Verhältnis des Kindes zum jeweiligen anderen Elternteil zu beeinträchtigen.
(2) Die Eltern haben alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zum jeweils anderen Elternteil beeinträchtigt oder die Erziehung erschwert. Entsprechendes gilt, wenn sich das Kind in der Obhut einer anderen Person befindet.
Die Eltern sollen die Umgangsbereitschaft des Kindes aktiv fördern. Dazu zählt es auch, das Kind beispielsweise zum Bahnhof zu bringen, damit es zum anderen Elternteil fahren kann. Herablassende Äußerungen über den anderen sind zu unterlassen und ein Boykott des Umgangs ist den Eltern verwehrt. Auch die Unterhaltspflicht darf nicht verletzt werden, um dem anderen zu schaden.
Umgangsrecht nach der Trennung bzw. Scheidung
In den meisten Fällen gehen Trennungen und Scheidungen mit Streitereien der Eltern einher. Diese belasten vor allem das Kind. Umso wichtiger ist es, dass das Kind zu beiden Elternteilen weiterhin Kontakt hat. Insofern sollten Umgangsregelungen geschaffen werden, die den Eltern aber auch dem Kind Sicherheit bieten.
So kann sich die ganze Familie und insbesondere das Kind an einer Struktur festhalten, bietet doch eine Trennung oder Scheidung der Eltern genug Unruhe. Dabei ist es möglich, eine flexible oder starre Umgangsregelung zu vereinbaren.
Hierbei ist allerdings zu beachten, dass flexible Regelungen eine Kommunikation und Einigkeit der Eltern voraussetzen. Andernfalls sollte die starre Regelung vorgezogen werden. Diese kann auch durch eine Vollstreckung durchgesetzt werden.
Das Familienrecht unterscheidet zwischen zwei starren Umgangsregelungen: dem Residenzmodell und dem echten Wechselmodell. Beim Residenzmodell hat das Kind seinen Lebensmittelpunkt bei dem betreuenden Elternteil. Beim echten Wechselmodell ist das Kind zu gleichen Teilen bei beiden Eltern.
Das echte Wechselmodell
In aller Regel wurde bis vor wenigen Jahren das Residenzmodell beim Umgangsrecht gewählt. Die Mütter betreuten dann die Kinder, während das Umgangsrecht für die Väter eingeräumt wurde. In den letzten Jahren wählten immer mehr Eltern das Wechselmodell, damit beide einen ausgedehnten Kontakt zu den Kindern haben. Zu unterscheiden sind hier allerdings das echte und das unechte Wechselmodell. Beim echten Wechselmodell verbringt das Kind gleich viel Zeit mit den Elternteilen. Beim unechten Wechselmodell handelt es sich um eine ausgedehnte Umgangsregelung, bei der die Kinder bei einem Elternteil mehr Zeit verbringen als beim anderen.
Um das echte Wechselmodell zu koordinieren, ist eine Kommunikation und Kooperation der Eltern nötig. Ist dies nicht gegeben, kann das Modell nicht praktiziert werden.
Wechselmodell und Kosten
Beim unechten Wechselmodell zahlt der unterhaltsberechtigte Elternteil Unterhalt an den betreuenden Elternteil. Wählen die Eltern das echte Wechselmodell, sind beide barunterhaltspflichtig. In der Praxis zahlt jeder den Aufenthalt des Kindes, sodass keine Unterhaltszahlungen an den anderen gehen. Kostspieligere Ausgaben werden entsprechend der Einkommensverhältnisse geteilt.
Betreuungsunterhalt kann in diesem Fall entfallen, da das Kind von beiden betreut wird. In diesem Fall kommt auf beide eine Erwerbsobliegenheit zu.
Bei den Wechselmodellen sollte beachtet werden, dass die Kosten höher sind als bei dem Residenzmodell. Braucht das Kind nicht nur in beiden Wohnungen ein Zimmer inklusive Ausstattung, kann es sein, dass auch an jedem Betreuungsort weitere Ausstattungen (Fahrrad, Computer etc.) benötigt werden.
Das Residenzmodell
Beim Residenzmodell („Besuchsrecht vom Vater“) sind einige Dinge zu beachten. Während der betreuende Elternteil den Naturalunterhalt leistet, muss der andere Barunterhalt zahlen. Die Unterhaltszahlungen und weitere Punkte sind sowohl bei einer einvernehmlichen Regelung, wie bei einer gerichtlichen Einigung zu beachten.
Umgangszeiten und Umgangsdauer
Beim Umgang mit dem Kind ist zu beachten, dass eine gemeinsame Vertrauensbasis geschaffen werden soll. Demnach ist bei der Umgangsdauer und der Umgangszeit drauf zu achten, dass Zeit für gemeinsame Unternehmungen bleibt. Außerdem ist bei der Planung das Alter des Kindes zu berücksichtigen.
Folgende Regelungen finden sich hinsichtlich der Länge des Umgangs:
- Umgangsrecht bei einem Kleinstkind: einmal wöchentlich, wenige Stunde vor oder nach dem Mittagsschlaf
- Umgangsrecht bei einem Kleinkind: einmal wöchentlich, bis zu vier Stunden
- Kinder zwischen zwei bis drei Jahren: 14-tägiges Umgangsrecht von Samstagvormittag bis Sonntagabend
- Schulkinder: jedes zweite Wochenende von Freitagnachmittag bis Sonntagabend oder Montagmorgen
Muss das Kind längere Strecken zurücklegen, entfällt der Umgang am Wochenende und wird auf die Ferien verlegt.
Umgangsrecht an Feiertagen
Feiertagsregelungen sind grundsätzlich den wöchentlichen Regelungen vorrangig. In diesem Fall können die Kinder regelmäßig alle zwei Tage zwischen 9 und 18 Uhr zwischen den Umgangsberechtigten wechseln.
Umgangsrecht an Heiligabend und Geburtstagen
Was das Recht auf Umgang an „besonderen Tagen“, wie Weihnachten, Silvester oder Geburtstage angeht, ist darauf zu achten, dass jedes Jahr ein Wechsel stattfindet. Verbringt das Kind beispielsweise Heiligabend bei dem einen Elternteil, sollte es Silvester beim anderen verbringen, im darauf folgenden Jahr jeweilig genau umgekehrt.
Auch den eigenen Geburtstag sollte das Kind abwechselnd bei den Elternteilen verbringen. Auch diese Tage betreffend sollte vereinbart werden, dass diese den wöchentlichen Regelungen vorrangig sind.
Umgangsrecht in den Schulferien
Was das Umgangsrecht in den Ferien angeht, so kann das Kind den ersten Ferienblock bei dem Umgangsberechtigten (häufig der Vater) verbringen. Den zweiten Block sollte das Kind wieder im gewohnten Umfeld, also beim betreuenden Elternteil (häufig die Mutter) verbringen, um sich wieder an den Alltag zu gewöhnen. Maßgebend sind hier die Schulferien, dies gilt auch für nicht schulpflichtige Kinder.
Kindern unter 12 Jahren ist es nicht zuzumuten, dass sie länger als 14 Tage vom betreuenden Elternteil entfernt verbringen.
Haben nicht beide Eltern das Sorgerecht inne, so benötigt der Umgangsberechtigte eine Zustimmung für (Flug-)Reisen in fremde Kulturkreise oder in Länder mit politisch instabilen Verhältnissen.
Umgangsort
Die Treffen zwischen Kind und Umgangsberechtigtem finden grundsätzlich in dessen Wohnung statt. Bei kleinen Kindern ist darüber nachzudenken, zu Beginn den Kontakt in der Wohnung des abwesenden betreuenden Elternteils durchzuführen. Ebenfalls kann dies eine Übergangslösung sein, wenn das Kind krank ist.
Allerdings sind leichte Erkrankungen des Kindes oder Umgangsberechtigten kein Grund, ein Treffen abzusagen. Darüber hinaus darf nur der Umgangsberechtigte entscheiden, wer sich noch in dessen Wohnung aufhält oder wen er mit dem Kind besucht. Der betreuende Elternteil hat sich aus diesen Angelegenheiten herauszuhalten.
Ausgefallener Umgang
Eine Umgangsvereinbarung sollte sich ebenso mit einem Ausfall eines Treffens befassen. Ist dies im Vorfeld geregelt, kann Streit zwischen den Eltern verhindert werden. Darüber hinaus können sich so beide Seiten sicher sein, dass keiner die Regelungen unterläuft.
Fällt an einem Wochenende der Umgang aus, sollte das darauffolgende Wochenende als Ersatztermin dienen. Fällt in den Ferien ein Umgang aus, so können der nächste Aufenthalt entsprechend verlängert oder die Tage in den nächsten Ferien nachgeholt werden.
Eine Absage sollte nur bei einem triftigen Grund erfolgen, um dem Kind Enttäuschungen zu ersparen. Darüber hinaus kann der Umgangsberechtigte bei ständigen Absagen damit rechnen, das Umgangsrecht zu verlieren.
Diese Einschränkungen können vorgenommen werden
Vor allem wenn der betreuende Elternteil auch das alleinige Sorgerecht innehat, kann dieser Beschränkungen aussprechen. Dies gilt vor allem im Bereich der Sicherheit und in Bezug auf dritte Personen.
Umgangsrecht durchsetzen: Jugendamt und Familiengerichte helfen
Um das Umgangsrecht durchzusetzen, kann beim zuständigen Jugendamt und Familiengericht um Hilfe gebeten werden. Das Jugendamt bietet eine kostenfreie Beratung hinsichtlich der Durchsetzung von Umgangsregelungen.
Darüber hinaus kann es behilflich sein, Auskünfte über die persönlichen Verhältnisse des Kindes zu erlangen. Auch wenn bisher kein Kontakt stattfand, kann das Jugendamt helfen, diesen nun aufzunehmen. Es empfiehlt sich in jedem Fall, mit diesem zusammen zu arbeiten, mangele Kooperation wird vor Gericht regelmäßig negativ ausgelegt.
Umgangsrecht verweigern: So gehen Sie dagegen vor
In der Praxis kommt es häufiger vor, dass der betreuende Elternteil das Umgangsrecht für das Kind dem anderen verweigert. Dagegen kann sich allerdings der Umgangsberechtigte zur Wehr setzen.
Vermittlungsverfahren des Familiengerichts
Gemäß § 165 Abs. 1 FamFG kann auf Antrag ein Familiengericht vermitteln. Das Gericht beraumt dann einen Vermittlungstermin an, an dem die Eltern und das Jugendamt teilnehmen. Es wird dann versucht, eine einvernehmliche Entscheidung herbeizuführen.
Erscheint ein Elternteil nicht oder ist keine Einigung in Sicht, so verkündet das Gericht einen nicht anfechtbaren Beschluss.
Anordnung einer Umgangspflegschaft
Das Familiengericht hat die Möglichkeit, eine Pflegschaft für die Durchführung des Umgangs anzuordnen. Dies geschieht, wenn ein Elternteil seine Wohlverhaltenspflicht dauerhaft oder wiederholt in schwerem Maße verletzt. Nach § 1684 Abs. 3 BGB hat der Umgangspfleger das Recht, das Kind abzuholen und zum anderen Elternteil zu bringen, damit der Umgang durchgeführt werden kann. Darüber hinaus vermittelt der Umgangspfleger zwischen den Eltern und regelt die Umgangsmodalitäten mit ihnen. Wird ein solcher Pfleger bestellt, wird das Sorgerecht der Eltern bzw. des Elternteils eingeschränkt (§ 1630 Abs. 1 BGB).
Verhängung von Ordnungsmitteln und sonstigen Sanktionen
Verstößt ein Teil gegen gerichtlich angeordnete Regelungen, kann ein Ordnungsmittel (Ordnungsgeld und –haft) verhängt werden (§§ 89 ff. FamFG).
Boykottiert ein Elternteil das Umgangsrecht, kann dies zu Einschränkungen führen. So kann beispielsweise der Ehegattenunterhalt bzw. Betreuungsunterhalt gekürzt werden. Im schlimmsten Fall droht ein Entzug des Sorgerechts.
Umgangsrecht für die Großeltern: Die Voraussetzungen
Grundsätzlich ist es denkbar, dass auch die Großeltern und Geschwister umgangsberechtigt sind. Dies kann umgesetzt werden, wenn bisher ein regelmäßiger Kontakt bestand. Darüber hinaus kann auch ein Umgangsrecht für Bezugspersonen bestehen, die mit dem Kind in einer häuslichen Gemeinschaft lebten oder leben (§ 1685 BGB). Außerdem gelten auch leibliche, aber nicht rechtliche Väter als Bezugsperson sowie Tanten und Onkel, wenn eine Beziehung zum Kind besteht.
Grundsätzlich ist allerdings das Umgangsrecht der Eltern gegenüber dem der anderen vorrangig. Darüber hinaus macht eine Umgangsregelung für andere Bezugspersonen nur Sinn, wenn ein Elternteil seines nicht ausschöpft. Denkbar ist das beispielsweise für Großeltern väterlicherseits, weil der Vater vom Umgang ausgeschlossen ist.
Es widerspricht dem Kindeswohl, wenn genannte Bezugspersonen sich in die Beziehung zu den Eltern oder einem Elternteil einmischen. Der Umgang kann dann ausgeschlossen werden.
Es gelten also für diese Bezugspersonen die gleichen Grundregeln wie für Eltern: Das Kindeswohl steht im Mittelpunkt.
Umgangsrecht einklagen
Helfen Gespräche beim Jugendamt nicht, kann das Familiengericht angerufen werden. Dann kann dieses den Umgang gemäß Familienrecht regeln. Möglich ist es auch, dass Auflagen zur Einschränkung verhandelt werden oder das Umgangsrecht ganz auszuschließen.