Jahrzehntelang haben sich homosexuelle Paare für die Ehe für alle eingesetzt. Immer wieder gab es in der Vergangenheit Demonstrationen, bei denen gleichgeschlechtliche Paare für ihre Gleichberechtigung auf die Straße gegangen sind. Ihren großen Tag hatten die Aktivisten am 01.10.2017: Seit diesem Datum ist die Ehe für alle in Deutschland zulässig.
Das heißt, auch Paare gleichen Geschlechts dürfen jetzt in Deutschland standesamtlich heiraten. Einige ließen sich direkt am Stichtag der Erlassung des neuen „Eheöffnungsgesetzes“ trauen. Der Lesben- und Schwulenverband bezeichnete es als einschneidendes Ereignis, dass die Ehe für alle durchgesetzt werden konnte.
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FAQ: Ehe für alle
Die Ehe für alle gilt in Deutschland seit dem 01.10.2017. Ehe für alle bedeutet, dass auch homosexuelle Paare eine Eheschließung beantragen können.
Bis einschließlich September 2017 war die gleichgeschlechtliche Ehe in Deutschland rechtswidrig. Gleichgeschlechtliche Paaren konnten bis dahin nur eine Lebenspartnerschaft eintragen lassen.
In einer Ehe unter gleichgeschlechtlichen Partnern ist die Adoption eines Kindes erlaubt.
Welche Veränderungen ergeben sich durch die Ehe für alle?
Aber wie genau ist die Ehe für alle im Gesetz verankert? Folgender Auszug aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) schafft Klarheit:
Seit Oktober 2017 lautet der § 1353 des BGB: „Die Ehe wird von zwei Personen verschiedenen oder gleichen Geschlechts auf Lebenszeit geschlossen.“ Zum Vergleich die Formulierung, die bis einschließlich September 2017 gültig war: „Die Ehe wird auf Lebenszeit geschlossen.“
Mit anderen Worten bedeutet die Ehe für alle im Gesetzestext, dass sich in Deutschland nicht länger nur heterosexuelle, sondern jetzt auch homosexuelle Partner das Ja-Wort geben dürfen. Und das durch nur sieben Worte, die innerhalb des Paragraphen zusätzlich eingefügt wurden.
Aber welche Regelung war bis September 2017 überhaupt gültig? Seit 2001 konnten homosexuelle Personen in Deutschland eine eingetragene Lebenspartnerschaft für sich und ihren Partner beantragen.
Das Gesetz über die eingetragene Lebenspartnerschaft ermöglichte, von August 2001 bis einschließlich September 2017, zwei Menschen gleichen Geschlechts die Begründung einer Lebenspartnerschaft bzw. Verpartnerung.
Bereits eingetragene Lebenspartnerschaften, bei denen keine Umwandlung gewünscht wird, bleiben bestehen und sind auch weiterhin gültig. Neue Lebenspartnerschaften können seit Oktober 2017 allerdings nicht mehr eingetragen werden. Laut einer Umfrage unter Standesämtern gab es im Oktober 2017 mehr Anmeldungen für Umwandlungen bestehender eingetragener Lebenspartnerschaften als für neue Eheschließungen.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass es durch die gleichgeschlechtliche Ehe in Deutschland jetzt auch Partnern gleichen Geschlechts erlaubt ist, sich zu verloben, zu heiraten oder gegebenenfalls beim Scheitern der Ehe die Scheidung zu beantragen. Außerdem sind homosexuelle Paare nicht mehr auf jedem amtlichen Formular sofort als solche erkennbar, was vorher durch die Bezeichnung „Lebenspartnerschaft“ der Fall war.
Dass homosexuelle Paare beim Erbrecht, der Unterhaltspflicht und dem Ehegattensplitting gleiche Rechte und Pflichten haben, wurde schrittweise durchgesetzt – in den meisten Fällen vor allem auf Druck des Bundesverfassungsgerichts.
Trotzdem besteht auf dem Papier bzw. in den Systemen noch keine hundertprozentige Gleichberechtigung gegenüber heterosexuellen Paaren. Grund dafür ist, dass die Formulierungen im Eheregister noch nicht entsprechend angepasst wurden. Hier muss sich nämlich nach wie vor einer von beiden Partnern als „Ehefrau“ und der andere als „Ehemann“ eintragen lassen.
Mit anderen Worten können Schwule und Lesben ihre Ehe bisher quasi nur durch eine „falsche“ Eintragung registrieren lassen. Die Behörden arbeiten jedoch an der Umstellung der Systeme. Laut Innenministerium soll die Anpassung der Eintragungsmöglichkeiten spätestens bis November 2018 erfolgen.
Hat die Ehe für alle Auswirkungen auf das Adoptionsrecht?
Durch die Erlassung des Eheöffnungsgesetzes haben auch gleichgeschlechtliche Paare jetzt das Recht auf die Adoption eines Kindes. Das heißt, durch die Ehe für alle kommt die Adoption jetzt auch für homosexuelle Beziehungen in Frage. Vorausgesetzt diese erfüllen die generellen Anforderungen, die hierfür bestehen.
Eine Änderung des Adoptionsrechts ist in diesem Fall nicht nötig, denn dort sind die Regelungen allgemein auf Ehepaare zugeschrieben. Hinsichtlich der Adoption ist es ferner für beide Partner nicht mehr notwendig, dass das Kind, welches adoptiert werden soll, von einem der Partner abstammt.
Wenn zum Beispiel eine Frau aus einer früheren Partnerschaft ein Kind mitbringt und jetzt mit einer Partnerin zusammenlebt, darf diese das Kind adoptieren. Gewisse Voraussetzungen müssen allerdings erfüllt sein, etwa die Zustimmung des leiblichen Vaters. Entsprechendes gilt auch für das andere Geschlecht, das heißt, wenn es sich um ein Paar bestehend aus Mann und Mann handelt.
Gibt es hinsichtlich der Ehe für alle auch Contra-Argumente?
Innerhalb der Bevölkerung gibt es deutschlandweit nicht nur Befürworter, sondern auch Gegner der Ehe für alle. Aus Sicht der Kritiker ist es nicht ausreichend, das BGB entsprechend des Eheöffnungsgesetzes anzupassen. Stattdessen argumentieren die Gegner der gleichgeschlechtlichen Ehe, dass auch das Grundgesetz einer Änderung unterzogen werden müsste. In diesem Zusammenhang berufen sich die Kritiker speziell auf Artikel 6 des Grundgesetzes, in dem es im ersten Absatz heißt:
Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.
Laut der gegnerischen Argumentation ist mit Ehe im Grundgesetz ausschließlich die Ehe zwischen Mann und Frau gemeint. Die Kritiker behaupten, dass die Gründer bei der Ausarbeitung des Grundgesetzes 1949 nur an die Ehe zwischen Mann und Frau, nicht aber zwischen Mann und Mann oder Frau und Frau gedacht hätten.
Außerdem wird darauf hingewiesen, dass auch die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes hinsichtlich der Eheschließung auf der Annahme der Ehe zwischen Mann und Frau basieren würden.
Schon als 2001 die Möglichkeit der eingetragenen Lebenspartnerschaft für gleichgeschlechtliche Partner eingeführt wurde, gab es zahlreiche Gegner. Sowohl vom Bundesland Bayern als auch von den Bundesländern Sachsen und Thüringen gingen damals Klagen beim Bundesverfassungsgericht ein, da Politiker innerhalb dieser Bundesländer den Schutz der Ehe bedroht sahen.
In den vorgebrachten Klagen wurde argumentiert, dass die eingetragene Lebenspartnerschaft ein Verstoß gegen den Schutz der Ehe darstelle. Mit anderen Worten sahen Kritiker eine Unvereinbarkeit von eingetragener Lebenspartnerschaft und Artikel 6 des Grundegesetzes.
Die Mehrheit der Verfassungsrichter entschied damals allerdings gegen die eingereichten Klagen. Laut Richtermehrheit konnte kein Vorliegen eines Verstoßes festgestellt werden. Im Gegenteil wurde von den Richtern argumentiert, dass die eingetragene Lebenspartnerschaft der herkömmlichen Ehe zwischen Mann und Frau nichts wegnehme.
Laut Bundesverfassungsgericht müsse die Ehe zwischen Mann und Frau zwar gefördert werden, und man könne diese auch nicht abschaffen. Aber trotzdem sei die Ehe als Institution nicht von den Veränderungen innerhalb der Gesellschaft auszuschließen. Das heißt, laut den Verfassungsrichtern könne der Gesetzgeber die Regelungen zur Eheschließung durchaus den gewandelten Bedürfnissen der Bevölkerung anpassen.
Kann gegen die Ehe für alle vor Gericht geklagt werden?
Klagen von Einzelpersonen werden vor dem Bundesverfassungsgericht in diesem Zusammenhang generell abgelehnt. Denn durch die Ehe für alle ensteht für niemanden ein persönlicher Nachteil bzw. Schaden.
Außerdem werden heterosexuelle Ehepaare gegenüber homosexuellen Eheleuten nicht schlechter gestellt bzw. benachteiligt.
Ferner wurde auch die Theorie eines vermeintlichen Abstandsgebotes – nach welchem die Ehe heterosexueller Paare besser sein müsste als die Lebenspartnerschaft gleichgeschlechtlicher Paare – vom Bundesverfassungsgericht verneint.
Damit das Gesetz direkt überprüft wird, müssten entweder die Bundesregierung, ein Viertel der Bundestagsabgeordneten oder eine Landesregierung das beantragen.