Nicht wenige Kinder träumen davon, in ihrem späteren Leben als Richter über die Schuld und Unschuld von Angeklagten zu urteilen. Doch nicht selten bleibt der kindliche Berufswunsch irgendwann auf der Strecke. Für interessierte Bürger besteht allerdings auch ohne juristische Fachkenntnis die Möglichkeit, sich aktiv an der Urteilsfindung zu beteiligen – das Ehrenamt als Schöffe.
Doch was sind Schöffen? Welche Aufgaben übernehmen sie? Wie läuft die Bewerbung als Schöffe ab? Und erhält ein Schöffe ein Gehalt oder eine andere Form von Aufwandsentschädigung? Antworten auf diese und weitere Fragen liefert der nachfolgende Ratgeber.
Inhalt
FAQ: Schöffe
Der Schöffe ist ein ehrenamtlicher Richter, welcher gemeinsam mit den Berufsrichtern die Rechtsprechung vornimmt.
Hier können Sie nachlesen, welche konkreten Aufgaben ein Schöffe in Deutschland übernimmt.
Welche Voraussetzungen nötig sind, um Schöffe zu werden, können Sie hier nachlesen.
Was ist ein Schöffe?
Beim Schöffenamt handelt es sich in Deutschland gemäß § 31 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) um ein Ehrenamt. Ein „Schöffe“ ist demnach ein ehrenamtlicher Richter, welcher an bestimmten Gerichten gemeinsam mit den Berufsrichtern die Rechtsprechung vornimmt.
Die Grundlage für die Tätigkeit als Schöffe bildet die deutsche Verfassung. So heißt es in Art. 20 Abs. 2 Grundgesetz (GG):
Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
Demnach wird durch das Schöffenamt der Grundsatz der Teilhabe der Bevölkerung an der Rechtsprechung verwirklicht. Bei diesem handelt es sich um eines der obersten Prinzipien der modernen Demokratie. Zudem erfüllt das Amt auch eine wichtige gesellschaftliche Funktion. Denn ein Schöffe soll seine eigene Lebens- und Berufserfahrung einbringen und dadurch eine volksnahe sowie gerechte Urteilsfindung ermöglichen.
Was macht ein Schöffe?
Die Tätigkeit als Schöffe geht mit verschiedenen Rechten und Pflichten einher. So sind die ehrenamtlichen Richter ebenso wie die Berufsrichter an die bestehenden Gesetze gebunden. Darüber hinaus müssen sie aber keinen Weisungen unterordnen und können ihre Meinung unabhängig vertreten.
In den meisten Belangen ist ein Schöffe einem Berufsrichter gleichgestellt. Dies gilt insbesondere beim Stimmrecht in der Hauptverhandlung. Was dies genau bedeutet, zeigt unser nachfolgendes Beispiel:
Als oberste Pflicht aller Richter gilt die Unparteilichkeit. Daher darf sich auch ein Schöffe nicht durch mögliche Zuneigungen oder Abneigungen bei der Urteilsfindung beeinflussen lassen. Um eine mögliche Befangenheit zu vermeiden, ist daher unter anderem ein privater Umgang mit Verfahrensbeteiligten vor und während der Verhandlung zu unterbinden.
Zudem unterliegt ein Schöffe der Schweigepflicht. Diese erstreckt sich insbesondere auf den Ablauf der Beratung und der Abstimmung. Die Schweigepflicht bleibt auch nach der Beendigung der Amtszeit weiterhin bestehen.
Ehrenamtliche Richter sind zur Teilnahme an der Hauptverhandlung verpflichtet. Damit auch Berufstätige dieser Verpflichtung nachkommen, kann der Schöffe die Freistellung beim Arbeitgeber beantragen. Bleiben Schöffen ohne triftigen Grund der Sitzung fern, kann ein Ordnungsgeld von bis zu 1.000 Euro drohen.
Welche Voraussetzungen muss ein Schöffe erfüllen?
Wer als Schöffe über die Schuld oder Unschuld eines Angeklagten entscheiden möchte, muss für das Amt entsprechend qualifiziert sein. So schreibt der Gesetzgeber in § 31 GVG vor, dass nur deutsche Staatsbürger den Schöffendienst antreten können. Darüber hinaus ist die ausreichende Kenntnis der deutschen Sprache unerlässlich.
Da der Schöffe seine persönliche Erfahrung in die Urteilsfindung einbringen soll, existiert für die ehrenamtlichen Richter ein Mindestalter. Gemäß § 33 GVG müssen Interessierte bei Beginn der Amtsperiode das fünfundzwanzigste Lebensjahr vollendet haben. Zudem werden Personen nicht in das Amt als Schöffe berufen, die bereits ihr siebzigstes Lebensjahr vollendet haben oder aus gesundheitlichen Gründen nicht zur Ausübung des Amtes in der Lage sind.
Darüber hinaus gelten Personen als ungeeignet, die in einen Vermögensverfall geraten sind. Dabei handelt es sich um eine Situation, in der die jeweilige Person in ungeordnete, belastende finanzielle Umstände geraten ist, die sich in absehbarer Zeit nicht ordnen lassen. So kann zum Beispiel die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens dazu führen, dass derjenige außerstande ist, den Verpflichtungen als Schöffe nachzukommen
Als unfähig für die Tätigkeit als Schöffenrichter gelten gemäß § 32 GVG außerdem Personen, die aufgrund einer Verurteilung nicht mehr die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter besitzen oder wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten verurteilt wurden.
Wie werde ich Schöffe bei Gericht?
Eine Berufung in das Amt als Schöffe erfolgt durch die sogenannte Schöffenwahl und gilt grundsätzlich für einen Zeitraum von fünf Jahren. Für die Schöffenwahl erstellen die einzelnen Gemeinden bzw. Städte Vorschlagslisten. Auf diesen finden sich Personen, welche die gesetzlichen und charakterlichen Anforderungen erfüllen und somit als Schöffe geeignet wären.
Grundsätzlich können diese über drei Wege auf die Vorschlagsliste gelangen. Zum einen können interessierte Personen sich melden und für das Amt als Schöffe eine entsprechende Bewerbung einreichen.
Darüber hinaus können auch Parteigruppen, welche in der Stadt- bzw. Gemeindevertretung vertreten sind, Arbeitnehmer- und Arbeitgeberverbänden, Bürgervereinen sowie Organisationen der kirchlichen und sozialen Arbeit Bürger als Schöffen vorschlagen.
Reichen die Bewerbungen und die Vorschläge von Organisationen bzw. Vereinen nicht aus, entscheidet in der Regel das Losverfahren. Die Kandidaten werden in diesem Fall aus dem Melderegister ausgewählt.
Wie funktioniert die Schöffenwahl?
Alle fünf Jahre finden überall in Deutschland Schöffenwahlen statt. Dabei handelt es sich um einen Auswahlprozess, der dazu dient, geeignete Bürger für das Amt als Schöffe auszuwählen. Das Wahlverfahren erfolgt dabei in zwei Stufen.
Zuerst wählen die jeweiligen Gemeinden, Städte oder Stadtbezirke Bürger, welche die Voraussetzungen für das Amt erfüllen, auf die Vorschlagsliste. Diese werden dann eine Woche lang öffentlich ausgelegt, sodass jeder diese Einsehen und ggf. begründeten Einspruch gegen eine vorgeschlagene Person vorbringen kann.
Anschließend geht die Vorschlagsliste an das zuständige Amtsgericht und wird vom Schöffenwahlausschuss geprüft. Der Ausschuss besteht in der Regel aus einem Richter des Amtsgerichts, einem Beamten, welchen die Landesregierung bestimmt hat, und sieben Beisitzern, welche von der Gemeindevertretung als Vertrauenspersonen ausgewählt wurden. Gemeinsam untersuchen diese Personen mögliche Einsprüche und wählen dann die erforderliche Anzahl an Schöffen.
Erhält ein Schöffe eine Entschädigung?
Die Tätigkeit als ehrenamtlicher Richter ist mit einem hohen Maß an Verantwortung verbunden, dennoch sieht das Amt als Schöffe grundsätzlich keine Vergütung vor. Da der Gesetzgeber allerdings vermeiden möchte, dass durch das Amt ein erheblicher wirtschaftlicher Nachteil entsteht, erhält der Schöffe eine Entschädigung.
Die gesetzliche Grundlage dafür bildet das Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG). Demnach besteht während Ihrer Tätigkeit als Schöffe als Aufwandsentschädigung unter anderem ein Anspruch auf:
- Entschädigung für Zeitversäumnis (§ 16 JVEG)
Alle ehrenamtlichen Richter erhalten pauschal 7 Euro pro Stunde für ihre Tätigkeit. - Entschädigung für Verdienstausfall (§ 18 JVEG)
Verringert die Heranziehung als Schöffe den Verdienst, werden entsprechende Ausfälle ersetzt. Die Höhe der Schöffenentschädigung ergibt sich aus dem regelmäßigen Bruttoverdienst, allerdings ist die Erstattung im Normalfall auf maximal 29 Euro pro Stunde begrenzt. - Fahrtkostenersatz (§ 5 JVEG)
Eine Erstattung ist ebenso für Kosten der Fahrt vom Wohnort bzw. Arbeitsplatz zum Gericht möglich. Diese Option besteht sowohl bei der Nutzung von öffentlichen als auch von privaten Verkehrsmitteln. Bei der Anreise mit dem Pkw werden 0,42 Euro pro Kilometer und ggf. anfallende Parkgebühren erstattet. - Entschädigung für Nachteile bei der Haushaltsführung (§ 17 JVEG)
Ehrenamtliche Richter, die nicht erwerbstätig sind und einen eigenen Haushalt für mehrere Personen führen, haben einen Anspruch auf Entschädigung von 17 € pro Stunde. Damit ein Schöffe diese Form der Vergütung erhalten kann, darf er zudem kein Erwerbsersatzeinkommen (zum Beispiel Rente, Arbeitslosengeld oder Krankengeld) beziehen. - Ersatz für sonstige Aufwendungen (§ 7 JVEG)
Gemäß JVEG sind auch die Kosten für eine notwendige Vertretung der Schöffen zu übernehmen. Dabei kann es sich zum Beispiel um Betreuungsangebote der Kinder oder pflegebedürftige Angehörige handeln. Darüber hinaus gehören zu den sonstigen Aufwendungen unter anderem auch die Anfertigung von Kopien und Ausdrucken, welche für die Tätigkeit als Gerichtsschöffe notwendig sind.
Als Schöffe steht Ihnen grundsätzlich für die gesamte Dauer der Heranziehung – also für die Anwesenheit bei der Sitzung ebenso wie den notwendigen Reise- und Wartezeiten – ein Ausgleich zu. Dies umfasst ebenso die notwendigen und angeordneten Aufgaben, welche zusätzlich zur eigentlichen Verhandlung existieren (zum Beispiel die Akteneinsicht).
Frage:
bekanntlich sind ja aktive Polizeibeamte auf Grund ihres Berufes von der Einsetzung als ehrenamtliche Schöffen ausgeschlossen. Wie aber sieht es bei pensionierten , also ehemaligen, nicht mehr aktiven Polizeibeamten aus ?
Können die als Schöffen ehrenamtlich tätig sein ( zumal ja überall Schöffen händeringend gesucht werden ! ) ?
Als Schöffen haben ich und mein Schöffenkollege zwei mal gegen den Vorsitzenden gestimmt. Ergebnis war, dass wir nicht zu allen Verhandlungen geladen waren, die uns vor Beginn des neuen Jahres zugeteilt worden sind.
heiß das der Richter auswählen kann welche SchöffInnen geladen werden?
schränkt dieses Amt die eigene Urlaubsplanung irgendwie ein?
Nein, wenn die Urlaubsplanung für einen bestimmten Zeitpunkt bekannt gegeben wird, erhält der Schöffe für diese Zeit keine Einladung zu einem Verhandlungstermin.
Ein Schöffe zu werden war mir einige Überlegung wert. Bis ich las die bekämen keinen Einblick in Prozessakten. Um unvoreingenommener urteilen zu können, haha! Aber wie soll ich denn dabei zu einem gerechten Urteil finden?
Du sollst deine Entscheidung allein auf das in der Hauptverhandlung Gesagte stützen. Es reicht nicht aus, dass etwas irgendwo in den Akten steht. Es muss auch in die Hauptverhandlung „eingeführt“ werden. Zum Beispiel muss ein Zeuge seine Aussage auch vor dem Gericht in der Hauptverhandlung machen und nicht nur bei der Polizei. In der Praxis läuft es allerdings durchaus so, dass der Richter den Schöffen vor der Verhandlung einen Überblick gibt, worum es in der Verhandlung gehen wird und dabei die Schöffen auch mal einen kurzen Blick in die Akte werfen dürfen. Ich bin selbst seit mehreren Jahren Schöffe und kann das deshalb beurteilen. Ich finde es durchaus sinnvoll, dass die Schöffen weitestgehend unvoreingenommen in die Verhandlung gehen. Es reicht aus, wenn der Berufsrichter den Inhalt der Akten kennt und er sich somit in gewisser Weise schon eine Meinung gebildet hat.
Der Schöffe hat grundsätzlich viele Befugnisse und erhält z.B. Einblick in die Ermittlungsakten. Allerdings berechtigt diese Amt nicht zu eigenmächtigen Ermittlungen wie Zeugenvernehmungen oder Tatortbesichtigungen.
Quelle: ANWALT.ORG Ihr Ratgeberportal über Recht & Gesetz
Ich denke ja! Das ist die Demokratisierung der justiz. Darübehinaus verfallen Juristen oft such in eine einseitige Perspektive und profitieren von den Erfahrungen der Schöffen. Die meisten sehen das auch selbst so, ich bin jetzt 4 Jahre schöffe und hab mit einigen schon drüber gesprochen.. läuft alles sehr vernünftig ab.. :)
Richtig, aber:
Was ist eine „volksnahe“ Urteilsfindung?
Muß das „Vertrauen des Volkes in die Justiz“ wirklich gestärkt werden?