„Heute, am 23. Mai 1949, beginnt ein neuer Abschnitt in der wechselvollen Geschichte unseres Volkes: Heute wird nach der Unterzeichnung und Verkündung des Grundgesetzes die Bundesrepublik Deutschland in die Geschichte eintreten. […] Wer die Jahre seit 1933 bewusst erlebt hat, […] der denkt bewegten Herzens daran, dass heute […] das neue Deutschland entsteht.“
Dies waren die Worte Konrad Adenauers zur Unterzeichnung des Grundgesetzes im Parlamentarischen Rat. Einen Tag später, am 24. Mai 1949, trat das Grundgesetz in Kraft – ein historischer Moment in der deutschen Verfassungsgeschichte. Dieses 146 Artikel umfassende Gesetz ist das Kernstück vom deutschen Staats- und Verfassungsrecht.
Inhalt
FAQ: Verfassungsrecht
Das Verfassungsrecht gehört zum öffentlichen Recht. Es regelt das Verhältnis des Staates als Hoheitsträger zu seinen Bürgern. Die wichtigste Rechtsgrundlage bildet das Grundgesetz – die deutsche Verfassung.
Die Verfassung gesteht den Bürgern und zum Teil auch allen Menschen bestimmte Grundrechte zu. In diese Rechte darf der Staat nur unter sehr strengen Bedingungen eingreifen und auch das nur bis zu einer bestimmten Grenze. Hier lesen Sie mehr zu den Grundrechten und ihrer Bedeutung.
Jeder kann Verfassungsbeschwerde erheben, wenn er der Auffassung ist, durch staatliche Institutionen in seinen Grundrechten verletzt zu sein. Genaueres finden Sie in diesem Abschnitt.
Was regelt das Staats- und Verfassungsrecht?
Ursprünglich war das Grundgesetz (GG) als Provisorium angelegt, obwohl es bereits die wesentlichen Voraussetzungen einer vollständigen Verfassung enthielt. Auch heute besteht noch gemäß Art. 146 GG die Möglichkeit, dass die Deutschen eine neue endgültige Verfassung beschließen und das Grundgesetz damit seine Gültigkeit verliert. Inzwischen nähert es sich seinem 70. Jubiläum.
Auch heute noch steht das Grundgesetz als elementare Grundordnung ganz oben an der Spitze der Gesetzeshierarchie und regelt die Staatsstruktur und –organisation Deutschlands sowie die Grundrechte. Staatsrecht und Verfassungsrecht sind öffentliches Recht.
Struktur und zentrale Inhalte
Das im Grundgesetz geregelte Verfassungsrecht setzt sich aus folgenden Regelungen und Prinzipien zusammen:
- Grundrechte, welche das Verhältnis zwischen Staatsgewalt und einzelnem Staatsbürger beschreiben
- Föderalistische Staatsstruktur, sprich das Verhältnis zwischen Bund und Bundesländern
- Funktionen und Aufgaben der obersten Staatsorgane Bundestag, Bundesrat, Bundespräsident und Bundesregierung
- Staatsfunktionen bei der Ausführung von Bundesgesetzen, die Bundesverwaltung, die Rechtsprechung sowie das Finanzwesen
- Übergangs- und Schlussbestimmungen
Später (1968 und 1969) wurden insbesondere folgende Abschnitte neu ins Grundgesetz aufgenommen:
- Schaffung eines Gemeinsamen Ausschusses für den Verteidigungsfall
- Gemeinschaftsaufgaben von Bund und Ländern
- Verteidigungsfall
Die Mütter und Väter des Grundgesetzes haben diese Regelung mit Bedacht aufgenommen, um zu vermeiden, dass z. B. verfassungsrechtliche Freiheitsrechte wie im Nationalsozialismus außer Kraft gesetzt werden können.
Kernbestandteil im Verfassungsrecht: Grundrechte
Die Unantastbarkeit der menschlichen Würde ist die erste Regelung im Grundgesetz. Die Grundrechte der Art. 1-19 GG stehen nicht ohne Grund an der Spitze der Verfassung.
Ihr hoher Stellenwert beruht auf den Erfahrungen der Weimarer Republik und des Nationalsozialismus.
Heute binden die Grundrechte als wesentlicher Kern im Verfassungsrecht alle Staatsgewalten. Es ist die Aufgabe des Staates, diese grundlegenden Rechte zu schützen und zu wahren.
Die Grundrechte lassen sich auf verschiedene Art einteilen, z. B. nach dem Träger des jeweiligen Grundrechts. Bestimmte Rechte wie das Versammlungs-, das Vereinigungsrecht und das Recht auf freie Berufswahl stehen nur deutschen Staatsbürgern zu. Die Grundgesetzartikel zu diesen Bürgerrechten beginnen häufig mit den Worten „Alle Deutschen haben das Recht…“.
Daneben kennt das Verfassungsrecht noch eine weitere Einteilung der Grundrechte, die sich danach richtet, welche Pflichten dem Staat hierdurch auferlegt werden:
Abwehrrechte des Bürgers gegen den Staat – die klassischen Freiheitsrechte – schützen den Einzelnen vor Übergriffen der öffentlichen bzw. staatlichen Gewalt. Sie bilden den Kern der freiheitlich-demokratischen Grundordnung und setzen dem staatlichen Handeln eine Grenze. Zu diesen Abwehrrechten gehören beispielsweise das Recht auf Leben, körperliche Unversehrtheit und Freiheit aus Art. 2 Abs. 2 GG sowie der Schutz der Wohnung in Art. 13 GG.
Leistungs-, Teilhabe- und Schutzrechte verpflichten den Staat zum Handeln. So stehen z. B. Mütter nach Art. 6 Abs. 4 GG unter grundrechtlichem Schutz. Flüchtlingen steht nach Art. 16a GG ein Asylrecht zu.
Teilnahme- und Gestaltungsrechte gewähren Bürgern z. B. das aktive und passive Wahlrecht nach Art. 38 GG sowie Chancengleichheit beim Zugang zu öffentlichen Ämtern gemäß Art. 33 GG.
Verfassungsbeschwerde zur Durchsetzung der Grundrechte
Rechte machen nur dann Sinn, wenn der Einzelne sie verteidigen oder durchzusetzen kann. Eine solche Möglichkeit im Verfassungsrecht ist die Verfassungsbeschwerde, die jedermann mit der Behauptung erheben kann, durch staatliche Gewalt in einem Grundrecht verletzt zu sein.
Stellt das Bundesverfassungsgericht im Rahmen einer solchen Klage fest, dass ein Akt der öffentlichen Gewalt verfassungswidrig ist, so kann es …
- ein Gesetz für nichtig erklären
- die verfassungswidrige Entscheidung aufheben
- eine Sache an das zuständige Gericht zurückverweisen
Wer sich wegen einer Grundrechtsverletzung durch einen staatlichen Akt wehren möchte, kann sich von einem Anwalt für Verfassungsrecht beraten lassen.
Elementare Staatsstrukturprinzipien im deutschen Verfassungsrecht
Auch die Staatsstrukturprinzipien sind wichtige verfassungsrechtliche Grundlagen in Deutschland. Sie bilden das Fundament des Staatsgebildes und regeln bzw. beschränken das Machtgefüge und Zusammenspiel der einzelnen Staatsorgane sowie den Einfluss des Volkes auf staatliche Handlungen.
Folgende Grundentscheidungen sind im deutschen Verfassungsrecht, genauer in Art. 20 GG, verankert:
- Demokratie
- Republik
- Bundesstaat (Föderalismus)
- Rechtsstaat
- Sozialstaat
Laut Art. 20 Abs. 2 GG geht alle Staatsgewalt vom Volke aus. Das Volk ist also der Souverän des Staates. Diese Souveränität wird z. B. über Wahlen verwirklicht.
Die Bürger wählen ihre Vertreter in das Parlament, dessen Aufgabe es dann ist, deren Interessen wahrzunehmen. Das ist eine Grundlage der repräsentativen Demokratie.
Weil die deutschen Länder in der Vergangenheit lange Zeit unabhängig und nur lose miteinander verbunden waren, haben sich die Verfasser des Grundgesetzes dafür entschieden, den Grundsatz einer bundesstaatlichen Republik im Verfassungsrecht zu verankern. Sie haben innerhalb des föderalen Systems eigene Befugnisse und Kompetenzen, die im Grundgesetz genau geregelt sind. Jedes Bundesland hat übrigens seine eigene Landesverfassung. Auch die Aufgabenverteilung zwischen Bund und Ländern ist dort festgelegt. Darüber hinaus sind die Bundesländer auch an der Gesetzgebung beteiligt: Viele Gesetze, die der Bundestag verabschiedet, bedürfen zuvor der Zustimmung des Bundesrates, also der Ländervertretung.
Die Rechtsstaatlichkeit als wichtiges Prinzip im Verfassungsrecht besagt Folgendes:
- Die Gesetzgebung ist an die Verfassung gebunden.
- Gesetze dürfen nicht willkürlich verabschiedet werden.
- Die Politik ist ebenso an Recht und Gesetz gebunden wie die Formen der Staatsgewalt. Das sind die vollziehende Gewalt, die Verwaltung und die Rechtsprechung.
- Auf diese Weise sollen alle Bürger vor Willkür geschützt werden und die Möglichkeit haben, sich auf dem Rechtsweg, also vor Gericht, z. B. gegen staatliche Akte wehren zu können.
- Ein weiterer wesentlicher Punkt ist die Unabhängigkeit der Richter, die lediglich an die Gesetze gebunden sind.
Auch das Sozialstaatsprinzip gehört zum deutschen Verfassungsrecht und hat Verfassungsrang. In Art. 20 GG wird es nur kurz erwähnt.
Im Zusammenspiel mit der Unantastbarkeit der Würde nach Art. 1 GG und der Pflicht des Staates, diese zu schützen, lassen sich daraus einige Grundsätze ableiten.
So muss z. B. ein bestimmtes Existenzminimum gewährleistet werden. Das Diskriminierungsverbot aus Art. 3 GG führt außerdem dazu, dass der Staat dafür sorgen muss, dass die Lebenschancen aller Bürger einander angeglichen werden. Das ist das Ziel des Sozialrechts.
Diese Ausführungen sind sachlich, logisch, klar und auch für Nicht-Juristen verständlich. Vielen Dank dafür.
Danke für die super Erklärung, i ist sehr interessant und hilfreich. Bleiben Sie Gesund, viele Grüße Bernd ,