Der Begriff „Extremismus“ wird vor allem vom Verfassungsschutz genutzt. Als politischer Extremist gilt ein Mensch, dessen Bestrebung es ist, die freiheitliche demokratische Grundordnung abzuschaffen, um seine eigenen politischen Vorstellungen und Werte durchzusetzen.
Der Extremismus kann dabei viele Formen annehmen und wird in Deutschland nicht selten in „links“ und „rechts“ unterteilt. Beide Gruppen verfolgen höchst unterschiedliche politische Ziele, sie eint allerdings die Abneigung gegen das vorherrschende politische System.
Doch gibt es eine allgemeingültige Definition von Extremismus? Welche Ziele verfolgen Extremisten und wie versuchen sie diese durchzusetzen? Die Antworten auf diese Fragen sowie alle wichtigen Informationen zum Extremismus in Deutschland liefert der nachfolgende Ratgeber.
Weiterführende Ratgeber zum Extremismus
Inhalt
FAQ: Extremismus
Hier können Sie nachlesen, wie der Begriff des Extremismus in Deutschland definiert wird.
Einen Überblick der wichtigsten Unterschiede der beiden Formen des Extremismus, erhalten Sie hier.
Extremismus muss nicht immer politisch motiviert sein. Auch die Religion kann eine Grundlage für extremistische Handlungen darstellen.
Extremismus: Versuch einer Definition
Der Begriff Extremismus wird in Deutschland etwa seit 1973 von Behörden, wie dem Verfassungsschutz, genutzt. Damit sollen politische Bestrebungen und Vorstellungen beschrieben werden, welche dem äußersten Rand des politischen Spektrums (also rechts oder links) zuzuordnen sind.
Allerdings handelt es sich dabei nicht um eine Begrifflichkeit, die im Staatsrecht verwendet wird. Denn als Rechtsbegriff ist der Extremismus weder im Gesetz, noch in einem Urteil zu finden. In der Politikwissenschaft wird der Extremismus nach Everhard Holtmann wie folgt definiert:
politische Einstellungs- und Verhaltensmuster, die auf der für die Operationalisierung politischer Orientierungen üblichen Rechts-Links-Skala an den äußeren Polen… angesiedelt [sind]
Quelle: Politiklexikon
Diese Definition deckt sich in weiten Teilen derer des Verfassungsschutzes. Ziel vom Extremismus ist es dabei immer, die freiheitliche demokratische Grundordnung anzugreifen.
Um diese Bestrebungen durchzusetzen, greifen extremistische Gruppierungen nicht selten auf Gewalt zurück. Das Bundesverfassungsgericht hat die Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Jahr 1952 folgendermaßen definiert:
- die Achtung der im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte;
- die Volkssouveränität;
- die Gewaltenteilung;
- die Verantwortlichkeit der Regierung;
- die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung;
- die Unabhängigkeit der Gerichte;
- das Mehrparteienprinzip;
- die Chancengleichheit aller politischen Parteien und
- das Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition.
Wer einen oder mehrere dieser Grundwerte abschaffen möchte, ist dem Extremismus zuzuordnen. Geraten Menschen in den Verdacht, einer entsprechenden Organisation anzugehören, können diese durch den Verfassungsschutz beobachtet werden.
Linksextremismus
Politischer Extremismus hat in Deutschland vor allem zwei Formen. Den Rechts- und Linksextremismus. Auf letzteren wollen wir in diesem Abschnitt näher eingehen und Ihnen aufzeigen, welche Ziele Menschen verfolgen, die dem linken Extremismus zuzuordnen sind.
Auch der nach links ausgerichtete Extremismus kann viele Formen annehmen. Es handelt sich hierbei meist um Gruppen, die einen Klassenkampf zwischen Arbeitern und Kapitalisten propagieren. Oberstes Ziel ist dabei die Abschaffung des Kapitalismus.
Als Herrschaftsform wird der Kommunismus angestrebt. Es handelt sich dabei um eine Ideologie, welche die soziale Gleichheit und Freiheit aller Gesellschaftsmitglieder anstrebt. Dies soll auf Basis von Gemeineigentum und einer kollektiven Problemlösung erreicht werden.
Spätestens seit dem Wirken der Roten Armee Fraktion (RAF) ist klar, dass die Extremisten auch Gewalt nicht scheuen, um ihre politischen Ziele zu verwirklichen. In aller Regel richtet sich die Gewalt dabei gegen den Staatsapparat oder gezielt gegen „Kapitalisten“.
Doch auch lange nach der RAF gibt es noch allerhand Anhänger des linken Extremismus, die zu Gewalt bereit sind. Dies wurde beim G20-Gipfel in Hamburg im Jahr 2017 mehr als deutlich. Bei dem Gipfel handelte es sich um das zwölfte Treffen der Gruppe der zwanzig wichtigsten Industrie- und Schwellenländer.
Die Veranstaltung rief allerhand Demonstranten aus ganz Europa auf den Plan, die zu großen Teilen dem Linksextremismus zuzuordnen sind. Neben friedlichen Demonstrationen und Blockaden kam es auch zu Gewaltausbrüchen verschiedener Akteure. Diese resultierten in Sachbeschädigungen, Plünderungen und Angriffen auf Polizeibeamte. Dabei wurden mehrere 100 Menschen verletzt.
Extremismus in Deutschland: Die RAF als Beispiel
Wie bereits erwähnt, gilt das Wirken der RAF Link in Deutschland als Paradebeispiel für Extremismus, der dem linken Spektrum zuzuordnen ist. Als Geburtsstunde der Roten Armee Fraktion gilt die Befreiung des Brandstifters Andreas Baader am 14. Mai 1970.
Die Gruppe um Baader, Gudrun Ensslin, Horst Mahler und die Journalistin Ulrike Meinhof umfasste insgesamt drei Generationen, welche für 34 Morde, mehrere Geiselnahmen, Banküberfälle, Sprengstoffattentate und andere Straftaten verantwortlich sind.
Ziel der Terroristen war der Kampf gegen den Kapitalismus. Durch mehrere terroristische Aktionen wurden nicht nur Menschen getötet, auch unzählige Verletzte gehen auf das Konto der RAF. Ziele waren vor allem staatliche Einrichtungen oder auch der Axel-Springer-Verlag. Nach und nach konnten die führenden Köpfe der Linksextremisten gefasst werden.
In diesem Zusammenhang wurden in Deutschland die Rasterfahndung und ein Straftatbestand eingeführt, der es ermöglichte, die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung strafrechtlich zu verfolgen. § 129a Absatz 1 StGB trat 1976 in Kraft:
Wer eine Vereinigung (§ 129 Absatz 2) gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,
- Mord (§ 211) oder Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder § 12 des Völkerstrafgesetzbuches) oder
- Straftaten gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.
Am 20. April 1998 verkündete die RAF in einem Schreiben, welches als authentisch eingestuft wurde, ihr Auflösung.
Rechtsextremismus gegen die Demokratie
Neben dem linken Extremismus, ist in Deutschland auch immer wieder der Rechtsextremismus Bestandteil diverser Diskussionen. Zentraler Punkt in der Ideologie, die durch Rechtsextreme vertreten wird, ist die Rassenideologie.
Die Gleichheit der Menschen wird nicht anerkannt, wer nicht der eigenen „Rasse“ angehört, gilt automatisch als Feind oder minderwertig. Diese Ideologie wurde schon von Adolf Hitler im Dritten Reich vertreten.
Waren damals noch vorzugsweise Juden das Ziel der Nazis, weitet sich heute, auch bedingt durch die zunehmende Zuwanderung, der Hass auch auf Flüchtlinge bzw. Menschen mit Migrationshintergrund aus.
Auch bei rechten Extremisten lassen sich unterschiedliche Gruppierungen ausmachen, die unterschiedlich stark versuchen, ihre Ideologie durchzusetzen. Charakteristisch ist aber auch hierbei, dass Gewalt als gerechtfertigtes Mittel angesehen wird, um die eigenen „Werte“ durchzusetzen.
Richtet sich beim Extremismus, der links geprägt ist, die Gewaltbereitschaft vor allem gegen Staatsorgane oder Aushängeschilder des Kapitalismus, nehmen Rechtsextreme vor allem auch Individuen, zum Beispiel Ausländer oder Anhänger des jüdischen Glaubens ins Visier.
Neben Brandanschlägen auf Flüchtlingsunterkünfte sorgt in Deutschland derzeit vor allem ein Fall mit rechtextremistischen Hintergrund für besonderes Aufsehen: der Prozess gegen Beate Zschäpe wegen ihrer Zugehörigkeit zum Nationalsozialistischen Untergrund (NSU).
Es handelt sich dabei um eine neonazistische terroristische Vereinigung in Deutschland, welche zwischen 2000 und 2007 neun Migranten und eine Polizistin töteten. Des Weiteren wird Zschäpe vorgeworfen, an drei Sprengstoffanschlägen sowie mehreren Raubüberfällen beteiligt gewesen zu sein.
Die Taten wurden aus fremdenfeindlichen Motiven begangen. Seit dem 6. Mai 2013 läuft der sogenannte NSU-Prozess gegen Zschäpe und vier mutmaßliche Gehilfen vor dem Oberlandesgericht München. Ein rechtskräftiges Urteil steht bis dato aus.
Links- und Rechtsextremismus: Die Unterschiede
Zwar sind beide Gruppierungen dem Extremismus zuzuordnen, dennoch gibt es zwischen rechten und linken Extremisten gewaltige Unterschiede. Beide Gruppierungen gelten zudem als verfeindet. Die nachfolgende Tabelle hebt drei der wichtigsten Unterschiede beider Ideologien hervor:
Linksextremismus | Rechtsextremismus |
---|---|
gleiche Rechte aller Menschen | keine rechtliche Gleichwertigkeit aller Menschen (Rassenideologie) |
aggressive Taten beziehen sich mehrheitlich auf Institutionen und dienen als Mittel zum Zweck | Gewalt vor allem gegen Individuen gerichtet und Ausdruck eines Hassgefühls |
Antifaschismus spielt wichtige Rolle | Ausländerfeindlichkeit sehr ausgeprägt |
Trotz dieser deutlichen Unterschiede bei beiden extremistischen Bewegungen, lassen sich im politischen Extremismus auch einige Schnittmengen zwischen den einzelnen Gruppen finden, auch wenn diese unterschiedliche Ziele verfolgen. Dazu zählen beispielsweise:
- Absolutheitsanspruch der eigenen politischen Auffassung
- Dogmatismus
- Unterteilung der Welt in Freund und Feind, eine Zwischenform existiert nicht
- Verschwörungstheorien
Religiöser Extremismus: Terror und Gewalt in Gottes Namen?
Extremismus kann nicht nur politische, sondern auch religiöse Hintergründe haben. So gibt es einige Länder, in denen Menschen aufgrund ihres Glaubens verfolgt, gefoltert und teils auch getötet werden.
So kommt es in Regionen vor, dass gezielt Christen verfolgt und Symbole derer Religion, wie beispielsweise Kirchen, zerstört werden. Die Anhänger vom religiösen Extremismus sehen ihre Religion als die einzig wahre an.
Andere Religionen werden nicht geduldet, die „Ungläubigen“ sollen zum eigenen Glauben bekehrt werden. Auch bei dieser Form des Extremismus wird Gewalt eingesetzt, um die eigenen Ziele, also die Allgemeingültigkeit der eigenen Religion, zu verwirklichen.
Aktuelles Beispiel für religiösen Extremismus: Der Islamische Staat (IS)
Ein aktuelles Beispiel für religiös motivierten Extremismus ist die Terrorgruppe „Islamischer Staat“ (IS). Deren Ziel ist es, ein sogenanntes Kalifat, also einen Gottesstaat zu errichten. Die Bewohner sollen nach den Gesetzen der Scharia (ein Regelwerk aus dem Koran) leben.
Diese Ideologie versuchen die Terroristen immer wieder durch Anschläge durchzusetzen. Nachdem der IS Teile Syriens erobern konnte, wurde die Vereinigung immer weiter zurückgeschlagen. Dennoch ist auch aktuell die Bedrohungslage in Europa ernst, viele Länder haben hohe Terrorwarnstufen herausgegeben, die Behörden sind besonders wachsam.
Das zeigen auch die Anschläge in den letzten Jahren. Neben Frankreich war auch Deutschland immer wieder Ziel der Terroristen. Das größte Ausmaß hatte eine Attacke des Extremisten Anis Amri, der einen Sattelzug in eine Menschenmenge auf den Berliner Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche steuerte.
Zwölf Menschen kamen ums Leben, 55 weitere wurden teils schwer verletzt. Der Täter konnte zunächst fliehen, wurde aber später in Mailand gestellt und bei einem Schusswechsel getötet. Das Propagandasprachrohr der Terrormiliz (Amaq) verbreitete die Nachricht, dass Amri ein „Soldat des Islamischen Staates“ gewesen sei. Daher kann der Anschlag eindeutig dem religiösen Extremismus zugeordnet werden.
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