Das deutsche Grundgesetz schreibt in Artikel 9 (GG), dass alle Deutschen das Recht haben, Vereine und Gesellschaften zu gründen, solange diese nicht den Gesetzen und der demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland zuwiderlaufen. In Absatz drei werden „Vereinigungen zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen“ ausdrücklich und für jedermann und alle Berufe erlaubt.
So kann sich jeder in einer branchenspezifischen Gewerkschaft organisieren und dafür kämpfen, dass die Arbeitsverhältnisse gut bleiben oder besser werden. Doch welche Mittel stehen in diesem Kampf zur Verfügung? Zu welchen Ergebnissen kann diese Form des Arbeitskampfes führen? Ab wann ist der Streik zulässig und welche Mittel gibt es vor dem Arbeitskampf? Wer darf nicht streiken? Und was genau ist ein Streik?
Inhalt
FAQ: Streik
Gerade bei einem Streik spielt die Gewerkschaft eine wichtige Rolle. Welche Aufgaben diese konkret übernimmt, können Sie hier nachlesen.
Hier können Sie ausführlich nachlesen, auf welche unterschiedlichen Formen Arbeitnehmer zurückgreifen können, wenn sie streiken wollen.
Hier können Sie nachlesen, welche Rahmenbedingungen laut den deutschen Gerichten für einen ordnungsgemäßen Streik festgelegt wurden.
Woher kommt das deutsche Streikrecht?
Im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland und auch in keinem anderen Gesetzbuch ist das Recht zu streiken in diesem Wortlaut niedergeschrieben. Dennoch gilt es als Kern des Kollektivrechtes. Doch woher kommt dieser Umgang mit dem Recht und gibt es Unterschiede zwischen den Arbeitskämpfen früherer Gewerkschaften und den Bemühungen ihrer modernen Gegenstücke?
In den frühen Zeiten der Industrialisierung änderte sich die Art zu arbeiten massiv. Während zuvor das Zentrum der produktiven Arbeit die eigene Familie oder der eigene Handwerksbetrieb war, kam mit der Fließband- und Fabrikarbeit die Nachfrage nach vielen ungelernten Arbeitskräften. Diese mussten nicht über Jahre ausgebildet werden, sondern konnten an der Maschine eingewiesen werden und von dort ohne Fachkenntnisse ihre Arbeit verrichten.
Dadurch verschob sich die Macht zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Während der Lehrling nach abgeschlossener Lehre die Möglichkeit hat sein Handwerk selbstständig anzubieten oder im Betrieb zu bleiben, waren die Fabrikarbeiter an die Fabrik und an den Arbeitsplatz gebunden. Die Arbeitnehmer wurden also immer abhängiger vom Arbeitsplatz und dem Wohlwollen des Arbeitgebers.
Die kollektive Macht
Während der einzelne Arbeiter in der Fabrik immer machtloser wurde, wuchs die Zahl der Arbeiter und schon bald wurde daraus ein anderer Machtfaktor zwischen den Arbeitern und Arbeitgebern. Die schiere Zahl der Arbeiter wurde zum Instrument der Interessensdurchsetzung. Mit nur der Androhung einer kollektiven, also gemeinschaftlichen Niederlegung der Arbeit konnten die Arbeiter Druck auf den Fabrikbesitzer ausüben und so Einfluss auf die Arbeitsbedingungen nehmen.
In den frühen Zeiten der Industrialisierung wurde klar, welche Potenziale für soziale Unruhen in einer Fabrik entstehen können. Als es noch keine oder nur restriktive Gesetze gab, die die Rechte der Arbeiter begrenzten oder unterbanden, waren Ausbrüche von Gewalt, Sabotage und Straßenschlachten zwischen den Arbeitern und dem „Sicherheitspersonal“ der Fabrikbesitzer an der Tagesordnung.
Schnell wurde auch dem Gesetzgeber klar, dass die Arbeiter eine geschützte Möglichkeit brauchen, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen. Jedoch wurde seither für das Recht auf Streik keine gesetzliche Grundlage geschaffen, die über Artikel 9 GG hinausgeht. Deswegen ist das Streikrecht in Deutschland in erster Linie ein Richterrecht.
Konsequenzen des ungeschriebenen Streikrechts
Aus dem neunten Artikel des Grundgesetzes ergibt sich also die gesamte rechtliche Grundlage zum Arbeitskampf. Das stellt Richter immer wieder vor die schwere Aufgabe, zu entscheiden, welcher Streik gerechtfertigt ist und welcher nicht. In dieser Lage hängt vom Urteil des Richters oft das Schicksal einer Firma oder einer ganzen Arbeiterschaft ab.
Entsprechend kritisch sehen es die Gewerkschaften, wenn die Medien überwiegend negativ und aus Konsumentensicht über einen Streik berichten. Denn das kann auch Folgen auf die Entscheidungsfindung des Richters haben.
Deswegen sind Streiks immer wieder ein heikles Thema, nicht nur für die Arbeitnehmer und Arbeitgeber sondern für den gesamten juristischen Apparat. Jedoch hat sich im Laufe der Jahre eine Vorgehensweise herausgebildet, die mit dem Ziel des Friedens zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber.
Streikformen
Da es für Streik keine gesetzliche Definition gibt, können leicht verschiedene Arten des Arbeitskampfes in der Realität gefunden werden. Diese reichen von kollektiven Pausen über Warn- und Sympathiestreik bis hin zum Generalstreik. In den folgenden Absätzen werden Ihnen einige übliche Formen aufgeführt und erklärt, was sie bedeuten und unter welchen Umständen sie angewendet werden.
Warnstreik
Der Streik ist die letzte Waffe der Arbeitnehmer. Bereits vorher haben die Vertreter von Gewerkschaft und Arbeitgebervertretung verhandelt und sind nicht zu einer Einigung gekommen. Zeichnet sich ab, dass die Arbeitgeberseite uneinsichtig ist und die Notwendigkeit der Forderung für die Arbeiterschaft nicht verstanden wird, kann der Warnstreik das Mittel sein, zu zeigen welche Bedeutung die Arbeitnehmer dieser Forderung beimessen.
So kann schon während einer Tarifverhandlung die Bereitschaft, die Forderungen mit allen Mitteln des Arbeitskampfes auszufechten, klar gezeigt werden. Der Warnstreik hat zwei bestimmende Merkmale. Im Gegensatz zu einem regulären Streik braucht der Warnstreik keine Urabstimmung in der Gewerkschaft. Da er nur in einem Betrieb und in sachlichem und zeitlichem Zusammenhang stattfindet, und wesentlich kleinere Schäden verursacht als ein umfassender Vollstreik.
Jedoch muss auch der Warnstreik der Definition nach begründet sein. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in der Vergangenheit geurteilt, dass jeder Streik die Ultima Ratio ist. Dieses letzte Mittel der Arbeitsniederlegung ist aber nur gestattet, wenn in vorangegangenen Verhandlungen zwischen den Vertretern der Arbeitgeber und Arbeitnehmer keine Einigung erzielt werden konnte. Dann ist der Warnstreik das erste klare Zeichen der Arbeitnehmer, dass sie sich zum Streik als Mittel des Arbeitskampfes ermächtigt sehen und bereit sind, es einzusetzen.
Dabei stellt der Aufruf der Gewerkschaft zum Streik einen ausreichenden Beleg für die gescheiterten Verhandlungen dar. Das BAG urteilte im Juni 1988, dass ein solcher Streik rechtmäßig ist, bis eine Einigung zustande kommt. Was das im Einzelnen für den Arbeitnehmer und das Arbeitsverhältnis bedeutet wird weiter unten erläutert.
Vollstreik
Ebenso wie Tarifverhandlungen in unterschiedlichem Umfang stattfinden, können sich auch Streiks auf unterschiedliche Bereiche erstrecken. Während manchmal nur ein einzelnes Werk oder ein einzelner Arbeitgeber bestreikt wird, kommt es bei dieser Streikform zur Arbeitsniederlegung in einem gesamten Wirtschaftsbereich.
Dies kommt vor allem in Bereichen vor, in dem der Markt nur zwischen wenigen Unternehmen aufgeteilt ist, wie im Flug- oder Bahnwesen. Da die Arbeiter in diesen Sektoren kaum eine Wahl haben, an wen sie ihre Arbeitskraft verkaufen, haben hier die Arbeitgeber auch unverhältnismäßig viel Macht über die Arbeitsverhältnisse.
Solche Umstände begünstigen es jedoch auch, dass sich die Arbeiterschaft gemeinsam organisiert und die eigene Macht im Kampf um die Arbeitsverhältnisse geltend macht. Vollstreiks sind jedoch für die Gewerkschaften sehr kostspielig und können somit selten ohne finanzielle Einbußen für die Arbeitnehmer längere Zeit durchgehalten werden.
Generalstreik
Noch eine Stufe größer als der Vollstreik ist der Generalstreik. Bei einem Generalstreik legt die gesamte arbeitende Bevölkerung die Arbeit nieder. Dieses Mittel richtet sich auch nicht mehr gegen einzelne Arbeitgeber, sondern ist ein Zeichen für den Staat, dass die Bevölkerung ihre Bedürfnisse nicht ausreichend beachtet sieht.
In der Konsequenz ist der Generalstreik das Zeichen, dass die Bereitschaft besteht, die gesamte Volkswirtschaft für ein ökonomisches oder politisches Ziel aufs Spiel zu setzen. Historisch sind nur wenige Generalstreiks bekannt. Sie sind auch kein Mittel des Arbeitskampfes sondern ein Zeichen des gesamtpolitischen Protests.
2006 fand in Frankreich ein Generalstreik statt, als der Kündigungsschutz gelockert werden sollte. Diese Maßnahme sollte die Jugendarbeitslosigkeit senken, verschlechterte aber die bereits angespannte Arbeitsmarktsituation. Daraufhin riefen die französischen Gewerkschaften zum Generalstreik auf und am 28. März legten die meisten Franzosen ihre Arbeit nieder und bestreikten die Entscheidungen ihrer Regierung.
In Deutschland wie in anderen europäischen Staaten wird der Generalstreik nicht als Mittel des Arbeitskampfes gesehen und steht damit auch nicht unter demselben Schutz. Das bedeutet, dass die Gewerkschaften, die zum Streik aufgerufen haben, von den Unternehmen für die entstandenen Schäden und Ausfälle haftbar gemacht werden können. Jedoch gab es bisher in Deutschland auch keinen Anlass für ein entsprechendes richterliches Urteil, das eine solche Situation erstmalig beurteilen würde.
Bummelstreik oder Dienst nach Vorschrift
Ein Bummelstreik oder im öffentlichen Dienst auch Dienst nach Vorschrift ist eine subtile Form des Streiks. Dieser zählt nicht zu den regulären Formen im Arbeitskampf. Deswegen kommt er auch beinahe ausschließlich in Arbeitsbereichen vor, die von einem Streikverbot betroffen sind. Wegen seiner besonderen Form gilt der Bummelstreik als unzulässig und wurde bisher immer nach Bekanntwerden von den Arbeitsgerichten unterbunden.
Der Bummelstreik sieht vor, dass Arbeitnehmer nur noch stur ihre Weisungen und Vorschriften abarbeiten. Was auf den ersten Blick nicht nach einem Aufbegehren oder einer Art zu streiken aussieht, entpuppt sich schnell als Knochenmühle. Da für den reibungslosen Ablauf von gemeinsamen Arbeits- und Verwaltungsprozessen nicht nur die Weisung befolgt werden muss, ist die Verlangsamung der Prozesse spürbar, ohne dass jemand entgegen einer bestehenden Weisung handelt. Bei so einem Streik wird öffentlicher Dienst ungemein ineffizient.
In Deutschland wurden bekannt gewordene Fälle von Dienst nach Vorschrift durch die Gerichte als rechtswidrig eingestuft. Als 2004 die deutschen Finanzbeamten Dienst nach Vorschrift machten, um gegen eine nachteilige Änderung der Arbeitsverhältnisse zu protestieren, war die Androhung disziplinarrechtliche Maßnahmen die Folge. In anderen europäischen Ländern wie Frankreich oder Österreich sind Bummelstreiks valide Mittel des Arbeitskampfes.
Solidaritätsstreik
Eine weitere Streikform, die in Deutschland lange nicht als gerechtfertigt angesehen wurde, ist der Solidaritäts- oder Sympathiestreik. Dabei bezieht sich der Streik nicht auf die Verhältnisse am eigenen Arbeitsplatz. Viel mehr beteiligen sich die Arbeiter an einen „fremden“ Streik, um die Machtposition der agierenden Gewerkschaft zu unterstreichen.
Bis 2007 war diese Streikform nur in Ausnahmefällen zulässig, wenn nämlich eine wirtschaftliche Verflechtung der Arbeitsgebiete vorlag oder der bestreikte Arbeitgeber gegen seine Neutralitätspflicht verstoßen hatte. Danach änderte sich die Rechtsprechung und Solidaritätsstreiks wurden als Mittel des Arbeitskampfes anerkannt. Damit fällt es jedoch auch unter den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die jedes Mal wieder von einem Gericht bestätigt werden muss.
Wilder Streik
Ein wilder Streik ist eine Arbeitsniederlegung, die nicht durch eine anerkannte Gewerkschaft organisiert wird. Dieser Streik ohne Gewerkschaft wird sowohl von Arbeitgebern wie auch den Gewerkschaften kritisch und als nicht zielführend angesehen.
Ohne die Ermächtigung durch eine Gewerkschaft und das Scheitern einer vorangegangenen Verhandlung zwischen Vertretern von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite sind die meisten Streiks nicht rechtmäßig. Deswegen ist es schwer, für einen wilden Streik eine rechtliche Grundlage zu finden. So kann ein Richter nur dem Gesetz folgen und den wilden Streik verbieten bzw. dem Arbeitgeber erlauben arbeitsrechtliche Maßnahmen zu ergreifen. So ein Streik ohne Gewerkschaft wird fast immer als unrechtmäßig eingestuft.
Für Gewerkschaften sind wilde Streiks gefährlich, da sie zum einen die Wirksamkeit und die Bedeutung von Streiks im Auge der Öffentlichkeit abwerten. Auf der anderen Seite untergraben wilde Streiks die Gewerkschaftsbürokratie, die für solche Dinge wie das Streikgeld verantwortlich ist.
Andere Formen des Streiks dienen zwar auch der Erzwingung von Verhandlungen oder konkreten Änderungen, sind aber kein Mittel des Arbeitskampfes sondern unterstreichen meist politische Forderungen. Solche Streiks sind beispielsweise:
- Hungerstreik
- Schülerstreik
- Sitzstreik
Was bedeutet der Streik für den Arbeitgeber
Wenn die Grundsätze des deutschen Arbeitsrechts nicht bekannt sind, kann das Wechselspiel zwischen den Gewerkschaften auf der Seite der Arbeitnehmer und den Arbeitgeberverbänden auf der Seite der Arbeitgeber verwirrend sein. Jedoch sind Arbeitgeber an bestimmte Gesetze gebunden, die sie dazu verpflichten, Arbeitsverhältnisse beständig zu verbessern und für die Absicherung der Arbeitnehmer zu sorgen. Dies sind zwei der Pflichten, die das Arbeitsrecht dem Arbeitgeber auferlegt.
Zwar stammen diese Grundsätze aus einer Zeit mit einer anderen Arbeitsmarktdynamik, jedoch sind sie immer noch geeignet das Machtungleichgewicht zwischen den Arbeitgebern und den Arbeitnehmern auszugleichen. Wichtig ist dabei, dass der Arbeitnehmer ein gewisses Maß an Kündigungsschutz genießt, wenn er nicht schuldhaft gegen das Arbeits- und Weisungsverhältnis verstößt.
Ein rechtmäßiger Streik kann für einen Arbeitgeber einen massiven wirtschaftlichen Schaden bedeuten. Bei bestimmten Berufsgruppen würde ein Streik sogar Menschenleben kosten, wenn die Bedürfnisse keine Beachtung finden. Diese Verhältnisse sollen der Arbeitgeberseite vor Augen führen, dass es wirtschaftlicher ist, den Forderungen der Arbeitnehmer nachzugeben als sie auszukämpfen.
Wann darf gestreikt werden
Die deutschen Gerichte haben in der Vergangenheit die Rahmenbedingungen für die Rechtmäßigkeit von Streiks klar genug festgelegt, dass inzwischen des Scheitern oder die Anerkennung eines Streiks selten eine Überraschung darstellt. Doch damit ein Streik durch die Gerichte als rechtmäßig anerkannt wird, müssen verschiedene Voraussetzungen erfüllt sein, damit der Streik ungestört seinen Ablauf nehmen kann.
Als erstes muss es formell Verhandlungen oder den Versuch einer Verhandlung gegeben haben. Beide Streitparteien müssen klar darüber sein, was die Forderung der Gegenseite ist. Kommen die Verhandlungen trotzdem nicht zu einer Einigung, greift die Schlichtungspflicht. Bei einer Schlichtung werden die Teilnehmer an der Verhandlung reduziert und ein neutraler Schlichter als dritte Partei berufen. Scheitert auch hier die Verhandlungen, werden Streik von Seiten der Arbeitnehmer und Aussperrung von Seiten der Arbeitgeber zu gerechtfertigten Mitteln.
Wenn es darum geht einen Streik zu organisieren, ist die Urabstimmung der nächste Schritt den die Gewerkschaft einleitet. Dabei werden die betroffenen Mitglieder der Gewerkschaft befragt, ob sie mit dem Streik einverstanden sind. Kommt eine ausreichende Mehrheit zustande, beginnt ein gerechtfertigter Streik.
Regeln des Streiks
Wenn der Streik durch ein Gericht gebilligt wird, wächst der Druck auf die Arbeitgeber mit jeder Stunde, die die Arbeit ruht. Denn so kann der Arbeitgeber nicht einfach die gesamte Belegschaft entlassen oder abmahnen. Dafür gibt es unterschiedliche Gründe. Der wichtigste Grund ist der, dass die Arbeiter, die an einem gewerkschaftlich organisierten Streik teilnehmen, nicht gekündigt werden dürfen.
Auf der anderen Seite muss der Arbeitgeber für die bestreikte Zeit keinen Lohn zahlen. Aus gesetzlicher Sicht ruht während der Zeit des Streiks das Arbeitsverhältnis. Früher war es noch nötig zu kündigen, bevor gestreikt werden konnte, ohne Schadenersatzforderungen des Arbeitgebers erwarten zu müssen. Heute werden rechtmäßig Streikende weiter durch den Arbeitnehmerschutz gedeckt.
Was machen Arbeiter während des Streiks
Wenn es zu einer Arbeitsniederlegung kommt gelten auch für die Arbeiter bestimmte Regeln, an die sie sich halten müssen, um nicht unrechtmäßig zu handeln und damit ihren Schutz auf Spiel zu setzen. Die meisten Arbeiter verwenden die Zeit um an den entsprechenden Demonstrationen teilzunehmen, die parallel zum Streik das Problem in den Fokus der Öffentlichkeit rücken sollen. Obwohl es als selbstverständlich angesehen wird, dass die Streikenden sich an den Demonstrationen beteiligen, ist die Teilnahme daran arbeitsrechtlich nicht zwingend notwendig.
Wer sich während eines Streiks um seine Familie oder eigene Belange kümmern möchte, kann das tun, ohne dass daraus arbeitsrechtliche Nachteile erwachsen können. Was ein Arbeitnehmer jedoch nicht machen kann, ohne Konsequenzen fürchten zu müssen, ist während der Streikzeit in einer Nebentätigkeit für einen anderen Arbeitgeber zu arbeiten. Ein solches Verhalten kann eine Kündigung auch während des Streiks begründen.
Probleme mit dem Streikrecht
Heutzutage haben das Streikrecht, der Arbeitskampf und Gewerkschaften an Bedeutung abgenommen. Der wachsende Individualismus der modernen Gesellschaft verdeckt die Möglichkeiten, Bedürfnisse kollektiv zu thematisieren und durchzusetzen. Dieser Bedeutungsverlust wird vor allem an zwei Stellen deutlich: Der geringe Anteil an Aufklärung über das deutsche Arbeitsrecht in Schule und Ausbildung sowie die Position der Medien zu Streiks und Gewerkschaften.
Gewerkschaften leiden immer häufiger unter der mangelnden Aufklärung. Während vielen Arbeitnehmern nicht klar ist, was eine kollektive Organisation bedeutet, erscheint es vielen nur wie ein weiterer Kostenpunkt im Leben, der vermieden werden kann. Somit ist der Zulauf zu den Gewerkschaften über die Jahre immer weiter zurückgegangen.
Des Weiteren müssen sich die Gewerkschaften mit dem Vorwurf auseinandersetzen, den Wandel des Arbeitsmarktes verpasst zu haben. Moderne Lebensläufe sind von vielen verschiedenen Arbeitgebern gekennzeichnet, das klassische Gewerkschaftssystem ist aber auf langfristige bis arbeitslebenslange Bindung an einen Betrieb ausgelegt. So erscheint es wenig attraktiv, Mitglied zu werden oder sich aktiv in der Gewerkschaft zu engagieren.
Was macht eine Gewerkschaft?
Der zentrale Sinn einer Gewerkschaft ist es, einen geschützten Ort zu haben, an dem die Arbeiter über die Verhältnisse in der Arbeit sprechen können, ohne negative Konsequenzen fürchten zu müssen. Ohne diesen Schutz wären die Arbeiter der Willkür ihres Arbeitgebers ausgesetzt und müssten vielleicht mit Kündigung rechnen, sobald sie sich kritisch über den Arbeitsplatz unterhalten.
Von diesem Punkt aus können dann auch konkretere Pläne entwickelt werden, um Einfluss auf die Arbeitsverhältnisse zu nehmen. Im Laufe der Zeit haben die Gewerkschaften Mittel und Wege entwickelt, um den Arbeitern den Streik zu ermöglichen, ohne damit das Gesetz zu übertreten oder die Lebensgrundlage der Arbeiter zu riskieren.
Denn die Gewerkschaft ist nicht nur ein geschützter Ort sondern hat auch eine gemeinsame Kasse. Aus dieser Kasse werden die gemeinsamen Aktionen wie Demonstrationen oder Werbeveranstaltungen sowie das Streikgeld gezahlt.
Das Streikgeld
Wenn ein Unternehmen bestreikt wird und der Streik rechtmäßig ist, darf der Arbeitgeber keine Maßnahmen gegen die in der Gewerkschaft organisierten Streikenden ergreifen. So wird verhindert, dass die Arbeiter einfach massenhaft entlassen werden. Trotzdem muss neben dem Kündigungsverbot für rechtmäßig Streikende die Verhältnismäßigkeit gewahrt bleiben. Das geschieht dadurch, dass das der Arbeitgeber auch nicht in die Pflicht genommen wird, für die Zeit des Streiks den Lohn zu zahlen. Schließlich handelt es sich nicht um ein unverschuldetes Fehlen wie bei Krankheit.
Um es den Gewerkschaften zu ermöglichen, einen Streik möglichst lange durchzuhalten, wird von der Gewerkschaft für die Zeit des Streiks ein Streikgeld als Ausgleich für das ausbleibende Gehalt gezahlt. So wird den Arbeitgebern auch vermittelt, dass es keine Option ist, den Streik auszusitzen. Dieses Streikgeld steht jedoch nur den Mitgliedern der Gewerkschaft zu und deckt den Lohn auch nicht zu vollständig ab.
Streikverbot
Trotz des universalen Anspruchs des Grundgesetzes gibt es ausgewählte Arbeitsbereiche in denen ein Streik keine Option ist, weswegen es aber auch Kritik und Willen zur Änderung gibt. Zwei große Arbeitgeber konnten sich erfolgreich eine Sonderposition in der grundgesetzlichen Beurteilung sichern.
Die erste Ausnahme beim Streikrecht stellt der Staat dar und so gilt das Streikrecht nicht für Beamte. Diese genießen aufgrund ihrer besonderen Nähe zu den hoheitlichen Aufgaben und ihres Sonderstatus nicht das Recht, die Arbeit niederzulegen und zu streiken.
Eine weitere Ausnahme, bei der das Recht zum Arbeitskampf keine Anwendung findet, stellen die anerkannten Kirchen dar. Diesen ist im Grundgesetz eine arbeitsrechtliche Selbstbestimmung zugesichert, da die Anforderungen an die Mitarbeiter einer Glaubensgemeinschaft von denen weltlicher Arbeitgeber unterscheiden.
In den Organisationen gab es schon stellenweise innere Aufbegehren, weswegen auch Teile der deutschen Kirchen und der öffentliche Dienst einen Tarifvertrag mit den Vertretern ihrer Mitarbeiter vereinbart haben. Trotzdem besteht in diesen Institutionen ein Verbot davor, in Streik zu treten. Somit bleibt auch das Machtungleichgewicht zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestehen.
In diesen widrigen Umständen haben sich Arbeitnehmervertretungen organisiert, die Tarifverträge aushandeln konnten, die sich an denen der großen Gewerkschaften orientieren. Doch nicht alle kirchlichen Einrichtungen richten sich nach diesen Tarifverträgen und so sind deren Arbeitnehmer nicht in der Position ihre Interessen und Bedürfnisse mit Nachdruck durchzusetzen.
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Danke für die umfassenden Informationen. Leider ist die Darstellung des kirchlichen Arbeitsrechts unvollständig. Zwar haben kirchliche Beschäftigte in der Tat kein Streikrecht. Die Arbeitsbedingungen (Entlohnung, Arbeitszeit etc.) werden aber in paritätisch besetzten Gremien ausgehandelt, wo man sich einigen muss. Die Arbeitgeber können also ohne Zustimmung der Beschäftigten nichts durchsetzen. Das entspricht etwa dem, was Gewerkschaften immer als paritätische Mitbestimmung gefordert haben.
Ich finde es tatsächlich sehr gut, dass man Streiken kann. Zudem ist es eine sehr effektive Methode um zu Änderungen zu kommen. Ich bin froh, dass es im Arbeitsrecht erlaubt ist. Oft raten auch Anwälte für Arbeitsrecht zu einem Streik, wenn keine andere Lösung in Aussicht ist.
Ich bin sehr froh um das Recht des Streiks. Dadurch haben sich schon einige Dinge verändert. Wenn man sich unsicher ist, welche Rechte man als Arbeitnehmer hat, dann empfiehlt es sich mit einem Rechtsanwalt für Arbeitsrecht zu sprechen.
Danke für diesen Artikel zum Streik im Arbeitsrecht. Spannend, dass Beamte als Staatsdiener über kein Streikrecht verfügen. Mein Freund ist seit kurzem verbeamtet und war gerade ganz überrascht, als ich ihm davon erzählte, obwohl er vor vielen Jahren sogar mal bei einem Anwalt beschäftigt war.
Wirklich mal eine super Stellungnahme. Leider sieht es mit der Aufklärung in Schule und Ausbildung genau so aus.
Würde mir gerne aus diesem Artikel ein paar erklärende Sätze zur Weitergabe mitnehmen?