Immer wieder erregen Kriminalfälle die Aufmerksamkeit der Allgemeinheit. Von besonders schweren Straftaten bis hin zu kuriosen Gerichtsverhandlungen ist das Interesse der Öffentlichkeit meist groß. Dabei stehen nicht nur die Umstände der Tat im Vordergrund, auch die anschließende Gerichtsverhandlung inklusive Urteilsspruch weckt Neugier.
Die Gerichtsberichterstattung ist daher ein wichtiger Teil der journalistischen Arbeit. Je spektakulärer die Straftat, desto höher ist im Allgemeinen das Interesse der Mediennutzer am Ausgang der Gerichtsverhandlung und der Strafe für den Täter.
Doch welchen Regeln unterliegt die Gerichtsberichterstattung? Wann darf beispielsweise der Name des Tatverdächtigen genannt werden? Darf ein Gerichtsjournalist jeder Verhandlung beiwohnen oder gibt es Einschränkungen? All jenen Fragen widmet sich der nachfolgende Ratgeber und klärt Sie umfassend über die Arbeit von einem Gerichtsreporter auf.
Inhalt
FAQ: Gerichtsberichterstattung
Sofern der Richter keinen Ausschluss der Öffentlichkeit festgelegt hat, dürfen Journalisten an Gerichtsverhandlungen teilnehmen.
Hier lesen Sie ausführlich, wann der Name eines Angeklagten in der Berichterstattung erwähnt werden darf.
Grundsätzlich kann jeder Mensch, der das journalistische Handwerk beherrscht, Gerichtsreporter werden.
Welche Gesetze gelten bei der Gerichtsberichterstattung?
Im Presserecht oder den einzelnen Landespressegesetzen lässt sich keine Bestimmung finden, welche Journalisten zur Teilnahme an einer Gerichtsverhandlung zum Zweck der Gerichtserstattung zulässt. Dies ist allerdings nicht notwendig, denn gemäß § 169 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) sind Prozesse grundsätzlich öffentlich:
Die Verhandlung vor dem erkennenden Gericht einschließlich der Verkündung der Urteile und Beschlüsse ist öffentlich.
Dies garantiert allerdings nicht, dass Journalisten bei jedem Prozess uneingeschränkter Zutritt gewährt wird. Im Gerichtssaal ist nämlich nicht unbegrenzt Platz vorhanden, sodass einige Pressevertreter bei großen Verhandlungen schon einmal „vor der Tür“ stehen bleiben müssen.
Weiterhin kann die Öffentlichkeit von einem Gerichtsprozess durch andere gesetzliche Bestimmungen eingeschränkt werden. Dies kann beispielsweise erfolgen, wenn die Persönlichkeitsrechte eines Prozessbeteiligten geschützt werden sollen.
Die Entscheidungsgewalt über einen Ausschluss der Öffentlichkeit obliegt dem vorsitzenden Richter. In diesem Fall muss auch die Gerichtsberichterstattung hinten angestellt werden, Journalisten genießen hierbei keine Bevorzugung.
Außerdem regelt § 169 GVG:
Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen zum Zwecke der öffentlichen Vorführung oder Veröffentlichung ihres Inhalts sind unzulässig.
Ton- und Filmaufnahmen sind also grundsätzlich untersagt. Von diesem Verbot bei der Gerichtsberichterstattung sind allerdings Fotos und Zeichnungen nicht erfasst. Fotoaufnahmen können grundsätzlich vor und nach der Verhandlung angefertigt werden.
Auch in den Verhandlungspausen ist dies möglich. Der vorsitzende Richter kann das Fotografieren allerdings auch untersagen. Es obliegt alleine ihm, in welchem Umfang die Aufnahmen angefertigt werden dürfen.
Bestimmungen im Pressekodex zur Gerichtsberichterstattung
Auch der Pressekodex, also die ethischen Vorgaben der journalistischen Arbeit, welche allerdings keine rechtliche Wirkung haben, gibt einige Punkte bei der Gerichtsberichterstattung vor. Diese sind vor allem in Ziffer 8 zum Schutz der Persönlichkeit zu finden.
Darin wird zunächst definiert, dass die Gerichtsberichterstattung Aufgabe der Presse sei, da an Gerichtsverfahren ein berechtigtes Interesse der Öffentlichkeit besteht. Zudem ist im Pressekodex definiert, dass eine identifizierende Gerichtsberichterstattung über Opfer und deren Angehörige oder andere Verfahrensbeteiligte grundsätzlich zu unterlassen ist. Aber wie sieht es eigentlich mit der Nennung des Täters aus?
Gerichtsberichterstattung: Wann darf der Name des Angeklagten veröffentlicht werden?
Immer wieder ist in der Gerichtsberichterstattung ein besonderes Thema Streitpunkt: die Veröffentlichung vom Namen und anderen Angaben zum vermeintlichen Täter. Die Journalisten müssen hierbei immer abwägen.
Zum einen besteht ein öffentliches Interesse an dem Fall, auf der anderen Seite stehen die Persönlichkeitsrechte des Angeklagten. Kommt das Medium beim Abwägen dieser beiden Punkte zu dem Schluss, dass ein überwiegendes Öffentliches Interesse besteht, kann eine identifizierende Gerichtsberichterstattung stattfinden.
Dies ist gemäß Pressekodex Ziffer 8 Richtlinie 8.1 Absatz 2 vor allem gegeben, wenn:
- eine außergewöhnlich schwere oder in ihrer Art und Dimension besondere Straftat vorliegt,
- ein Zusammenhang bzw. Widerspruch besteht zwischen Amt, Mandat, gesellschaftlicher Rolle oder Funktion einer Person und der ihr zur Last gelegten Tat,
- bei einer prominenten Person ein Zusammenhang besteht zwischen ihrer Stellung und der ihr zur Last gelegten Tat bzw. die ihr zur Last gelegte Tat im Widerspruch steht zu dem Bild, das die Öffentlichkeit von ihr hat,
- eine schwere Tat in aller Öffentlichkeit geschehen ist,
- ein Fahndungsersuchen der Ermittlungsbehörden vorliegt.
Sind allerdings konkrete Anhaltspunkte für die Schuldunfähigkeit des Angeklagten gegeben, ist von einer identifizierenden Gerichtsberichterstattung abzusehen. Zudem ist auf die Täterbenennung zu verzichten, wenn über ein zurückliegendes Strafverfahren berichtet wird. Damit soll dem Resozialisierungsgedanken Rechnung getragen werden.
Wer kann Gerichtsreporter werden?
Die Gerichtsberichterstattung kann grundsätzlich von jedem Journalisten durchgeführt werden. Eine gesonderte Qualifikation, wie beispielsweise ein Jurastudium ist in aller Regel nicht vonnöten. Wichtig ist, dass der Betroffene das journalistische Handwerk beherrscht und ausreichend Recherche im Vorfeld betreibt.