Durch den technischen Fortschritt und das Internet stoßen die Gesetze immer wieder an ihre Grenzen. Stammen sie doch aus Zeiten, in denen die Menschen von der heutigen Technologie noch nicht einmal zu träumen wagten.
Diese Tatsache führt allerdings auch bei den Verbrauchern zu Unsicherheit, bewegen sich diese doch meist in einer rechtlichen Grauzone ohne zu wissen, welche Folgen ihr Handeln in der Zukunft haben kann. So ist dies zum Beispiel auch beim Streaming der Fall, denn im deutschen IT-Recht fehlt bislang eine eindeutige Rechtsprechung.
Doch was ist ein „Stream“ überhaupt? Ist es grundsätzlich illegal, Filme so zu gucken? Und droht deshalb eine Abmahnung wegen Streaming? Antworten auf diese und weitere Fragen liefert der nachfolgende Ratgeber.
FAQ: Streaming
Hierbei handelt es sich um die gleichzeitige Übertragung und Wiedergabe von Video- oder Audiodateien über das Internet. Entsprechende Abo-Angebote stellen eine Alternative zu illegalen Raubkopien dar.
Informationen zu den verschiedenen Formen von Streams finden Sie hier.
Mittlerweile gibt es viele legal Streaming-Anbieter, über die unter anderem Musik. Filme oder Serien bezogen werden können. Stammen die Inhalte hingegen aus illegalen Quellen, ist Streaming laut It-Recht eigentlich nicht erlaubt. Eine Rückverfolgung der Nutzer ist allerdings kaum möglich.
Inhalt
Was bedeutet Streaming?
Der Ausdruck „Streaming“ stammt aus dem englischen Sprachgebrauch und geht dabei auf den Begriff „Stream“ zurück. Dieser bedeutet wörtlich übersetzt so viel wie Strom, Bach oder Fluss. Übertragen auf die Informatik sind darunter aber auch Datenströme zu verstehen. Dabei handelt es sich um die stetige Abfolge von Datensätzen, welche zusammen einen Vorgang der Datenübertragung ergeben.
Mithilfe von einem solchen Stream ist es möglich, über das Internet Musik, Serien oder auch ganze Filme zu beziehen. Dabei erfolgt die Übertragung und Wiedergabe der Dateien gleichzeitig bzw. mit geringer Verzögerung.
Ziel ist es dabei also nicht – im Gegensatz zum Filesharing – eine Kopie des Mediums zu erzeugen und diese ggf. über eine Tauschbörse zu vertreiben. Vielmehr geht es darum, über Streaming-Portale kostengünstig oder sogar kostenlos auf Inhalte zuzugreifen und diese direkt zu konsumieren.
Streaming: Welche Arten werden unterschieden?
Grundsätzlich lassen sich die Angebote der Streaming-Portale und –Anbieter aufgrund der Art der Übertragung differenzieren. Dabei wird zwischen dem Live-Streaming und dem On-Demand-Streaming unterschieden.
Bei einem Live-Streaming erfolgen die Generierung, die Übertragung und auch der Empfang der Daten beinahe gleichzeitig. Der Stream kommt somit in Echtzeit beim Verbraucher an. Minimale Verzögerungen können höchstens aufgrund der Aufbereitung und dem Versand der Daten entstehen. Diese Art der Übertragung ist dadurch allerdings auch besonders anfällig für Störungen, welche zum Beispiel aufgrund von Schwankungen bei der Internetqualität auftreten können.
Zum Einsatz kommen Live-Streams vor allem bei der Übertragung von Sportereignissen und dem aktuellen Fernsehprogramm. Aber auch die Videotelefonie basiert auf der Technologie des Streamings.
Werden Kinofilme per Stream angeboten, sind diese in der Regel „on demand“. Wörtlich bedeutet dies, dass der Nutzer diese Inhalte „auf Nachfrage“ abrufen kann. Die Inhalte stehen bei dieser Art von Streaming als zeitlich unabhängig zum Abruf bereit, ein Sendeplan ist dabei somit nicht zu beachten.
Ein Zwischenspeicher sorgt bei Video-On-Demand-Portalen dafür, dass für Serien und Kinofilme beim Streamen eine störungsfreie Wiedergabe möglich ist. Diese Technik erlaubt es zudem auch, während des Abspielens zu pausieren bzw. vor- und zurückzuspulen.
Tipp der Redaktion: Weitere ausführliche Informationen zum Streaming gibt es auf delamar.de.
Kleiner Exkurs in die Technik: Wie funktioniert Streaming?
Wählen Sie online einen Stream für Filme oder Musik aus, erfolgt eine direkte Wiedergabe – ein Download der gesamten Datei ist in diesem Fall nicht notwendig.
Um mögliche Schwankungen bei der Übertragung zu kompensieren, wird allerdings ein Teil der Daten zeitweise auf dem Computer zwischengespeichert – die sogenannte Zwischenpufferung im Cache.
Durch diesen Puffer-Speicher lassen sich regelmäßige sowie aufwendige Neuberechnungen vermeiden, welche zu einer Verzögerung bei der Wiedergabe führen könnten. Nach dem Abspielen werden diese Informationen allerdings gelöscht.
Insbesondere bei der Übertragung von einem Kinofilm als Stream ist eine entsprechende Komprimierung der Daten notwendig. Ohne eine solche Aufbereitung der Inhalte wäre das Streaming aufgrund des langsamen Datentransfers nicht möglich.
Löst der Stream das Kino ab?
Streaming hat sich zur Alternative für Fernsehen und Kino entwickelt. Dabei erfreuen sich sowohl die kostenfreien als auch die kostenpflichtigen Video-Portale großer Beliebtheit. Dies zeigt sich auch anhand einer Befragung des Branchenverbands der deutschen Informations- und Telekommunikationsbranche Bitkom aus dem Jahre 2016. Denn demnach verwenden 77 Prozent der deutschen Internetnutzer über 14 Jahren Streams im Internet.
Im Zuge der Umfrage wurde zudem ermittelt, welche Inhalte die Befragten via Streaming konsumieren:
- 60% – Sendungen aus dem TV über Mediatheken
- 56% – Inhalte aus kostenlosen Videoportalen
- 39% – Aktuelles Fernsehprogramm im Live-Stream
- 25% – Serien und Spielfilme über On-Demand-Angebote
In den Mediatheken der verschiedenen TV-Sender stehen den Nutzern ausgewählte und bereits gezeigte Sendungen zur Verfügung. Dies sind innerhalb eines bestimmten Zeitraums – in der Regel eine oder zwei Wochen nach der Ausstrahlung – kostenfrei abrufbar. Aufgrund dieser Möglichkeit sind die Zuschauer nicht mehr an den Sendeplan gebunden und können zum Beispiel Sendungen aus dem Nachmittagsprogramm auch nach der Arbeit sehen.
Ebenfalls großer Beliebtheit erfreuen sich die kostenlosen Angebote der verschiedenen Videoportale. Allerdings umfasst deren Auswahl in der Regel keine aktuellen Spielfilme. Wer allerdings Streifen jenseits des Mainstreams oder auch ältere Werke sucht, kann hier fündig werden. Zudem bieten diese Portale meist die Möglichkeit zum Austausch mit anderen Nutzern. Allerdings finden sich auch rechtswidrige Inhalte auf den Plattformen.
Durch das Live-Streaming kann das aktuelle Fernsehprogramm in Echtzeit von überall mitverfolgt werden. Dadurch können sich die Zuschauer vom klassischen Fernseher und ihrem Wohnzimmer lösen. Denn solange eine Internetverbindung besteht, sind sie bei Shows, Serien und Sportevents live dabei.
Die Übersicht zeigt zudem, dass bereits ein Viertel der Befragten auf in der Regel gebührenpflichtige On-Demand-Portale zurückgreift um Filme und Serien zu streamen. Dies liegt unter anderem daran, dass dort eine gute Qualität des Bildmaterials gewährleistet ist. Darüber hinaus besteht vermehrt auch die Möglichkeit, das Angebot auch in einem Offline-Modus zu nutzen.
Angebote von illegalen Kino-Streams
Neben den zuvor – in der Regel legalen Streaming-Möglichkeiten – ermöglicht diese Technologie auch die widerrechtliche Verbreitung von urheberrechtlich geschützten Inhalten. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn aktuelle Kinofilme kostenlos zum Streaming angeboten werden. Nicht selten zeichnen sich diese Videos durch eine schlechte Qualität aus oder wurden sogar illegal im Kino mitgeschnitten.
Eine große Reichweite erreichten solche Raubkopien unter anderem durch Portale wie kino.to. Über diese und ähnliche Domains stehen mehrere tausend Videos kostenlos zur Verfügung. Allerdings lag bzw. liegt kein Einverständnis der jeweiligen Rechteinhaber für diese Form der Veröffentlichung vor.
Aufsehen erregte in diesem Zusammenhang vor allem die Sperrung der Domain kino.to durch die Kriminalpolizei sowie die Verhaftung der Verantwortlichen im Juni 2011. Die Staatsanwaltschaft Dresden ermittelte zu diesem Zeitpunkt wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung zur gewerblichen Begehung von Urheberrechtsverletzungen in über einer Million Fällen.
Die Ermittlungen und auch die anschließenden Verurteilungen, welche unter anderem zu Freiheitsstrafen führten, konnten allerdings nicht die Entstehung weiterer illegaler Streaming-Seiten verhindern. Als „offizieller Nachfolger“ gelten dabei unter anderem video2k.tv und kinox.to.
Streaming für die Ohren: Der Plattenladen für unterwegs
Streaming beschränkt sich allerdings nicht nur auf den Filmgenuss, sondern lässt sich auch auf andere Medien übertragen. Dabei ist vor allem das Streamen von Musik so erfolgreich, dass es sogar heißt, diese Technologie würde zum Aussterben der klassischen Raubkopie führen.
Kein Wunder also, dass der Markt für Musik-On-Demand-Anbieter in Deutschland umkämpft ist. Zu den bedeutendsten Betreibern zählen dabei Spotify, Deezer und Napster. Diese und weitere Dienste zeichnen sich vor allem durch ihre großen Datenbanken aus, die durchschnittlich zwischen 30 bis 40 Millionen Songs umfassen.
Möchten Sie allerdings auf dieses Angebot zugreifen, benötigen Sie in der Regel eine ständige und gleichzeitig auch schnelle Internetverbindung, denn nicht alle Anbieter ermöglichen auch eine Nutzung im Offline-Modus. Diese Funktion fehlt insbesondere bei den kostenlosen Angeboten.
Rechtslage: Ist Streaming strafbar?
Lange Zeit gingen Juristen und auch Nutzer von illegalen Plattformen davon aus, dass es sich beim Streaming um eine juristische Grauzone handelt und somit Sanktionen eher unwahrscheinlich sind. Gestützt wurde diese Auslegung zum Streaming durch das Urheberrecht, denn in § 44a Urheberrechtsgesetz (UrhG) heißt es:
Zulässig sind vorübergehende Vervielfältigungshandlungen, die flüchtig oder begleitend sind und einen integralen und wesentlichen Teil eines technischen Verfahrens darstellen und deren alleiniger Zweck es ist,
- eine Übertragung in einem Netz zwischen Dritten durch einen Vermittler oder
- eine rechtmäßige Nutzung
eines Werkes oder sonstigen Schutzgegenstands zu ermöglichen, und die keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung haben.“
Gemäß diesem Paragraphen liegt beim Streaming im eigentlichen Sinne keine widerrechtliche Vervielfältigung vor. Allerdings beinhaltet das Gesetz auch keine Informationen zu den technischen Möglichkeiten von einem Stream.
Ein Urteil (Az.: C-527/15) des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 26.04.2017 gilt daher als wegweisend und führte dazu, dass sich die bisherige Einschätzung änderte.
Demnach ist bereits das Anschauen von einem illegalen Stream rechtswidrig und kann daher Sanktionen nach sich ziehen. Nach Ansicht des Gerichts ist davon auszugehen, „dass sich Nutzer immer dann illegal verhalten, wenn sie von der Rechtswidrigkeit des verbreiteten Streams Kenntnis hatten oder diese hätten haben müssen“.
Droht wegen einem Stream eine Abmahnung?
Gegen eine Urheberrechtsverletzung geht der geschädigte Rechteinhaber in der Regel mit einer Abmahnung vor. Dabei handelt es sich um eine zivilrechtliche Maßnahme zur Prozessvermeidung, welche eine außergerichtliche Einigung anstrebt.
Ein entsprechendes Abmahnschreiben wird dabei in den meisten Fällen von einem auf Urheberrecht spezialisierten Anwalt aufgesetzt und erfüllt gleichzeitig mehrere Funktionen:
- Warnfunktion
- Streitbeilegungfunktion
- Kostenvermeidungsfunktion
Eine Abmahnung soll den Empfänger über sein rechtswidriges Verhalten informieren. Damit diese Warnfunktion vorliegt, ist die abgemahnte Tätigkeit explizit zu benennen. Die Streitbeilegungsfunktion ergibt sich aus dem Streben nach einer außergerichtlichen Einigung, was zugleich auch dazu führt, die möglichen Kosten zu reduzieren. Denn dadurch lassen sich die Ausgaben einer Gerichtsverhandlung vermeiden.
Bislang war eine Abmahnung wegen einem Stream für reine Zuschauer sehr unwahrscheinlich, denn die Ermittlungen richteten sich vor allem gegen die Betreiber der Plattformen oder die Verantwortlichen, welche die Videos fürs Streaming hochgeladen hatten.
Dies kann sich aber aufgrund des Urteils des EuGH vom 26.04.2017 ändern. Allerdings halten Rechtsanwälte die Gefahr einer Abmahnwelle aufgrund von Streaming aktuell für eher gering. Denn bislang ist unklar, laut welchen Kriterien Nutzer die Rechtswidrigkeit eines Streams erkennen sollen.
Ein weiteres Hindernis für massenhafte Abmahnungen ist die Identifizierung der Rechtsverletzer. Denn dafür muss die IP-Adresse der Nutzer vorliegen. Diese sind jedoch ausschließlich bei den Streaming-Portalen verzeichnet, welche versuchen werden, ihre Kunden zu schützen. Ein höheres Risiko besteht hingegen für registrierte Nutzer, da diese persönliche Daten auf den Portalen hinterlassen.