Familiennachzug: Wie beeinflusst subsidiärer Schutz das Nachzugsverfahren?

Warum benötigt ein subsidiär Schutzberechtigter eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 des AufenthG? Subsidiärer Schutz setzt beim Familiennachzug voraus, dass die hierzulande lebende Bezugsperson einen Aufenthaltstitel besitzt, der ihren Aufenthalt aus humanitären Gründen nachweist.
Warum benötigt ein subsidiär Schutzberechtigter eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 des AufenthG? Subsidiärer Schutz setzt beim Familiennachzug voraus, dass die hierzulande lebende Bezugsperson einen Aufenthaltstitel besitzt, der ihren Aufenthalt aus humanitären Gründen nachweist.

FAQ: Subsidiärer Schutz beim Familiennachzug

Ist ein Familiennachzug auch zu einem subsidiär Schutzberechtigten möglich?

Ja, ausländische Familienmitglieder können auch zu einer Bezugsperson nachziehen, die subsidiär schutzberechtigt ist. Das gilt sowohl für die nachziehende Kernfamilie eines erwachsenen subsidiär Schutzberechtigten als auch eines minderjährigen Kindes mit subsidiärem Schutz. Mehr dazu hier.

Setzt subsidiärer Schutz beim Familiennachzug eine fristwahrende Anzeige voraus?

Nein, es ist in der Regel keine fristwahrende Anzeige für den Familiennachzug notwendig. Subsidiärer Schutz – sofern die Bezugsperson diesen genießt – befreit antragstellende Familienangehörigen von der 3-Monats-Frist. Sie müssen Ihren Antrag also nicht zwingend innerhalb von 3 Monaten nach der Erteilung des Schutzstatus stellen, wie das z. B. bei anerkannten Flüchtlingen und Asylberechtigten der Fall ist.

Welche Anforderungen gelten für den Familiennachzug, wenn zuvor subsidiärer Schutz gewährt wurde?

Anders als beim Antrag auf Familiennachzug zu anderen Personengruppen, gelten im Rahmen des subsidiären Schutzes der Bezugsperson hier andere Voraussetzungen. Diese betreffen bspw. den Nachweis des konkreten Härtefalls, wegen dem ein Nachzug erforderlich ist. Mehr erfahren Sie in diesem Abschnitt.

Rechtsgrundlage: Familiennachzug & subsidiärer Schutz im AufenthG

Ihr Antrag hat keine Frist beim Familiennachzug. Subsidiärer Schutz setzt nämlich keine fristwahrende Anzeige voraus.
Ihr Antrag hat keine Frist beim Familiennachzug. Subsidiärer Schutz setzt nämlich keine fristwahrende Anzeige voraus.

Grundsätzlich sind Sie immer dann subsidiär schutzberechtigt, wenn Ihnen weder die Flüchtlingseigenschaft noch eine Asylberechtigung in Deutschland erteilt werden konnte, Sie aber dennoch nicht in Ihr Herkunftsland zurückkehren können.

Gemäß § 4 Abs. 1 des Asylgesetzes (AsylG) ist letzteres gegeben, wenn eine Ausreise einen „ernsthaften Schaden“ für Sie bedeuten würde (d. h. Sie werden zum Tode verurteilt, menschenunwürdig behandelt, durch eine kriegerische Auseinandersetzung bedroht etc.). Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) kann Ihnen dann über eine Aufenthaltserlaubnis einen Aufenthalt aus humanitären Gründen in Deutschland gewähren (§ 25 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG)).

Es besteht nach § 36a Abs. 1 des AufenthG jedoch kein gesetzlicher Anspruch auf einen Familiennachzug, obwohl Ihnen subsidiärer Schutz zuerkannt wurde. Die Antragsgenehmigung liegt stattdessen im Ermessen des BAMF. Das bedeutet, es stellt die positiven Aspekte den negativen gegenüber und entscheidet anschließend einzelfallabhängig darüber, ob Ihr Antrag genehmigt wird oder nicht:

  • Falls Sie besondere Integrationsleistungen wie den Besuch von Deutschkursen, ehrenamtliche Tätigkeiten etc. vorweisen können, beeinflusst dies Ihre Chancen auf eine Genehmigung mitunter positiv.
  • Begehen Sie eine Straftat, die nicht die Kriterien in § 36a Abs. 3 Nr. 2 des AufenthG erfüllt (bspw. mit einer Freiheitsstrafe von weniger als 1 Jahr), disqualifiziert Sie das nicht vom Familiennachzug. Subsidiärer Schutz befreit Sie jedoch auch nicht von negativen Konsequenzen. Weil die Tat nämlich trotzdem vom BAMF berücksichtigt werden muss, wirkt sie sich in der Regel negativ auf Ihren Antrag aus.

Wichtig: Bis zum 31. Juli 2018 fand in Deutschland eine zeitweilige Aussetzung vom Familiennachzug statt. Subsidiärer Schutz garantierte während dieses Zeitraums also weder einen Anspruch noch ein Anrecht auf eine Familienzusammenführung. Seit dem 1. August 2018 wird letzteres wieder in eingeschränkter Form gewährleistet. § 36a Abs. 2 S. 2 des AufenthG sieht hierbei eine allgemeine Obergrenze von 1.000 Visa pro Monat für Familiennachzüge zu subsidiär Schutzberechtigten vor.

Der Härtefall-Familiennachzug – was subsidiärer Schutz für Voraussetzungen hat

Familiennachzug: Subsidiärer Schutz erfordert, dass humanitäre Gründe einen Nachzug notwendig machen.
Familiennachzug: Subsidiärer Schutz erfordert, dass humanitäre Gründe einen Nachzug notwendig machen.

Welche Anforderungen hat ein Familiennachzug, wenn subsidiärer Schutz im Spiel ist? Anders als bei einer herkömmlichen Familienzusammenführung sind Sie bspw. weder verpflichtet, einen Nachweis für genügend Wohnraum noch für die Sicherung des Lebensunterhalts aus eigenen finanziellen Mitteln zu erbringen (können dies aber freiwillig tun).

Sowohl die Bezugsperson als auch die nachziehenden Familienangehörigen müssen allerdings trotzdem einige Voraussetzungen erfüllen, um einen Nachzug nach Deutschland zu ermöglichen:

  • Gemäß § 36a Abs. 1 S. 1 des AufenthG darf lediglich die Kernfamilie nachziehen (d. h. minderjährige Kinder, Ehe-/Lebenspartner oder die Eltern von unbegleiteten Minderjährigen).
  • Es müssen humanitäre Gründe für den Nachzug vorliegen. Dazu zählen nach § 36a Abs. 2 z. B. wenn die Familie seit langem getrennt ist oder im Herkunftsland lebensbedrohliche Umstände aufgrund von kriegerischen Auseinandersetzungen, politischer Verfolgung etc. herrschen. Auch falls die Bezugsperson bzw. ein anderer Angehöriger pflegebedürftig, schwerbehindert oder schwer erkrankt ist, kann ein solcher Härtefall sein.

Der Antragsteller muss jeden humanitären Grund für den Familiennachzug belegen können. Subsidiärer Schutz betrifft schließlich nicht nur die Bezugsperson, die bereits eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 des AufenthG erhalten hat, sondern auch die nachziehenden Familienmitglieder, die nach der Einreise ebenfalls eine Aufenthaltserlaubnis in Deutschland beantragen müssen. Als Nachweis bietet sich hier bspw. ein ärztliches Attest an. Dieses sollte allerdings nicht nur eine Diagnose für eine Erkrankung, Schwerbehinderung oder Pflegebedürftigkeit enthalten. Auch deren Schweregrad und Folgen (absehbare Einschränkungen, Behandlungsmöglichkeiten etc.) sowie die konkreten Untersuchungen, durch die der Arzt zu seiner Beurteilung gekommen ist, sollten nicht fehlen.

Wichtig: Weil das BAMF eine Ermessensentscheidung über Ihren Antrag trifft, ist es prinzipiell möglich, dass Ihnen die Familienzusammenführung gewährt wird, obwohl Sie nicht alle nötigen Anforderungen erfüllen. Dabei handelt es sich um einen sogenannten privilegierten Familiennachzug. Nicht nur subsidiärer Schutz ermöglicht allerdings einen solchen erleichterten Nachzug. Angehörige von Flüchtlingen und Asylberechtigten können davon ebenfalls profitieren. 

Letztere Personengruppen unterliegen aber im Gegensatz zu den Familienmitgliedern von subsidiär Schutzberechtigten nicht der 1.000-Visa-Obergrenze nach § 36a Abs. 2 S. 2 des AufenthG. Diese gilt für alle Familiennachzüge zu einer Bezugsperson mit subsidiärem Schutz – egal ob sie unter privilegierten oder regulären Voraussetzungen erfolgen – und funktioniert wie folgt:

  • 1.000 Personen, die bereits vom BAMF für einen Nachzug zugelassen sind, werden durch das Bundesverwaltungsamt (BVA) bestimmt.
  • Liegen mehr genehmigte Anträge vor als die Obergrenze erlaubt, entscheidet das BVA anhand der Integrationsleistungen, dem Kindeswohl und den vorliegenden Gründen für die Familienzusammenführung, wer ein Visum bekommt und wer nicht. 
  • Sollten Ihre Familienmitglieder nicht unter den 1.000 Personen sein, müssen weder Sie noch Ihre Angehörigen erneut einen Antrag stellen. Die ursprüngliche Antragstellung wird auch für die nächste Auswahl erneut berücksichtigt.
Deutsche Behörden können einen Familiennachzug ablehnen, obwohl subsidiärer Schutz vorliegt, wenn eins der Ausschlusskriterien zutrifft.
Deutsche Behörden können einen Familiennachzug ablehnen, obwohl subsidiärer Schutz vorliegt, wenn eins der Ausschlusskriterien zutrifft.

Neben den genannten Voraussetzungen gibt es auch Ausschlusskriterien. Sobald mindestens eines davon auf Sie zutrifft, untersagt Ihnen das BAMF grundsätzlich sofort den Familiennachzug (egal ob subsidiärer Schutz schon besteht oder in absehbarer Zeit noch gewährt wird).

Zu diesen Kriterien gehören gemäß § 36a Abs. 3 des AufenthG z. B.:

  1. Die Ehe/Lebenspartnerschaft mit dem Ehe-/Lebenspartner, der nachziehen soll, wurde erst nach der Flucht der subsidiär schutzberechtigten Bezugsperson geschlossen (d. h. nachdem diese Person das ursprüngliche Heimatland verlassen hat, um in Deutschland eine Aufenthaltserlaubnis zu beantragen). 
  2. Die hierzulande lebende Bezugsperson wurde aufgrund einer in § 36a Abs. 3 Nr. 2 genannten schweren Straftat verurteilt. Dazu zählen z. B. eine oder mehrere Freiheits-/Jugendstrafen von mindestens 1 Jahr und Verurteilungen wegen unerlaubten Herstellens, Anbaus oder Handels mit Betäubungsmitteln (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG)).
  3. Eine Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis, die der Bezugsperson subsidiären Schutz und damit einen Aufenthalt in Deutschland garantiert, ist ausgeschlossen.
  4. Die Bezugsperson hat eine Grenzübertrittsbescheinigung beantragt, weil sie von der Ausländerbehörde dazu aufgefordert wurde, innerhalb einer bestimmten Frist Deutschland zu verlassen. Die Bescheinigung dient hier als Nachweis dafür, dass derjenige aus der Bundesrepublik ausgereist ist.

Antrag auf Familiennachzug und subsidiärer Schutz – wichtige Unterlagen

Was benötigen Sie für den Familiennachzug, wenn subsidiärer Schutz besteht? Beim Termin darf z. B. ein Ausweisdokument nicht fehlen.
Was benötigen Sie für den Familiennachzug, wenn subsidiärer Schutz besteht? Beim Termin darf z. B. ein Ausweisdokument nicht fehlen.

Möchten Familienangehörige einen persönlichen Termin für einen Familiennachzug beantragen, dem subsidiärer Schutz als Kriterium zugrunde liegt, können sie das bei der zuständigen deutschen Auslandsvertretung tun. Dazu gehören bspw. eine deutsche Botschaft oder ein deutsches Generalkonsulat im jeweiligen Herkunftsland. Die Bezugsperson muss hingegen einen Termin zur Vorsprache bei der Ausländerbehörde in Deutschland vereinbaren.

Zum Termin selbst sollten dann beide Parteien die zum Familiennachzug jeweils geforderten Unterlagen mitbringen. Darin inbegriffen sind unter anderem folgende Dokumente:

  1. das ausgefüllte Antragsformular
  2. eine E-Mail, die den gebuchten Termin bestätigt
  3. ein gültiger Reisepass oder Personalausweis
  4. Geburtsurkunden der nachziehenden Familienangehörigen (besonders bei minderjährigen Kindern wichtig)
  5. eine Lebenspartnerschafts- oder Heiratsurkunde (sofern vorhanden)

Als Bezugsperson benötigen Sie zudem noch einen Krankenversicherungsnachweis und einen gültigen Aufenthaltstitel. Ihre Angehörigen müssen zusätzlich von jeder Person ein biometrisches Passfoto mitbringen. Sprachkenntnisnachweise können mitunter auch notwendig sein (bspw. ein A1-Niveau in Deutsch bei Ehe-/Lebenspartnern und C1-Niveau bei Kindern ab 16 Jahren).

Solche Nachweise sind allerdings nicht nötig, falls der Spracherwerb vor der Familienzusammenführung aufgrund von geistigen oder körperlichen Einschränkungen unmöglich bzw. unzumutbar ist.

Wichtig: Im Gegensatz zum Recht auf Familiennachzug fällt subsidiärer Schutz mit der Volljährigkeit nicht weg (d. h. wenn die Bezugsperson in Deutschland ein minderjähriges Kind ist, verliert es nicht seinen subsidiären Schutzstatus, wenn es das 18. Lebensjahr erreicht). Allerdings verlieren die ausländischen Eltern des Kindes durch dessen Volljährigkeit das Recht auf eine Familienzusammenführung nach § 36a Abs. 1 des AufenthG. Ein Nachzug ist dann nur noch möglich, wenn ein außergewöhnlicher Härtefall vorliegt. Das betrifft bspw. volljährige Kinder, die ohne ihre Eltern nicht eigenständig leben können, weil sie auf deren Hilfe, Pflege etc. angewiesen sind.

Für den Familiennachzug zu den Eltern ist es hingegen wichtig, dass der Antrag gestellt wird, bevor das minderjährige Kind im Herkunftsland volljährig wird. Danach gilt ebenfalls die Härtefallregelung.

Quellen und weiterführende Links

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Über den Autor

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Arnhold H.

Arnhold hat Abschlüsse in Musik- und Medienwissenschaften von der Humboldt-Universität zu Berlin. Seit 2024 verstärkt er das Team von anwalt.org. Dabei liegen seine Schwerpunkte mitunter im Verkehrsrecht sowie diversen, kleineren Rechtsthemen.

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