Das am 1. November 2024 in Kraft getretene Selbstbestimmungsgesetz sieht unter Umständen eine Strafe für absichtliches Misgendern oder Deadnaming vor: ein Bußgeld bis zu 10.000 Euro. Darüber, welche Handlungen das neue Gesetz genau erfasst, wird zur Zeit heftig diskutiert.
Welche Strafe folgt auf Misgendern und Deadnaming?
Auf TikTok startete eine Debatte rund um die Konsequenzen einer Beleidigung von transgeschlechtlichen (trans) Menschen aufgrund ihres Geschlechts oder ihrer geschlechtlichen Identität. Zu diesen Handlungen zählt beispielsweise das Betiteln einer trans Person als Mann, die sich allerdings als Frau identifiziert. Unsicherheit besteht darüber, ob solches Verhalten strafrechtlich verfolgbar ist. Das neue Selbstbestimmungsgesetz führt in einigen Fällen Strafen für absichtliches Misgendern und Deadnaming auf. Doch was genau wird bestraft und was ist Deadnaming und Misgendern überhaupt?
- Deadnaming: Der “Deadname” (engl. für „toter Name“) bezeichnet den Vornamen einer trans-, intergeschlechtlichen oder non-binären Person, der ihr bei der Geburt gegeben wurde. Er wird oft durch einen passenden Namen ersetzt, wenn die Person ihre Geschlechtsidentität erkennt. Wenn sie dann mit ihrem Deadnamen angesprochen wird, heißt das “Deadnaming”.
- Misgendern: Sprechen Menschen über eine Person mit der falschen geschlechtlichen Bezeichnung oder ordnen ihr das falsche Geschlecht zu, wird das als „Misgendern“ bezeichnet.
Das neue Selbstbestimmungsgesetzes (SBGG) trat am 1. November 2024 in Kraft. In dem Art. 13 SBGG ist das Offenbarungsverbot festgehalten. Danach dürfen frühere Geschlechtseinträge nicht offenbart oder ausgeforscht werden. Eine Ausnahme besteht, wenn die betroffene Person dem zustimmt. Die Regelung soll die neue Identität, die Privatsphäre und persönliche Würde der nichtbinären, trans- und intersexuellen Menschen schützen. Damit jemand wegen eines Verstoßes gegen das Offenbarungsverbot bestraft werden kann, muss er zudem der betroffenden trans Person absichtlich schaden wollen. Die Strafe fürs Misgendern oder für einen anderen Verstoß gegen dieses Verbot regelt der § 14 Abs. 2 SBGG, der den Verstoß zudem als Ordnungswidrigkeit einordnet.
“Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu zehntausend Euro geahndet werden.”
Art. 14 Abs. 2 SBGG
Das Offenbarungsverbot in der Kritik
Nicht immer erfolgt eine Strafe fürs Misgendern oder Deadnaming. Es hängt immer vom Einzelfall ab, ob die Äußerung einer Person unter das Offenbarungsverbot fällt.
Folgendes ist u. a. nicht vom Offenbarungsverbot erfasst:
- Wenn sich zwei Menschen über eine trans Person unterhalten, die sie von früher kennen, und dabei das ursprüngliche Geschlecht erwähnen.
- Wenn man einer trans Person, die sich als Frau identifiziert, sagt, sie sei ein Mann. Schließlich weiß die Person selbst um ihren früheren Geschlechtseintrag. Eine solche Bemerkung kann aber eventuell als Beleidigung nach § 185 StGB bewertet werden.
Die „deutsche Gesellschaft für Trans*- und Inter*geschlechtlichkeit e.V.“ (dgti) kritisiert, dass vorsätzliches Misgendern nicht ausdrücklich im Gesetz geregelt ist und nur als Ordnungswidrigkeit verfolgt werden kann. Sie rügt die Ausnahmen des Offenbarungsverbots – denn für transfeindliche Ehepartner und weitere Angehörige gilt das Verbot nicht. Zudem fordert sie die Aufnahme von Beleidigungen auf der Basis von Geschlecht und geschlechtlicher Identität in den § 192a StGB (Hassrede-Paragraph).