Kontingentflüchtling: Erleichterte Aufnahme für Schutzsuchende

Was sind Kontingentflüchtlinge?
Was sind Kontingentflüchtlinge?

FAQ: Kontingentflüchtling

Was versteht man unter dem Begriff Kontingentflüchtlinge?

Kontingentflüchtlinge sind laut Definition im Asylrecht Menschen, die aus humanitären Gründen Krisengebiete verlassen. Sie erhalten in Deutschland eine Aufenthaltserlaubnis, ohne ein Asyl- oder Anerkennungsverfahren durchlaufen zu müssen. Sie dürfen nach Deutschland in einer festgelegten Anzahl (Kontingent) einwandern.

Wo finden Sie die Regelungen für Kontingentflüchtlinge?

Die Aufnahme von Flüchtlingen aus humanitären Gründen ist in den §§ 23 und 24 AufenthG geregelt. Auch wenn der Begriff “Kontingentflüchtling” nicht enthalten ist, regelt § 24 AufenthG die Aufenthaltsgewährung zum vorübergehenden Schutz und § 23 AufenthG die Aufnahmezusage aus humanitären oder völkerrechtlichen Gründen oder zur Wahrung besonders gelagerter politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland.

Wann können Kontingentflüchtlinge eine Aufenthaltserlaubnis erhalten?

Ein Kontingentflüchtling muss kein Asylverfahren durchlaufen oder ein sonstiges Anerkennungsverfahren. Mit der Ankunft in Deutschland erhält er eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen.

Was ist ein Kontingentflüchtling?

Ein Kontingentflüchtling benötigt ein Visum zur Einreise oder eine Anordnung vom BMI.
Ein Kontingentflüchtling benötigt ein Visum zur Einreise oder eine Anordnung vom BMI.

Wenn Menschen aus Kriegsgebieten flüchten, ist die Notlage bei ihnen oft groß. Aus diesem Grund existiert in den Staaten die Regelung zu den Kontingentflüchtlingen. Der Kontingentflüchtling ist laut Definition eine Person, die aus humanitären oder völkerrechtlichen Gründen aus Krisengebieten flüchtet und für die Aufnahme im Zielstaat keinen Asylantrag stellen muss. Der Staat regelt die Anzahl der Flüchtlinge, die aufgenommen werden können; das Kontingent. Daher stammt auch die Bezeichnung des Begriffs.

Ein Kontingentflüchtling durchläuft kein Asylverfahren, sondern erhält direkt einen Aufenthaltstitel. Er benötigt jedoch ein Visum zur Einreise. Alternativ kann das Bundesministerium des Innern die Aufnahme anordnen.

Beispiele für Herkunftsländer der Kontingentflüchtlinge

Ende der 70er Jahre bis Mitte der 80er Jahre nahm Deutschland 30.000 Kontingentflüchtlinge aus Vietnam auf, die mit dem Boot auf der Flucht waren. Große Bedeutung bekam der Begriff vom Kontingentflüchtling mit den jüdischen Migranten, die seit 1991 aus der ehemaligen Sowjetunion kamen und immer noch aus den Nachfolgestaaten kommen. Auch der Bürgerkrieg in Syrien führte zu der Flucht von zahlreichen Menschen unter anderem nach Deutschland in den Jahren 2013 und 2014.

Im März 2022 gab es zudem einen Andrang von jüdischen Zuwanderern aus der Ukraine. Der Kontingentflüchtling aus der Ukraine konnte zusätzlich zu dem Antrag bei der deutschen Auslandsvertretung im Herkunftsland nach § 23 Abs. 2 AufenthG aufgenommen werden.

Wie viele Kontingentflüchtlinge gibt es in Deutschland?

Kontingentflüchtlinge: Die Aufteilung erfolgt nach einem System auf die Bundesländer.
Kontingentflüchtlinge: Die Aufteilung erfolgt nach einem System auf die Bundesländer.

Die Anzahl der Kontingentflüchtlinge verteilt sich in Deutschland nach dem Königsteiner Schlüssel. Das Gesamtkontingent an aufgenommenen Personen verteilt sich nach vorher festgelegten Quoten auf die Bundesländer. Das Verteilungsmodell Königsteiner Schlüssel vereinbarten die 16 Bundesländer. Die Aufteilung erfolgt je nach Wirtschaftskraft und Fläche des einzelnen Landes. Zweck der Regelung ist eine gerechte Lastenverteilung in Deutschland. 

boxAus der Sowjetunion nahm Deutschland von 1991 bis 2004 rund 220.000 Kontingentflüchtlinge auf. 2013 und 2014 flüchteten 20.000 Menschen aus Syrien.

Verfahren zur Aufnahme von einem Kontingentflüchtling

Bis 2014 lief das Verfahren zur Aufnahme und Verteilung von einem Kontingentflüchtling nach dem Humanitären Aufnahmeprogramm (HAP) ab. Danach nahm Deutschland die Flüchtlinge auf und es erfolgte eine Verteilung auf die Bundesländer nach dem oben beschriebenen Königsteiner Schlüssel. Aktuell weisen die Bundesländer neben dem Bund eigene Aufnahmeprogramme auf, die besondere Bedingungen und unterschiedliche Kontingente beinhalten. Resettlement-Programme, bei denen Gruppen von Menschen zu Beginn ihrer Aufnahme in Deutschland weitgehende Teilhaberecht haben, gewinnen immer mehr an Bedeutung. Auch bei diesen Personen ist mit einer Rückkehr in ihr Heimatland nicht zu rechnen. Die Neuansiedlung von Resettlement-Flüchtlingen ist in § 23 Absatz 4 AufenthG geregelt.

Rechte eines Kontingentflüchtlings

Ein Kontingentflüchtling hat einen Anspruch auf die Teilnahme an einem Integrationskurs und an Qualifizierungsmaßnahmen ab dem ersten Tag seines Aufenthaltes in Deutschland. Er hat ebenfalls die Möglichkeit, eine Arbeitserlaubnis zu erlangen. 

Was besagt das Kontingentflüchtlingsgesetz?

Das “Gesetz über Maßnahmen für im Rahmen von humanitären Hilfsaktionen aufgenommenen Flüchtlinge” bildete von 1980 bis 2005 die Rechtsgrundlage für die Aufnahme von Kontingentflüchtlingen. Seit 2005 bilden die §§ 23 und 24 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) die rechtliche Grundlage für humanitäre Aufnahmen von Flüchtlingen durch die Landesbehörden oder die Bundesregierung, auch wenn sie den Begriff Kontingentflüchtling nicht explizit enthalten. Die rechtlichen Voraussetzungen für humanitäre Aufnahmeprogramme des Bundes sind in § 23 Abs. 2 AufenthG festgehalten. 

“Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat kann zur Wahrung besonders gelagerter politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland im Benehmen mit den obersten Landesbehörden anordnen, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Ausländern aus bestimmten Staaten oder in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen eine Aufnahmezusage erteilt. Ein Vorverfahren nach § 68 der Verwaltungsgerichtsordnung findet nicht statt. Den betroffenen Ausländern ist entsprechend der Aufnahmezusage eine Aufenthaltserlaubnis oder Niederlassungserlaubnis zu erteilen. Die Niederlassungserlaubnis kann mit einer wohnsitzbeschränkenden Auflage versehen werden.”

Härtefallfonds für Kontingentflüchtlinge 

Ab Mitte Januar 2023 bis Ende Januar 2024 bestand die Möglichkeit für Kontingentflüchtlinge bei der Geschäftsstelle der Stiftung “Härtefallfonds” einen Antrag zur Abmilderung ihrer empfundenen Härten zu stellen. 2.500 Euro als Einmalzahlung konnten die Flüchtlinge bei der beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales eingerichteten Stiftung beantragen. Diese Leistung war für jüdische Kontingentflüchtlinge und Spätaussiedler als Härtefälle in der Ost-West-Rentenüberleitung gedacht. Für Kontingentflüchtlinge muss die Rente in Grundsicherungsnähe liegen. 

Für den Kontingentflüchtling sieht die Rentenversicherung eine Anrechnung der Arbeitszeit im Herkunftsland nur vor, wenn ein Abkommen mit dem Staat besteht oder wenn es sich um anerkannte Vertriebene oder Spätaussiedler handelt, nicht den Kontingentflüchtling. Grundsätzlich zahlt der deutsche Staat nur die Rente für die nach seinem Recht zurückgelegten Versicherungszeiten.

Die Aufenthaltserlaubnis für den Kontingentflüchtling

Für die Aufenthaltserlaubnis muss ein Kontingentflüchtling kein langwieriges Verfahren durchlaufen.
Für die Aufenthaltserlaubnis muss ein Kontingentflüchtling kein langwieriges Verfahren durchlaufen.

Kontingentflüchtlinge können eine Aufenthaltserlaubnis erhalten nach der Aufnahmezusage ohne ein großes Verfahren zu durchlaufen. Dann bekommt der Kontingentflüchtling einen unbefristeten Aufenthaltstitel. Die §§ 23 und 24 AufenthG regeln das Verfahren der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis.

Die Einbürgerung können Kontingentflüchtlinge durchlaufen, wenn sie die  Voraussetzungen erfüllen. Für sie gelten dieselben Bedingungen. Das geforderte unbefristete oder auf Dauer angelegte Aufenthaltsrecht liegt bei ihnen in Ihrem Status als Kontingentflüchtling. Für den Kontingentflüchtling wird eine Bescheinigung ausgestellt. Nach der Aufnahmezusage bekommen sie eine Aufenthaltserlaubnis oder Niederlassungserlaubnis. Hat ein Kontingentflüchtling seine Bescheinigung verloren, kann die zuständige Behörde eine neue ausstellen.

Quellen und weiterführende Links

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Über den Autor

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Franziska S.

Franziska ist seit 2024 Bestandteil des Redaktionsteams von anwalt.org. Sie studierte Rechtswissenschaften an der Humboldt-Universität zu Berlin. Ihr Wissen über das deutsche Rechtssystem nutzt sie für die Erstellung von Texten in Bereichen wie dem Insolvenzrecht sowie dem Asyl- und Migrationsrecht.

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