FAQ: Flüchtlingseigenschaft
Die Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 Asylgesetz ist ein besonderer rechtlicher Status für nicht-deutsche Menschen, die begründeterweise befürchten, in ihrem Herkunftsland aufgrund ihrer Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe verfolgt zu werden. An dieser Stelle erfahren Sie, welche Voraussetzungen genau für die Anerkennung als Flüchtling vorliegen müssen.
Asylberechtigte und Flüchtlinge genießen beide einen besonderen Schutz in Deutschland – allerdings aufgrund unterschiedlicher Rechtsgrundlagen. Während die Definition der Flüchtlingseigenschaft auf der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) beruht, ist das Asylrecht in der deutschen Verfassung festgeschrieben. In diesem Abschnitt gehen wir genauer auf die Unterschiede ein.
Flüchtlinge im rechtlichen Sinne genießen einen besonderen Schutz. Diese Menschen mit Flüchtlingseigenschaft haben nach § 25 Abs. 2 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis. Hier erklären wir die Rechtsfolgen der Anerkennung als Flüchtling genauer.
Inhalt
Wer bekommt die Flüchtlingseigenschaft?
Im allgemeinen Sprachgebrauch bezeichnen wir oft alle Menschen als Flüchtlinge, die vor Naturkatastrophen, Hungersnot, Krieg oder Armut fliehen. Damit genießen sie aber nicht automatisch rechtlichen Schutz. Nur Flüchtlinge im völker- und asylrechtlichen Sinne stehen unter besonderem Schutz. Nur Letztere dürfen beispielsweise nicht in den Staat ausgewiesen werden, in dem ihnen die Verfolgung droht.
In der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) von 1951 – einem völkerrechtlichen Abkommen – ist genau definiert, wer rechtlich als Flüchtling gilt und welche Rechte ihm aufgrund dessen zustehen. In Deutschland wurden die völkerrechtlichen Regelungen hierzu im Asylgesetz, insbesondere in den §§ 3 – 3e AsylG, umgesetzt.
Flüchtlingseigenschaft: Definition gemäß § 3 AsylG
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) prüft im Rahmen eines Asylverfahrens, ob sämtliche Voraussetzungen für die Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft vorliegen. Dies sind:
- Begründete Furcht vor der Verfolgung (Verfolgungsprognose): Das BAMF prüft zunächst die Frage, ob eine Verfolgung der schutzsuchenden Person wahrscheinlich ist, wenn sie in ihr Herkunftsland zurückkehrt. Dabei berücksichtigt das Amt einerseits die Angaben dieser Person zu ihren Fluchtgründen. Andererseits spielt die aktuelle Situation im Herkunftsland eine zentrale Rolle.
- Verfolgungshandlung: Unter Verfolgung sind zunächst einmal schwere Verletzungen von Menschenrechten zu verstehen. Die Menschenrechte umfassen unter anderem das Recht auf Leben, das Verbot der Folter, der Sklaverei sowie der willkürlichen Bestrafung. Die Flüchtlingseigenschaft kann laut § 3a AsylG auch gegeben sein, wenn der schutzsuchenden Person beispielsweise physische, psychische und sexuelle Gewalt und/oder eine „unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung“ drohen.
- Anerkannter Verfolgungsakteur: Häufig sind es Staaten, die Menschen aus verschiedensten Gründen verfolgen, oder Organisationen und Parteien, die zumindest teilweise Macht in diesem Staat ausüben. Die Flüchtlingseigenschaft kann aber auch dann zuerkannt werden, wenn die Verfolgung von nichtstaatlichen Akteuren ausgeht, beispielsweise von Kriminellen, privaten Milizen oder Familienmitgliedern (etwa bei einem drohenden Ehrenmord oder einer geplanten Zwangsverheiratung). Diese nichtstaatlichen Akteure werden aber nur dann als Verfolgungsakteure angesehen, wenn der Staat bzw. internationale Organisationen keinen anhaltenden, wirksamen Schutz gewährleisten können.
- Anerkannter Verfolgungsgrund nach § 3b AsylG: Die Flüchtlingseigenschaft wird nur zuerkannt, wenn die Verfolgung werden der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder der politischen Überzeugung droht. Dabei spielt es keine Rolle, ob die schutzsuchende Person dieses Merkmal tatsächlich aufweist. Es genügt, dass der Verfolger es ihr zuschreibt und sie deswegen verfolgt.
- Interner Schutz nicht verfügbar: Selbst dann, wenn eine Person von Verfolgung bedroht ist, wird ihre Flüchtlingseigenschaft nur dann anerkannt, wenn es in innerhalb ihres Herkunftslands keine Fluchtmöglichkeit gibt. Ein solcher interner Schutz ist nur dann gegeben, wenn die Person in diesem Landesteil Schutz finden kann, ohne dass sie dort die Verfolgung befürchten muss. Das bedeutet, ihre Menschenrechte sowie ihre wirtschaftliche und soziale Existenz müssen an diesem Ort gewahrt werden.
Wann wird die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt?
Das BAMF prüft im Rahmen des Asylverfahrens noch einen weiteren Punkt, nämlich ob Ausschlussgründe vorliegen.
Bestimmten Personen werden laut § 3 Abs. 2 AsylG von vornherein nicht als Flüchtling anerkannt, und zwar, …
- wenn konkrete Hinweise darauf vorliegen, dass sie ein Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder ein anderes völkerrechtswidriges Verbrechen begangen hat oder
- vor ihrer „Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat“ oder
- wenn sie „den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat“, was beispielsweise auf die Planung und Durchführung von terroristischen Anschlägen zutrifft oder
- wenn die schutzsuchende Person „eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland […] oder für die Allgemeinheit darstellt, weil [sie] wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist“ (siehe § 3 Abs. 4 AsylG in Verbindung mit § 60 Abs. 8 AufenthG).
Unterschied zwischen Asyl und Flüchtlingseigenschaft
Sowohl die Asylberechtigung als auch die Flüchtlingseigenschaft bieten ausländischen Menschen Schutz vor der Verfolgung. Dabei unterscheiden sich die beiden Schutzformen leicht.
Der Flüchtlingsschutz geht etwas weiter: Während die Asylberechtigung lediglich Menschen zusteht, die von ihrem Herkunftsstaat verfolgt werden, sogenannte „politisch Verfolgte“, bietet die Flüchtlingseigenschaft auch Schutz vor der Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure.
Darüber hinaus erhalten nur diejenigen Personen Asyl in Deutschland, die nicht über einen sicheren Staat nach Deutschland eingereist sind. Weil die Bundesrepublik nur von sicheren Staaten umgeben ist, erhalten diejenigen Menschen kein Asyl, die auf dem Landweg hierher geflohen sind. Für Flüchtlinge im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention und von § 3 AsylG gilt diese Einschränkung in Bezug auf die Einreise nicht.
Asylberechtigte besitzen zwar regelmäßig die Flüchtlingseigenschaft. Aber nicht jeder Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention ist automatisch asylberechtigt. Deshalb kann es passieren, dass die die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, die Asylanerkennung aber abgelehnt wird.
Asyl erhält in Deutschland nur, …
- wer in seinem Heimatland auf asylrechtlich relevante Weise durch den Staat verfolgt wird,
- deshalb nach Deutschland flieht, ohne über einen sicheren Drittstaat einzureisen und
- hier einen Asylantrag stellt.
Folgen der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft
- Schutzsuchende können nach Anerkennung ihrer Flüchtlingseigenschaft eine Aufenthaltserlaubnis beanspruchen. Dieser Aufenthaltstitel wird zunächst für drei Jahre erteilt – und im Anschluss verlängert, falls sich die Situation im Herkunftsland zwischenzeitlich nicht verbessert hat.
- Unter bestimmten Voraussetzungen können Flüchtlinge nach fünf Jahren einen dauerhaften Aufenthaltstitel, die Niederlassungserlaubnis, erwerben. Der Zeitraum lässt sich auf drei Jahre verkürzen, wenn sie die deutsche Sprache auf dem Niveau C1 beherrschen und ihr Lebensunterhalt weitestgehend gesichert ist.
- Außerdem haben Menschen mit Flüchtlingseigenschaft Anspruch auf einen Reiseausweis für Flüchtlinge (sogenannter GFK-Pass). Mit diesem Dokument dürfen sie ins Ausland reisen und wieder erneut in Deutschland einreisen. Sie sollten damit jedoch nicht in ihr Herkunftsland reisen, weil dadurch die Aufenthaltserlaubnis erlöschen kann.
- Flüchtlinge haben einen unbeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt, ohne dass sie dafür eine Genehmigung von der Ausländerbehörde benötigen. Sie dürfen außerdem studieren, wenn sie den erforderlichen fachlichen Vorkenntnisse und ausreichend Sprachkenntnisse nachweisen können.
- Darüber hinaus berechtigt die Flüchtlingseigenschaft zum privilegierten Familiennachzug.
- Anerkannte Flüchtlinge haben Anspruch auf eine Krankenversicherung und auf Sozialleistungen, falls sie sich nicht selbst versorgen können. Geflüchtete Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf Bildung und dürfen in Deutschland zur Schulde gehen. In der Regel sind sie sogar ab dem sechsten Lebensjahr schulpflichtig.
Die Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft ist nur in absoluten Ausnahmefällen möglich. Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass dies nur zulässig ist, wenn der Betroffene wegen einer besonders schwerwiegenden Straftat verurteilt wurde und eine erhebliche Gefahr für die Allgemeinheit von ihm ausgeht. Des Weiteren ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren, wobei die Interessen des Flüchtlings und das Sicherheitsinteresse des Staates gegeneinander abzuwägen sind.