FAQ: Abstammungsprinzip
Das Abstammungsprinzip, auch „Ius sanguinis“ (lateinisch für Recht des Blutes oder Blutrecht) genannt, ist eine Gesetzmäßigkeit im Staatsangehörigkeitsrecht. Sie steht im Gegensatz zum Geburtsortsprinzip bzw. „Ius soli“ (lat. Recht des Bodens), kann aber auch ergänzend zu diesem Anwendung finden. Neben der Einbürgerung stellen diese beiden Optionen die einzige Möglichkeit dar, die Staatsbürgerschaft eines Landes rechtmäßig zu erwerben.
Das Abstammungsprinzip geht von der Prämisse aus, dass die Staatsbürgerschaft der Eltern auch die der Kinder bestimmt. Hier finden Sie eine ausführlichere Erklärung dazu.
Der Geltungsbereich des Abstammungsprinzips umfasst unter anderem die Länder Europas sowie einen Großteil Afrikas, Asiens und Ozeaniens. In Nord-, Zentral- und Südamerika überwiegt hingegen hauptsächlich das Geburtsortsprinzip. Möchten Sie eine detailliertere Übersicht dazu, gibt es diese hier.
Ja. Auch in Deutschland gilt das Abstammungsprinzip. Allerdings findet das Ius soli seit dem 1. Januar 2000 gleichwertige Anwendung im deutschen Staatsangehörigkeitsrecht. Mehr dazu können Sie in diesem Abschnitt lesen.
Inhalt
Abstammungsprinzip: Was bedeutet eine „Staatsbürgerschaft durch Abstammung“?
Das Territorialprinzip und das Abstammungsprinzip bezeichnen zwei unterschiedliche Methoden der Staatsbürgerschaftserteilung, die im Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) verankert sind.
Anders als das Ius soli, bei dem der Erwerb an den Geburtsort gekoppelt ist, richtet sich das Ius sanguinis nach den nationalen Zugehörigkeiten der Eltern.
Das bedeutet, ein Kind erwirbt nach seiner Geburt die Staatsangehörigkeit eines oder beider Elternteile. Dabei spielt es auch keine Rolle, ob das Kind letztendlich auf dem Staatsgebiet des jeweiligen Landes oder im Ausland zur Welt kommt.
Wo das Abstammungsprinzip überall Anwendung findet, welche Richtlinien es dazu in Deutschland gibt und wie es sich auf den Erhalt von doppelten Staatsbürgerschaften auswirkt, können Sie in den nachfolgenden Textabschnitten erfahren.
Welche Länder haben das Abstammungsprinzip?
Im Gegensatz zu den Vereinigten Staaten, Kanada, Mexiko, Brasilien sowie einigen weiteren Staaten in Amerika und dem Rest der Welt, arbeiten die meisten Länder entweder ausschließlich mit dem Abstammungsprinzip oder einer Kombination aus beiden Varianten.
In folgenden Ländern ist das Ius sanguinis unter anderem gültig:
- Österreich
- Schweiz
- Niederlande
- Japan
- alle osteuropäischen Länder (ohne die Ukraine)
- alle Länder Afrikas (außer Tschad, Tansania und Lesotho)
- einige Territorien in der Karibik (die Bahamas, Haiti, Saint Martin/Sint Maarten, Aruba etc.)
- Belgien
- Italien
- China
- Indien
- alle skandinavischen Länder
- alle anderen Länder Asiens sowie des Nahen und Mittleren Ostens (ohne Pakistan)
- alle Länder Ozeaniens (außer Fidschi und Tuvalu)
Es gibt aber auch einige Länder, in denen sowohl das Geburtsorts- als auch das Abstammungsprinzip gelten. Zu diesen gehören bspw. folgende:
- Deutschland
- Frankreich
- Griechenland
- Portugal
- Israel
- Ägypten
- Kolumbien
- Australien und Neuseeland
- Vereinigtes Königreich
- Irland
- Spanien
- Ukraine
- Marokko
- Südafrika
- Iran
- Mongolei
Das Abstammungsprinzip in Deutschland
In Deutschland ist das Abstammungsprinzip neben dem Geburtsortsprinzip ein zentrales Kriterium für den Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft. Grundsätzlich kann ein Kind gemäß § 4 des StAG damit geboren werden, sofern mindestens ein Elternteil diese besitzt.
Es gibt hierbei jedoch unterschiedliche Fälle, denen jeweils andere Bedingungen für den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit zugrunde liegen:
- Eheliche Geburt: Bei allen Kindern, die seit dem 1. Januar 1975 ehelich geboren werden, muss einer der beiden Eltern deutsch sein.
- Uneheliche Geburt: Seit dem 1. Januar 1914 bzw. 1. Juli 1993 können deutsche Mütter oder Väter (mit gültiger Feststellung der Vaterschaft über einen Vaterschaftstest, bevor das Kind das 23. Lebensjahr erreicht) jeweils ihre deutsche Staatsbürgerschaft per Abstammungsprinzip an ihre nichtehelichen Kinder weitergeben.
- Geburt im Ausland, wenn die deutschen Eltern nach dem 31. Dezember 1999 ebenfalls nicht in Deutschland geboren wurden: In diesem Fall erhält das geborene Kind keine deutsche Staatsbürgerschaft, falls es durch die Geburt bereits eine ausländische erwirbt. Es besteht aber die Möglichkeit, innerhalb eines Jahres nach der Geburt des Kindes, diese rückwirkend beim zuständigen Standesamt oder der Auslandsvertretung zu beantragen.
- Adoption: Bei allen adoptierten Kindern muss seit dem 1. Januar 1977 mindestens ein Elternteil deutsch sein.
- Legitimation (d. h. die Eltern unehelicher Kinder heiraten): Dies gehört seit dem 1. Juli 1998 nicht mehr zum deutschen Recht. Vom 1. Januar 1914 bis zum 30. Juni 1998 ist es allerdings möglich gewesen, Kinder auch über eine nachträgliche Eheschließung zu „legitimieren“.
Wichtig: Alle Kinder ausländischer Eltern, die vor dem 1. Januar 2000 in Deutschland zur Welt gekommen sind, können nicht nachträglich vom Geburtsorts- oder Abstammungsprinzip profitieren. Sie erhalten damit also für ihre Geburt keine deutsche Staatsangehörigkeit. Über eine Einbürgerung ist das aber trotzdem jederzeit möglich.
Inwiefern ist eine doppelte Staatsbürgerschaft durch das Abstammungsprinzip möglich?
Durch das Abstammungsprinzip kann es mitunter vorkommen, dass ein Kind bei Geburt automatisch mehrere Staatsangehörigkeiten (zwei, drei etc.) erhält. Das ist z. B. möglich, wenn die Eltern jeweils unterschiedliche haben und beide Herkunftsländer das Ius sanguinis anerkennen.
So könnte also ein Kind, dessen Vater Deutscher und Mutter Amerikanerin ist, sowohl die deutsche als auch die amerikanische Staatsbürgerschaft bekommen. Ist der Vater stattdessen Italiener und lebt seit über fünf Jahren in Deutschland, kann das Kind mit der italienischen und den anderen Staatsangehörigkeiten zusammen bspw. auch drei nationale Identitäten haben.
Wichtig: Neben dem Abstammungsprinzip eine doppelte Staatsbürgerschaft in Deutschland uneingeschränkt erwerben und behalten zu dürfen, ist lange nicht zulässig gewesen. Mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts (StARModG) am 27. Juni 2024 ermöglichen das auch alle erfolgreich absolvierten Einbürgerungsverfahren.