FAQ: Fachkräfteeinwanderungsgesetz
Bei dem neuen Fachkräfteeinwanderungsgesetz verläuft das Inkrafttreten in mehreren Schritten. Während der erste Teil von diesem Gesetz, das Teil des Migrationsrechts in Deutschland ist, bereits im November 2023 in Kraft trat, wird der letzte Teil am 31. Dezember 2028 in Kraft treten.
Das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz sieht Neuerungen von verschiedenen Gesetzen vor, vor allem dem Aufenthaltsgesetz und dem Sozialgesetzbuch. Das wird als Artikelgesetz bezeichnet, da jeder Artikel eine andere Änderung von anderen Gesetzen vorsehen kann.
Reglementierte Berufe, für die Sie bestimmte Erfordernisse benötigen, sind rechtlich geschützt. Dazu gehören Ärzte oder Lehrer. Nur diese können mit einem Arbeitsvertrag in Deutschland die Vorteile der Fachkräfteeinwanderung genießen. Mit der Blauen Karte EU können Sie aber auch nicht reglementierte Berufe ausüben.
Inhalt
Was ist das Fachkräfteeinwanderungsgesetz?
Für Fachkräfte enthält das Einwanderungsgesetz Regelungen im Fachkräfteeinwanderungsgesetz (FEG) vom 15. August 2019. Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz, einfach erklärt, schafft neue Perspektiven für Fachkräfte aus Nicht-EU-Ländern. Es ermöglicht hochqualifizierten Menschen und solchen mit Berufsausbildung eine gezielte Einwanderung in den deutschen Arbeitsmarkt. Die Qualifikation und der wirtschaftliche Bedarf spielen dabei eine wichtige Rolle. Neben einem konkreten Arbeitsplatzangebot muss die Qualifikation gleichwertig, also der Beruf anerkannt sein.
Das Einwanderungsgesetz, auch Zuwanderungsgesetz genannt, umfasst verschiedene Gesetze zur Migration und Integration in der Bundesrepublik Deutschland. Auch das sogenannte “Gesetz zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung”, welches für das Fachkräfteeinwanderungsgesetz Neuerungen vorsieht, gehört zu diesen Gesetzen.
Das neue FEG-Gesetz setzt eine europäische Richtlinie (EU) 2021/1883 um, die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen, die eine hoch qualifizierte Beschäftigung ausüben, festlegt. Vor dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz 2019 legte das Aufenthaltsgesetz die Zuwanderung von Fachkräften aus Nicht-EU-Staaten auf Mangelberufe, auch als Engpassberufe bekannt, fest. Die Bundesagentur für Arbeit prüfte, ob Bewerber aus Deutschland vorrangig in Frage kommen.
Was ist der Inhalt des neuen Fachkräfteeinwanderungsgesetzes?
Die Reform vom Fachkräfteeinwanderungsgesetz ändert hauptsächlich das Aufenthaltsgesetz in den Themen der Voraussetzungen für die Blaue Karte EU und die Aufenthaltserlaubnis für Fachkräfte mit akademischer Ausbildung und Berufsausbildung. Es führt eine Chancenkarte ein, welche die Arbeitsplatzsuche erleichtern soll. Das Gesetz ist in verschiedene Artikel unterteilt, die jeweils Gesetze erneuern. Während das Fachkräfteeinwanderungsgesetz Änderungen des Aufenthaltsgesetzes in den Artikel 1 bis 4 vorsieht, regeln die weiteren Artikel unter anderem Neuerungen des Staatsangehörigkeitsgesetzes und einiger Sozialgesetzbücher.
Auf drei Säulen soll die Erwerbseinwanderung beruhen. Neben der Erfahrungssäule sollen laut Fachkräfteeinwanderungsgesetz die Fachkräfte- und die Potenzialsäule ausschlaggebend sein.
Die Fachkräftesäule umfasst die Blaue Karte EU, während die Erfahrungssäule den Fachkräften die Einwanderung ermöglicht, auch wenn der Berufsabschluss nicht vorher formal anerkannt ist. Ein Arbeitsvertrag in einem nicht reglementierten Beruf und mindestens zweijährige Berufserfahrung sowie ein bestimmtes Gehalt sind die Voraussetzungen. Wer nicht das notwendige Gehalt verdient, kann im Rahmen der Anerkennungspartnerschaft in Deutschland arbeiten und nebenbei das Anerkennungsverfahren für den Beruf durchlaufen. Im Rahmen der Potenzialsäule gibt es die Chancenkarte zur Arbeitssuche. Haben Fachkräfte noch keinen Arbeitsvertrag, kann ihr Potential anhand eines Punktesystems ermittelt werden.
Zunächst regelte das aktuelle Fachkräfteeinwanderungsgesetz die Blaue Karte EU ab November 2023 neu. Unter der Blauen Karte EU versteht man einen Aufenthaltstitel für Menschen außerhalb der EU, die einen akademischen Hochschulabschluss aufweisen und einen Arbeitsvertrag mit einem bestimmten Mindestbruttogehalt in Deutschland nachweisen können. Sie ist ein befristeter Aufenthaltstitel, der grundlegend für vier Jahre erteilt wird.
Fachkräfteeinwanderungsgesetz: Welche Berufe erfasst es?
Dabei unterscheidet das Gesetz zwischen verschiedenen Berufsgruppen; Engpassberufe und Regelberufe. Die ersten sind dabei solche Berufe, wo es an Fachkräften fehlt. Die Nachfrage nach diesem bestimmten Beruf ist in einer Region dabei kurzfristig höher als das Angebot. Vor allem in den Pflegeberufen, den Bau- und Handwerksberufen, den medizinischen Berufen, Erzieherberufen und IT-Berufen treten Engpässe auf. Regelberufe sind alle anderen Berufe, bei denen kein Engpass vorherrscht.
Das neue Gesetz senkt die Gehaltsschwellen für die Blaue Karte EU in Regel- und Engpassberufen deutlich herab. Um diese zu bekommen, müssen Einwanderer in Engpassberufen und Berufsanfänger nun nach dem neuen Fachkräfteeinwanderungsgesetz ein Mindestgehalt von 45,3 % der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung verdienen. Das sind im Jahr 2024 41.041,80 Euro. Alle anderen Berufe müssen 50 % davon beziehen.
Der Kreis der Personen, denen die Möglichkeit der Blauen Karte EU zusteht, wurde durch die Neuerungen erweitert. Nun haben auch Berufseinsteiger, die innerhalb der letzten drei Jahre ihren Hochschulabschluss erworben haben, ein Recht auf den Aufenthaltstitel, wenn sie das oben genannte Mindestgehalt erhalten.
IT-Spezialisten ohne Hochschulabschluss können nun die Blaue Karte erhalten, wenn sie mindestens drei Jahre gleichwertige Berufserfahrung aufweisen. Die Liste der Engpassberufe weitet das Fachkräfteeinwanderungsgesetz aus.
Die Blaue Karte EU können nun auch folgende Berufe erlangen, wenn alle anderen Voraussetzungen vorliegen:
- Führungskräfte in der IT, in Bereichen der Kinderbetreuung oder im Gesundheitswesen
- Führungskräfte in der Produktion bei der Herstellung von Waren, im Bergbau, im Bau und in der Logistik
- Tierärzte
- Zahnärzte
- Apotheker
- Akademische und vergleichbare Krankenpflege- und Geburtshilfefachkräfte
Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz erleichtert für Berufskraftfahrer die Einreise. Die Bundesagentur für Arbeit überprüft seit der Neuerung am 18. November 2023 nicht mehr, ob dieselbe Stelle mit einer in Deutschland arbeitssuchend gemeldeten Person besetzt werden kann (Sog. Vorrangprüfung). Genau so wenig prüft sie nun die Berufsausübungsvoraussetzungen oder das Vorliegen der Sprachkenntnisse bei Einreise. Der Berufskraftfahrer muss weiterhin die Voraussetzungen erfüllen, aber nicht mehr nachweisen, dass er eine EU- oder EWR Fahrerlaubnis oder eine Grundqualifikation besitzt. Diese Voraussetzungen prüft die Agentur für Arbeit nur noch im Einzelfall. Der Arbeitgeber führt in der Erklärung zum Beschäftigungsverhältnis aus, ob diese Bedingungen vorliegen.
Neue Regelungen zur Blauen Karte EU
Eine weitere Regelung des neuen Fachkräfteeinwanderungsgesetzes betrifft die kurzfristige und langfristige Mobilität. Hat ein anderer EU-Mitgliedstatt die Blaue Karte EU ausgestellt, kann der Berechtigte sich für höchstens 90 Tage in Deutschland zum Zwecke einer geschäftlichen Tätigkeit, die in direktem Zusammenhang mit seiner Beschäftigung steht, aufhalten. Eine Arbeitserlaubnis oder Visum sind nicht erforderlich.
Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz ermöglicht den Familiennachzug zu erleichterten Umständen. Familienmitgliedern von einem Inhaber der Blauen Karte EU, die in einem anderen EU-Mitgliedstaat gelebt haben, können nun mit einem Aufenthaltstitel aus einem anderen Mitgliedsstaat nach Deutschland einreisen. Sie müssen kein Visumverfahren durchlaufen. Der Nachweis ausreichenden Wohnraums ist nicht mehr notwendig. Nach dem neuen Fachkräfteeinwanderungsgesetz können Fachkräfte ihre Eltern nachholen, wenn sie Ihre Aufenthaltserlaubnis erstmals am oder nach dem 1. März 2024 erhalten.
Was regelt das Gesetz bezüglich der Ausbildung?
Weiterhin sieht das Fachkräfteeinwanderungsgesetz für eine Ausbildung, sowohl Berufsausbildung als auch akademische Ausbildung, Änderungen vor. Die Aufenthaltserlaubnis für beide Gruppen sind in § 18a und § 18b des Aufenthaltsgesetzes geregelt. Die Fachkräfte haben bei Vorlage der Voraussetzungen nun einen Anspruch auf die Aufenthaltserlaubnis. Des Weiteren sind sie bei der Berufswahl nicht mehr auf Beschäftigungen beschränkt, die in Zusammenhang mit ihrer vorherigen Ausbildung stehen. Eine Ausnahme gilt dabei für reglementierte Berufe, also solche, in denen Personen nur arbeiten dürfen, wenn sie eine ganz bestimmte Qualifikation aufweisen. Dazu gehören Ärzte, Krankenpfleger, Lehrer oder Rechtsanwälte.
Zudem enthält das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz für das Handwerk relevante Regelungen. Die Beschäftigungslücke in handwerklichen Berufen sollte dabei geschlossen werden. So sieht das Gesetz Vorschriften für eine Anerkennungspartnerschaft und für die Beschäftigung bei berufspraktischer Erfahrung vor.
Jedoch lässt das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz grundsätzlich die Zeitarbeit-Regelungen unverändert. Die Bundesagentur für Arbeit darf ihre Zustimmung zu der Erteilung eines Aufenthaltstitels weiterhin nicht erteilen, wenn der Einwandernde als Leiharbeiter arbeiten möchte. Kein Zustimmungserfordernis besteht jedoch nun dann, wenn Fachkräfte die Blaue Karte EU oder die Chancenkarte erhalten.
Was sagt das Fachkräfteeinwanderungsgesetz über die Chancenkarte?
Ab Juni 2024 sieht das neue Gesetz die Einführung einer Chancenkarte für den Aufenthalt zur Arbeitsplatzsuche vor. Diese können Drittstaatsangehörige bekommen, wenn sie eine voll gleichwertige ausländische Qualifikation nachweisen können.
Eine weitere Möglichkeit die Karte zu bekommen, ist das Erfüllen von folgenden Voraussetzungen:
- ausländischer Hochschulabschluss
- mindestens zweijähriger Berufsabschluss, der im Ausbildungsstaat staatlich anerkannt ist oder Berufsabschluss, der von einer deutschen Auslandshandelskammer erteilt wurde
- Zudem fordert das Fachkräfteeinwanderungsgesetz deutsche Sprachkenntnisse auf dem Niveau A1 oder englische Sprachkenntnisse auf dem Niveau B2.
Wenn diese Kriterien vorliegen, können Einwanderer für verschiedene Kriterien wie Anerkennung der Qualifikationen in Deutschland, Sprachkenntnisse, Berufserfahrung, Alter, Deutschlandbezug und dem Potenzial der mitziehenden Lebens- und Ehepartner Punkte sammeln. Nach dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz müssen im Punktesystem mindestens sechs Punkte erreicht werden, damit Sie eine Chancenkarte erhalten.
Neue Regelungen für Pflegekräfte
Die Erweiterung der Engpassberufe durch das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz erfasst die Pflege. Es ergänzt den Arbeitsmarktzugang für Pflegekräfte. Jeder aus einem Drittstaat mit einer Pflegeausbildung unter drei Jahren kann im Gesundheits- und Pflegebereich tätig sein. Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz sieht als Voraussetzungen Nachweise einer entsprechenden deutschen Berufsausbildung im Pflegebereich oder eine ausländische Pflegequalifikation mit Anerkennung in Deutschland vor. Einen Aufenthaltstitel zur Arbeitsplatzsuche für bis zu zwölf Monate bekommen nun Pflegeassistenten aus Drittstaaten, die ihre Ausbildung in Deutschland absolviert haben.
Die Anerkennungspartnerschaft vom neuen Fachkräfteeinwanderungsgesetz ermöglicht die Erlangung eines Aufenthaltstitels zur Ausübung einer qualifizierten Beschäftigung. Ein Anerkennungsverfahren ist nun erst nach der Einreise lediglich begleitend erforderlich. Voraussetzung dafür ist ein Arbeitsvertrag, das Vorliegen einer Berufsqualifikation mit einer mindestens zweijährigen Ausbildung oder einem Hochschulabschluss und deutsche Sprachkenntnisse auf dem Niveau A2. Die Erteilung erfolgt dann für ein Jahr und kann bis auf drei Jahre verlängert werden.
Wann tritt das Fachkräfteeinwanderungsgesetz in Kraft?
Am 16. August 2023 beschloss der Bundestag ein neues Fachkräfteeinwanderungsgesetz. Nach Artikel 12 des Gesetzes treten die einzelnen Gesetzesänderungen schrittweise in Kraft; der erste Teil bereits am 18. November 2023, der zweite Teil am 1. März 2024, der dritte Teil am Tag nach der Verkündung, dem 18. August 2023, und die letzten Teile am 1. Juni 2024, 2. Juni 2024, 1. Januar 2026 und 31. Dezember 2028.
Fachkräfteeinwanderungsgesetz: In der Kritik
Für das Fachkräfteeinwanderungsgesetz gibt es pro- als auch contra-Argumente. Während Stimmen aus der SPD es als wichtiges modernes Einwanderungsrecht bezeichnen, welches einen geordneten Rahmen für die Migration schaffe, fragen sich Kritiker, ob der administrative Aufwand des Punktesystems der Chancenkarte im Verhältnis zum Anwendungsbereich steht. Das System, das allein für die Jobsuche gelte, könne Einwanderungsinteressenten erspart bleiben, wenn sie sich vorher online oder mit einem Schengenvisum in Deutschland einen Job suchen.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) äußert Zweifel, dass nicht alle Länder eine staatlich anerkannte Berufsbildung hätten, was die Anzahl der Bewerber für die Chancenkarte verkleinere.