Achtung: Zum ersten Januar 2017 wurden die Pflegestufen vollständig durch die Pflegegrade ersetzt! Alle wichtigen Informationen liefert Ihnen unser Ratgeber zum Pflegegrad.
Der demografische Wandel ist in Deutschland in vollem Gange und führt dazu, dass nach momentanen Prognosen die Gesellschaft „immer älter“ wird.
Das heißt, dass es mehr ältere Menschen gibt als junge Erwerbstätige. Dies führt zu einem Ungleichgewicht bezüglich der Sozialabgaben und -leistungen.
Die Kosten für die Pflege von hilfsbedürftigen Senioren sind schon jetzt enorm und werden in den nächsten Jahren noch weiter ansteigen. Mit Einführung der gesetzlichen Pflegeversicherung im Jahr 1995 wurde ein erster Schritt zur Sicherung der Grundversorgung im Alter getätigt.
Welche Leistungen ein hilfs- bzw. pflegebedürftiger Mensch in Deutschland erhält, wird in den sogenannten Pflegegraden ausgerückt.
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Hinweis: Der nachfolgende Ratgeber bezieht sich auf die Pflegestufen, die es bis zum 31.12.2016 gab.
Inhalt
FAQ: Pflegestufe
Die Pflegestufen wurden bis zum 31.12.2016 genutzt, um die Pflegebedürftigkeit einer Person auszudrücken.
Zum ersten Januar 2017 wurden die Pflegegrade eingeführt. Welche Leistungen diese umfassen, können Sie in unserem Ratgeber zu den Pflegegraden nachlesen.
Hier finden Sie eine Übersicht der Pflegestufen mit den jeweiligen Leistungen, welche bis Anfang 2017 galten.
Im folgenden Ratgeber erfahren Sie, anhand welcher Kriterien die Einteilung in Pflegestufen vorgenommen wird. Des Weiteren wird erklärt, wie ein Antrag auf eine Pflegestufe gestaltet werden sollte, wie die Pflegestufensätze strukturiert sind und welche Änderungen im Jahr 2017 in Kraft getreten sind.
Pflegestufen: Definition von Pflegebedürftigkeit
„Wie beantragt man eine Pflegestufe?“ – bevor wir uns dieser Frage widmen können, muss der Begriff der Pflege- bzw. Hilfsbedürftigkeit erst einmal geklärt werden.
Eine Definition diesbezüglich findet sich im Sozialgesetzbuch (SGB) in § 14 Absatz 1:
Pflegebedürftig im Sinne dieses Buches sind Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichem oder höherem Maße (§ 15) der Hilfe bedürfen.
Dem Paragraphen ist zu entnehmen, dass nicht nur Senioren als pflegebedürftig gelten können. Auch Menschen mit geistigen oder körperlichen Behinderungen sind inbegriffen. Dies kann auch Kinder betreffen oder Menschen, die an schweren Krankheiten leiden.
Wichtiges Merkmal ist, dass es sich um eine andauernde Beeinträchtigung des täglichen Lebens handelt. Das Minimum sind prognostizierte sechs Monate nach Erstellung der Diagnose durch einen Arzt oder Gutachter.
Bereiche der Pflegehilfe
Doch wie sieht eine Hilfsleistung für Menschen mit Beeinträchtigungen eigentlich aus? Das SGB definiert vier Bereiche der Pflege:
- Körperpflege: Dazu gehören Waschen, Duschen, Baden, Zahnpflege, Kämmen, Rasieren sowie die Darm- und Blasenentleerung
- Ernährung: Inbegriffen ist die mundgerechte Zubereitung von Nahrung bzw. Hilfe bei der Aufnahme von Nahrung (Füttern)
- Mobilität: Dieser Bereich umfasst das selbständige Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen oder das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung
- Hauswirtschaftliche Versorgung: Dabei geht es um Einkaufen, Kochen, Reinigen der Wohnung, Spülen, Wechseln und Waschen der Wäsche und Kleidung oder das Beheizen
Sind Menschen nicht mehr in der Lage die Aufgaben dieser Bereiche selbstständig auszuführen, so kann die Beantragung einer Pflegestufe erfolgen. Wie genau diese aussehen sollte, wird im späteren Verlauf des Artikels erläutert. Im Folgenden finden Sie eine Übersicht der Pflegestufen in Deutschland.
Pflegestufe 0
Die Einstufung in Pflegestufe „0“ erfolgt, wenn ein Bedarf an Hilfe in der Grundpflege oder häuslichen Versorgung bestehet, dessen Ausmaß aber keine Einteilung in eine der anderen Pflegestufen rechtfertigt.
Dieser Fall tritt oft bei einer Frühform der folgenden Krankheitsbilder ein: Demenz, Alzheimer Krankheit, Altersverwirrtheit, Down-Syndrom (Trisomie 21).
Allerdings reicht diese Diagnose nicht aus, um Hilfsleistung bzw. –zahlungen zu erhalten. Ein Gutachter der MDK (Medizinischer Dienst der Krankenkassen) prüft, ob folgende Voraussetzungen vorliegen:
- Unkontrolliertes Verlassen des Wohnbereiches (Weglauftendenz)
- Verkennen oder Verursachen gefährdender Situationen
- Unsachgemäßer Umgang mit gefährlichen Gegenständen oder potenziell gefährdenden Substanzen
- Tätlich oder verbal aggressives Verhalten in Verkennung der Situation
- Im situativen Kontext inadäquates Verhalten
- Unfähigkeit, die eigenen körperlichen und seelischen Gefühle oder Bedürfnisse wahrzunehmen
- Unfähigkeit zu einer erforderlichen Kooperation bei therapeutischen oder schützenden Maßnahmen als Folge einer therapieresistenten Depression oder Angststörung
- Störungen der höheren Hirnfunktionen (Beeinträchtigungen des Gedächtnisses, herabgesetztes Urteilsvermögen), die zu Problemen bei der Bewältigung von sozialen Alltagsleistungen geführt haben
- Störung des Tag-/Nacht-Rhythmus
- Unfähigkeit, eigenständig den Tagesablauf zu planen und zu strukturieren
- Verkennen von Alltagssituationen und inadäquates Reagieren in Alltagssituationen
- Ausgeprägtes labiles oder unkontrolliert emotionales Verhalten
- Zeitlich überwiegend Niedergeschlagenheit, Verzagtheit, Hilflosigkeit oder Hoffnungslosigkeit aufgrund einer therapieresistenten Depression
Dabei müssen allerdings nicht alle Kriterien erfüllt sein. Mindestens zwei können schon eine Pflegestufe 0 beispielsweise bei Demenz begründen. In bestimmten Fällen kann auch nur eines der Merkmale ausreichen, wenn dieser Zustand dauerhaft erfüllt ist. Die Entscheidung darüber trifft der Gutachter.
Pflegestufe 1
Um Leistungen der Pflegestufe 1 beziehen zu können, muss ein täglicher Mindestbedarf an Hilfe bestehen. Um die Kriterien zu erfüllen, müssen wenigstens zwei der oben genannten Bereiche für die betreffende Person nicht mehr alleine zu bewältigen sein.
Für diese Pflegestufen werden folgende Zeiten veranschlagt, die mindestens für die Pflege aufzubringen sind:
- Bedarf an Hilfe in der Grundpflege (Körperpflege, Mobilität und Ernährung): mindestens zwei Verrichtungen zu einer Tageszeit
- Davon durchschnittlicher täglicher Aufwand für die Grundpflege: mehr als 45 Minuten
- Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung (Einkaufen etc.): mehrfach in der Woche
- Täglicher Arbeitsaufwand für die Pflege insgesamt: mindestens 90 Minuten
Ist ein Gutachter von der Notwendigkeit dieser Hilfeleistungen überzeugt, erfolgt eine Einstufung als „Erhebliche Pflegebedürftigkeit“. Um Leistungen von der Pflegeversicherung zu erhalten, ist nicht relevant, wo oder durch wen die Betreuung stattfindet.
Auch Angehörige können den Pflegebedürftigen versorgen. Diese Person darf allerdings nicht mehr als regelmäßig 30 Stunden in der Woche erwerbstätig sein. Ein Minimum von 14 Stunden ist wöchentlich für die Pflege des Bedürftigen aufzubringen.
Pflegestufe 2
Um bezüglich der Pflegestufe die Einstufung „2“ zu erhalten, muss ein täglicher Aufwand von 120 Minuten in der Grundpflege vorliegen. Durch zusätzliche Hilfeleistungen sollte ein Tagesdurchschnitt von drei Stunden erreicht werden. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von „Schwerpflegebedürftigen“.
Der folgenden Übersicht können Sie die einzelnen Komponenten entnehmen, für die im Rahmen der Pflegeleistungen Arbeitszeiten angerechnet werden:
- Bedarf an Hilfe in der Grundpflege (Körperpflege, Mobilität und Ernährung): mindestens zu drei Tageszeiten (morgens, mittags, abends)
- Davon durchschnittlicher täglicher Aufwand für die Grundpflege: mindestens 120 Minuten
- Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung (Einkaufen etc.): mehrfach in der Woche
- Täglicher Arbeitsaufwand für die Pflege insgesamt: mindestens 180 Minuten
Auch hier kann die Bedürftigenpflege von einem Angehörigen durchgeführt werden. Als Auflage darf dieser nicht mehr als regelmäßig 30 Stunden in der Woche erwerbstätig sein.
Pflegestufe 3
Als Voraussetzungen für diese Pflegestufe müssen die Notwendigkeit einer „Rund um die Uhr“ Betreuung und ein Gesamtaufwand von 300 Minuten täglich bestehen.
Es handelt sich bei den Patienten um „Schwerstpflegebedürftige“.
Im Überblick bedeutet dies, dass folgender Zeitaufwand für die Pflege aufgebracht werden muss:
- Bedarf an Hilfe in der Grundpflege (Körperpflege, Mobilität und Ernährung): den ganzen Tag und die ganze Nacht
- Davon durchschnittlicher täglicher Aufwand für die Grundpflege: mindestens 240 Minuten
- Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung (Einkaufen etc.): mehrfach in der Woche
- Täglicher Arbeitsaufwand für die Pflege insgesamt: mindestens 300 Minuten
Es handelt sich hierbei also um Bedürftige, die zu keiner Zeit ohne Hilfe auskommen können. Auch in diesem Fall ist für die Einstufung nur relevant, dass eine Bedürftigkeit vorliegt. Die Pflege kann also auch von einem Angehörigen übernommen werden.
Bezüglich der Pflegeleistungen ist im Übrigen nicht relevant, wie viel der Betroffene verdient bzw. welches Vermögen vorhanden ist. Auch die Einkünfte des Betreuenden spielen keine Rolle bei der Festlegung einer Pflegestufe.
Härtefall
Weiterhin kann ein Härtefall bestehen, wenn ein Arbeitsaufwand von fünf Stunden nicht ausreichend ist, um die Grundpflege zu gewährleisten. Pflegebedürftige sind in diesem Fall sieben Stunden am Tag auf Betreuung angewiesen. Davon müssen zwei auf die Nacht entfallen.
Pflegestufe beantragen: Wo geht das?
Wie eben aufgezeigt wurde, ist der Begriff der Pflegebedürftigkeit gesetzlich klar definiert. Um einen Antrag auf Pflegestufe zu stellen, müssen die genannten Voraussetzungen erfüllt sein. Stellen Sie fest, dass ein Angehöriger im Alltag Hilfe braucht, so empfiehlt es sich, die Situation für einige Zeit zu überwachen und zur Unterstützung ein Pflegebuch zu führen.
In diesem können Sie detailgetreu ausfüllen, wann die Person Hilfe braucht und welche Arbeiten dabei verrichtet werden müssen. Dies kann als solide Argumentationsgrundlage bei der Beantragung der Pflegestufe dienen und hilft Ihnen selbst, keine wichtigen Punkte zu vergessen.
Für Belange bezüglich der Pflegeversicherung ist Ihre Krankenkasse erster Ansprechpartner. Daher müssen Sie für eine Pflegestufe den Antrag dort stellen, der gegebenenfalls an die zuständige Pflegekasse weitergeleitet wird. Dies reicht formlos aus, das heißt Sie können bei der zuständigen Geschäftsstelle anrufen oder eine E-Mail schicken.
Eine schriftliche Antragsstellung per Post ist allerdings auch möglich und bietet sich in den meisten Fällen an, da Sie so beweisen können, wann Ihr Schreiben bei der Krankenkasse eingegangen ist. Nachdem diese davon Kenntnis genommen hat, wird Ihnen ein Formular zugeschickt, um die Pflegestufe zu beantragen.
Wichtig: Antragssteller ist immer der Versicherte. Er muss diesen unterschreiben. Gibt es einen vom Gesetz festgelegten Betreuer, so ist dieser bevollmächtig, die Antragsstellung vorzunehmen und auch zu unterschreiben (eine Kopie vom Betreuerausweis muss dem Schreiben hinzugefügt werden).
Trifft das Antragsformular für die Pflegestufe bei Ihnen ein, so beantworten Sie dies wahrheitsgemäß, aber vermeiden Sie es, zu viele Angaben zu machen. Es kann später zu Ihren Ungunsten gewertet werden, wenn Sie sich zu schnell festlegen.
Wurde das Formular zurückgeschickt, so hat die Pflegekasse fünf Wochen Zeit, um über den Antrag zu entscheiden und Sie schriftlich darüber zu informieren. Kommt es zu einer Verzögerung bzw. Fristüberschreitung, so steht Ihnen für jede Woche ein Pauschalbetrag von 70 Euro zu.
Pflegestufen: Gutachter prüft Voraussetzungen
Um zu überprüfen, ob die Kriterien für eine Pflegestufe tatsächlich erfüllt sind, wird ein Gutachter vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) einen Termin vereinbaren und Ihnen einen Besuch abstatten.
Der MDK soll eine faire Gesundheitsversorgung für alle Versicherten sicherstellen und fungiert daher quasi als Prüforganisation, wenn es um die Frage: „Welche Pflegestufe ist angemessen?“ geht. Als Gutachter sind dabei meistens ausgebildete Pfleger oder Ärzte im Einsatz.
Die Überprüfung findet am Wohnort des Antragsstellers statt. Dies kann sowohl ein Pflegeheim als auch die eigene Wohnung sein. Entscheidend ist, wo die tägliche Pflege stattfindet, da die örtlichen Gegebenheiten eine nicht unwesentliche Rolle für die Begutachtung spielen.
Steht der Besuch des Gutachters an, so sollten Sie Ruhe bewahren. Ziel ist es, die Pflegebedürftigkeit des Antragsstellers zu überprüfen und nachzuvollziehen, in welchen Bereichen Hilfsleistungen gebraucht werden. Dabei wird der Gutachter einige Fragen zum Tagesablauf stellen.
Somit soll geklärt werden, was der Antragssteller in der Grundpflege noch selbst leisten kann und bei welchen Aktivitäten Unterstützung gebraucht wird. Eine kurze Beratung, wie Alltagssituationen gemeistert und die Pflege verbessert werden kann, ist ebenfalls inbegriffen.
Bei der Überprüfung wird folgende Einteilung bezüglich der Pflegebedürfnisse vorgenommen:
- Der Antragssteller braucht Unterstützung: Hierbei geht es darum, die pflegebedürftige Person durch Hilfsmittel oder Hilfestellung in die Lage zu versetzen, bestimmte Verrichtungen selbst auszuführen
- Eine teilweise Übernahme ist vonnöten: Eine pflegende Person übernimmt den Teil der Aufgaben, die der Antragssteller nicht mehr selbst ausführen kann
- Vollständige Übernahme durch eine Pflegeperson: In diesem Fall übernimmt die Pflegeperson alle Verrichtungen, da diese nicht mehr selbstständig ausgeführt werden können. Auch Hilfsmitteln erzielen hier keinen Erfolg
Solch ein Hausbesuch im Rahmen vom Antrag zur Pflegestufe kann bis zu einer Stunde dauern. Im Abschluss wird ein umfassendes Gutachten nach Vorgaben des Bundesministeriums für Gesundheit erstellt. Diesem kann dann die Pflegebedürftigkeit entnommen werden und eine entsprechende Einstufung in die Pflegestufen stattfinden.
Sonderfall: Pflegestufe bei Demenz
Liegt beispielsweise eine Demenz oder eine Alzheimererkrankung vor, so muss nicht immer eine motorische Einschränkung damit einhergehen. In einem frühen Stadium der Krankheiten geht es vorrangig um das Problem, dass Betroffene Verrichtungen eigentlich ausführen könnten, allerdings Hilfe benötigen, um diese zu Ende zu führen.
Für die Einstufung in eine Pflegestufe ist der Zeitaufwand in diesem Fall entscheidend. Daher kann es vorkommen, dass der Gutachter Sie auffordert, alltägliche Dinge wie zum Beispiel das Anziehen oder Kochen zu demonstrieren. Dadurch kann der Hilfsbedarf eingeschätzt werden.
Im Gutachten wird zu einigen Punkten Stellung genommen, auf Grundlage derer ein Anspruch auf Pflegeleistungen abgeleitet wird. Dabei kann ein Antrag auch abgelehnt werden. Der Beurteilung liegen folgende Kriterien zu Grunde:
- Liegen die Voraussetzungen für eine Pflegebedürftigkeit vor?
- Ab wann liegt eine Pflegebedürftigkeit vor?
- Welche Pflegestufe wird vom Gutachter empfohlen?
- Liegen die Voraussetzungen für eine erheblich eingeschränkte Alltagskompetenz vor? (Dies ist bei psychischen Krankheiten, Alzheimer oder Demenz häufig der Fall)
- Gutachterliche Einschätzung zum Umfang der Pflegetätigkeit der Pflegeperson
Ablehnung der Pflegestufe
Trifft das Gutachten bei Ihnen ein und Sie sind mit dem Ergebnis nicht einverstanden, so können Sie Widerspruch gegen die Pflegestufe einlegen. Dies kann zum einen der Fall sein, wenn Ihr Antrag komplett abgelehnt wurde, da keine Pflegebedürftigkeit festgestellt werden konnte. Zum anderen können Zweifel an der richtigen Einordnung in die Pflegestufe bestehen.
Der Widerspruch ist innerhalb von vier Wochen einzureichen. Dieser kann zunächst ohne Begründung verschickt werden. Diese ist aber unbedingt nachzutragen, damit der Fall bearbeitet werden kann.
Die MDK wird Ihr Anliegen dann erneut prüfen und ein sogenanntes Widerspruchsverfahren in die Wege leiten. Dabei wird erst einmal geprüft, inwiefern Ihr Widerspruch berechtigt ist. Dazu wird Ihre Begründung mit den Angaben des Gutachters verglichen.
Wird dem Widerspruch stattgegeben, so findet ein Zweitgutachten statt. Zu diesem Zweck entsendet die MDK abermals einen Gutachter, der Ihnen einen Besuch abstatten wird. Können im Rahmen dessen neue Aspekte aufgenommen und berücksichtigt werden, so kann aus dem Urteil „Pflegestufe abgelehnt“ doch noch ein positiver Bescheid werden.
Kommt der Zweitgutachter allerdings zu demselben Ergebnis wie der erste, so ist in Bezug auf die Pflegestufe ein erneuter Widerspruch bei der Pflegekasse zwecklos. In diesem Fall ist ein Gang zum Anwalt anzuraten.
Mit dessen Hilfe können Sie eine Klage beim Sozialgericht einreichen. Der Fall wird dann entsprechend von einem Richter geprüft und beurteilt. Dies ist allerdings die letzte Instanz, bei der ein Einspruch gegen die Pflegestufe eingereicht werden kann.
Antrag auf Erhöhung der Pflegestufe
Stellen Sie einen erhöhten Pflegebedarf fest, so können Sie einen Antrag stellen, um die Pflegestufe neu berechnen zu lassen. Diesen reichen Sie bei der Pflegekasse ein.
Sind Sie nicht sicher, ob eine Höherstufung gerechtfertigt ist, so gibt es Pflegeberatungsstellen, die mit Ihnen gemeinsam Ihre Situation überprüfen und beurteilen.
Danach erhalten Sie eine Empfehlung, inwiefern es in Frage kommt, die Pflegestufe zu erhöhen und einen Antrag zu stellen. Ist dieser bei der Pflegekasse eingegangen, so wird erneut ein Termin mit einem Gutachter der MDK ausgemacht.
Auch hier empfiehlt es sich, ein Pflegetagebuch zu führen, in dem Sie sämtliche Hilfeleistungen dokumentieren. Dadurch wird es Ihnen leichter fallen, dem Gutachter den Tagesablauf detailliert darzulegen und somit einen erhöhten Pflegebedarf zu begründen.
Während des Hausbesuches sollten Sie dem Mitarbeiter der MDK darlegen, inwiefern sich die Pflegesituation geändert hat und in welchen Situationen der erhöhte Pflegebedarf besteht. Dabei spielt auch der tägliche Zeitaufwand eine große Rolle.
Ist die Begutachtung beendet, hat die Pflegekasse auch in diesem Fall fünf Wochen Zeit, um Ihnen eine Entscheidung mitzuteilen. Sind Sie mit dieser nicht einverstanden, ist auch hier ein Widerspruch möglich. Wenden Sie sich zu diesem Zweck gegebenenfalls an einen Anwalt und nehmen Sie eine juristische Beratung in Anspruch.
Pflegegeldstufen und Sachleistungen
Wozu die Einstufung in Pflegestufen notwendig ist, zeigt ein Blick auf die damit verbundenen Leistungen, die ein Pflegebedürftiger von der Pflegekasse erhält. Diese können sowohl in Form von Pflegegeld als auch von Sachleistungen erfolgen.
Dabei gibt es verschiedene Modelle, Hilfeleistungen über die Pflegeversicherung zu erhalten. Diese sollen im Folgenden vorgestellt und kurz erläutert werden:
- Pflegegeld: Dabei handelt es sich um eine finanzielle Unterstützung, wenn der Pflegebedürftige von einem Angehörigen betreut wird. Diese Zahlung ist allerdings nur möglich, wenn die Pflege Zuhause stattfindet. Bewohner von Alten- oder Seniorenheimen erhalten beispielsweise keine Pflegegelder.
- Pflegesachleistungen: In diesem Fall werden die Kosten für einen ambulanten Pflegedienst übernommen. Dieser stellt die Leistungen direkt bei der Pflegekasse in Rechnung.
- Zusätzliche Betreuungs- und Entlastungsleistungen: Wird der monatliche Anspruch auf Sachleistungen nicht ganz ausgeschöpft, können diese anteilig für andere Leistungen zur Pflege von einem Dienstleister eingesetzt werden.
- Kombination von Pflegegeld und Sachleistungen: Sind sowohl die Angehörigen als auch ein professioneller Pflegedienst in die Hilfsleistungen involviert, so können beide Leistungen anteilig von der Pflegekasse übernommen werden.
- Tages- und Nachtpflege: Damit sind teilstationäre Pflegedienstleistungen gemeint. So kann ein Bedürftiger beispielsweise für einige Stunden in eine Einrichtung gebracht werden, in der sich Fachpersonal um ihn kümmert.
- Verhinderungspflege: Diese kann in Anspruch genommen werden, wenn der pflegende Angehörige aufgrund von Krankheit oder Urlaub nicht in der Lage ist, die Hilfeleistungen zu übernehmen. Dabei steht jedem Menschen mit einer Pflegestufe ein Betrag von 1.612 Euro im Jahr für bis zu 28 Tage zur Verfügung. Wird die Kurzzeitpflege nicht genutzt, steigt der Betrag auf 2.412 Euro für 42 Tage im Jahr).
- Kurzzeitpflege: Dabei handelt es sich um einen kurzen Klinikaufenthalt, der die Pflegenden entlasten soll. Dazu stehen jährlich 1.612 Euro zur Verfügung. Wird die Verhinderungspflege nicht in Anspruch genommen, steigen die Zuschüsse auf bis zu 3.224 Euro im Jahr.
- Zuschüsse für Hilfsmittel: Beispielsweise Gehhilfen, Rollstühle, Hörhilfen, Sitz- oder Stehhilfen und Toilettenstühle.
- Verbrauch bestimmter Pflegemittel: Es wird ein monatlicher Zuschuss von 40 Euro für Desinfektionsmittel, Handschuhe oder Bettschutzunterlagen gewährt.
- Hausnotruf: Um ein Notrufsystem im Haus zu installieren, gewährt die Pflegekasse eine Anschlusskostenpauschale von 10,49 Euro und übernimmt monatlich einen Anteil von 18,36 Euro.
- Wohnraumanpassung: Die Pflegekasse stellt Gelder für den Umbau in ein barrierefreies Wohnen zur Verfügung. Die Zahlungen können sich auf bis zu 4.000 Euro belaufen, können allerdings nur einmalig bezogen werden.
Soweit alle Leistungen, die aufgrund der Pflegestufen möglich wären, im Überblick. Wie hoch die Beträge für die einzelnen Grade der Bedürftigkeit sind, wird im Folgenden dargelegt.
Pflegegeld und Leistungen Stufe 0
Menschen mit dauerhaft erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz steht ein monatliches Pflegegeld von 123 Euro zu. Wenn ein ambulanter Pflegedienst beauftragt wird, steigen die Bezüge auf 231 Euro im Monat.
Hier können auch Betreuungs- und Entlastungsleistungen gezahlt werden. Dabei werden folgende Dienstleistungen von der Pflegekasse anerkannt: Betreuungsgruppen, ambulante Pflegedienste, Tages- und Nachtpflege oder Kurzzeitpflege. In der Regel handelt es sich um 104 Euro, bei besonders schweren Fällen kann der Betrag auf 208 Euro erhöht werden.
Pflegegeld und Leistungen Stufe 1
Wird bei Pflegestufe 1 eine häusliche Pflege durch einen Angehörigen geleistet, so steht dem Versicherten ein Pflegegeld in Höhe von 224 Euro pro Monat zu. Liegt eine Demenzerkrankung vor, steigt der Anspruch auf 316 Euro.
Werden Sachleistungen bezogen, so werden diese mit 468 Euro im Normalfall, bei Demenz mit 689 Euro vergütet.
Pflegegeld und Leistungen Stufe 2
Menschen mit schwerer Pflegebedürftigkeit erhalten ein Pflegegeld von 458 Euro monatlich. Liegen eine Demenz und Pflegestufe 2 vor, so erhöhen sich die Zuschüsse auf 545 Euro. Wird die Hilfe der Pflegekasse in Form von Sachleistungen bezogen, handelt es sich um eine Summe von 1.144 bzw. 1.298 Euro im Monat.
Pflegegeld und Leistungen Stufe 3
Das Pflegegeld für diese Pflegestufe beläuft sich auf 728 Euro. Dieser Satz ist auch für Demenzkranke das Maximum und kann nicht erhöht werden. Die Sachleistungen werden mit 1.612 Euro bemessen. In Härtefällen kann die Pflegekasse auch Bezüge in Höhe von 1.995 Euro genehmigen. Es handelt sich dabei stets um Einzelfallentscheidungen.
Pflegeversicherung: Absicherung bei Hilfsbedürftigkeit
Grundlage dafür, dass in den definierten Pflegestufen Geld ausgezahlt werden kann, ist die Pflegeversicherung. Sie wurde 1995 als Bestandteil der Sozialversicherung in Deutschland eingeführt und soll als Absicherung dienen, falls der Versicherte pflegebedürftig wird.
Dabei besteht für jede Person, die gesetzlich krankenversichert ist, auch eine Pflicht zur Pflegeversicherung. Dasselbe gilt für Privatversicherte.
Da es sich nicht um eine Vollversicherung handelt und die Leistungen an eine Maximalgrenze gebunden sind, besteht zudem die Möglichkeit, eine Pflege-Zusatzversicherung abzuschließen.
Neue Pflegegrade lösen die Pflegestufen ab
Im Januar 2016 trat das zweite Pflegestärkungsgesetz (PSG II) in Kraft. Die umfassenden Änderungen wurden allerdings erst am 01.01.2017 wirksam. 2016 sollte dabei als Übergangsjahr dienen. Inhaltlicher Schwerpunkt des neuen Gesetzes ist die Umstrukturierung von Pflegestufen in Pflegegrade.
Außerdem wird die Unterstützung allgemein verbessert. Dazu werden jährlich fünf Milliarden Euro zusätzlich zur Verfügung gestellt. Damit soll der steigende Bedarf an Hilfsleistungen im Pflegebereich gedeckt werden.
Auch das Begutachtungsverfahren wurde mit dem PSG II reformiert. Ab 2017 erfolgt die Beurteilung in folgenden Bereichen:
- Mobilität
- Kognitive und kommunikative Fähigkeiten
- Verhaltensweisen und psychische Problemlagen
- Selbstversorgung
- Bewältigung von und selbstständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen
- Gestaltung des Alltagslebens und soziale Kontakte
Dabei ist zu betonen, dass sich die Gutachter nun mehr an den Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit und den Fähigkeiten der Betroffenen orientieren. Somit soll eine fairere Einteilung stattfinden. Dies stärkt insbesondere die Berücksichtigung von Demenzerkrankungen, da mit dem neuen Gesetz die Differenzierung zwischen körperlichen und geistigen Einschränkungen entfällt.
Haben sich die Pflegestufen noch am Zeitaufwand bemessen, bietet das neue System nun also die Möglichkeit, den Grad der Selbstständigkeit zu überprüfen und diesen als Grundlage für die Beurteilung zu nehmen.
Alle Neueinstufungen in Pflegegrade werden nach diesem Schema durchgeführt. Dabei gibt es, im Gegensatz zu den Pflegestufen, nun fünf verschiedene Gruppen. Die Leistungen je nach dieser können Sie der folgenden Tabelle entnehmen:
Pflegegrad 1 | Pflegegrad 2 | Pflegegrad 3 | Pflegegrad 4 | Pflegegrad 5 | |
---|---|---|---|---|---|
Pflegegeld | - | 332 Euro | 573 Euro | 765 Euro | 947 Euro |
Sachleistung ambulant | - | 724 Euro | 1.363 Euro | 1.693 Euro | 2.095 Euro |
Entlastungsbetrag ambulant (zweckgebunden) | 125 Euro | 125 Euro | 125 Euro | 125 Euro | 125 Euro |
Leistungsbetrag stationär | 125 Euro | 770 Euro | 1.262 Euro | 1.775 Euro | 2.005 Euro |
Stand 2024 |
(Quelle: Bundesminsiterium für Gesundheit)
Das Bundesministerium betont immer wieder, dass mit der neuen Einteilung niemandem die Leistungen gekürzt werden sollen. Die Überführung von einer Pflegestufe in einen Pflegegrad soll automatisch von Statten gehen. Ein erneutes Gutachten ist dabei nicht vonnöten.
Im Zuge der Reform werden die Beiträge für die Pflegeversicherung um 0,2 Prozent steigen. Diese sollen bis ins Jahr 2022 stabil bleiben und keiner weiteren Erhöhung unterliegen.
Meine alte Tante kommt momentan noch ganz gut allein klar. Nun ist sie allerdings zum ersten Mal hingefallen. Da wir in den Urlaub fahren und dann niemand nach ihr sehen kann, möchten wir eine Kurzzeitpflege beauftragen. Gibt es hierfür auch eine Art Pflegestufe, die die Angehörigen zumindest entlastet?
Ich und meine Familie interessieren uns für einen Pflegedienst für meine Oma und wir fragten uns, wie wir die Situation betrachten und schildern können. Ich wusste nicht, dass es eine Weise gibt, um den Pflegegrad zu berechnen. Ich finde das sehr hilfreich. Vielen Dank für den Rat.
Mein Antrag auf Pflegestufe „0“ wurde im Dezember 2016 abgelehnt. Kann ich in 2017 einen erneuten Antrag für den Pflegegrad 1 stellen ? Ein hauswirtschaftlicher Hilfebedarf wurde in der Ablehnung aber bescheinigt.
Der MDK hat mich auch nicht über die neuen Möglichkeiten in 2017 informiert.
Dabei wollte ich den Antrag 2016 zurückziehen, da mir gleich am Anfang der Begutachtung gesagt wurde, dass ich keinen Anspruch auf die Pflegestufe 0 habe. Beantragt hatte ich Hilfe bei hauswirtschaftlichen Dienstleistungen.
Hallo Renate,
grundsätzlich haben Sie die Möglichkeit, gegen den abgelehnten Antrag binnen einer Frist von vier Wochen schriftlich Widerspruch bei der zuständigen Pflegekasse einzulegen. In diesem Fall wird in der Regel ein neuer Gutachter bestellt und ein Zweitgutachten angefertigt.
Sie können jedoch ebenso einen neuen Antrag mit der Pflegestufe 1 stellen. Sinnvoll ist es hier, ein Pflegetagebuch zu führen, welches sämtliche Pflegeschritte minutiös dokumentiert, um so einer erneuten Ablehnung vorzubeugen.
Ihr Team von anwalt.org